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The fight of the century!
Hans Arschritz war Schreiner von Beruf. Doch seine wahre Leidenschaft galt dem Züchten von Kampfschnecken. Dies hört sich seltsam an, aber es handelte sich dabei auch um ein Nischenhobby, wenn man so will. Die Kampfschneckenszene war ziemlich überschaubar. Ähnlich wie die Hahnenkämpfe in Mexiko waren auch die Kampfschneckenkämpfe verboten. Doch im Untergrund wurden diese trotzdem regelmässig durchgeführt. Dabei wurden jeweils grosse Geldsummen gewonnen und verloren. Auch Korruption und Doping waren regelmässige Themen in der Szene.
Der nächste Kampf war in zwei Wochen. Hans wollte seine Lieblingsschnecke ‘Rambo’ ins Rennen schicken. Er hatte ein unglaubliches hartes Training für Rambo aufgesetzt: Jeden Morgen musste Rambo eine Art Rampe von einem Meter hochkriechen und das in einem Steilheitsgrad von circa Siebzig! Zusätzlich band ihm Hans eine Kette mit hundert Kieselsteinen um den Nacken. Rambo wurde deshalb in Insiderkreisen auch ‘the neck' genannt, weil er einen so unglaublichen muskulösen Nacken hatte. Ernährung spielte natürlich in der Vorbereitung ebenso eine tragende Rolle: Hans fütterte Rambo ausschliesslich mit einem Gemisch aus hochqualitativem Eiweisspulver, Bio-Spinatblättern sowie Vitamin-C-Komplexen. Beim bevorstehenden Kampf war davon die Rede, dass Emilio Gomez, ein mexikanischer Kampfschneckenhalter, einreisen und am Turnier teilnehmen würde. Gomez galt als unbezwungener Champion im Kampf-Milieu. Allerdings standen seine Schnecken schon lange unter Dopingverdacht, jedoch konnte man ihm bisher nichts nachweisen. Jedes Mal, wenn angebliche Beweise auftauchten, verschwanden die betroffenen Personen auf unerklärliche Weise, oder das sichergestellte Material wurden unter mysteriösen Umständen vernichtet.
Jedenfalls war Hans überzeugt, dass Rambo die Schnecke von Gomez bezwingen könnte. Tag X brach an und die beiden Kampfschnecken bezogen ihr Kabinen zusammen mit ihren Trainern; Hans und Gomez. Die Kampfarena war ausverkauft und die Menge tobte bereits. Die Wettbüros sagten einen klaren Sieger voraus: Barbaros, die Kampfschnecke von Gomez! Die Kampfarena war einen Quadratmeter gross und es gab lediglich drei Regeln: Die Halter der Schnecken durften nicht in das Geschehen eingreifen. Es wurden jeweils drei Runden zu 20 Minuten gekämpft. Der Kampf galt als verloren, wenn die Schnecke länger als zwei Minuten auf dem Rücken lag oder tot war.
Nun betrat Gomez die Halle. Er hielt eine Plexiglasbox in den Händen, in welcher sich Barbaros befand. Sofort erklang sein selbst ausgesuchter Einlaufsong: Despasito von Luis Fonsi. Bei den meisten Zuschauern löste dieser Song starken Brechreiz aus, einige übergaben sich sogar. Eine ältere Zuschauerin musste sogar abtransportiert werden. Gomez wusste, dass dieser Song scheisse war, doch es ging ihm darum, die Stimmung in der Halle mit Hass aufzuladen, und dazu eignete sich kein anderes Lied besser. Seine Schnecke funktionierte am besten, wenn die Zuschauer vor Wut schrien, das verpasste ihr den richtigen Kick.
Jetzt folgte Hans mit Rambo, den er in einer Kartonschachtel transportierte. Sein Song ertönte aus den Lautsprechern, und zwar 'Looking for freedom' vom grossen Meister Hasselhoff. Die Menge stimmte sofort mit ein und jubelte, es knallten sogar einige Champagnerkorken. Hans hatte die Menge sofort auf seiner Seite.
