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Tipps für Schreibanfänger und Fortgeschrittene

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24.08.2003
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Tipps für Schreibanfänger und Fortgeschrittene

Lieber Autor,
bisher ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Die meisten Autoren haben bereits eine Menge Zeit in ihren Stil und ihre Geschichten investiert. Leute, die viel geschrieben haben, haben ihren eigenen Stil meistens gefunden, weshalb sie zwischen ihren Geschichten keine großen Sprünge mehr machen. Das Schreiben ist einmal mit Leistungssport verglichen worden, am Anfang sind die Fortschritte riesig, und irgendwann hält man sein Niveau.
Um dir die ersten Schritte zu erleichtern, findest du unten eine Liste von Dingen, auf die die Menschen, die hier auf kg.de lesen und schreiben, achten. Ob du diese Tipps umsetzen willst oder nicht, entscheidest du selbst. Vor hundert Jahren haben die Menschen anders geschrieben als heute, und dieser Thread erleichtert es dir als Autor, zu wissen, was der Leser ungefähr von dir erwartet. Vielleicht sagen dir manche Punkte auch überhaupt nicht zu und du möchtest es ganz anders machen - auch dann hast du etwas übers Schreiben gelernt.
Was du allerdings beim Posten einer Geschichte auf jeden Fall beherzigen solltest, egal, ob du die Ratschläge unten beherzigst oder nicht, sind die Hinweise zur Formatierung und Orthografie - dass du Absätze machen solltest, dass die Geschichte fehlerfrei sein sollte. Denn das hat nichts mit dem Schreiben zu tun, sondern mit dem Lesen, und an dieser Stelle gibt der Autor das Zepter ab an den Leser.
Also, los geht's - unten sind Stolpersteine, Hinweise, Hilfen und vieles mehr, was wir hier im Forum gesammelt und aufgeschrieben haben, weil wir denken, dass es hilfreich für Autoren ist, diese Dinge zu lernen oder sie nicht zu vergessen.

Wir unterteilen hierbei grob in drei Bereiche: Charakterisierung, Aufbau und Möglichkeiten, den Text sprachlich möglichst prägnant zu formulieren.

Als allererstes eine goldene Regel für dieses - und nicht nur dieses - Forum.
Fast alle, die hier Geschichten lesen, lesen diese am Bildschirm. Deshalb ist es wichtig, die äußere Form des Textes ansprechend zu gestalten. Achte darauf, genug Absätze zu machen. Stellen, an denen sich Absätze anbieten, sind zum Beispiel:
beim Wechsel einer Szene: "Er verließ die Bar. (hier müsste ein Absatz stehen) Zu Hause angekommen..."
beim Wechsel des Sprechers: "Tom sagte: "Wieso?" (hier müsste ein Absatz stehen) "Darum", antwortete..."
beim Wechsel des Inhalts: "bla bla, Autos, bla bla, bla bla, (hier müsste ein Absatz stehen) du musst mir noch viel Geld geben"
In jedem dieser Fälle ist es möglich, dass der Leser, der den Text mitunter vielleicht nur überfliegt, den Wechsel der Szene, des Sprechers, der Thematik, nicht mitbekommt.
Viele Absätze entzerren den Text außerdem und erleichtern das Lesen.
Es ist nicht nötig, nach jeder Zeile einen Absatz zu machen, dann wird das Scrollen sehr anstrengend. Es gilt darum, ein goldenes Mittelmaß zu finden.
Es ist unnötig und nicht angebracht, wenn du versuchst, deiner Geschichte durch Formatierung Ausdruck zu verleihen. Poste die Geschichte als Fließtext in einer deutschen Rechtschreibung deiner Wahl, mit Absätzen an inhaltlich geeigneten Stellen.

Überlege dir, was du schreiben möchtest und warum du gerade darüber schreiben möchtest?
Welchen Bezug hast du zum Thema oder zum Hingergrund.
Was ist für dich daran unterhaltsam, was könnte für den Leser daran unterhaltsam sein. Was ist für dich daran interessant oder spannend, was könnte es für den Leser sein?

Wer ist dein Protagonist?
Statte deine Hauptfigur noch vor dem Schreiben mit gewissen Eigenarten aus. Näheres dazu unter Charakterisierung. Jemand, der in seiner Kindheit der Star der gesamten Umgebung gewesen ist und von allen verhätschelt wurde wird sich anders verhalten als jemand, den alle gehasst haben und der in einem Keller aufgewachsen ist (siehe den Unterschied zwischen Draco Malfoy und Harry Potter). Wenn du solche groben Eigenschaften im Kopf behältst, wird es dir leichter fallen, den Charakter angemessen handeln zu lassen.

 
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Danach reden wir über den Aufbau.
Eine Kurzgeschichte kann eine Einleitung, einen Hauptteil und einen Schluss haben, oder der Leser wird ohne viel Vorspiel mitten in die Geschichte geworfen und verlässt sie relativ abrupt wieder. Wolfgang Schnurre vergleicht eine Kurzgeschichte mit dem Moment, in dem ein Stein das Wasser berührt - es spielt keine Rolle, wie er geflogen ist, und seine Zeit im Wasser ist auch egal.
Von diesen Mustern kann man - glücklicherweise - abweichen. Allerdings ist die Bedingung für einen Text, um hier auf kurzgeschichten.de akzeptiert zu werden, dass er einen klar definierten Protagonisten, einen Hauptakteur also, und eine Handlung hat.
Es gibt dabei ein paar elementare Regeln, die man auf keinen Fall außer Acht lassen sollte, und einige, die nur gute Hinweise sind, an die man denken sollte.

#) Handlung
Eine Kurzgeschichte braucht eine Handlung. Du hast dir überlegt, was du schreiben möchtest, und wahrscheinlich auch, warum du darüber schreiben möchtest. Aber damit ist es noch nicht ganz getan.
Ein Ereignis, das einfach so passiert, wird sich nicht harmonisch in die Geschichte einfügen. ("Egon ging über die Straße und wurde von einem Klavier erschlagen"). Wenn du aber beschreibst, wie Egon zur Arbeit geht und einen zweiten Handlungsstrang aufbaust, in dem Herbert seine Wohnung umräumt und bei dem am Ende das Klavier aus dem Fenster fällt, dann kann der Leser nachvollziehen, was passiert ist. Ereignisse, die nicht eingeführt werden, erzeugen bestenfalls Verwirrung beim Leser, schlimmstenfalls Desinteresse.

#) achte auf inhaltliche Stringenz!!
Behalt im Augen, dass der Leser nicht all das weiß, was du weißt. Vergiss nicht, dir als Autor steht eine Menge Hintergrund zur Verfügung, den der Leser nicht hat. Ist der Text ohne diesen Hintergrund verständlich?
Überlege dir also vor dem Hintergrund der beiden letzten Punkte, ob du die Geschichte so aufgebaut hast, dass der Leser sie verstehen kann.

