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Tiefseetaucher
Bori liegt nackt im Bett und fühlt etwas.
Er fasst nach seinem Schwanz, berührt ihn wie ein braves Haustier. Er reicht ihm bis zum Bauchnabel, liegt da, schlapp und glücklich. Sie sind sich ganz nahe jetzt, der große und der kleine Bori.
Zusammen haben sie sich verausgabt, und alles ist still.
Daneben liegt Stella. Sie ist genauso nackt, hat sich vermutlich genauso verausgabt. Sie betrachtet die Decke und raucht mit viel Liebe zum Detail.
Bori mag das sehr, wie sie raucht. Sogar mehr, als wie sie tanzt.
Doch am allerbesten gefällt ihm das hier: Er fühlt etwas.
„Was bist du eigentlich für ein Mensch?“, fragt Stella zwischen Zügen „Ein Hundemensch oder ein Katzenmensch? Oder … ein Ochsenmensch?“ Sie lacht, dabei tanzen ihre Brüste.
Bori gibt keine Antwort.
Stella rollt sich auf den Bauch, winkelt die Beine an, klimpert mit den Wimpern, bläst ihm Rauch ins Gesicht und sagt: „Warum leckst du mich eigentlich nie? Hm? Kannst du mir das vielleicht sagen, du starker böser Mann? Hm? Du könntest mir auch den Finger in den Po stecken. Das wär doch was! Hast du daran schon mal gedacht?“
„Das musst du früher sagen.“
„O Gott, Bori, du bist der schlechteste Liebhaber, den ich je hatte!“
„Warum schreibst du mir dann?“
Sie lächelt, legt ihm das Kinn auf die Brust und flüstert: „Weil du auch der beste Liebhaber bist, den ich je hatte.“ Sie mustert ihn mit grünen Augen, und wieder fühlt er etwas. „Aber sag mal, warum ist das so? Bin ich dir etwa egal? Es würde mir gefallen, wenn du mich leckst, weißt du das?“
Sie hält ihm die Zigarette an die Lippen und schmollt.
Bori dreht den Kopf weg. „Rauchen ist ungesund.“
„Du Spießer! Bori, du bist ein schrecklicher Spießer! Und ein furchtbarer Liebhaber!“ Sie wendet sich ab, legt sich wieder auf den Rücken. „Du bist ein blöder Pitbullmensch! Ohne Witz, ohne Gefühl, ohne ...“
Ohne Liebe zum Detail, denkt Bori. Ohne Liebe zum Detail.
Dabei mag er doch Details. So wie Stella raucht, zum Beispiel. Als wäre jeder Zug ein kleines Geschenk, das man behutsam öffnen muss. Er mag auch, wie ihre Wangen beim Sex rosig werden. Und er mag die bunten Fische, die er daheim pflegt. Ja, ganz besonders seine Fische.
Bori setzt sich auf. „Ich muss nach meinen Fischen schauen.“
„Was für Fische?“
„Ich hab ein Aquarium.“
„Spinnst du?“
„Ich muss los.“
Stella springt auf im Bett, stellte sich hin und sieht auf ihn herab. Das Licht der Nachtischlampe beleuchtet ihren Körper von unten. Die Kippe glüht, eingeklemmt zwischen Mittel- und Zeigefinger. „Du bleibst jetzt hier.“
Bori greift nach links, wo seine Klamotten auf dem Boden liegen.
„Wenn du jetzt gehst, sage ich Bernd, was hier läuft, und dann bin ich gespannt, wo du morgen Tür stehst!“
Bori setzt sich auf die Bettkante und greift nach einer Socke.
Stella fällt ihm um den Hals und versucht, ihn nach hinten zu ziehen.
Er greift nach ihrem Arm.
„Das tut weh!“ Stella fällt zur Seite und rollt sich theatralisch vom Bett. Dann krabbelt sie rüber und fasst ihm mit je einer Hand an den linken und rechten Oberschenkel.
„Stella, ich muss …“
Aber schon hat sie ihn am Schwanz gepackt.
„Bleib hier, mein kleiner Bori“, sagt Stella mit sanfter Stimme an seinen Schritt gewandt „bitte, bleib bei mir …“
Wieder spürt Bori etwas. Er schließt die Augen und versucht es zu fassen, innerlich greift er danach.
Dann nimmt Stella seinen schlaffen Schwanz in den Mund, und es verschwindet. An dessen Stelle tritt etwas gänzlich anderes, das Bori nur als dumpfen Druck wahrnimmt.
Er versucht dies zu ignorieren.
Während Stella ihm einen bläst, denkt er an die bunten Guppies, die zuhause auf ihn warten. Er denkt auch an den siamesischen Kampffisch mit den schillernden Schuppen und an den trägen Flusskrebs.
Aber diese Gedanken kann er nicht halten, nicht, wenn Stella an ihm saugt. Er sieht ihren Kopf auf und ab gehen und verspürt auf einmal den Drang, ihr das Genick zu brechen.
Sie sieht zu ihm auf, als hätte sie diesen Gedanken mitgekriegt, und lächelt.
„Du bist kein guter Mensch“, sagt er.
Sein Schwanz passt nicht mehr in ihren Mund. Stella massiert ihn mit den Händen.
Bori folgt dem Druck. Er steht auf, legt Stella aufs Bett und dringt in sie ein.
Er hört die Geräusche, die sie immer macht, wenn er das tut, und schließt die Augen.
Schwarz wird es nun, und ganz kalt auf der Brust. Das schöne Etwas ist weit weg jetzt, aber sie liegt vor ihm, so viel ist klar. Irgendwo da vorne in der Tiefe muss es sein. Also macht Bori weiter. Er kneift die Augen zu, spürt die Kälte und taucht ab.