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"The Only One"

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03.10.2011
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"The Only One"

Himmel über mir. Eine weiße Nacht, eine Mischung aus hellblau, hellgelb und dunkelschwarz - kein Maler der Welt könnte seine Farben so auftragen, dass er diese unendliche, bedrückende Weite auch nur annäherend ausdrückt.

Ich starre in diesen Himmel, reiße die Augen auf und atme die Luft ein, die krebserregender ist als 10 Packungen Zigaretten, ziehe diese Luft in mich hinein, die einzige Droge, von der ich tatsächlich abhängig wurde, atme, atme, atme und habe das Gefühl, zu ersticken.

Augen weit aufgerissen, die hellen Haare umschmeicheln mein Gesicht, während der Wind meinen Körper streichelt und sanft nach vorne drängt.

Der Abgrund unter mir. Lichter, Tausende von Lichtern einer schillernden Stadt, einer untergehenden Welt, zu der ich gehöre, in der und die ich bin. Und wenn ich hinunterblicke, falle ich, ich zerbreche in dieser Welt, ich zerbreche in mir, an mir. Ich breite meine Arme aus und denke an die, die ich zurücklasse, die dieser Wind von mir wegträgt. An die, die mir folgen werden. An die, die mich vergessen werden. An die, die ich nie kennenlernen durfte. Die liebenden Arme meiner Eltern, die mich über das Meer gehoben haben, die mir eine Welt geschaffen haben, wo ich mir nicht vorstellen konnte, nicht geliebt zu werden. Die Lippen, die mir immer aufs Neue Seelen eingehaucht haben, Seelen, die ich nun in mir trage.

All die Teile meiner Seele blicken nun auf mich hinab, aus einer leeren Welt, wo ich sie zurücklasse und hoffe, dass ihre Träger das errichten, wofür meine Kraft nicht ausgereicht hat. Ich bin gebrochen, zerbrochen, innerlich längst tot und doch so voller Leben. Ein schlagendes Herz, so furchtbar schnell, so unsicher, so hoffnungsvoll, als würde es gleich aus meinem Körper herausspringen - und tatsächlich sehne ich mich aus diesem Körper hinaus, in diese Luft, in diesen Himmel, dessen Musik in meinem Kopf erklingt, ich sehne mich nach dem Nicht sein, nach dem Nichts sein, nach Freiheit.

Der Versuch, mir den Tod vorzustellen, misslingt. Wie ich nicht leben kann, wie ich nicht sein kann, wie nichts sein kann, ich scheitere an meiner eigenen Vorstellungskraft, die mir wunderschöne tränenreiche Bilder vor die Augen zaubert, aus denen nun auch Tränen hinausfließen und vom Wind in die Ewigkeit getragen werden. Er berührt mich zärtlich, er drängt mich in den Abgrund und flüstert leise, dass ich verloren bin. Dass ich verloren bin, weil ich bereits hinunterblicke, weil ich in die Augen dieser Welt starre, unfähig, mich abzuwenden, unfähig, Angst zu verspüren.

Ein leichter Stoß.

Ein kleiner Schritt.

Lichter, die wie Sterne aussehen und auf mich hinabregnen, es regnet Feuerwerke und es regnet meine eigenen Tränen. Bewegung, ein Luftzug, ein langgezogener Körper mitten über der Welt, nur einen Augenblick lang. Eine Sekunde Freiheit.

Blut sickert meinen Rücken hinab, zwei feine Schnitte und Knochen, die sich aus der Haut wölben, die sie durchstoßen und sie in Fetzen schneiden, die wachsen und sich immer weiter teilen, bis ich federleicht werde und Federn meine Flügel bedecken, bis ich bemerke, dass ich in der Ewigkeit schwebe, dass es keine Grenzen gibt, dass die Welt mir für mein Opfer ein Geschenk gegeben hat, das mich nun mit dem Himmel Eins werden lässt.

