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Textinterpretation

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Textinterpretation

Für SIE

Anfang dieses Jahres erschien ein Buch, von dem sicher auch Sie schon gehört haben:
„Die Blüten des Waldes“.
Es war von einem bisher vollkommen unbekannten Autoren verfasst worden. Mit diesem Buch fing seine Karriere an und sie endete auch mit demselben, da das Buch so viel Gewinn abwarf, dass er nie wieder schreiben musste. Wie jeder Autor schrieb er nur des Geldes wegen und gab dies auch zu. Sich selbst gegenüber allerdings nur, denn sein Name drang nicht in die Öffentlichkeit vor, auf seinen Wunsch hin.
„Die Blüten des Waldes“ wurde so berühmt, dass es an den meisten Schulen im Deutschunterricht als Pflichtlektüre angegeben wurde, was bei neueren Werken ja sehr ungewöhnlich ist.

Frau Pfriem betrat den Klassenraum.
„So, alles was kein Schreibzeug ist, kommt nun weg. Nur noch Papier, Stifte und die Lektüre dürfen auf dem Tisch sein.“
Nachdem die Schüler dieser Aufforderung nachgekommen waren, teilte sie die Aufgabenblätter aus. Als jeder ein Blatt vor sich hatte, durften sie umdrehen und anfangen.
Das Blatt war mit drei Aufgaben bedruckt:
1. Lesen Sie in Kapitel drei die Stelle S. 40, 5 bis S. 51,35 nach und analysieren Sie die Stilmittel und begründen Sie, warum der Autor diese dort verwandt hat.
2. Warum begeht der männliche Protagonist in Kapitel 13 Selbstmord, obwohl er es bereits in Kapitel 3 vorhatte?
3. Versetzen Sie sich in die Lage des Autors in einem Interview: Was haben Sie empfunden, als Sie dieses Buch schrieben?

Das Ergebnis der Arbeit zeigte, dass sich der Großteil der Klasse sehr gut auf die Arbeit vorbereitet hatte: Von zweiundzwanzig Schülern hatten siebzehn eine glatte eins, einer eine 1 minus, einer eine zwei und einer eine sechs.
Schauen wir uns einmal an, was der schlechteste Schüler dieser Klasse – zumindest in dieser Arbeit – geschrieben hatte:
1. „Er machte eine erschreckende Entdeckung“ (S. 40,15) ist eine Alliteration. Der Autor hat hier jedoch keinesfalls absichtlich gehandelt. Er hat diesen Satz so geschrieben, weil er es wollte, aber nicht, weil er eine Alliteration schreiben wollte. So geht es in der Beantwortung der ersten Frage weiter: Es werden alle Stilmittel korrekt angegeben, jedoch wird als Begründung immer gesagt, dass es durch reinen Zufall, ohne Absicht des Autors, entstanden ist.
2. Dafür kann es eigentlich nur eine Erklärung geben: Der Autor hatte bis Kapitel drei eine gute Story aufgebaut, vergaß in Kapitel vier aber, dass jetzt sein Held sterben sollte, durch Selbstmord. Am Schreibstil in Kapitel zwölf merkt man, dass es ihm ungefähr dort wieder eingefallen ist und dass er auf den Selbstmord hinarbeitet. Er hätte ihn sogar schon im zwölften Kapitel beschreiben können, wäre es für ihn nicht „cooler“ gewesen, in Kapitel dreizehn, einer Pechzahl, seinen Protagonisten sterben zu lassen.
3. Ich habe mir gedacht: „Wow, was für ein cooles Buch. Es macht zwar keinen Spaß, es zu schreiben, aber wenigstens werde ich damit voll berühmt und verdiene sehr viel Geld damit.“
Als Kommentar stand unter der Arbeit:
Jakob, deine korrekte Nennung aller Stilmittel zeigt, dass du wenigstens diese Stelle aufmerksam gelesen hast. Aber damit hat es sich dann auch schon. Du scheinst keinerlei Verständnis für diesen Text aufzubringen. Das merkt man auch daran, wie du Frage zwei beantwortet hast. Dir scheint entgangen zu sein, dass der Held in Kapitel drei vom Mädchen seiner Träume angesprochen wird, und deshalb – vorläufig – auf den Selbstmord verzichtet. Und es ist mehr als unwahrscheinlich, dass so ein großer Autor, wie der von „Die Blüten des Waldes“ vergisst, dass er einen Charakter hat sterben lassen wollen. Deine Antwort zu Aufgabe drei ist einfach nur provokant, du hattest anscheinend keine Lust, dich ernsthaft in die Lage des Autors zu versetzen. Deine Arbeit ist ungenügend und besser kann ich sie auch nicht bewerten.