#) Recherche
Schreib niemals über Dinge, von denen du keine Ahnung hast. Es klingt vielleicht fies, ist aber so. Sogar für Fantasy- und SciFi-Texte ist Recherche erforderlich. Offensichtliche Fehler in Geschichten sind etwas Unnötiges, Vermeidbares. Glücklicherweise kommen Viren mit einer Inkubationszeit von 15 Sekunden nur in Hollywood vor, eine Harpune ist eine nette Sache im Wasser, funktioniert auf dem Land aber nicht so gut, in Amerika halten Leute die Gabel mit der rechten Hand. Raumschiffe können nicht "mit Lichtgeschwindigkeit" fliegen, sondern nur knapp drüber oder knapp drunter, zweihändige Waffen können - schon aus Gründen des Gewichts und der Sperrigkeit - nicht mit einer Hand geschwungen werden, nicht mal Conan tut das, etc. etc.
Das wirklich fiese an so einer Sache ist, dass der Leser es nicht merkt, wenn die Details stimmig sind. Alles, was du damit erreichen kannst, ist, dass die Geschichte ein harmonisches Gesamtbild ergibt. Aber wenn sie nicht stimmen, dann fällt das auf. Ein geübter ScienceFiction-Leser wird ein lichtschnelles Raumschiff wahrscheinlich als einen Schlag in die Magengrube empfinden und deine Geschichte hinterher wesentlich ungnädiger weiterlesen.
Stell dir vor, du malst ein Bild in Pastellfarben und willst mit Details einen Rahmen gestalten - wenn der Rahmen in einem quietschigen Orange ist und dem Auge wehtut, dann wird sich das Publikum nur daran erinnern und nicht an das Bild selbst.

Die Dramatik einer Geschichte muss nicht die Hauptsache sein. Den meisten Lesern ist eine wirklich gute Geschichte über etwas Triviales wie Kaninchen oder Mandelentzündung lieber als ein Suizidtext, der sich ausschließlich im Selbstmitleid ergeht und den Zuschauer nur langweilt.


Als nächstes zum Formalen:

#) pass auf die Perspektive auf.
Wenn du zuerst von ich und dann von er schreibst, sind deine Leser bestenfalls verwirrt.
Erzählungen, die wild durch alle Perspektiven hin und her springen, erschweren es dem Leser, ins Geschehen einzutauchen. Wenn du dieselbe Situation zuerst aus den Augen von A, dann aus den Augen von B und dann aus denen von C schilderst, und das alles möglichst noch während des laufenden Geschehens, hast du zwar einen guten Gesamtüberblick über die Szene, der Leser hat aber niemanden, mit dem er sich identifizieren, mit dem er mitfiebern kann. In einem Text, der aus der Perspektive von Katharina geschrieben ist, plötzlich zu schreiben "Ich gehe also einkaufen. Währenddessen startet Peter das Auto..." erzeugt Verwirrung, nicht nur, weil man nicht weiß, woher Katharina das jetzt weiß (sie ist ja schließlich nicht da), sondern auch, weil der Leser sich gerade an sie als Protagonistin gewöhnt hat.

#) behalt den Stil im Auge!
Es passiert häufig, dass man sich als Autor selbst überlistet. Plötzlich steckt der ganze Text voller Füllwörter, und man hat keine Ahnung, wie sie da hingekommen sind... Plötzlich ist der Bösewicht keine tödliche Bedrohung mehr, sondern nur noch "ziemlich" tödlich, die Wolken "scheinen" über den Himmel zu schweben, die ganze Situation ist "irgendwie" bedrohlich. An einisten Stellen sind diese Wörter sinnvoll, an einigen nicht.
Also solltest du den Text vor dem Posten noch einmal laut vorlesen. Die Stellen, wo du beim Lesen stolperst, werden auch die sein, die hinterher beim Leser nicht gut ankommen. Hältst du ein Füllwort für gerechtfertigt, lass es ruhig stehen.

#) Achte auf Wortwiederholungen.
Oftmals verfolgt man einen Gedanken, das führt dazu, dass im folgenden (oder übernächsten) Satz ähnliche Worte erneut vorkommen. Überprüfe, wo sie überflüssig sind und nicht gerechtfertigt. Wenn du zum Beispiel schreibst "der Junge spielte mit dem Ball. Der Junge schoss auf das Tor, traf aber das Fenster. Erschrocken rannte der Junge davon", kannst du ein bis zwei "der Junge"s mit "er" oder Synonymen ersetzen. Von Zeit zu Zeit können Wortwiederholungen allerdings auch als Stilmittel eingesetzt werden. Wo die Sätze also so, wie sie stehen, schön klingen, lass sie stehen.

#) Achte auf den Satzrhythmus.
Oft beginnt man alle Sätze mit "Dann" oder "Daraufhin", oder man schreibt immer wieder "A tut dies. B tut das." usw. Das ist meist zu monoton. Erst das Haupt-Nebensatzgefüge verleiht dem Text seine Melodie. Aber:

#) schreibe niemals Sätze, durch die du selbst nicht durchblickst.
Das bedeutet: Pass auf die Satzlänge auf. Wenn der Satz so lang wird, dass du dich verhedderst, ist er zu lang. Und: Benutz keine Wörter, von deren Bedeutung du nicht hundertprozentig überzeugt bist. Wenn du als Autor den Satz nicht vorlesen kannst, ohne mit der Betonung ins Schleudern zu kommen, dann ist er zu lang.

 
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Charakterisierung:
Eine Figur ohne Eigenschaften ist langweilig. Es sind erst die Stärken und Schwächen, die persönlichen Eigenschaften, die einen Menschen zu dem machen, was er ist. So ist zum Beispiel eine top-gestylte Sekretärin, die mit zehn Fingern tippen kann, eine Statistin, an der man einfach so vorübergeht, um einen Termin mit dem Chef zu machen. Weiß man aber, dass sie irgendwelche ungewöhnlichen Neigungen hat - zum Beispiel, dass sie Teddybären sammelt oder beim Sex eine Gasmaske trägt - wird sie interessant, und schon erinnert man sich an sie. Also gib deinen Charakteren Macken, Vorlieben, Abneigungen, Allergien, chronische Krankheiten, Stärken, Schwächen...

#) geh auf die Charaktere ein.
Charaktere sind das, was der Geschichte ihr Leben verleiht. Die Handelnden, der Held, der Schurke, die Frau, alle sollten plausibel sein und plastisch dargestellt. Sicher erfordert der Held mehr Arbeit als ein relativ unwichtiger Statist, aber es ist viel schöner, wenn man sich an den Statisten hinterher als "der mit dem Tick mit der Brille" erinnert anstatt an "ach ja, den, den der Autor da hingestellt hat, damit der Detektiv den Mörder findet". Verleih deinen Figuren Stärken und Schwächen, kleine Marotten, die der Leser liebgewinnen kann. Klischees sind langweilig. Man kann allerdings mit einem Klischee brechen, indem man vielleicht einen dummen, tätowierten Schläger auftreten lässt, der das Londoner Telefonbuch auswendig kennt. Persönliche Eigenschaften machen Figuren lebendig, wennn nur Stereotypen durchs Bild laufen, ist das genau so langweilig wie eine Miß-Wahl, bei der alle von demselben Schöhnheitschirurgen operiert worden sind.

#) Nicht nur mit Adjektiven charakterisieren.
Das wirkt oft einfach oberflächlich. Also nicht schreiben "X war ein böser Mensch.", sondern ihn zum Beispiel etwas böses tun oder sagen lassen. Diese Methode - die indirekte Charakterisierung - kann man gut aus Filmen oder Theaterstücken lernen, wo es kaum anders geht. (Wir erinnern uns: Das erste, was Darth Vader im Krieg der Sterne tut, ist jemanden zu erwürgen)
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, andere Personen über X sprechen oder denken zu lassen oder in irgendeiner Form die Folgen von X Handlungen zu zeigen.
Eine direkte, ganz einfache Charakterisierung kann aber gerade durch ihre Schlichtheit sehr wohl ihre Wirkung haben. Beispiel: Der junge Y hat einen Kumpel X, mit dem er gemeinsam Unfug macht, so wie die meisten Jungs. Mit der Zeit beginnt sich Y aber über seinen Freund zu wundern, da dessen Faxen immer extremere Ausmaße annehmen. Schließlich dämmert ihm eine unangenehme Erkenntnis: X ist nicht einfach ein schlimmer Junge, wie andere auch. X ist böse.
In diesem Fall verleiht gerade die Prägnanz, die Schnörkellosigkeit und Direktheit der Aussage ihre Kraft.