Und als ich die Arme ausbreite, umarmt mich der Wind, er presst sich an mich und gleitet mit mir hinunter in einen halsbrecherischen Stürzflug durch die stinkende Wirklichkeit.

Ich fliege an Fenstern vorbei, wo kein Licht mehr brennt, wo die Menschen in sich und ihrer Leere versinken. Ich passiere die Lichter und die tanzenden Körper, die zu vergessen versuchen, wer sie sind. Doch etwas trennt mich von ihnen und es ist mehr als nur ein Paar Flügel, es ist schon immer so gewesen und hat aus mir mehr als nur einen Menschen gemacht - oder vielleicht auch weniger...

Doch als ich lande, lande ich im Schein einer Nachttischlampe und vor einem Bett, auf dem ein Mensch liegt, der die Dunkelheit mit seinen stechenden Augen beobachtet, der auf meine schmutzigen grauen Flügel und mir in die kaputte Seele blickt.

Und wenn ich mich zu diesem Menschen lege, schließe ich endlich die roten schmerzenden Augen und schlafe allmählich ein, fortgetragen von seinem wunderbaren Geruch.

 

Hallo Jane,

und herzlich Willkommen hier auf kg.de. Jetzt hast du munter vier Geschichten eingestellt - ich hoffe, dabei bleibt es erst einmal ;). Wir sind hier kein Forum, das im Fließbandverfahren Texte liest und kurz mal in drei Minuten kommentiert. Falls dir an fundierter Kritik gelegen ist, wirst du kaum nachkommen, vier Geschichten gleichzeitig aufgrund der Kritiken zu verbessern.
Dann wäre es auch schön, wenn du dich mit anderen Texten beschäftigst - getreu dem Motto: Geben und Nehmen.

Und nun viel Spaß hier bei uns :).

Viele Grüße
bernadette

 

Hallo Jane Tension.

Erstmal herzlich Willkommen, und eine allgemeine Anmerkung: Es kommt hier im allgemeinen besser an, wenn du erstmal eine Geschichte einstellst und dich mit den dazu eintreffenden Kommenatern auseinandersetzt, bevor du eine weitere einstellst.

So, zum hiesigen Exemplar:

Es riecht nach Regen, Qualm und Blut.
Hier deutest du etwas an, was du nicht hälst. Blut fließt ja erst viel später. Außerdem wirkt das Bild leicht überdramatisch.

Ich starre in diesen Himmel, reiße die Augen auf und atme die Luft ein, die krebserregender ist als 10 Packungen Zigaretten, ziehe diese Luft in mich hinein, die einzige Droge, von der ich tatsächlich abhängig wurde, atme, atme, atme und habe das Gefühl, zu ersticken.
An sich finde ich die Ideen der Luft als Droge gut. Nur, du müsstest etwas mehr Informationen geben. Sprich: Wieso ist sie so schädlich? Woher kommen die Inhaltsstoffe. Dafür würde es schon reichen, würdest du bei der Beschreibung deiner Stadt Schornsteine etc. erwähnen.

Augen weit aufgerissen, die hellen Haare schlagen mir wie Peitschen ins Gesicht, während der Wind meinen Körper streichelt und sanft nach vorne drängt.
Da ist ein wiederspruch im Bild. Entweder der Wind ist stark, oder er ist es nicht.

Lichter, Tausende von Lichtern einter schillernden Stadt, einer untergehenden Welt, zu der ich gehöre, in der und die ich bin.
"Einer schillernden Stadt"

Ich breite meine Arme aus und denke an die, die ich zurücklasse, die dieser Wind von mir wegträgt. An die, die mir folgen werden. An die, die mich vergessen werden. An die, deren Leben ich zerstöre. An die, die ich nie kennenlernen durfte. Die liebenden Arme meiner Eltern, die mich über das Meer gehoben haben, die mir eine Welt geschaffen haben, wo ich mir nicht vorstellen konnte, nicht geliebt zu werden. Die vielen Worte, die mir immer wieder zeigten, dass ich nicht alleine bin. Die Lippen, die mir immer aufs Neue Seelen eingehaucht haben, Seelen, die ich nun in mir trage. Meine eigene Seele zerriss ich, ich gab sie euch, ich gab, so viel ich konnte.
Das ist so unkonkret. Da entsteht für mich kein Bild. Außerdem ließt sich das schon sehr bekannt. Vielleicht ein, zwei konkrete Assoziationen statt dieser Allgemeinplätze?

