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The Queen is not amused

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12.12.2012
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The Queen is not amused

Ich bin glücklich verheiratet. Ja, wirklich. Ich weiß, das ist heute eher eine Seltenheit. Aber bei mir ist es so. Nicht zuletzt wegen meines neuen Namens. Ich heiße Ditta Sturm. Nicht, dass dies ein besonders schöner Name wäre. Vorher hieß ich Schabein. Ich konnte diesen Namen schon bald aufgrund seiner engen Affinität zu einem gewissen Körperteil nicht mehr so richtig leiden, denn einige meiner männlichen Artgenossen hätten sich, zumindest verbal, zu gerne daran gestoßen. Diesen Anspielungen konnte ich mich glücklicherweise endlich entziehen. Aber das nur so nebenbei.

Mein Mann und ich haben viele gemeinsame Interessen. Eine davon ist das Reisen. Vorzugsweise besuchen wir zur Zeit englische Gefilde. Auf einem solchen Trip befanden wir uns, als die folgende Geschichte passierte:

Wir befinden uns in einer außergewöhnlich schönen Hotelanlage mit deutlich viktorianischem Einschlag. Besonders hervorzuheben ist das Schwimmbad im Kellergeschoss, in dem wir uns gerade aufhalten. Ich komme mir fast vor wie in einem anderen Jahrhundert in diesem stilvollen Ambiente. Da ich mehr Zeit beim Duschen benötige als mein Gatte, verlasse ich das Bad vor ihm. Später wollen wir uns dann in der Lobby treffen.

Die Gemeinschaftsduschen, stelle ich fest, dürfen nur mit Badeanzug betreten werden. Als Alternative dazu bietet sich die sogenannte Behindertendusche an, die über eine separate Tür verfügt. Natürlich möchte ich ohne Badeanzug duschen. Doch noch bevor ich mein anvisiertes Ziel erreiche, passiert mir auch schon das erste Malheur. Ich bekomme heftiges Nasenbluten. Aus dem rechten Nasenloch strömt Blut und ich habe selbstverständlich kein Taschentuch dabei. In meiner Not halte ich mir das kleinere von den beiden Handtüchern unter die Nase und krame mit der anderen Hand verzweifelt in meinem Kulturbeutel herum. Ich finde einen Tampon. Eine Reliquie vergangener Zeiten von der ich mich wundere, dass ich sie überhaupt mit mir herumschleppe. Pragmatisch wie ich veranlagt bin, stopfe ich mir den XS-Tampon in mein rechtes Nasenloch. Zum Glück bin ich gerade allein. So ausgestattet mache ich mich zunächst daran, das Blut notdürftig aus dem Handtuch zu spülen. Eine große Lache breitet sich aus. Ich seife mich gründlich ein und bastele mir eine lustige Schaumkrone auf den Kopf. Irgendwoher kommt ein komisches Geräusch, es klingt fast wie Klopfen. Tatsächlich, es steht jemand vor der Duschtür und hämmert wie wild auf sie ein. Ohne groß nachzudenken wickle ich mich in das verbliebene Handtuch und öffne. Vor mir steht der Bademeister, er wirft einen konsternierten Blick auf die Blutlache und dann auf mich, und teilt mir mit, ich müsse sofort die Kabine verlassen, sie hätten Feueralarm. Er lässt mir keine Zeit und so schnappe ich mir schnell meinen Bademantel und folge ihm in die Lobby des Hotels.

Das Shampoo läuft mir ungehindert in die Augen und brennt. Ich bin Brillenträgerin. Es ist jetzt nicht so, dass ich ohne Brille blind wie ein Maulwurf wäre, aber mein Sehvermögen ist deutlich eingeschränkt. Mit den brennenden Augen allerdings sehe ich alles nur noch verschwommen. Trotzdem erkenne ich auf Anhieb meinen Ehemann. Vertrauensvoll hake ich mich bei ihm ein und er dirigiert mich wortlos zum Empfang, wo man mir eine Packung Kleenex für meine Augen reicht. Dankbar befreie ich mich vom Shampoo und habe wieder einigermaßen freie Sicht, mein Gatte jedoch ist verschwunden. Die Empfangsdame reicht mir einen Zettel mit einer Handynummer. Ich blicke sie fragend an. Sie lächelt und erklärt mir, der Herr habe ihr mitgeteilt, ich könne ihn gerne anrufen, wenn ich näheren Kontakt wünsche, im Augenblick jedoch sei er auf der Suche nach seiner Ehefrau. Oh.

