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Theater im Himmel

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19.04.2002
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Theater im Himmel

Theater im Himmel

Tränen flossen dem Engel in Strömen hinaus über den Rand einer schneeweißen Himmelswolke, in der er kniete. Sein Blick war von tiefem Schmerz gezeichnet, als er zitternd sprach: "Ach, wieder hat sich ein sinnloser Tag des Nichtstuns in Luft aufgelöst, ohne das mich ein Auftrag des Herrn erreicht hat." In seiner Verzweiflung griff der Engel zur Harfe und melancholische Klänge erfüllten den Himmel.
Plötzlich und unerwartet wurde der Engel in dichtem Nebel eingehüllt, der ihm die Sicht versperrte.
Da drang eine wütende Stimme von irgendwo zu ihm herüber:"Höre auf damit! Sofort! Lass die Finger von der Harfe."
Verwirrt blickte der Engel um sich, hätte er um ein Haar vor Schreck sein Instrument fallen gelassen.
„Wer... wer spricht dort? Zeige dich gefälligst!"
„Du stellst vielleicht dumme Fragen. Da schau her!"
Wie aus dem Nichts verschwand der Nebel. Der Engel lachte verblüfft auf, als er sein Gegenüber erkannte. „Ich bin Engel Jasper. Engel der allerersten Generation ", verkündete dieser mit Stolz und reichte dem Teufel zögernd die Hand.
„So, so... und weshalb muss ein Engel weinen?" „Ach, das ist eine andere Geschichte. Hast du auch einen Namen, Teufel?", versuchte Jasper von seinem Kummer abzulenken.
„Du willst meinen Namen wissen, Engelchen? Ich bin der Teufel, Fürst der Hölle, der Satan, Herrscher über das Universum. Ich bin einmalig."
„Bitte", flehte Jasper kleinlaut, „du nimmst mir die Luft zum Atmen. Du qualmst aus jeder Pore, wenn du dich so aufregst." Eifrig wedelte Jasper mit den Händen. „Wir befinden uns in der neutralen Zone. Schon von ihr gehört?"
„Pah, neutrale Zone. Was willst du? Dir ist nichts geschehen, oder?" Genervt klatschte Jasper in die Hände. „Du bist leicht reizbar, hast ein sehr hitziges Temperament und... " „Wie klug du doch bist, Engelchen.", spottete der Teufel.
„Ich heiße Jasper, nicht Engelchen." Jasper war beleidigt „Ich lasse mich von dir nicht provozieren! Jasper schmollte weiterhin und stimmte mit seiner Harfe eine sanfte, zärtliche Melodie ein.
"Lass das olle Geklimper. Willst du mich therapieren? Mich den leibhaftigen Teufel?", schnaufte dieser höhnisch
„Nun", überlegte Jasper langsam, „ ich sehe ein, dass ich bei dir viel Geduld üben muss, mehr als bei den Erdenbürger. Geduld ist jedoch meine Stärke."
„Pah, Engelsgeduld, wenn ich das schon höre."
„Ich will aus dir keinen neuen Menschen machen, aber..."
„Ha, ha, ha", brüllte der Teufel los, „wir sind Menschen aus Blut und Wasser. Hast wohl zu lange unter ihnen gelebt, was?" Der Teufel schien förmlich vor Lachen zu platzen.
„Bist du wahnsinnig geworden?", zischte Jasper außer sich. „Mach nicht so ein Krach, sonst weckst du im Himmel alle auf. Wenn sie uns zusammen erwischen, ist hier gleich der Teufel los!"
Grelle Lachsalven schüttelten den Teufel durch. „Pssst!" Jaspers Zeigefinger fuhr an die Lippen. Erschrocken blickten sich beide um.
„Hmm, ich sollte mich etwas mehr zusammenreißen." Jasper pfiff vor Freude.
„Ich werd verrückt! Ein Engel bekehrt den Teufel zur Einsicht" Doch ehe der Teufel reagieren konnte, ergriff Jasper wieder das Wort. „Legen wir die kleinen Streitereien beiseite. Komm, nimm Platz und ich erzähle dir meine... Geschichte."
„Na, für einen Augenblick könnte ich meine Engelsallergie ja vergessen.", und bot Jasper die Hand zur Versöhnung an, die dieser Augenzwinkernd in Empfang nahm.
„Drei einsame Tage friste ich auf dieser verdammten Wolke", begann Jasper von seinem Unglück zu berichten, „und soll ich dir verraten warum?"
„Nun?", fragte der Teufel neugierig.
„Man munkelt, ich soll pensioniert werden!"
„Was du? Pensioniert?" Lachend plumpste der Teufel in die Wolke, daß er fast darin versank. Trotz seiner Traurigkeit mußte Jasper über das Mißgeschick des Teufels mitlachen. „Wer hätte das gedacht, daß wir zwei in der Wolke hocken und uns amüsieren!"
„Und woher weißt du von der Pensionierung?"
„Aus Gesprächen mit anderen Engeln."
„Aha, und du glaubst das so ohne weiteres?"
„Na,ja", räumte Jasper unsicher ein, „alle vier Wochen finden Treffen unter
Gleichgesinnten statt, wo wir Erfahrungen und Erlebnisse untereinander austauschen. Da bekommt man einiges mit."
„Mal angenommen, deine Vermutung stimmt, aus welchem Grund solltest du
in den Ruhestand befördert werden?"
„Meine Methoden seien unmodern, ich sei zu langsam. Ich soll halt den jüngeren Platz machen. Bin zu alt", klagte Jasper bitterlich.
„Zu alt?" Nachdenklich schüttelte der Teufel den Kopf.
„Hm, und was passiert, wenn du wirklich pensioniert werden solltest?"
„Tja, dann...."