Jakob Parkmann war sehr bestürzt über das Ergebnis seiner Arbeit. Alles was er geschrieben hatte, war keineswegs als Provokation von ihm gedacht gewesen, sondern entsprach tatsächlich seiner Meinung. Er war sich sicher, dass seine Interpretation vollkommen stimmte. Der Autor von „Die Blüten des Waldes“ hatte bestimmt nie absichtlich ein Stilmittel verwendet, nur um des Stilmittels wegen.

„Hier ist das erste deutsche Fernsehen mit der Tagesschau.“
„Guten Abend, meine Damen und Herren.
Heute wurde in Karlsruhe Literaturgeschichte geschrieben. Ein Schüler des Fichtegymnasiums in Karlsruhe ist der Autor des bekanntesten Werkes der Neuzeit: „Die Blüten des Waldes“. Er wird für sein Werk nächsten Monat mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet und ist somit jüngster Gewinner dieses Preises. Der achtzehnjährige Jakob Parkmann bekannte sich heute unter gutem Zureden seines Verlegers dazu, der Autor dieses Meisterwerks zu sein.
Nun zu Nachrichten aus aller Welt...“

 

Hallo Tserk,

der Plot gefällt mir sehr gut! Schöne Idee und ansich auch zügig umgesetzt.
Und satirisch genug für meine Ansprüche, auch, wenn du in einigen Punkten nicht den Sachverhalt für sich selbst sprechen lässt, sondern kommentierst und für den Leser erklärst.

Ich bin immer der Auffassung, dass man als Autor nicht den Fehler begehen darf, den Leser für blöd zu halten. Erläuterungen sind daher möglichst wegzulassen und nur da, wo sie wirklich erforderlich sind, geschickt einzuflechten.

Aus diesem Grunde hat mir deine Stelle:

Jakob Parkmann war sehr bestürzt über das Ergebnis seiner Arbeit. Alles was er geschrieben hatte, war keineswegs als Provokation von ihm gedacht gewesen, sondern entsprach tatsächlich seiner Meinung. Er war sich sicher, dass seine Interpretation vollkommen stimmte. Der Autor von „Die Blüten des Waldes“ hatte bestimmt nie absichtlich ein Stilmittel verwendet, nur um des Stilmittels wegen.

nicht gefallen, sie ist aus meiner Sicht überflüssig.

Die Beantwortung der drei Fragen würde ich auch nicht so kühl in den Raum stellen, es wirkt etwas unbeholfen und steif, wie es da steht und während dieser Darstellung läuft dein Text aus der Geschichte heraus und wird zur Dokumentation.
Das ist schade, weil du mit einem einfachen Hilfsmittel hier wesentlich mehr Lebendigkeit hättest einbringen können, indem die Lehrerin, diese Arbeit einfach vor der versammelten Klasse als abschreckendes Beispiel dafür vorliest, wie es nicht hätte sein dürfen.
Die Klasse johlt und amüsiert sich über diese "dämlichen" Antworten des Schülers und du hättest auch noch jeweils ein paar "oberschlaue" Bemerkungen der Schüler oder gar der Lehrerin einflechten können, wie es denn nun aus ihrer Sicht hätte richtig gemacht werden müssen.Dein Protagonist hätte vor versammelter Klasse bloß gestellt werden können.Vielleicht hätte am Ende noch eine liebe Mitschülerin völlig empathisch ihm Mut zusprechen können, dass er das nächste Mal es bestimmt besser hingebekommt. Also dem ganzen noch mehr Dreh geben, das wäre mein Vorschlag. Überzeichne! Die Satire erlaubt jede Menge Überzeichnungen!


Du könntest auch bereits bei der Vergabe der Noten, dies zum Event im Klassenzimmer umschreiben: die Lehrerin betritt den Raum und gibt theatralisch die Arbeiten zurück und lächelt alle an und behält eine Arbeit zurück, dein Prota rutscht schon auf seinem Stuhl unruhig hin und her, weil er denkt, jetzt kommt seine Arbeit dran, als Spitze des Herrvorragenden und dann erlebt er diese Niederlage. Das könnte man also alles mit sehr viel mehr wörtlicher Rede durchsetzen und dem Text dadurch noch mehr Lebendigkeit und Esprit geben.