Nett von dem Herrn mich nicht öffentlich zu blamieren, denke ich und drehe mich um. In der Lobby ist es ziemlich still. Irgendwie habe ich das unheimliche Gefühl angestarrt zu werden. Ich bin nicht die einzige, die aus dem Schwimmbad gerufen wurde, daher stehen auch andere Damen und Herren mit Bademänteln und nassen Haaren in der Lobby. Nur ich werde offensichtlich angestarrt. Eine Durchsage ertönt und befreit mich aus der unangenehmen Lage. Der Feueralarm wurde durch eine Zigarette ausgelöst, die heimlich in einem der Zimmer geraucht wurde. Huldigt den Nichtrauchern. Ich husche zur Treppe, die ins Kellergeschoss führt und muss kichern. Mir ist die Schaumkrone auf dem Kopf wieder eingefallen. Höchstwahrscheinlich sehe ich äußerst grotesk damit aus. Gerade als ich den ersten Fuß auf die Treppe setze, fällt mir siedend heiß auch der Tampon wieder ein. Wie konnte ich den denn nur vergessen? Ich taste nach dem Bändchen, um ihn vorsichtig heraus zu ziehen. Ich hätte wohl besser auf die Treppe achten sollen. Sie hat nur wenige Stufen, aber stellt sich als ziemlich glatt heraus und ich bin ziemlich nass. Ich segele wenig elegant, wie der Albatros aus Bernhard und Bianca, hinunter, dabei flutscht der Tampon aus meiner Nase und fliegt in hohem Bogen davon. Ich und er landen in den Armen einer kleinen und ziemlich alten Dame, die mich mit erstaunlicher Kraft auffängt.


Sie lächelt mich aufmunternd an und fragt, ob alles in Ordnung mit mir wäre. Vornehm zupft sie den Tampon aus dem Revers ihres Blazers und lässt ihn dezent zu Boden fallen. Hoffentlich und bei diesem Gedanken strömt mir der Schweiß aus allen Poren, ist das hier nicht ausgerechnet die Queen, die vor mir steht. Was weiß denn ich, wie die in Wirklichkeit aussieht? Sie wäre mit Sicherheit not amused. Aus einem mir unerfindlichen Grund fange ich an, ihr sämtliche meiner Wehwechen der letzten Zeit aufzuzählen. Ich erzähle ihr von meinen Rückenschmerzen und den Kopfschmerzen von gestern sowie dem umgeknickten Fuß vor zwei Wochen, der immer noch ein wenig wehtut und ende mit dem plötzlich auftretenden Nasenbluten. Geduldig hört mir die sicherlich schon über achtzig Jahre alte Dame zu und tätschelt mir den Arm. „Honey“, sagt sie nonchalant, „schön, dass es Dir so gut geht.“ Dann humpelt sie mit ihrem Stock, den ich zuvor gar nicht wahrgenommen habe, zum Aufzug. Oh.

