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Thekengespräch

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02.02.2003
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Thekengespräch

Thekengespräch

„Ein grosses Soda-Zitron, bitte!“
„Neu hier? Zigarette?“ Stammgast Schorsch hielt dem Neuen seine Packung „Memphis Red“ hin.
„Ja. Nein. Danke.“ Der Neuankömmling schüttelte den Kopf und schenkte seinem Thekennachbarn ein freundliches Grinsen.
„Schorsch.“, sagte Schorsch und hielt dem Neuen bierselig die Hand hin.
„Brenner.“, sagte Brenner, schüttelte flüchtig die angebotene Arbeiterpranke und bezahlte sein Getränk.
„Du trinkst nichts? Du rauchst nicht?“, erkundigte sich Schorsch neugierig.
„Erraten. Beides nicht.“
„Schön. Ist ja auch viel gesünder.“
„Eigentlich geht’s mir mehr um’s Geld.“
„Ach was.“
„Doch, doch. Kostet ja ein Schweinegeld.“
„Ich kann’s mir locker leisten. Hab ’nen guten Job.“ Schorsch zündete sich eine neue Zigarette an. „Mensch Babsi, kannst du nicht mal diesen Dreck hier ausleeren?“, motzte er die junge Barfrau an und schob ihr dabei seinen überfüllten Aschenbecher hin.
„Und was verdienen sie in ihrem guten Job?“ Brenner nippte an seinem Soda.
„Ach, runde zweitausend. Ist doch nicht übel, oder?“
„Klingt gut.“ Neuerliches Nippen. „Und wieviel rauchen sie so pro Tag?“
“Na viel zu viel. Soviel steht fest.“ Schorsch lachte heiser, verschluckte sich am Zigarettenrauch und liess ein tiefes und rasselndes Husten vom Stapel.
„Nein, nein, ganz im Ernst jetzt. Wieviel?“ Während er das fragte klopfte Brenner seinem Nachbarn mitfühlend den Rücken.
„Also auf drei Packungen komm’ ich schon.“ Schorsch wischte sich mit dem Handrücken die Spucke von den Lippen.
„Pfuh. Nicht übel, sprach der Dübel.“
„Tja.“
„Noch nie nachgerechnet, was sie der Spass im Jahr kostet?“
„Willst du mich jetzt irgendwie deprimieren, oder was?“
„Aber nicht doch. Ich versuche ihnen doch nur näher zu bringen, warum ich meine Finger von dem Zeugs lasse.“
„Naja. Ich schätze ein paar Hunderter werden schon draufgehen.“
„Optimist.“
„Hä?“
„Was kostet eine Packung?“
„Drei Sechzig.“
Brenner holte sein Telefon aus der Jackentasche hervor. „Na mal sehen.“ Er begann zu tippen. „Drei Sechzig mal drei Packungen mal dreihundertfünfundsechzig Tage ... das wären dann ...“ Mit gespieltem Erstaunen zog er die Augenbrauen in die Höhe. „Ho Ho. Nicht schlecht Herr Specht.“
„Na?“ Schorsch blinzelte auf das Telefon in Brenners Hand.
„Dreitausendneunhundert und ein paar Zerquetschte.“
Schorsch’s Mundwinkel wanderten ein gutes Stück nach unten.
„Oder anders formuliert: für das gute Nikotin gehen sie pro Jahr mal eben so zwei Monate zur Arbeit. Sind sie noch entspannt?“
„Geht so.“ Schorsch beschloss, dass es an der Zeit für ein frisches Bierchen war. „Babsi, noch ein Kleines für mich!“
„Das ist dann das nächste.“, nickte Brenner zu Schorsch’s leerem Bierglas hin.
“Was? Das Saufen?“
„Exakt. Sie sind wohl öfters hier?“
„Jeden Tag nach der Arbeit.“ Schorsch nahm einen kräftigen Schluck und wischte sich den Bierschaum von der Oberlippe. Brenner nahm die Karte zur Hand und begann darin zu blättern.
„Drei, vier, fünf, oder noch mehr?“
„Du meinst Bierchen? Vier könnten so ungefähr hinkommen.“, antwortete Schorsch vorsichtig.
„Na mal sehen. Ein kleines Bier kostet zwei Euro gerade heraus. Ich bin jetzt mal nett zu ihnen und behaupte, dass sie höchstens hundertfünfzig mal im Jahr hier sind.“ Wieder tippte er eifrig auf seinem Handy und stiess er einen leisen Pfiff aus. „Tausendzweihundert. Prächtig, prächtig.“
Schorsch bedachte sein halbleeres Glas mit einem angewiderten Blick, während Brenner den letzten Schluck seines Getränks hinunterkippte. „Ok Schorsch. Ich muss dann wieder. War nett mit ihnen zu plaudern.“ Er klopfte Schorsch zum Abschied noch einmal aufmunternd auf die Schulter. Schorsch hob wortlos die Hand zum Gruß während Brenner das Lokal verließ. Nachdenklich sah er ihm nach.
„Was für ein Arschloch.“, verkündete er laut. „Babsi, noch ein Kleines für mich. Und hast du Memphis Red?“