Du nutzt aus meiner Sicht einen Haufen gute Chancen zur besseren Umsetzung nicht.

ABER: du bist der Boss deines Textes, ich mache nur Vorschläge und erwarte weder von dir noch von irgendwem, dass er meine Ratschläge befolgt.(ich schaffs bei meinen eigenen Texten ja auch nicht, die superguten Vorschläge der Kritiker umzusetzen :shy: )

Darüber hinaus hab ich allerdings wirklich sehr zu bemängeln und dies gilt für den Anfang deiner Story, dass du sehr sehr umständlich schreibst.

Bitte sei so lieb und lies dir deinen ersten Absatz selbst laut vor.
Schaffst du das, dass es flüssig klingt? Wenn ja, dann, weil du über die sprachlichen Klippen hinweg eine besondere Pointierung und Betonung verwendet hast beim Selbstlautvorlesen? Lies es dir nochmals so monoton wie möglich vor, dann wirst du erkennen, wo es unrund klingt und holprig.

Aber, um wieder die Kurve zu kratzen, diese Story ist eine der schlechtesten nicht hier in der Satireabteilung, sie hat mir wirklich gefallen.

Lieben Gruß
lakita

 

Oha, lakita, da habe ich ja eine Geschichte geschaffen, die so viel Potetial hatte, dass ich es selber nicht erkannt habe! ;-)
Nee, aber deine Vorschläge sind größtenteils gerechtfertigt und gut...werds vielleicht irgendwann mal umsetzen.

 

Hi


und...

ist mir auch passiert...

eine Stelle, nicht-gekennzeichnet, die vom Autor war, hieß dann beim Deutschlehrer "bemüht", weil er dachte sie sei von mir; sie war aber vom "Literaten"; ich hätte mir die Haare nicht rot färben sollen, dann wäre ich weiter als Kafka-Nr.2 durchgegangen.

Aber zum Thema: Alles okay, allerdings gibts das alles schon, leider; ich spielte sogar mit in einer Produktion, da fiel GOETHE himself durch bei einer Abiturprüfung über GOETHE - ein hessisches Stück.

Dennoch war deine Nummer interessant.

 

Na, ja, die Pointe ist zwar, dass ers selber geschrieben hat, aber darum gehts ja eigentlich gar nicht. Und außerdem: Die Hesse kannsch vergesse. ;-)
Was mir noch einfällt: Charlie Chaplin ist nur dritter geworden, bei einem Doppelgänger-von-Charlie-Chaplin-Wettbewerb...ja, ja, s Läbe isch hart.

 

Hallo Tserk,

es muss schon komisch sein, wenn Lehrer meinen, ein Werk besser zu kennen, als der Autor selbst, auch wenn das für den Autor natürlich bitter ist.
Nun bin ich ja ein Mensch ziemlicher Genauigkeit. Und da passt es für mich nicht ganz.
Bürokratische Mühlen malen langsam. Und gerade, weil es für ein modernes Werk ungewöhnlich ist, dass es als Pflichtlektüte auf den Lehrplankommt, dauert es bestimmt einige Jahre, selbst, wenn sich die Klutusminister aller Länder von Beginn an einig sein sollten. Jakob muss das Buch also schon einige Jahre früher geschrieben haben, wenn er selber als achtzehnjähriger noch eine Deutschklausur darüber schreiben muss.
Stilistisch hat lakita dir schon einige Hinweise gegeben. Die kann ich unterstreichen, auch wenn die von ihr zitierte Stelle natürlich wichtig ist, weil du den Namen da zum ersten Mal einführst.
Dir scheint es, so mein Eindruck, beim Schreiben vor allem um den Plot und den Verlauf zu gehen, die Idee zur Geschichte. Was dir eventuell noch fehlt, ist, das Spielerische auch in die Sätze zu übertragen, eine gewisse Form von Fabulierlust, mit der du den Text wirklich ausstaffierst.
Dadurch wirkt er auf mich etwas lieblos. Wenn ich deine Aktivität hier betrachte, musst du ja Freude am Schreiben haben. Die genau kommt über diesen Text bei mir aber nicht vollständig an. Das finde ich schade bei einer so netten Idee.