#)Benenne keine Gefühle, beschreibe sie.
Die gleiche Methode wie bei der indirekten Charakterisierung ist in der Mehrzahl der Fälle auch zur Schilderung von Gefühlen, Stimmungen, Atmosphäre vorzuziehen. Statt einfach zu schreiben "A ist traurig" beschreibe besser die Effekte, die diese Traurigkeit auf A hat: "A fühlte sich, als würde sein Inneres von einer Baggerschaufel ausgehöhlt."
Statt "X hatte Angst" das Gefühl von Beklemmung, beschleunigtem Herzschlag und Atmung, erweiterte Augen, offenen Mund, Gänsehaut etc beschreiben, wobei "Gänsehaut" z.B. auch noch platt ist. Überlegen, wie sich das wirklich anfühlt. Als würden viele kleine Insekten über die Haut krabbeln? Als würde eine Flüssigkeit den Rücken hinunterlaufen? Als wäre die Haut plötzlich zu eng für den Körper?
Auch eher nicht "Es war unheimlich", sondern undurchdringliche Dunkelheit im Zombiemoor, knarrende Türen im Geisterschloss etc. beschreiben (um simple, klischeehafte Beispiele zu verwenden, denkt euch bitte etwas Originelleres aus!).
(Das nennt man übrigens im englischen Sprachraum "Show don't tell".)
Wie bereits oben erwähnt, kann die direkte, einfache Beschreibung aber sehr wohl ihre Wirkung haben. Ein Beispiel mit oben erwähntem Y:
Y dachte an die verrückten Dinge, die sie heute getan hatten. Das war mehr als ein kleiner Spaß gewesen. Das war etwas, das man besser niemandem erzählte, eine Erinnerung, die man besser mit ins Grab nahm, über die man mit niemandem sprach und die man vor allem nicht wiederholte. Aber X sah das offensichtlich anders. Er hatte keine Miene verzogen. Er hatten den selben Spaß daran gehabt wie bei all ihren kleinen Streichen. Er würde das sehr wohl wieder tun. Y bekam Angst.
Hier steht der letzte, kurze und einfache Satz im Kontrast zu den ausführlichen Überlegungen zuvor und setzt dadurch noch eine Betonung obendrauf.

#) Verwende Metaphern und Similes aus der Lebenswelt des Protagonisten.
Ein Arzt oder ein Handwerker spricht anders als ein Mensch, der das nicht ist. Wenn eine Krankenschwester von SHT, Appendicites, Frakturen und Apoplexen redet, versteht ein Normalsterblicher nur Bahnhof, eine andere Krankenschwester weiß aber, dass von Gehirnerschütterungen, Blinddarmentzündungen, Knochenbrüchen und Schlaganfällen die Rede ist.


#) Der Dialog
Deine Figuren können noch so gut charakterisiert und beschrieben sein, wenn die Dialoge klingen wie aus einer Soap-Opera oder einer Lateinübersetzung, wird sie trotzdem niemand ernst nehmen. Niemand kommentiert das Geschehen mit (wie zum Beispiel die liebe Europa): "Hilfe, ich werde von einem weißen Stier zum Meer getragen und von den Wellen umspült." Ein Dialog sollte nicht so klingen wie zum Beispiel eine Sprachübung zum Passiv oder eine Zeile aus einer schlechten romantischen Tragödie. Kein Mensch sagt Dinge wie "Oh meine Geliebte, deine blauen Augen blicken mich verzweifelt an, aber ich kann nichts daran ändern - es ist wie es ist, ich bin dem Tode geweiht". Das reizt Leser höchstens zum Lachen. Also pass sowohl beim Gesagten selbst als auch bei den Sprachverben, die die wörtliche Rede einleiten, darauf auf, dass beides zur Geschichte passt.

Im Dialog kannst du das auf verschiedene Arten tun:
1. Rede und Gegenrede
Kommt eigentlich nur zur Anwendung, wenn zwei Figuren sprechen.
Hier ergibt ein Wort das andere, dass Gespräch wirkt dadurch sehr flüssig.
"Was bist'n so sauer?"
"Er ist weg!"
"Wie? Wer is weg?"
"Na der Autoschlüssel!"
"Du bist wohl blind? Der liegt doch auf dem Tisch."

2. Beschreibender Dialog mit Sprechverben
Benutzt man, wenn man zusätzlich zum Dialog noch Informationen geben will oder mehr als zwei Personen miteinander reden.
"Was bist'n so sauer?", fragte Ben.
"Er ist weg!", rief Lisa erschrocken.
"Wie? Wer is weg?", nuschelte Ben.
"Na der Autoschlüssel!", antwortete Lisa.
"Du bist wohl blind? Der liegt doch auf dem Tisch", schnappte Ben.
Ein beliebter Fehler, der an dieser Stelle gern gemacht wird, ist, das Komma am Ende zu vergessen. Zwischen der wörtlichen Rede und dieser Art von angeschlossenem Sprechverb steht immer ein Komma, auch nach Satzzeichen. Die Ausnahme sind Punkte, diese fallen gegebenenfalls weg. Wenn am Ende der wörtlichen Rede ein Punkt steht, muss danach ein neuer Satz anfangen, siehe 3.

3. Dialog mit beschreibenden Nachsätzen
Zuviele Sprechverben bremsen den Lesefluss und provozieren Wortwiederholungen. Deshalb sind Nachsätze die elegantere Variante.
"Was bist'n so sauer?" Ben blickte Lisa fragend an.
"Er ist weg!" Lisa stand ratlos im Wohnzimmer.
"Wie? Wer is weg?" Langsam wurde es Ben zuviel.
"Na der Autoschlüssel!" Lisa war kurz davor in Tränen aus zu brechen.
"Du bist wohl blind? Der liegt doch auf dem Tisch." Ben schüttelte missbiligend den Kopf.

Meistens werden alle drei Arten gemischt, weil jede für sich allein langweilig und eintönig wirkt. Mit der Zeit wirst du auch das richtige Feeling dafür entwickeln.

Also nochmal: Lass deine Figuren unterschiedlich sprechen, denn kein Mensch redet wie der andere. Das ist Abhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft und Temperament. Ein Arzt wird sicherlich anders sprechen als ein Handwerker und ein Großvater anders als die zehnjährige Enkelin.

Der Dialog wirkt nur echt, wenn der Leser die Eigenarten deiner Prots spüren kann. Manche Leute müssen ja nur den Mund aufmachen und schon hast du ein Bild vor Augen.

Nicht auf die Grundlagen des Schreibens selbst, sondern auf die Grundlagen des humoristischen Schreibens bezieht sich gnoebels Humor-Ratgeber.

 
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Versuch, möglichst klar und prägnant zu schreiben. Natürlich ist auch das Geschmackssache, aber ein Satz, der etwas auf den Punkt bringt, wirkt ungleich stärker auf den Leser als einer, der vage und völlig undefiniert im Raum schwebt. "Ihre Augen riefen ein Unbehagen in mir hervor, ein diffuses, schwer zu beschreibendes Gefühl, meine Nackenhaare stellten sich auf und ich verspürte das Bedürfnis, ihrem Blicka auszuweichen...", hat der Leser zwar ein Bild vor Augen. Wenn wir aber wissen, dass der Erzähler Limonen-Lutschtabletten hasst und vielleicht noch eine Allergie dagegen hat und haufenweise negative Emotionen assoziiert und du schreibst "ihre Augen waren wie Limonen-Lutschtabletten", hast du mit viel weniger Worten die gleiche Aussage getroffen.
Versuche also, möglichst treffende Worte zu finden, die genau das ausdrücken, was du sagen möchtest, damit du nicht groß beschreiben musst, was du meinst.