All die Teile meiner Seele blicken nun auf mich herauf, aus einer leeren Welt, wo ich sie zurücklasse und hoffe, dass ihre Träger das errichten, wofür meine Kraft nicht ausgereicht hat.
"mich hinab" würde für mich besser klingen.

Blut sickert meinen Rücken hinab, zwei feine Schnitte und Knochen, die sich aus der Haut wölben, die sie durchstoßen und sie in Fetzen schneiden, die wachsen und sich immer weiter teilen, bis ich federleicht werde und Federn meine Flügel bedecken, bis ich bemerke, dass ich in der Ewigkeit schwebe, dass es keine Grenzen gibt, dass die Welt mir für mein Opfer ein Geschenk gegeben hat, das mich nun mit dem Himmel Eins werden lässt.
"die sie durchstoßen und sie in Fetzen schneiden" würde ich rausnehmen. Das "wölben" hat allein für sich, für mich, mehr Wirkung.

Und als ich die Arme ausbreite, umarmt mich der Wind, er presst sich an mich und gleitet mit mir hinunter in einen halsbrecherischen Sturzflug durch die stinkende Wirklichkeit.

Doch als ich lande, lande ich im Schein einer Nachttischlampe und vor einem Bett, auf dem ein Mensch liegt, der die Dunkelheit mit seinen stechenden Augen beobachtet, der auf meine schmutzigen grauen Flügel und mir in die kaputte Seele blickt.
Hier fängt deine Geschichte eigentlich erst an. Hier erst fühle ich Spannung aufkommen. Da könnte noch fiel drauß gemacht werden. Vorher ist das eine poetisch überhöhte Selbstmordszenerie, ohne wirklich neue Blickwinkel zu bieten - jedenfalls für mich. Ich fühle mich mit deiner Figur nicht verbunden: Ich erfahre zu wenig über sie. Du läßt mir quasi keine Zeit, sie kennen zu lernen, da ich sie erst am Ende sehe. Ohne Vorgeschichte, ohne Normallität.
Das ist für mich das größte Problem deiner Geschichte: Sie bietet dem Leser zu wenig Gewöhnliches für Indentifikation und das Ungewöhnliche ist zu abstrakt, zu wenig neu, um für sich allein zu wirken.

Und wenn ich mich zu diesem Menschen lege, schließe ich endlich die roten schmerzenden Augen, die mehr gesehen haben, als es einem Menschen je vergönnt war.
Das ist so eine Aussage, die dramatisch klingen soll, es aber nicht tut. Das Bild ist zu überzeichnet. Dieses mehr als einem Menschen je vergönnt, verhindert einen konkreten Bezug, jedenfalls für mich.

Meine Empfehlung also:

Den Selbstmordteil radikal kürzen und anschließend, nach dem Erwachen, die eigentliche Geschichte beginnen.

Gruß,
Kew

 

Tut mir leid, ich poste jetzt wirklich lieber nichts mehr - ich dachte nur, dass ich vielleicht erstmal Einiges von dem reinstellen sollte, was ich bisher geschrieben habe und dass das Meiste wahrscheinlich sowieso in anderen Beiträgen untergeht.
Am sonsten danke schön für die eingehende Krirtik, hätte ich ehrlich gesagt gar nicht erwartet, werde ich mir zu Herzen nehmen und Einiges abändern.

 

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