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Tinas Geheimnis

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26.10.2003
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Tinas Geheimnis

Niemand sollte sehen, dass sie geweint hatte. Tina wusch sich ihr Gesicht mit eiskaltem Wasser. Sie befand sich auf der Damentoilette eines Autobahnrastplatzes.
Einfach losgefahren war sie. Wie lange war sie nun schon unterwegs? Auf jeden Fall lange genug um alle Tränen rauszuweinen.
Sie blickte in den Spiegel und sagte:"So Tina, nun reiß dich zusammen, du fährst wieder nach Hause und gehst mit der Situation um. Sei kein Feigling!"
Fest entschlossen, erhobenen Hauptes und mit aufrechtem Gang verließ sie den Waschraum. In der angrenzenden Tankstelle kaufte sie sich noch was Süßes.
"Süßes beruhigt die Nerven", ermunterte sie sich selbst.
Die Rückfahrt, sie war doch schon fast einhundert Kilometer gefahren, nutzte sie um ihre Gedanken zu ordnen.
"Herzlichen Glückwunsch Frau Sanders, sie sind schwanger!", das waren die Worte ihres Frauenarztes,"Da wird sich ihr Mann sicher auch sehr freuen." Nichts hatte sie sich anmerken lassen, sie spielte die glückliche, werdende Mutter bis sie im Auto saß. Dann brach alles aus ihr heraus. Na klar, Frank, ihr Mann, würde vor Freude ganz aus dem Häuschen sein. Sie hatten sich immer ein Kind gewünscht. Er wäre der beste Vater der Welt, da war sie sich ganz sicher. Er wäre es sicher, wenn er der Vater wäre.
"Muss er denn die Wahrheit wissen?", überlegte sie laut. Das Kind würde wachsen, sein Charakter und seine Gesichtszüge sich prägen. Frank könnte es irgendwann bemerken. Er war sensibel und klug, dafür liebte sie ihn. Nein, eine Lüge kam nicht in Frage.
Was hatte sie sich nur dabei gedacht, ausgerechnet Michael, Franks Bruder. Sie hatte in Frank doch alles was sie brauchte, nichts fehlte ihr. Bei Michael war reine körperliche Begierde. Erst geheime Blicke und dann das Gefühl im Unterleib, das mehr verlangte. Ein Spiel mit dem Feuer. Michael war auch verheiratet. Zwei Ehen standen hier auf dem Spiel.
Ihr Handy klingelte! "Sanders? Ach, hallo Schatz, ich bin gerade auf dem Weg nach Hause. Habe wohl beim Shoppen die Uhrzeit vergessen. Was, was sagst du da? Michael? Ein Autounfall? Ich komme sofort zur Klinik, bis gleich!"
Das gab es doch gar nicht, was spielte das Leben denn hier mit ihr?
Atemlos rannte sie die Treppe zur Station hoch, nachdem sie sich an der Rezeption durchgefragt hatte. Alle standen sie dort, Frank, seine Eltern, seine Schwester Lisa und Gabi, Michaels Frau.
Gabi weinte ganz schrecklich und wurde von Frank und Lisa gehalten. "Wie geht es Michael?", rief Tina,"Kann ich ihn sehen?" Franks Vater kam zu ihr und blickte sie traurig an:"Er ist tot, die Ärzte konnten nichts mehr für ihn tun." Tina begann fassungslos zu weinen, das konnte nicht sein, was sollte das?
Später erfuhr sie, daß Michaels Autounfall Selbstmord war. Er hatte an dem Morgen erfahren, dass er keine Kinder zeugen konnte. Gabi und er hatten sich immer Kinder gewünscht. Wenigstens drei!
Das er seinen Teil dieses Wunsches nicht erfüllen konnte, trieb ihn in den Selbstmord.
Bis heute trägt Tina dieses Geheimnis mit sich herum. Frank ist der Vater ihres Sohnes, das steht natürlich fest. Den Seitensprung zu beichten, hätte unendliche Verletzung für alle bedeutet.
Darum wird es auch immer Tinas Geheimnis bleiben.

 
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Bombentext.

Du hast mich mit deinen Handlungssträngen ziemlich beeindruckt, dramatischer könnte der Inhalt wohl kaum sein. Viel mehr gibt`s da auch nicht zu sagen, ich muss dir Tribut zollen.

Nun mein Kritikpunkt:

Ihr Handy klingelte! "Sanders? Ach, hallo Schatz, ich bin gerade auf dem Weg nach Hause. Habe wohl beim Shoppen die Uhrzeit vergessen. Was, was sagst du da? Michael? Ein Autounfall? Ich komme sofort zur Klinik, bis gleich!"