 

Hi,
ich weiß nicht so genau, was ich von der Geschichte halten soll.
Sie ist gut, weil du ein Bargespräch mit 2 unterschiedlichen Menschen darstellst, die beide in ihrer Welt leben. Schorsch (Vorname) ist gleich der gute Kumpel (per "du"), Brenner (Nachname) verhält sich eher distanziert (per "sie"), versäumt es aber nicht, die Distanz auf andere Weise zu unterlaufen. Er hält Schorsch seine Unfähigkeiten vor, die dieser auch registriert.
Da genau liegt aber meine Kritik. Sollte Schorsch nicht, wie jeder andere Mensch auch, seine Laster genau kennen? Okay, er bezeichnet Brenner am Schluß als „Arschloch“. Das hätte er aber auch vorher tun können. Auf jeden Fall hätte er anders reagieren können. Seine Reaktion ist aber eher einsehend, so als ob alles Neuigkeiten für ihn wären. Das ist vermutlich auch nur menschlich, jedenfalls verhält sich ein "Schorsch" so, hat für mich aber nicht den Reiz, den ich erwartet hätte, ohne zu wissen, was ich eigentlich erwartet hätte.
Das wiederum spricht für die Geschichte. Mir würden beide Charaktere nicht gefallen, würde ich sie irgendwo treffen. Die Geschichte aber lebt von ihnen. Und das ziemlich gut, wenn auch kurzweilig.
Gruß

 

Hallo Peter,

als kurze "Zwischenmahlzeit" fand ich Deine Geschichte recht unterhaltsam. Du erzählst die Begegnung der beiden sehr unterschiedlichen Charaktere mit einem (oder zwei) Augenzwinkern und lässt den Leser schmunzeln - über die beiden und darüber, dass man sich ertappt, dass man ähnliche Gespräche vielleicht auch schon geführt hat (sei es als Raucher oder als Nichtraucher). :D
So extrem muss es zwar nicht laufen, aber vorgerechnet, was man sparen könnte, wenn man nicht raucht (bzw. nichts trinkt) haben sich doch schon viele gegenseitig.
Ich kenne einen, der seit vielen Jahren nichts mehr raucht und von dem so gesparten Geld jedes Jahr in Urlaub fährt. :lol:

Die Geschichte wird durch die beiden Charaktere und die Art und Weise, wie Du sie gezeichnet hast, lebendig - und damit hast Du schon viel erreicht.

" „Schorsch.“, sagte Schorsch "
>>> Kein Punkt vor den schließenden Anführungszeichen:
"Schorsch", sagte Schorsch...

„Und was verdienen sie in ihrem guten Job?“
>>> Sie

Hat Spaß gemacht, die Geschichte zu lesen.

Viele Grüße nach Wien :)

Christian

 

hello cris,

du siehst das vollkommen richtig - die ganze story hat was stark autobiografisches. :D

es musste einfach wieder mal sein, dass ich mir selbst vor augen halte, was mich meine diversen laster so kosten. am abgewöhnen arbeite ich noch ;)

lg p.

 

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