#) Verwende treffende Substantive

schreibe nicht: Ich stand unter dem Baum.
sondern besser: Ich stand unter einer Linde/Buche/Eiche ...

schreibe nicht:Auf der Wiese stand eine Blume.
sondern besser:Auf der Wiese stand eine Narzisse/Kornblume ...

schreibe nicht:Er ist im Ausland.
sondern besser:Er ist in Griechenland.

Einschränkung: Wenn du den Umstand, dass dein Prot nicht weiß, um was genau es sich handelt, verdeutlichen willst, dann lass das unkonkrete Substantiv (Baum, Auto, Ausland, Blume ...) stehen.
Wenn wir hören "Peter ist im Ausland", beduetet das, Peter ist weg. Wenn wir hören "Peter ist in Frankreich", haben wir ein Bild von Peter vor Augen, wie er haufenweise französische Klischees bedient, also mit einer Flasche Schampus und einem Barett auf dem Kopf und einem Baguette in der Hand unter dem Eiffelturm sitzt (oder etwas Ähnliches). Entscheide, wo es sinnvoll ist, dem Leser das plastischere, eindrucksvollere Bild zu geben.

#) Die lieben Verben
Verben sind das Salz in der Suppe. Die Sahne auf der Torte. Ohne sie funktioniert kaum ein Satz und schon gar keine Geschichte.
Und gerade deshalb sollte man darauf achten, welche Verben man verwendet.

1. Hilfsverben (sein, haben, werden) provozieren Wortwiederholungen und sagen zudem nichts aus. Deshalb sparsam verwenden.
*Die Katze ist zufrieden.
Da entsteht kein Bild beim Leser, weil dieser Satz farblos ist.
*Die Katze schnurrt.
Eine schnurrende Katze kann sich wohl jeder vorstellen. Dieser Satz sagt viel mehr aus als der erste und das liegt einzig und allein am kräftigen Verb schnurren.

2. Inhaltsarme Verben (laufen, gehen, sehen u.s.w.) verallgemeinern nur, wirken langweilig und provozieren das Verwenden unnötiger Adjektiv:
*Der alte Mann ging langsam über die Straße.
Dieser Satz sagt zwar etwas aus, aber eben nur allgemein, denn gehen, kann man verschieden und langsam ist auch Definitionssache.
*Der alte Mann schlich über die Straße.
Das ist zwar nicht ganz dasselbe wie „langsam gehen“, ist aber ein viel stärkeres Bild.

Hier noch einige Beispiele für kraftlose Verben in Sätzen.
*Ich lief ins Badezimmer.
*Benny ging über die Straße.
*Das Auto fuhr.
*Das Buch ist auf dem Tisch.
*Er tat Tee in die Kanne.

Es gibt mehrere Möglichkeiten für plastische Verben. Der Satz sagt dann zwar nicht mehr ganz dasselbe aus, ist aber deutlich farbiger und lebendiger geworden. Überlege also, wo ein plastisches Verb besser ist als ein kraftloses.
*Ich taumelte/wankte/schlurfte ins Badezimmer.
*Benny rannte/flitzte/hüpfte über die Straße.
*Das Auto entfernte sich/raste davon.
*Das Buch liegt auf dem Tisch.
*Er goss/schüttete Tee in die Kanne.

Noch ein Tipp:
Der Zauberspruch heißt hier: Wähle die richtigen Synonyme

#) Eure Deutschlehrer haben Euch erzählt, dass ein Satz ohne Verb kein Satz ist? Vergesst es: Manchmal ist ein Satz ohne Verb ein besserer Satz.
"Ich füttere die Katze mit Dosenfutter und mich selbst mit einem Toastbrot von vorgestern. Die Katze ist zufrieden. Ich bin es nicht."

Nicht schlecht, aber wie wäre es damit:
"Ich füttere die Katze mit Dosenfutter und mich selbst mit einem Toastbrot von vorgestern. Die Katze: zufrieden. Ich nicht."

#) keine abgedroschenen Vergleiche verwenden. "Er kämpfte wie ein Löwe" ist mittlerweile nur noch langweilig. Nicht das schreiben, was einem als erstes einfällt, denn das fällt wahrscheinlich auch allen anderen als erstes ein. Ruhig mal eine Zeit überlegen, wer/was noch alles kämpft. Zwei Ertrinkende um einen Rettungsring? Ein Pittbull um seinen Fressnapf? Aber Achtung: Die Vergleiche sollten der Situation angemessen bleiben. Also überlege gut, ob ein witziger Vergleich eine tragische Situation verstärkt oder zerstört. Hierzu zwei Beispiele von sim:

Etwa, wenn ein an AIDS erkrankter Junge mit seinem Freund die Krankenschwestern immer auf die gleiche Weise ärgert, indem er das Ableben vortäuscht. Gerade, weil der Junge in einer dieser Situationen, als es schon längst keine Krankenschwester und kein Arzt mehr glauben, tatsächlich stirbt, setzt die komische Variante dort eins drauf.
Die beiden Jungen sind mit dem Floß unterwegs nach New Orleans, weil sie dort auf ein Medikament hoffen. Nachts im Zelt hat der kranke Junge einen Albtraum und schwitzt ganz fürchterlich. Erwachend erzählt er dem Freund, wie er immer wieder vom Tod träumt, wie er sich darin ganz alleine fühlt und immer glaubt, es wäre schon der reale Tod und kein Traum.
Man mag es für unfreiwillig komisch halten, dass der Freund ihm ausgerechnet seinen ausgelatschten Basketballschuh in die Arme drückt und (sinngemäß) sagt. "Solange du die dabei hast bin ich bei dir und du bist noch am Leben."
Aber gerade diese offensichtlicheund eigentlich komische Hilflosigkeit rührt unglaublich.

 
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Und als Letztes:

#) Vor dem Posten gründlich auf Rechtschreibfehler und Absätze checken!
Vor dem Posten solltest du die Geschichte noch einmal eine Weile liegenlassen, je nachdem, wie fit du in Rechtschreibung, Grammatik und Stil bist, ein paar Stunden bis ein paar Tage. Danach lies den Text noch einmal durch, dann hast du ein bisschen Abstand gewonnen. Vielleicht fallen dir jetzt noch Holprigkeiten auf, die du beim ersten Schreiben gar nicht gesehen hast?
Vielleicht fallen dir beim nochmaligen Lesen Stellen auf, die du ändern möchtest. Vielleicht findest du die Geschichte auch so gut, wie sie ist, dann steht dem Posten fast nichts mehr im Wege.
Denk dran - du willst, dass deine Geschichte gelesen wird. Unabhängig vom Inhalt ist dabei zuallererst die Formatierung von Bedeutung. Wenn du dem Leser einen riesigen Block zumutest, der durch keinen einzigen Absatz aufgelockert wird, wird er ihn nicht am Bildschirm lesen und vermutlich auch nicht ausdrucken. Genauso können zu viele Rechtschreibfehler ein Grund sein, das Lesen abzubrechen oder gar nicht erst damit anzufangen. So etwas wird vielfach als Respektlosigkeit empfunden - dem Autor ist meine Meinung zu seinem Text nicht wichtig genug, dass er mir das Lesen erleichtert.
Manchmal wird diese Seite mit einem Buffet verglichen. Für jeden Geschmack ist etwas dabei, kleine Snacks für zwischendurch oder richtige Hauptmahlzeiten, an denen man lange zu kauen hat. Und genau wie bei einem Buffet wirkt es sehr abschreckend, wenn eines der "Gerichte" aussieht, als hätte es jemand einfach "hingerotzt".

Also, Checkliste vor dem Posten:
ist die Geschichte möglichst fehlerfrei?
- sind genug Absätze drin, um die Lesbarkeit zu erleichtern?
Ja? Dann los.