Endlich frisch geduscht, gehe ich erleichtert in Richtung der Umkleidekabinen. Schlimmer kann es ja nicht mehr werden. Ich habe mich in das eine vergleichsweise trockene und saubere Handtuch gewickelt und stehe vor dem Schließfach mit meinen Sachen darin. Im selben Raum befinden sich nur noch ein Mann und sein kleiner Sohn. Der Vater schimpft mit dem Kleinen und schickt ihn zu seiner Mutter. Doch bevor ich mich noch darüber freuen kann das quengelige Kleinkind loszuwerden, hängt es mit einem Mal an meinem Bein und klammert sich fest. Mein Handtuch gerät ins Rutschen und ich stehe beladen mit meinen Anziehsachen ziemlich dumm und nackt da, ausgerechnet im prüden England. Der Vater stürzt von hinten auf mich zu. Schimpfend zerrt er an dem Jungen, der sich vehement wehrt mich loszulassen. Offensichtlich hat das Kind nicht mitbekommen, dass ich nicht seine Mutter bin. Für einen kurzen Moment würde ich am liebsten laut los schreien. Das sind eindeutig zu viele unwürdige Situationen auf einmal. Ich halte mir meine Kleidung notdürftig vor meinen entblößten Körper und versuche Blickkontakt zu dem Kind aufzunehmen, damit es begreift, was hier vor sich geht. Der Vater hat einen hochroten Kopf und schwitzt und stöhnt. Aus den Augenwinkeln sehe ich eine Frau heran eilen, die mich mit wütenden Blicken bedenkt. Mit geübtem Griff befreit sich mich von ihrem klammernden Sohn, der sich sofort beruhigt. Keiner der Anwesenden sagt ein Wort. Ich räuspere mich, hebe mein Handtuch auf und begebe mich eilig zu den Umkleidekabinen. Hoffentlich geht jetzt nicht wieder der Feueralarm los und ich muss in Unterhose und Socken in die Lobby.

Ich bin pünktlich zum verabredeten Zeitpunkt am verabredeten Ort. Doch wo ist mein Göttergatte? Ich warte geduldig eine gefühlte halbe Stunde. Da betritt ein mir fremder Mann die Hotellobby und winkt mir fröhlich zu. Ich drehe mich verwirrt zur Seite und prüfe die Lage. Außer mir sitzt hier niemand. Ich nehme intensiven Blickkontakt auf. Er winkt noch einmal und ich winke einfach mal zurück. Ach ja, das wird wohl der Herr von vorhin aus der Lobby sein. Der sieht aber verdammt gut aus. Ich denke kurz an die Telefonnummer, die er mir hinterlassen hat. Ich hielt es an und für sich für einen Scherz, aber vielleicht habe ich ihm ja tatsächlich gefallen. Schließlich bin ich ja auch eine Frau in den besten Jahren. Ich werfe mich ein bisschen in Positur und mache einen sexy Schmollmund. Ob ich wohl aufstehen und mich ihm vorstellen soll? Ich öffne möglichst verstohlen einen weiteren Knopf meiner Bluse und mache schon Anstalten hinüberzugehen, möglichst elegant und cool versteht sich, da winkt er noch einmal. Hinter mir löst sich eine große schlanke Gestalt von einem Tresen im rückwärtigen Teil der recht weitläufigen Halle und geht auf ihn zu. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich um seine Frau handelt. In Gedanken benenne ich ihn mit diversen Schimpfnamen, weil ich mich wegen ihm beinahe total lächerlich gemacht hätte und das erneut in dieser verflixten Lobby. Vielleicht war er nicht einmal der Mann mit der Telefonnummer. Und eventuell war das mit der Telefonnummer doch nur ein dummer Scherz. Trotzdem trage ich sie mit mir herum.

Meine bessere Hälfte betritt nun endlich durch die Hoteltür den Eingangsbereich und stürzt auf mich zu. Wild fuchtelnd erklärt er mir, wo er mich überall gesucht hat seit dem Feueralarm und auch danach und warum ich nicht zur verabredeten Zeit zum Treffpunkt gekommen wäre. Wieso, erwidere ich, ich war doch pünktlich und schaue auf meine Uhr. Sie zeigt immer noch dieselbe Zeit. Sie muss schon gestern pünktlich zu der heute verabredeten Zeit stehengeblieben sein. Mir wird leicht mulmig zumute. Im Augenblick erscheint mir dieses ganze viktorianische Dingsbums gar nicht mehr so elegant. Denn gestern haben wir exakt zu der Uhrzeit, an dem meine Uhr stehen geblieben ist, dieses Hotel betreten. Zum Glück sind wir morgen woanders. Und bis dahin habe ich mit Sicherheit eine neue Uhr und Taschentücher in meiner Tasche.

 

Hallo Ad Absurdia,

nett und locker geschrieben, diese Geschichte. Und es sind auch ein paar ganz amüsante Szenen dabei, die man sich gerne vorstellt. Allerdings plätschert es für meinen Geschmack irgendwie zu ziellos dahin, für mich fehlt da ein spürbarer Spannungsbogen. Ich habe es aber dennoch gerne gelesen.