So wie ich das aufgefasst habe, spricht Frank während er mit seiner Frau telefoniert nebenbei mit einer anderen Person, die ihm mitteilt dass Michael "verunglückt" ist. Diesen Doppeldialog solltest du etwas besser herausstreichen, man weiß anfangs nicht genau welcher Satz seiner Frau und welcher der zweiten Person gewidmet ist. Übrigens habe ich mich gefragt, wer "Sanders" ist.

 

Hi Jingles, klasse das du wieder eine Geschichte von mir gelesen hast. Mit dem Handy-Dialog geb ich dir unbedingt recht, hab auch mehrmals umüberlegt.
Aber: "Frau Sanders" sagte auch schon der Frauenarzt.
Zitat:"Herzlichen Glückwunsch Frau Sanders, sie sind schwanger!", das waren die Worte ihres Frauenarztes,"Da wird sich ihr Mann sicher auch sehr freuen." Nochmals vielen Dank fürs Lesen! LG Bumuku

 

Hallo Bumku,
mir hat Deine Geschichte auch gut gefallen. Man kann sich sehr gut in die Gefühlswelt Deiner Prot hinein versetzen. Sie befindet sich in einem ganz schönen Dilemma, was sich ja am Schluss auf ziemlich tragische Weise auflöst. Da hätte ich dann auch etwas Kritik anzubringen. Es scheint mir doch nicht so ganz real, dass ein Mann Selbstmord begeht, nur weil er zeugungsunfähig ist. Dann müsste er wohl psychisch sehr labil sein.Würde es nicht einfach reichen, dass er bei einem Autounfall ums Leben kommt?
Noch ein paar Kleinigkeiten, die mir aufgefallen sind:

Sie blickte in den Spiegel und sagte:"So Tina, nun reiß dich zusammen, ...
Nach dem Doppelpunkt fehlt eine Leertaste, kommt später noch mal vor.

"Herzlichen Glückwunsch Frau Sanders, sie sind schwanger!", das waren die Worte ihres Frauenarztes,"Da wird sich ihr Mann sicher auch sehr freuen."
Nach Frauenarzt einen Punkt und eine Leertaste.

Bei Michael war reine körperliche Begierde.
Hier fehlt ein es hinter war.

Das gab es doch garnicht, was spielte das Leben denn hier mit ihr?
gar nicht auseinanderschreiben.

Das Handygespräch war für mich klar. Ich hab es nicht so aufgefasst wie Jingles, dass Frank während des Gesprächs von dem Unfall von Michael erfährt. Ich finde es kommt schon so rüber, dass Frank ihr von dem Unfall erzählt und man liest nur ihre Antworten. Ich würde da nichts abändern.

LG
Blanca :)

 

Hallo Blanca, ich finde es richtig toll, dass du dich so mit der Geschichte befasst hast und dein Lob und deine Kritik sind mir viel wert. Klar, der Selbstmord ist dramatisch, doch Michael ist schon labil, denn er hat ja auch der Versuchung nicht widerstehen können.
Wörtliche Reden sind leider mein Humpelfuss, darum bin ich über deine Korrektur sehr dankbar und werde im nächsten Text besser darauf achten.
Einen schönen Abend wünscht dir Bumuku

 

Hi

Nachdem du nun zwei sehr gute Kritiken bekommen hast, werde ich mal wagen, zu nörgeln ;)

Mir ist der Inhalt schlicht zu dramatisch, völlig ungeeignet für die Form der Kurzgeschichte.
Vor lauter Handlung hast du, meiner Meinung nach, die Geschichte vergessen, also das Drumherum, das Erzählen, die Athmosphäre.

Das soll kein Pauschalurteil sein, einige Passagen haben auch mir gefallen.
Dazu gehört der Anfang und natürlich der Highlight-Satz: "Er wäre der beste Vater der Welt, da war sie sich ganz sicher. Er wäre es sicher, wenn er der Vater wäre."

Der Rest ist dann aber nur noch hinkonstruiert, sodass alles schön in den Handlungsverlauf passt. Die Geschichte kann sich nicht entwickeln, das Ende kommt zu rasch, auch die Logik bleibt da leicht auf der Strecke, wenn so konzentriert erzählt wird.

Mein Tip: Erstmal kleinere Ausschnitte erzählen, nicht gleich solche Roman-Plots auf eine Seite pressen, und vor allem Zeit lassen mit dem Abschluss der Geschichte.

LG
Christoph

 

Hi Christoph,
danke auch dir für das Lesen meiner Geschichte.
Ich finde deine Meinung sehr wichtig. Ich stecke was das Schreiben angeht noch in den Kinderschuhen. Werde mir ganz viel Mühe geben und hoffe, dass ich dich vielleicht irgendwann mal begeistern kann.
Auch liebe Grüße von Bumuku

 

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