Falls du immer noch nicht genug haben solltest, findest du hier noch mehr Anregungen von anderen Leuten. Viel Spaß beim Lesen! :)

 
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Weitere Tipps für's Schreiben:

- Bitte Wortwiederholungen vermeiden, auch gleiche Satz- und Absatzanfänge (es sei denn, die Wiederholung hat einen stilistischen Grund: Dramatisierung, Sprecheigenheiten einzelner Protagonisten).
- Vermeide viel Stil (z.B. Metaphernflut), ohne Inhalt.
- Der Inhalt darf nicht unglaubwürdig sein, der Logik oder den Naturgesetzen, dem Ablauf der Geschichte widersprechen. (Bei „Seltsam“, zum Beispiel, kann das aber angebracht sein).
- „Lahme“ Auflösung oder Durchführung des Geschehens vermeiden: Alles war nur ein Traum; Suizid usw.
- Ungüstig ist, wenn man bei wörtlicher Rede die Sprecher nicht auseinander halten kann. (Bei Sprecherwechsel eine Leezeile einfügen, Zitate innerhalb einer Rede mit ‚ ’ markieren.
- Manchmal werden nur Dialoge geschrieben, es erfolgt keine Beschreibung der Personen. (Das führt oft dazu, dass man keinen Bezug zu den Personen bekommt).

Ungüstig ist das Folgende:

- Ein langer Text bietet weder inhaltlich noch stilistisch eine Abwechslung.

- „Seltsames“ ist nur seltsam, ohne inhaltliche Aussage.

- „Experimentelles“ hat keinen Inhalt.

- Manche Texte arten in Beliebigkeit aus - Autoren sagen dann oft: 'der Leser soll doch nur angeregt werden, irgendeine Interpretation zu machen'. So ein Ansatz sieht sehr nach Ausrede aus ...

 

Oberflächliche Schönheit ist nicht alles:

Sieht man von Stilfragen, der Wortwahl, netten Formulierungen und einer (spannenden) Handlung ab, so haben gute Geschichten immer auch eine Tiefenstruktur. Es handelt sich um die Geschichte hinter der Geschichte, das ungeschriebene zwischen den Zeilen oder die "Message", die AutorIn transportieren will.


Hier lauern einige Fallen:

- Du hast beim Schreiben Gedanken keinen Gedanken daran verschwendet

Das entspricht im Management dem sog. "bewusstlosen Führungsstil" Funktioniert nur bei Naturtalenten und ist ausgesprochene Glückssache. Typischerweise hinterlassen solche Geschichten ein faden Beigeschmack im Stile von "Na und?"


- Du hast dich intensiv mit der Message beschäftigt und eine "Holzhammer Geschichte" fabriziert

Wirkt im Endergebnis vermutlich noch unangenehmer auf die Leserschaft. Die Toleranzschwelle bezüglich schulmeisterlicher Geschichten ist generell recht niedrig. Bevormundung ist eine Todsünde.


- Du hast dich in verschiedenen Aussagen verzettelt

Das Problem derer, die es zu gut machen wollten. Es gibt soviel, das wir gerne sagen, der Leserschaft mit auf den Weg geben wollten: Globale Erwärmung, soziale Kälte, ein unfaires Gemeinwesen mit ungleichen Startchancen, dass deine Lieblingsband ganz tolle Musik macht, ....

Alles geht nicht, zumindest nicht auf einmal und innerhalb einer Geschichte. Konzentriere dich in einer Kurzgeschichte auf die wesentlichen Teilaspekte.


Alles klar? Dann ran an den Hintersinn.

 

Hier ein paar Gedanken zum erzählen im Präsens:

Der Text ruckelt wie ein zu langsam abgespielter Film von Bild zu Bild. Das ist weniger ein moralisches als ein handwerkliches Problem. Es ist der Preis für die Erzählform im Präsens, die nur scheinbar Gegenwärtigkeit, in Wahrheit aber Stillstand produziert. Weil sie keine Rückblenden und in der dritten Person auch keine Introspektion erlaubt, müssen alle Informationen für den Leser in Dialoge verpackt werden.

Diesen Mangel hat der Autor offenbar bemerkt und zu einer Notlösung gegriffen, indem er eine zweite Erzählebene eingezogen hat, die das Geschehen im Rückblick kommentiert, um ihm Tiefe zu geben. In kurzen, kursiv gesetzten Passagen geben die Figuren Auskunft über ihre Gemütszustände. Handlungslogisch wird das mit Interviews motiviert, die ein Freund für eine studentische Abschlussarbeit führt.

Doch einen Konstruktionsfehler durch Notmaßnahmen auszugleichen, ist selten eine gute Lösung. Dass die Inszenierung vorgefertigter Bilder anders viel besser funktioniert, hätte der Autor beispielsweise bei Don DeLillo lernen können, der die suggestive Kraft von Lifestyle-Images einsetzt, ohne ihnen auch nur einen Augenblick zu verfallen.

Auch die beiden anderen Romane Thomas Langs sind im Präsens erzählt. In "Than‘‘, dem ersten, ging das auf. Denn er nahm die Perspektive eines stummen Ich-Erzählers ein, dessen Gefangenschaft im eigenen Körper damit ästhetisch plausibel dargestellt werden konnte. Vielleicht hat der Ingeborg-Bachmann-Preis für Ausschnitte aus dem zweiten Roman, "Am Seil‘‘, den Autor dazu verlockt, etwas zum Stil machen zu wollen, was nichts anderes ist als eine offenbar generationentypische Verkennung.

Wer mit Bildern und Filmen sozialisiert wurde, der kommt allzu leicht auf die Idee, man könnte einen Roman wie ein Drehbuch schreiben, nur mit Bildern, Szenen, Dialogen. Dass sich dieses Vorurteil hartnäckig hält, gehört zu den unergründlichen Rätseln des Literaturbetriebs.

Die ganze Buchbesprechung kann man hier lesen.

Dion

PS: Wenn dies die falsche Rubrik/Thread ist, kann man den Text auch woanders verschieben.

 
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Ich möchte diesen Thread noch einmal aktivieren, da mir beim Kritikenschreiben einige Aspekte aufgefallen sind.

Gewisse Regeln (eigentlich Tipps, bzw. Hinweise) für gutes Schreiben sind sicher hilfreich, vor allem, wenn sie dem Autor einen Spielraum beim Umgang mit ihnen erlauben. Es ist sicher ungünstig, den Tipp ‚Vor jedem Substantiv soll ein Adjektiv stehen’ sklavisch umzusetzen, besonders wenn ein bestimmtes Substantiv häufig vorkommt (man erhält dann leicht Wiederholungen oder unpassende Eigenschaftswörter).
Auch der Hinweis, kurze Sätze zu schreiben, hat seine Grenzen: Wenn lange, kunstvoll verschlungene Sätze ebenfalls lange, geschickt verflochtene Gedankengänge repräsentieren, kann solch ein Konstrukt sinnvoll sein. (Wie immer, spielt auch in diesem Fall die zeitgenössige Sichtweise, was passende Stilmittel sind, eine Rolle).

Obwohl Somerset Maugham sagt

„Es gibt drei Regeln, wie man einen guten Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten“

möchte ich es einmal mit drei Tipps probieren. Beim Schreiben meiner Texte und als Beurteilungsmaßstab beim Verfassen von Kritiken haben mir zwei Aspekte (neben anderen) besonders gut gedient:

1. ‚Show don't tell’ (*), wobei mir diese Regel zu starr ist, da sie das ‚tell’ eigentlich verbietet. Ich bevorzuge die Formulierung ‚Show - don't tell only’.
Bei diesem Tipp wird dem Autor aufgezeigt, wie er etwas schreiben soll, und dass es auf eine günstige Verteilung der Anteile von ‚show’ und ‚tell’ ankommt. Solch eine Verteilung ist naturgemäß subjektiv. ‚Tell’ ist zum Beispiel durchaus angebracht, wenn man eine Überleitung zwischen Szenen, Erzählebenen schreibt.