Beste Grüße,

Eva

 

Hallo Ad Absurdia!

Tut mir Leid, ich habs nicht weit geschafft. natúrlich kann ich damit nicht die ganze Geschichte bewerten, aber ich kann dir immerhin sagen, dass ich sie nicht fertig lesen wollte. Das ist ja auch was.

Ich kann mich nicht mit der Sprache des Textes anfreunden, weil es so kúnstlich wirkt. Affinitát, englische Gefilde, mánnliche Artgenossen, mein Gatte etc. etc. Es ist nicht so, dass mir kein Text gefallen kann, der diese Wőrter beinhaltet, aber da muss irgendwie die Chemie stimmen. Dir glaube ich diese Sprache nicht, das ist nicht deine Sprache, sagt mir mein Instinkt. Du streust immer wieder solche Wőrter ein, die dann vielelicht ein bisschen witzig klingen sollen, aber der Rest des Textes zeigt doch, dass diese Worte nicht zum Erzáhler passen. Was ich meine: Wenn Thomas Mann von englischen Gefilden und Gatten und so schreibt, dann hab ich dieses Gefúhl nicht, das ich jetzt habe. Der hat so geschrieben, weil es seine Sprache war.

Bei mir ist das leider so. Wenn ich ein ungutes Gefúhl wegen der Sprache habe, kann ich einen Text nicht fertig lesen. Vielleicht kannst du trotzdem was mit meiner Kritik anfangen.

Lollek

 
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Hallo Lollek,
vielen Dank für die Kritik, mit der ich tatsächlich nichts anfangen konnte. Dir hat es nicht gefallen, das macht mir nichts. Und glaube: Es tangiert mich mehr als peripher. Wobei mich doch dringend interessieren würde, welche Sprache Du mir wohl glauben würdest.
Gruß, Ad Absurdia

Hallo Eva,
ich denke, es fehlt der spürbare Spannungsbogen, weil es sich um eine Erzählung handelt und nich um eine Kurzgeschichte, mit dieser Erkenntnis gesegnet, befinde ich mich im falschen Forum und bitte um Verzeihung dafür.
Beste Grüße
Ad Absurdia

 
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Wobei mich doch dringend interessieren würde, welche Sprache Du mir wohl glauben würdest.
Einfachere Formulierungen, die weniger zeigen wollen, dass du schreiben kannst, sonderen eher, dass es eine Geschichte zu erzählen gibt, die du erzählen willst. Ich hab sofort die Vermutung gehabt, die Geschichte ist nicht geschrieben worden, weil dir eine tolle Idee für eine Geschichte eingefallen ist, sondern, weil du gerne etwas schreiben wolltest und zeigen wolltest, dass du gut formulieren kannst. Das ist ja nur mein Eindruck, mein Gefühl. Ja, du hast sicherlich auch eine Idee für eine Geschichte gehabt, klar. Aber der Anfang des Textes kam mir eben so vor, als ob es eher darum ginge, zu plappern, anstatt zu erzählen.

Also: Vielleicht ist es wirklich deine Sprache, dann hat mich mein Gefühl getäuscht und du sprichst mit deinen Freunden / Freundinnen wirklich über deinen Gatten, wenn du deinen Mann meinst, über englische Gefilde und über Hotelanlagen mit viktorianischem Einschlag, kann sein. Ich kenne wenige Leute, die so reden, das kann natürlich an meiner Herkunft liegen. Mir kommt es eben aufgesetzt vor. Zu deiner Frage zurück: Ich würde dir eine Sprache glauben, bei der ich das Gefühl hätte, dass sie näher an der Sprache ist, die du täglich sprichst. Natürlich darf man in der Literatur auch bisschen was drauflegen, muss man ja, man spricht ja nicht in geschliffenen Vergleichen. Aber es ist eben ein Unterschied, ob man einen Vergleich, mag er noch so geschliffen sein, in der eigenen Sprache hinbekommt, oder nicht.


Lollek

 

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