Details:

analysieren Sie die Stilmittel und begründen Sie, warum der Autor diese dort verwandt hat.
man kann zwar irgendwie sowohl verwandt wie verwendet schreiben, ich bin aber sicher, dass eine Deutschlehrerin in diesem Kontext verwendet geschrieben hätte. ;)
2. Warum begeht der männliche Protagonist in Kapitel 13 Selbstmord, obwohl er es bereits in Kapitel 3 vorhatte?
In dieser Frage fehlt mE ein "erst" vor Kapitel 13

Lieben Gruß, sim

 

So, da ich ja irgendwo mal anfangen muss mit meinem geposte:

Der Titel deiner Geschichte hat mich neugierig gemacht. Leider funktioniert das ganze für mich nicht.
Ich hab mich noch nicht ganz in diese Rubrik reingelesen, aber Satire muss für mich auch eine realistische Basis haben. Deine Ausgangssituation ist mir zu konstruiert.
Ein vom Autoren lustlos hingekliertes Buch, in dem er über die Hälfte der Zeit vergessen hat, dass sein Protagonist sich umbringen will, würde wohl kaum verlegt werden, geschweige denn erfolgreich sein.
Ich vermute, du wolltest eine Satirische Distanz schaffen - das von der Welt geachtete Meisterwerk ist lediglich lustlos hingekliert. Aber bei mir funktioniert das nicht.

Und dann muss ich mal eine Lanze für die Literaturwissenschaft brechen. Kein Literaturwissenschaftler der Welt, also auch kein Deutschlehrer, wird ernsthaft erwägen, besser zu wissen, was der Autor meint, als dieser selbst.
Es gibt natürlich Interpreationsansätze, wie die psychoanalytische, die sagt, aus dem Text könne man etwas über das Unterbewusstsein des Autoren erfahren, aber es ist, was es ist - eine Theorie. Und wie alle Theorien sind die richtig, die gut argumentiert werden, und die falsch, die argumentativ zerfetzt werden - und manchmal wird eine Theorie sogar beides.
So sind alle Erläuterungen der Literaturwissenschaft nur Theorien und geraten. Dennoch kann man manche Dinge fundieren. Wenn der eine Lyriker ein Wort doppelt, und das in jener Zeit öfter vorkam, oder von jenem Lyriker öfter getan wurde, so kann man durchaus eine Absicht unterstellen.
Und wenn Autoren ein Stilmittel einfügen, so tun sie das seltenst versehentlich. Nicht als Stilmittel, aber durchaus bewusst. Der einzelne Satz eines veröffnetlichten Buches wurde meist zehn bis fünfzehn mal überprüft, ob er dem Autoren gefällt - da noch von 'oops, das steht da halt so' zu sprechen ist wenig glaubwürdig.

Soll heissen: Das Ziel deiner Satire wird klar, allerdings triffst du nicht sauber! ;)
Aber die Idee gefällt mir.

Huutini!

 

Es ist nicht im Sinne von "oops, das steht da halt so", sondern er wollte ja diesen Satz schreiben - aber wollte nicht genau an dieser Stelle eine Alliteration einfügen.
Und: Letztens (nachdem ich diese Geschichte geschrieben hatte), haben wir eine TExtinterpretation über Faust 1 geschrieben. Und da hab ioch irgendwann mal geschrieben: "uneingeschränkte Absolutheit" Kommentar meiner Lehrerin: Ausdruck, gedoppelt. WIeso also, machen Autoren das absichtlich, ich dummer Schüler habe es jedoch aus Blödheit gemacht,weil ich keine Ahnung habe.
Und ich hab das Ende von Faust voll verrissen, und sie hat als Kommentar geschrieben(nicht wörtlich):
"Man sollte sich hüten, über so ein großes Werk ein so verreißendes Urteil zu fällen." q.e.d.

 

Hi Tserk!
Ich spiele weiterhin des Teufels Advokat und versuche mal, deine Lehrerin in Schutz zu nehmen!