2. ‚Kill your darlings’ (**) ist gleichfalls ein nützlicher Hinweis für Autoren und Kritiker. Dieser Aspekt hat aber eine ganz andere Qualität als ‚Show don´t tell’, da er den Vorgang des Weglassens, nicht des Hinschreibens zum Ziel hat. Alle ‚Darlings’ wird man nicht eliminieren wollen, die Klassifizierung ‚Liebling’ sollte jedenfalls nicht zwangsläufig die Todesstrafe nach sich ziehen.
Manches wird zu Recht geliebt, mit ‚Kill suspicious darlings’ nimmt man der Ursprungsregel den Starrheit bewirkenden Absolutheitsanspruch. Was in diesem Zusammenhang ‚suspicious’ ist, ist ebenfalls subjektiv.

Der dritte Tipp müsste idealerweise den subjektiven Anteil der genannten Hinweise entschärfen, indem man bei Textentscheidungen nicht nur die eigenen Belange betrachtet. Außerdem sollte die Qualität des Inhalts Berücksichtigung finden, nicht nur die der Form.

3. ‚Nütze dem Leser!’ wäre mein Hinweis an Autoren (und Kritiker), zumindest wenn sie sich mit ihren Texten an die Öffentlichkeit wenden. Das heißt, setze die beiden genannten Regeln (und andere) so um, dass sie letztlich dem Leser nützen. Entsprechendes gilt für ‚Unterregeln’ der Hinweise: Wenn deine ‚Lieblinge’ viele Adjektive sind, überlege, wie stark das ‚Kill suspicious darlings’ eingreifen muss, damit es dem Leser nützt (bezogen auf Verständlichkeit, Aussagekraft, guten Stil, usw.).
Auch auf den Inhalt einer Geschichte kann die Bitte ‚Nütze dem Leser’ positiv
wirken: Die Überlegung, was den Leser zum Verstehen und Genießen meines Textes bringt, führt zu einem plausiblen, spannenden, bedeutenden Inhalt (wobei nicht alle genannten Punkte erfüllt werden müssen). Eine Geschichte ohne gewissen inhaltlichen Anspruch, der auch für den Leser prinzipiell erkennbar sein muss, würde ‚Nütze dem Leser’ nicht gerecht werden.

(*) Vita schreibt dazu weiter oben: „Nicht nur mit Adjektiven charakterisieren.[
Das wirkt oft einfach oberflächlich. Also nicht schreiben "X war ein böser Mensch.", sondern ihn zum Beispiel etwas Böses tun oder sagen lassen. Diese Methode – die indirekte Charakterisierung - kann man gut aus Filmen oder Theaterstücken lernen …“

(**) ‚Kill your darlings’ ist ein Aufruf an Autoren die Metaphern, Textabschnitte usw. über Bord zu werfen, an denen sie trotz berechtigter Kritik ‚kleben’, die sie aber zu liebgewonnen haben, um sie zu verwerfen.



© S. W. 28.11. 2006

 

Aus gegebenem Anlaß wieder aus dem Keller geholt - bitte den ersten Beitrag lesen.

Dion


PS: Bitte hier nicht diskutieren - dafür gibt es einen extra Thread.

 
Zuletzt bearbeitet:

Kurze Betrachtung über Titel und Stil

Ein guter Titel ist eine an den Leser verschenkte Eintrittskarte (1) in das Geschehen der von der Geschichte beschriebenen Welt.


Ein guter Titel macht den Leser neugierig weil er:

1. Informationen zur Thematik bietet,
2. rätselhaft ist,
3. originell, witzig oder gar absurd erscheint,
4. durch Schlichtheit auffällt (zum Beispiel Ein-Wort-Titel),
5. durch seinen Umfang ins Auge sticht.

(Unter Umständen ist es sinnvoll die Titelarten zu mischen, so dass sich zum Beispiel eine lange und rätselhafte Überschrift ergibt).

Beispiele für die Titelarten:

Zu
1. Die Gespenster-Prüfung
2. Das Gibelerden Inferno
3. Kommunikatives Nicht-Pinkeln
4. Cajun
5. Hallo erst einmal und herzlich Willkommen auf KG.de

Natürlich muss eine Überschrift zu einem Text passen, bei dem schlichten Titel „Ein Dorf“ erwartet man sicher keine amüsante Geschichte voller Leben und Lokalkolorit. Irreführend ist auch ein ‚Eyecatcher’ wie „Das schrullige Leben des spillerigen Herrn Kasimir“, wenn die Geschichte farblos, nur berichtend, unoriginell und humorlos daherkommt.

Das führt uns zu der Thematik des Stils.

Stilformen

Ein von einem Autor verwendeter Stil kann von rhetorischen Redefiguren geprägt sein (siehe Metaphern). Manches Werk enthält viele Metaphern (siehe Metaphern - Übertreibung und Notwendigkeit) oder Alliterationen usw. Man kann sehr nüchtern, sachlich schreiben (bei einem Sachbericht ist das Pflicht, bei einer Geschichte eine Option), man kann eine schnelle, gar hektische Atmosphäre hervorrufen oder eine melancholische, ruhige, gelassene. Je nach Wortwahl wirkt ein Text abgehoben, überheblich oder sogar schnodderig.

Hier vier Textbeispiele:

Sachlich:

Ich bin auf dem Weg nach Hause. Komme nach achtzehn Kilometern bei der Wegbiegung aus dem Schatten des Eichenwaldes und sehe die kleinen Häuser meines Heimatdorfes: Rote Ziegeldächer, einen kleinen quadratischen Marktplatz, eine grüne, etwas heruntergekommene Parkbank. Dort steht ein alter Bekannter: Es ist Fred, den ich schon seit zweiundzwanzig Jahren kenne. Wie immer hat er blaue Arbeitskleidung an. Er spricht mich unverzüglich an.
„Na, doch wieder zurück?“
„Ja, in der Stadt gab es keine Arbeit mehr für mich“, sage ich, um es kurz zu machen.

Schnell (ungeduldig):

Wann bin ich endlich da, nichts zu sehen hier im Wald, dort – die Wegbiegung, man müsste doch schon die Häuser erkennen, rote Dächer, dieses, mein Heimatdorf, diesen kleinen, quadratischen Marktplatz. Ah, jetzt. Die Parkbank, grün, heruntergekommen. Neben ihr: Ein alter Bekannter, Fred. Typisch Fred, blaue Arbeitskleidung, was sagt er?
„Na, wieder da?“
„Ja, und? – keine Arbeit mehr, in der Stadt“, raus damit, mit der Wahrheit!

Ruhig

Ich bin also auf dem Weg zurück, nach Hause, in die Heimat. Mittlerweile habe ich den schattigen Eichenwald mit seinen uralten Bäumen durchwandert und komme an die mir so gut vertraute Wegbiegung. Von hier aus kann man die kleinen behaglichen Häuser meines Heimatdorfes sehen: auffallend sind die roten Ziegeldächer und der kleine, gepflegte quadratische Marktplatz. Neben einer grünen, etwas heruntergekommenen Parkbank steht ein alter Bekannter, als hätte er auf mich gewartet. Es ist der große Fred, wie immer in blauer, alter, aber gepflegter Arbeitskleidung. Er spricht mich zaghaft an.
„Na, doch wieder zurück?“
„Ja, endlich. Weißt du, in der Stadt gab es keine Arbeit mehr für mich“, antworte ich, obwohl ich lieber nicht darauf eingehen möchte.