„Bravo, bravo", klatschte der Regisseur begeisternd in die Hände. „Bis zur endgültigen
Theaterpremiere müßt ihr noch etwas an euren Dialogen feilen. Es fehlt an Schärfe und Agressivität"
„Ja, worüber würden sich ein Engel und ein Teufel in Wirklichkeit unterhalten?", fragte sich der Reggisseur und verließ zufrieden den Probesaal.

P.S. Ich bin ein Neuling und freue mich über jede Kritik!

[ 23.04.2002, 21:59: Beitrag editiert von: Lt.Seller ]

 

Hallo Lt.Seller,

eine nette kleine Geschichte, ab und an leicht humoristisch veranlagt, ansonsten aber stetige Unterhaltung gewährend.
Hat mir also im großen und ganzen gut gefallen, hätte somit nichts zu beanstanden, was Form bzw. Inhalt betreffen könnte. Obwohl, ein einziger Punkt ist mir vielleicht doch, sagen wir mal, aufgefallen;

Drei einsame Tage friste ich auf dieser verdammten Wolke
nun ja, auch wenn dies lediglich ein Theaterstück ist, aber ein Engel, der flucht? Ist aber nur von sehr geringfügiger Bedeutung. ;)

:baddevil: Gruß, Hendek :engel:

 

Hi Hendek!

Danke für die positive Kritik. Ich dachte mir, daß
mein Engel nach sovielen Dienstjahren auch
mal fluchen darf ;)

Gruß Lt.Seller

 

Ich fand die Geschichte sehr unterhaltsam und nett erzählt, frage mich aber warum du am Ende ein Theaterstück aus dem Teufel-Engeldialog gemacht hast. War das deine Grundidee oder hast du es aus Respekt vor der Christenheid hinzu gefügt?

Ich persöhnlich hätte es mit

Tja, dann...
enden lassen. ;)

 

Hi Marot!

Nee, aber mit deinem Ende als Vorschlag wäre es mir zu einfach gewesen. So denkt der Leser doch das sich die Geschichte wirklich im Himmel abspielt, bis das überraschende Ende kommt. Oder nicht?????

Gruß :engel:

 

Ja schon, aber ich hätte in dieser geschite gar kein überraschendes Ende gebraucht.
Ich finde das gerade bei eine solche Geschichte eher ein offenes Ende passen würde.
Ausserdem, warum soll die Geschichte nicht wirklich im Himmel spielen?

Na gut, aber das ist nur mein subjaktiever eindruck und hat wohl auch viel mit meiner Einstellung zu Relligion im Allgemeinen und dem Christentum im Besonderen zu tun :D :D :D

Aber wie sie auch immer endet gut finde ich die Geschichte so oder so.
:) :) :) :) :)

 

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