Tserk schrieb:
Wieso also, machen Autoren das absichtlich, ich dummer Schüler habe es jedoch aus Blödheit gemacht,weil ich keine Ahnung habe.
Nun, ich bezweifle, dass die Dame dich als Blöd oder ahnungslos bezeichnet hat! ;)
Dennoch: Jeder Autor, der eine Veröffentlichung anstrebt, setzt sich mit jedem Satz seines Werkes auseinander. Unter anderem klopft er ihn dabei auf eben solche tautologischen Äußerungen hin ab. Du musst dabei bedenken, dass jeder veröffentlichte Satz seit seinem Entstehen mindestens dreimal komplett umgeschieben worden ist. Dann kommt noch der Lektor, der das Werk auf Tautologien absucht, die der Autor übersehen haben könnte. Wenn der Autor dann seine Fahnen absegnet, schaut er meist ebenfalls nochmal nach, ob eine tautologische Äußerung in seinem Text steckt.
Von Probelesern einmal ganz zu schweigen.
Hinzu kommt, dass erfahrene Autoren eben durch diese Praxis meist Tautologien kennen, die dem normalen Menschen gar nciht bekannt sind. Ich lese von nciht so erfahrenen Autoren übrigens gerne mal den Ausdruck 'mittelalterliches Kloster', was ebenfalls eine Tautologie ist...
Sollte im fertigen Text also eine Tautologie vorkommen, so kann man tatsächlich behaupten, der Autor hätte sie drin haben wollen.
Da ich mir vorstellen kann, dass du deiner Interpretation ein bisschen weniger Aufmerksamkeit geschenkt hast, würde ich deine Doppelung daher als Flüchtigkeitsfehler sehen und ebenfalls ankreiden. Bei Tautologien sieht man oft am Kontext, ob sie gewollt sind oder nicht.

"Man sollte sich hüten, über so ein großes Werk ein so verreißendes Urteil zu fällen."
Ja, manche Lehrer sind da etwas eigen. Recht hat sie allerdings, da viele Schüler eben Goethe nur verreissen, um dem Lehrer zu zeigen, dass sie alles besser wissen. Das will ich dir jetzt gar nicht unterstellen, aber versetze dich mal in deine Lehrerin:
Sie hat das Werk auf dem Lehrplan, kennt die historischen Umstände seiner Entstehung, welche Bedeutung es seinerzeit hatte, sie kennt etwa 357.472 Bücher, mit denen sie Goethe in Vergleich setzen kann und kennt ebenfalls zirka 289.542 Aufsätze und Fachbücher, die äußerst detailliert und in Verbindung mit anderen Werken seiner Zeit und unserer Zeit darlegen, warum der Faust so brilliant ist. Und jedes Jahr hat sie dann 3 vom Deutsch-LK genervte Schüler, die ihr einen reinwürgen wollen, und behaupten, der Faust ist scheisse!
Lies die 357.472 anderen Bücher und die zirka 289.542 Aufsätze und Fachbücher, dann schreib einen Aufsatz, der detailliert und in Verbindung mit anderen Büchern aus seiner Zeit und aus unserer Zeigt zeigt, warum sich etwa eine Million Literaturwissenschaftler irren und der Faust tatsächlich scheisse ist, und du wirst auch ernst genommen...
Der Faust und all die andere Literatur die ihr im LK lest wird erst groß durch den Vergleich mit anderen Werken - alleine stehend kann man jedes Werk zerreissen, doch der Faust hält nun einmal den meisten Vergleichen stand, daher hat deine Lehrerin recht - den Faust zu zerreissen ist schwer, weil man kaum Argumente hat. ;)

Gruß,Huutini!

 

Hallo Manuel!

Existence schrieb:
...da haben wir's ja; schon kommt wieder dieses Argument "wir könnens zwar nicht nachvollziehen, aber wirklich jedes Wort im Text literarischer Größen ist bedeutungsschwer- also interpretiert nach Herzenlust". ;) Nunja, Gegenbeweise gibt's da keine, aber eine Ansammlung netter Indizien liefert diese Geschichte.
Hier verstehe ich offen gesagt nicht, was du mir eigentlich mitzuteilen versuchst... :confused:
Literarische Größen haben genau so viel Mist geschrieben wie alle anderen Auch: Shakespeare hat wirklich fürchterliche Sonneten verfasst, und Heine ganz lasche Gedichte... Dennoch gibt es von beiden Werke, die ihrer Zeit voraus waren oder eben anders hervorstachen! Und ist das so schlimm, wenn man dann versucht herauszufinden, worin dieses 'Besondere' liegt?

Hab ich eigentlich was verpasst, aufgrund dessen du dich so an Tautologien und "Faust" festbeißt?
Ich habe eine direkte Antwort auf Tserks Beispiel mit seiner Interpretation des Fausts gebracht...
Und das viele Stilmittel oft unbewusst gesetzt werden, bezweifele weder ich noch die Literaturwissenschaft, was aber nichts daran ändert, dass sie da sind.
Ein Bild besitzt auch Farben. Mag der Maler den Himmel nun bewusst oder unbewusst grün gemalt haben - grün ist er, und damit wert, dass man drüber nachdenkt weshalb.