Überheblich:

Na, jetzt bin ich also doch wieder auf dem Weg zurück, ins traute Heim. Kaum kommt man aus dem schattigen Wald heraus, es bleibt einem halt nichts erspart, sieht man schon die kleinen verschlafenen Häuser meines mickrigen Heimatdorfes. Wo rote Ziegeldächer die Häuser schmücken darf auch ein kleiner, quadratischer Marktplatz nicht fehlen - Hauptsache kleinkariert. O Gott! Die grüne, vergammelte Parkbank steht auch noch da und neben ihr Fred, als wenn er dazugehören würde. Und diese Klamotten - blaue Arbeitskleidung! Jetzt quatscht er mich natürlich an.
„Na, wieder zurück?“
„Nee - wie kommste da drauf? War wohl zu gut für die Arbeit in der Stadt.“ Nix wie weg, sonst fängt der noch mit seinem Geschwafel an.


Es gibt viele Möglichkeiten der stilistischen Textgestaltung, auch der Rückgriff auf eine altertümlich wirkende Redeweise kann seine Berechtigung haben, nicht nur bei historisch zurückblickenden Erzählungen, sondern auch zur Charakterisierung einer Person (3), etwa eines alten, dem humanistischen Bildungsideal verpflichteten Professors. Hier braucht man etwas Fingerspitzengefühl, um nicht in Klischees zu verfallen (siehe Was ist ein Klischee?). Überhaupt spielen Personen mit ihren Charakterzügen eine wichtige Rolle für das Bild, das eine Erzählung im Leser wachruft. Bei Dialogen ist es besonders wichtig, durch den Stil des Ausdrucks die Persönlichkeit, das Wesen eines Protagonisten treffend darzustellen: Spricht er Dialekt, hat er einen ausländischen Akzent, einen gruppentypischen Slang? Äußert er sich hektisch, abschweifend, präzise oder aggressiv? Welcher sozialen Schicht gehört er an? Selbst zwischen Mann und Frau gibt es Unterschiede in der Sprechweise: Akzeptiert man ein „ach wie süß“ bei einer Frau, wenn sie eine kleine Handtasche betrachtet, gesteht man einem Mann diesen Ausruf beim Anblick einer achthundert Watt Bohrmaschine sicher nicht zu. Stilistische Varianten sollen zum Inhalt des Textes passen, manchmal sind aber auch Kontraste reizvoll. So kann ein humorvoller Text ohne weiteres besonders förmlich daher kommen, sodass sich eine gewisse Ironie ergibt. Dies führt unter Umständen zu einer Satire. Übertreibungen und das Aus-dem-gewohnten-Kontext-Reissen von Sachverhalten kommen in dieser Literaturgattung als Stilmittel vor (4).
Dies ist nur ein kleiner Abriss der schriftstellerischen Möglichkeiten. Ein Autor wird sich auch bemühen, die seinem Text angemessene Form (Gattung) zu wählen. Er muss entscheiden, ob er, um seine Intensionen zu verwirklichen, einer Novelle den Vorzug gibt oder etwa einer Kurzgeschichte.
Da die Kurzgeschichte die freieste der Literaturformen ist, kann sie je nach Inhalt – um nur zwei Richtungen zu nennen – wieder dem Genre der amourösen oder auch der Horrorliteratur angehören.

Ein Autor kann sich immer wieder neue schriftstellerische Türen öffnen. Jeder schreibtechnische Aspekt (5) verdient es, neugierig beachtet und mit Kreativität durchdacht zu werden, um zum Erfolg eines Schriftstellers beizutragen.


© S. W.



Anmerkungen:

(1) Mit Absicht habe ich die Titel nicht ‚Werbebanner’ oder Ähnliches genannt, verbindet man doch mit Werbung Übertreibung oder gar unlautere Aussagen. Überschriften sollen aber seriös sein.

(2) Eine schnelle Erzählweise hat nicht unbedingt etwas mit der schnellen örtlichen Bewegung von Protagonisten zu tun, auch Gedanken können rasen.

(3) Es lohnt sich auf alle Fälle durch die Themenübersicht

zu stöbern, ich möchte jetzt nicht zu viele Links einfügen. Trotzdem hier noch zwei:

Charakterisierung einer Person


Schachtelsätze


(4) Siehe Im Zweifel für den Angeklagten, eine Satire, in der die Polizei vorkommt. Ihr Verhalten wird aber aus dem üblichen Kontext gerissen, normalerweise hilft sie dem Geschädigten.


(5) Das heißt jeder in diesem Thread angesprochene Tipp, die Gliederung, die Wahl der Personennamen usw.


© S. Wolters, 30. 01. 2008

 

Zehn Gebote

Zehn Gebote für Schriftsteller – in Wirklichkeit sind es viel mehr, teils nicht ernst gemeint, teils sich widersprechend, zumindest amüsant. Sie alle zu befolgen ist unmöglich, aber man kann sich ein paar davon aneignen.

 

Welche Zutaten braucht es für einen echten Hit? Anleitung für eine "Wanderhure", aber auch für sonstige Texte, die Frauen unterhalten wollen. Denn wer mit seinem Text Frauen erobert, der erobert den Markt. :D

 
Zuletzt bearbeitet:

Das ist schon wieder fünf Jahre zu spät, Dion. Als ich mit dem Schreiben angefangen habe, war ich in einem Forum, wo auch Iny Lorentz war und andere, da war diese Art von Roman gerade sehr angesagt und Verlage haben gezielt nach ähnlichen Stoffen gesucht.

Im Moment wird überall von "Fifty Shades of Grey" geredet. Das wäre die aktuelle Entsprechung.

Aber das hat auch wenig mit "Tipps für Schreibanfänger" zu tun, sondern das sind Sachen für Veteranen und "Lohn-Schreiber", so einen Trend zu erkennen und dann versuchen, drauf zu kommen.

Es heißt zwar oft, dass es keine "Anleitung" für einen erfolgreichen Roman oder eine erfolgreiche Handlung gäbe, aber es gibt schon "Rezeptanregungen", wenn man sich damit beschäftigt.

http://en.wikipedia.org/wiki/Vladimir_Propp

Hier z.B. das fand ich hochinteressant. Sind bestimmte "Schritte" in Märchen untersucht, die eine bestimmte Struktur bilden, das lässt sich auch heute noch in vielen "Bestsellern" und "Top-Geschichten" wiederfinden.

Wenn man sich wirklich dafür interessiert, "markt-gerecht" zu schreiben, weil man mit dem Schreiben Geld verdienen möchte, muss man sich auf jeden Fall ausgiebig mit dem Handwerk "Schreiben" beschäftigen (und die Länge 500 Seiten und drüber anpeilen ... die Leute lieben richtige Wälzer, bei denen sie das Gefühl haben, viel für ihr Geld zu bekommen).
Und dann kann man versuchen bestimmte Trends und "Muster" zu sehen. Oft drückt sich tatsächlich eine bestimmte Stimmung, eine bestimmte Lust in der Realität dann auf Wünsche aus, was man gerne lesen möchte.
Hunger Games - Soziale Kälte, Konkurrenzdruck, Angst vor der Ressourcenverknappung
Fifty Shades of Grey - Langeweile des Alltags, Domestizierung des Mannes, "Emanzipation", "dominante" Frauen
Harry Potter - Technisierung, Verkopfung, Verlust der Jugend, Sehnsucht nach einfacheren Zeiten