Nun war es soweit. Gomez und Hans packten ihre Schnecken aus und trugen sie zur Arena. Der Ringrichter, Joe Swanson, schrie ins Mikrofon: "Ladies and gentlemen, are you ready to rumble!?" Die Zuschauer schrien alle synchron: "Yes!" Gomez und Hans durften noch kurz ein paar Worte an das Publikum richten, bevor es los ging. Gomez riss das Mikrofon an sich und schrie: "Te haré un coño de caracol!" Was so viel hiess wie 'ich mach dich zur Schnecke du blöde Fotze!'. Rambo blieb ganz cool und übte nochmals ein paar Kinnhaken mit seinen Fühlern, schliesslich sprach er ja kein Spanisch. Natürlich richtete auch Hans ein paar bescheidene Worte an die Arena: "Thanks for coming and I hope my snail will wins."
Joe war bereits in der Mitte des Rings angekommen und gab das Signal, dass der Jahrhundert-Fight los gehen kann! Was niemand wissen konnte, Gomez hatte die Schleimdrüse von Barbaros mit etwas Uhu-Kleber angereichert. Die beiden Schnecken stürmten sofort aufeinander los. Die Menge schäumte mittlerweile, pfiff und schrie. Keine zwei Minuten später trafen die Schnecken in der Mitte aufeinander. Die Stimmung war zum Bersten. Im Publikum kam es sogar zu einem Handgemenge, das kurz darauf in einer Schlägerei mündete. Das war bei dieser Art Veranstaltung jedoch normal. Die Zuschauer an der Front bekamen nur den einzig wahren Fight mit: Nämlich den, der in der quadratmetergrossen Schneckenarena stattfand. Gomez schrie Barbaros Kampftipps zu, während Hans seinen Rambo einfach machen liess. Es war ein erbittertes Duell. Barbaros bäumte sich vor Rambo auf und drohte, mit voller Wucht auf ihn niederzurasseln. Rambo schaffte es jedoch rechtzeitig, eine Seitwärtsrolle zu machen, und nahm so eine strategisch sehr vorteilhafte Position seitlich von Barbaros ein. Es hiess, dass Schnecken an der Flanke am verwundbarsten sind. Das alles spielte sich in Minutenbruchteilen ab, so dass es für manche schwer war, überhaupt zu begreifen, was hier geschah. Nun ging alles sehr schnell: Rambo machte sich auf, von der Seite anzugreifen, doch Barbaros war von Gomez auf genau solche Moves vorbereitet worden. Ehe Rambo mit seinem Stiernacken Barbaros seitlich rammen konnte, zog dieser seine hintere Körperhälfte zu sich, so dass sich seine Körpermitte vom Boden löste und er sich wie ein Torbogen vor Rambo aufbäumte. Rambo realisierte zu spät, was passierte, und schlitterte ungewollt in die Falle – er konnte sich nicht mehr rühren. Nun liess Barbaros sein ganzes Gewicht niedersacken. Hans hörte regelrecht, wie die Knochen von Rambo knackten, als Barbaros ihn niederdrückte. Er konnte nur hoffen, dass Rambos Körper dem enormen Druck standhielt. Alles sah nach einem klassischen Knockout aus; Rambo zog sich komplett in sein Gehäuse zurück und der Schiri griff mit einem 'Stopp' ins Geschehen ein! Auf den Bildschirmen wurde nochmals die Slowmotion gezeigt, wie Barbaros sich aufbäumte, um dann volle Kanone auf Rambo niederzuprasseln. Einige Zuschauer hielten inne, während Sie die Szene beobachteten, oder schauten weg, weil Sie diese fürchterlichen Bilder nicht ertragen konnten! Nach zwei Minuten erklärte Joe Barbaros zum Sieger, weil sich Rambo nicht mehr regte. Er legte Barbaros einen Siegerbelt um. Sofort jubelte dieser und zwinkerte lässig dem Schneckengirl zu. Dabei war plötzlich eine weiss-gelbliche Schleimspur hinter ihm ersichtlich! Auch auf dem Bildschirm war dieser Vorgang zu beobachten und es begann sich Unmut im Publikum breit zu machen.