(welcher Unsinn, im Übrigen, wie du mit Zahlen herumwirfst in diesem Kontext. Überlass das doch den Mathematikern, Literatur ist unberechenbar)
Ich finds nett, mir für eine ironische Überspitzung im Satire-Thread Unsinn vorwerfen lassen zu müssen! ;)
Okay bitte ersetze hiermit alle angefügten Zahlen durch ein 'ganz, ganz besonders viele!'
Besser?

Aber es gibt andere Werke, die gern im Deutschunterricht durchgenommen werden, über deren literarische Qualität sich durchaus diskutieren lässt, um bei Goethe zu bleiben "Werther", aus moderner Literatur Schlinks "Vorleser", und eine ganze Menge dazwischen.
Falsch! Man kann über die Qualität aller Werke diskutieren. Was ja auch getan wird! Und worum es in der Literaturwissenschaft ja auch geht. Und man kann jedem Meisterwerk schlechtes nachweisen, darum gehts gar nicht...
Ich zum Beispiel finde an den Werken der Manns nicht ein einziges gutes Wort... Trotzdem sind sie einer Deutung mehr als würdig.


Nicht jeder Schüler, der vermeintliche literarische Höhenfluge vom Himmel zu holen sucht, tut dies aus Provokation. Solches Empfinden, in manchen Fällen gar Erkenntnis, mag sogar aus von germanistischer Überinterpretations-Tendenz unberührten Geistern wertvoller sein als das absegnende Nicken pseudointellektueller Literaturkenner.
Ah, ich spüre den Versuch einer Spitze gegen mich, die aber ins Leere läuft! :cool:
Weder bin ich Literaturkenner, noch pseudointellektuell. Ich versuche lediglich darzulegen, dass die Literaturwissenschaft, und damit eben auch die Lehrer, das was sie da im Unterricht behaupten, ja nicht sagen, weil sie selbst morgens beim Zähneputzen plötzlich diese Meinung hatten, sondern weil eine Vielzahl von Leuten schon seit vielen, vielen Jahren über diese Dinge diskutiert, und ich daher der Meinung bin, das der satirische Text eines Schülers, der übrigens gar nicht so schlecht geschrieben ist, lieber Tserk, nur weil dieser den Jahrhundertealten Diskurs entweder nicht kennt oder schlicht ignoriert, schlicht einer satirischen Basis entbehrt.
Das ist, als würde ich einen satirischen Text darüber schreiben, dass es Unsinn ist, dass Lehrer immer behaupten, Natrium und Chlor verbinden sich zu Kochsalz, weil es ja auch was ganz anderes werden könnte...

Gruß, Huutini!

 

sim schrieb:
Bürokratische Mühlen malen langsam.

Hallo sim,

Mühlen malen nicht, sie mahlen. Aber das nur mal so am Rande. ;)

Zur Geschichte:
Hat mir sehr gut gefallen, habe auch ein- zweimal laut lachen müssen. Die Situation kennt wohl jeder aus seinen Deutschstunden. Schöner Seitenhieb auf das verbohrte LEERerpersonal, finde ich sehr gelungen! :)

 

Oh, danke für die vielen Kommentare(die meistens eigentlich offtopic waren ;-) aber mich stört das nicht).
Das mit der Dopplung: Sie wart insofern beabsichtigt (uneingeschränkte Aufmerksamkeit), dass ich sie aus der Lektürenhilfe abgeschrieben habe. Du erkennst hier vllt eine kleine Parallele zu meinem Text: Von einem "großen" Autoren übernommen, wird die Absicht bei mir zu Unachtsamkeit...
Und oich schrieb das nicht zur Provokation, es ist nur meine ehrliche Meinung (die verlangt wurde in der Aufgabe, und die dann als falsch angestrichen worden war. Ich habe mir ernsthaft überlegt, meiner Lehrerin vorzuschlagen, dass sie als Aufgabentext schreiben soll: "Wie hast du das Ende meiner Meinung nach zu finden?", statt "Wie findest du das Ende?")

 

"Wie hast du das Ende meiner Meinung nach zu finden?", statt "Wie findest du das Ende?")
Ja, das Gefühl habe ich manchmal auch.
Der Plot deiner Geschichte gefällt mir außerordentlich. Die Umsetzung ist jedoch nach meinem Dafürhalten nicht so gelungen, wie es dieses Thema verdient hat. Überarbeite sie doch nochmal nach den Vorschlägen meiner Vorkritiker.
Man liest sich.

 

Ah, wieder eine positive kritik, das lese ich ja in letzter Zeit nicht mehr so häufig.
Ja, ja, die Überarbeitung kommt noch, und danke fürs ... Lesen ;-)

 

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