Also das sind jetzt nur Thesen, man kann da sicher drüber diskutieren, aber so einfach zu sagen: Frauen sehnen sich immer danach in einem alter ego zu stecken, das mal von einem schwertschwingenden Rüpel richtig durchgezogen wird - so einfach ist das auch nicht.
Das Genre gibt es schon länger, richtig erfolgreich war das mit allen (auch internationalen) Varianten erst in einer bestimmten Zeit bzw. es war dann ein Punkt erreicht, wo das irgendwie schick und okay war, Gable zu lesen oder so (weil man überhaupt was gelesen und nicht nur Fernsehen geguckt oder Gameboy gespielt hat).
Da gibt es ja noch viel mehr als die Wanderhure.
Also ich denke gerade der Erfolg dieser Art von Roman sind die Spätfolgen der Emanzipation. Wenn wir eine andere Zeit hätten, gäbe es auch andere Bestseller. In diesen Romanen geht es immer darum, dass eine unfreie Frau gegen eine unfaire, männliche Gesellschaft kämpft. In der heutigen Zeit wünschen sich Frauen vielleicht wieder, dass sie gegen irgendwas kämpfen können, dass irgendwer dafür verantwortlich ist, dass sie nicht super-selbstbestimmt und superlustig und superabenteuerlich sind.
Das gilt auch nicht nur für Frauen. Fight-Club ist im Prinzip dasselbe für Männer. Ihr seid nicht schuld, dass ihr so Schlaffis seid, die Gesellschaft will das so von euch. Das hört man als Leser schon gern. Ich bin gerne völlig unschuldig an meinen Problemen!

Bei so einer Art von Literatur geht es auch darum, den Leuten ein Weltbild zu bestätigen, dass sie nicht Schuld an ihrem Dasein sind, dass sie etwas Besonderes sind, das noch entdeckt wird, dass sie eine rosige Zukunft erwartet usw.

Ich finde das hochspannend, sich zu überlegen, was ein "Vampir" als literarisches Motiv eigentlich ist und für was er steht und warum das auf "einmal" scheinbar plötzlich wieder da ist.
Wie sich das Motiv des Zombies zum Beispiel vom gesellschaftlichen Kontext und sich mit einem "Pandemie"-Gedanken vereint haben, und warum heute Werwölfe keinen mehr interessieren.
Aber wie gesagt "Schreibanfänger" - nee, das sollte lieber in einen gesonderten Thread.

 

Lass doch einen Moderator einfach die letzten Beiträge in einen neuen Thread machen unter "Autoren", irgendein Titel halt "Schreibrezepte/Erfolgsrezepte".
Findet sich bestimmt ein Mod, der das macht.
Hier bei dem Thread sind eigentlich die Anfangspostings von vita so schön, dass man den eher als FAQ-Sammlung so rumstehen lassen und verlinken sollte.

 

"Der ideale Satz strebt vorwärts wie ein Pfeil"
"Qualität kommt von Qual"
"Einer muss sich Mühe geben, entweder der Schreiber oder der Leser"

Zitate sind laut der Süddeutschen Zeitung vom 7. Dezember 2012 von Wolf Schneider, der 33 Jahre lang an der Henri-Nannen-Schule und anderswo Journalisten unterrichtet hat.

 

Elmore Leonard, der berühmte Krimischreiber, ist nun im Alter von 87 Jahren gestorben. Im Magazin der Süddeutschen (01/2011) (stand) steht ein Interview mit Elmore Leonard, in dem er einige „Geheimnisse“ seines Erfolgs preisgibt – Zitate:

Der Plot entwickelt sich während des Schreibens. Ich weiß nie, wie ein Buch ausgeht, wenn ich es beginne. Ich mache keine Gliederung. Auf den ersten 100 Seiten versammle ich meine Figuren, ich sortiere sie in gute und böse. Auf den zweiten 100 Seiten beginnen verschiedene Nebenhandlungen, vielleicht stößt auch noch eine Nebenfigur dazu, oft noch namenlos. Erst auf den letzten 100 Seiten denke ich über das Ende nach.

Ich brauche sicher drei Seiten, um am Ende eine zu bekommen, die mich zufriedenstellt.

Ich schrieb zuerst ja einige Western-Bücher. Da habe ich noch Adverbien benutzt. Erst allmählich habe ich meinen Stil gefunden und begonnen, mich als allwissenden Erzähler zurückzunehmen, immer eher aus der Perspektive meiner Hauptfiguren zu erzählen, habe meine Regeln gefunden.

Ein Buch niemals mit der Schilderung des Wetters beginnen. Zu langweilig.

Prologe und Vorgeschichten vermeiden. Die nerven auch, besonders wenn der Prolog auf eine Einleitung folgt, die nach dem Vorwort steht.

Niemals ein anderes Verb außer »sagte« bei Dialogen verwenden, denn der Satz gehört der Figur; das Verb ist der Autor, der sich einmischt. Das Verb »sagte« ist weit weniger aufdringlich als grollte, keuchte, warnte, log.

Niemals das Verb »sagte« mit einem Adverb schmücken wie »laut« oder »leise«. Die Verwendung von Adverbien ist eine Todsünde. Der Autor drängt sich in den Vordergrund, wenn er ein Wort verwendet, das den Leser ablenkt und das den Rhythmus des Dialogs unterbricht.

Auf Ausrufezeichen achten. In Prosa sind nicht mehr als zwei oder drei alle 100 000 Worte erlaubt, wenn man nicht Tom Wolfe heißt.

Dialekte und Mundart sparsam einsetzen. Sonst müllt man die Seite mit Apostrophen zu und kann nicht mehr aufhören.

Detaillierte Figurenbeschreibungen vermeiden. Wie sehen »der Amerikaner und das Mädchen« in Ernest Hemingways Kurzgeschichte Hügel wie weiße Elefanten aus? »Sie hatte ihren Hut abgenommen und ihn auf den Tisch gelegt.« Das ist das Einzige, was annähernd einer Beschreibung gleichkommt, und trotzdem sehen wir das Pärchen vor uns und erkennen sie an ihren Stimmen, ohne ein einziges Adverb weit und breit. Hemingway liebe ich übrigens. So wollte ich immer schreiben. Bis ich merkte, er hatte keinen Humor.

Keine aufwändigen Beschreibungen von Szenen oder Gegenständen. Das fällt vielen schwer, da sie so in ihre Formulierungen verliebt sind.

Die Leser nicht durch das Schriftstellersein von der Story abzulenken. Ein Romanautor kann viele Formulierungen verwenden, die ihm geläufig sind, aber wozu sollte er? Ich versuche mich auf die Stimmen der Figuren zu konzentrieren, die mir sagen, wer sie sind und was sie von dem halten, was sie sehen und was gerade passiert. Ich bin in meinem Büchern nirgends zu sehen.

Was im Interview auch gesagt wird: Er musste 30 Jahre schreiben, bevor er, mit Ende 50, berühmt wurde. Langer Atem ist angesagt!

 

http://www.latimes.com/entertainmen...ood-moments-therapist-20150325-htmlstory.html

Der Artikel ansich ist es wert gelesen zu werden, zumindest wenn man mad men fan ist. Aber auch für Autoren kann es hilfreich sein, einen ähnlichen Bericht mal über die eigene Figur zu schreiben. Gerade bei längeren Geschichten lohnt es sich enorm so ein psycho-profil mit ner Top ten Liste zu erstellen. Hilft nicht nur bei der Figurenentwicklung, man lernt die eigene Figur besser kennen, hat sofort die wichtigsten "Ereignisse " in ihrem Leben auf einen Blick und hat einen leichteren Zugang zur Figur. Erst recht, wenn die Geschichte mehr als zehn Figuren hat. (Bei mir kommt das selbst bei Kurzgeschichten schnell vor :shy:).

Man sieht hier auch sehr schön, wie sich die Figur entwickelt und man sieht an dieser jungen Figur, wie die älteren zu den verkorksten Wesen geworden sind, die sie nun sind.

 

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