Der Ringrichter, Robert Redford, zog sich Latexhandschuhe über und steckte dann den Finger in die Schleimspur. Nach einem kurzen Riechtest stellte er laut fest: "Das ist Leim!"
Darauf rief Hans: "Das ist Beschiss! Und wir sind ihm auf den Leim gegangen!"
Gomez schrie: "¡Eso no es verdad! ¡El hijo de puta está mintiendo! ¡Que te jodan a todos! ¡Tus gilipollas!", was in Deutsch so viel bedeutete wie: "Das stimmt nicht!"
Da jedoch viel Geld im Spiel war, musste die Sachlage auch in einem illegalen Kampf geklärt werden. Dafür gab es nur einen, der in der ganzen Schneckenkampfszene gefürchtet wurde: Dr. Willi Worms. Dieser war sofort zur Stelle: Er trug einen Trenchcoat sowie einen Hut auf dem Kopf. Darauf war eine Schnecke abgebildet. Insider wussten daher sofort, wer vor ihnen stand: Dr. Worms! Er hatte einen Koffer dabei. Gemächlich öffnete er diesen direkt neben der Kampfarena. Während er noch in den Koffer blickte, begann er auf Spanisch: "Ella está jodidamente follando pighole de nuevo!" Was soviel hiess wie "Sie schon wieder". Damit meinte er natürlich Gomez, der schon in unzählige Dopingfälle verwickelt war.
Dieser erwiderte: "Norther y Mat son los mejores!", zu Deutsch: "Keine Ahnung wovon Sie sprechen!"
"Jaja", sagte Worms und entnahm ein Reagenzglas aus dem Koffer. Er nahm vorsichtig eine Probe von dieser weiss-gelblichen Schleimspur. Sofort fühlte er diese in eine Art Maschine in seinem Koffer ein. Ganz cool meinte er: "In einigen Sekunden haben wir das Ergebnis." Worauf Gomez folgendes sagte: "Tu pequeño culo de mierda".
Kurz darauf verkündete Dr. Worms: "Es handelt sich um Leim. Damit ist Barbaros disqualifiziert und Rambo der Gewinner!" In diesem Moment jubelte die Menge, und Gomez stiess ein Fauchen aus. Er packte seine gedopte Schnecke und sprang durch das geschlossene Fenster. Es hatte keinen Zweck, ihn aufzuhalten, da er vier Stockwerke tief fiel und sofort tot war. Er dachte wohl, er befinde sich im Erdgeschoss und könne sich nach dem Sprung am Boden abrollen und flüchten, wie in den Filmen. Doch Barbaros überlebte und konnte in den Untergrund von Neumünchen flüchte. Dort trainierte er ein Jahr bis er sich entschloss, zurück an die Oberfläche zukommen, um sich zu rächen!
Hans und Rambo beschlossen, aus ihrer Freundschaft mehr zu machen und heirateten im darauffolgenden Sommer. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Klumpi, Schleimi und Rüdiger. Dies mag zunächst befremdlich wirken, doch sollte man bedenken, dass Schnecken genderneutral sind und ihr Geschlecht nach Belieben ändern können.
Barbaros ging in die Politik und übernahm bald den Posten des Ministerpräsidenten von Bayern.
Robert Redford beendete nach diesem Eklat seine Karriere als Ringrichter im Schneckenkampf und wagte eine Neuorientierung im Private Banking.
Joe Swanson hingegen blieb dem Schneckenkampfsport treu und eröffnete eine eigene Schneckenzucht im Untergrund. Er wurde zwei Jahre später bei einer Razzia festgenommen und erhängte sich später im Gefängnis.
Dr. Worms verliess das Land und wanderte nach Niederbayern aus, wo er aufgrund seines sonderbaren Namens und seines rötlichen Oberlippenbarts auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde.
ENDE