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Tetraodontoxin
Gegen Mittag, als die Luft vor Hitze flimmerte und die Zeit stillzustehen schien, betrat Joey die Hütte. Er war aufgekratzt und hatte Angst, aber gleichzeitig wurde er von einem köstlichen Gefühl der Erwartung durchflutet. Joey musterte den kleinen Raum und trat zu einem mit Gläsern bestückten hölzernen Regal. Der scheußliche Inhalt der in den Flüssigkeiten zu schweben schien, ließ ihn schaudern. Im Nebenzimmer waren seltsame Geräusche vernehmbar, schließlich raschelten die Holzperlen des Vorhangs durch den die Räume getrennt waren und eine farbenprächtig gekleidete Gestalt erschien.
„Gefallen Ihnen meine kleinen Spielereien?“, fragte der Schwarzmagier spöttisch und musterte belustigt Joeys cremefarbenen Sommeranzug und seinen Panamahut. „Spielereien? Das nennen Sie Spielereien?“ Joey konnte ein Zittern in seiner Stimme nicht verbergen. „Kinderkram!“, sagte der Bokor und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Nichts von Bedeutung, jedenfalls nicht für Sie. SIE sind wegen einer ganz anderen Sache hier.“ „Hören Sie auf meine Gedanken zu lesen“, flüsterte Joey, „raus aus meinem Kopf!“ „Aber es vereinfacht vieles und wir ersparen uns Zeit mit umständlichen Reden“, sagte der Bokor sanft und in einlullendem Ton, „ich kenne euch vermögende Amerikaner nur zu gut. Es ist nicht notwendig ausschweifend zu werden. Ich weiß, warum Sie hier sind und ja, ich kann und werde Ihnen helfen. Es verschafft mir eine gewisse Befriedigung euch reiche Typen zu melken wie eine Herde Kühe.“ Joey wollte auffahren, besann sich dann aber eines Besseren. „Und schlechte Menschen wie Sie sind um soviel interessanter als die so genannten „Guten“. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass verdorbene Seelen mein Lebenselixier sind!“ Der Schwarzmagier lachte, dann nannte er eine schwindelerregende Summe.
Mrs. Janice Morgan, ihres Zeichens unglückliche Gattin von Joey Morgan lag am Pool des Hotels und kniff angewidert die perfekt geschminkten Lippen zusammen. Hätte sie sich doch nie zu dieser Reise nach Haiti überreden lassen! Aber Paul hatte ihr gut zugeredet, auch wenn sie der Meinung war, dass es einfachere Varianten gegeben hätte um es ihrem verhassten Gatten heimzuzahlen und ihn für immer los zu werden. Ach Paul ...
Schon beim Verlassen des Flugzeugs waren sie von einem Rudel armseliger Kinder umringt worden, die nach ihr grapschten und Schmutzflecken auf ihrem weißen Leinenkleid hinterließen. Joey hatte über ihre wütende Miene nur gelacht und gemeint, dass in Haiti nun mal unter den Kindern der Aberglauben herrsche, dass es Glück bringe, eine weiße Frau zu berühren. Spöttisch und angewidert hatte sie die Mitreisenden betrachtet, die für die Kinder Kleidung und Spielzeug mitgebracht hatten. Für das Glück in den Augen der zerlumpt gekleideten Kinder hatte sie nur einen verächtlichen Blick über. Wie sie die Armut hier hasste! Die ganze Insel war davon verseucht - von Armut und Aids.
Janice seufzte und nippte an einem Drink, den ein weißgekleideter Kellner servierte. Wenigstens in diesem Hotel hier fühlte sie sich vor dem Anblick von Not und Elend sicher. Erst gestern hatte sie sich von Joey überreden lassen, den Markt in der Hauptstadt Port-au-Prince zu besuchen. Es war ein Horrortrip gewesen, einfach scheußlich. Gigantische Müllberge, von Fliegen umschwärmt, die Hitze und überall die bis über die Zähne bewaffneten Securities, die Supermärkte und Banken bewachten. All das hatte nicht gerade zu ihrem Wohlbefinden beigetragen. Joey hatte ihr nebenbei erzählt, dass es immer wieder zu bezahlten Aufständen der Konfliktparteien kam. Morde, willkürliche Verhaftungen, Straßensperren und Schießereien gehörten in Haiti einfach zur Tagesordnung. Janice hatte geschäumt vor Wut und ihn angefaucht, ob er sich so einen Urlaub vorstelle. Joey, dieser verdammte Scheißkerl hatte sie ausgelacht. Er ergötzte sich an ihrer Wut, wie er es immer tat. Selbst der anschließende Besuch des Kunstmuseums und ein Dinner in einem der besten Restaurants der Stadt hatten Janice nicht beruhigen können. Den Abend verbrachte sie vor dem Spiegel, da ihr hübsches Gesicht von nervösen Flecken übersät war. Sie würde Wochen brauchen um sich von diesem Urlaub zu erholen! Ängstlich hatte sie ihr Gesicht nach der Suche von Falten abgetastet und eine lindernde Gesichtscreme aufgetragen.
Gegen Mittag, als die Luft vor Hitze flimmerte und die Zeit stillzustehen schien, betrat Janice die Hütte. Sie war aufgekratzt und hatte Angst, aber gleichzeitig wurde sie von einem köstlichen Gefühl der Erwartung durchflutet. Janice musterte den kleinen Raum und trat zu einem mit Gläsern bestückten hölzernen Regal. Der scheußliche Inhalt der in den Flüssigkeiten zu schweben schien, ließ sie schaudern. Im Nebenzimmer waren seltsame Geräusche vernehmbar, schließlich raschelten die Holzperlen des Vorhangs durch den die Räume getrennt waren und eine farbenprächtig gekleidete Gestalt erschien.
„Gefallen Ihnen meine kleinen Spielereien?“, fragte der Schwarzmagier spöttisch und musterte belustigt Janices cremefarbenes Leinenkleid und ihren schicken Hut mit der schwarz-weiß gepunkteten Krempe. „Spielereien? Das nennen Sie Spielereien?“ Janice konnte ein Zittern in ihrer Stimme nicht verbergen. „Kinderkram!“, sagte der Bokor und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Nichts von Bedeutung, jedenfalls nicht für Sie. SIE sind wegen einer ganz anderen Sache hier.“ „Hören Sie auf meine Gedanken zu lesen“, flüsterte Janice, „raus aus meinem Kopf!“ „Aber es vereinfacht vieles und wir ersparen uns Zeit mit umständlichen Reden“, sagte der Bokor sanft und in einlullendem Ton, „ich kenne euch vermögende Amerikaner nur zu gut. Es ist nicht notwendig ausschweifend zu werden. Ich weiß, warum Sie hier sind und ja, ich kann und werde Ihnen helfen. Es verschafft mir eine gewisse Befriedigung euch reiche Typen zu melken wie eine Herde Kühe.“ Janice wollte auffahren, besann sich dann aber eines Besseren. „Und schlechte Menschen wie Sie sind um soviel interessanter als die so genannten „Guten“. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass verdorbene Seelen mein Lebenselixier sind!“ Der Schwarzmagier lachte, dann nannte er eine schwindelerregende Summe.
Mr. Joey Morgan, seines Zeichens unglücklicher Gatte von Janice Morgan lag am Pool des Hotels. Ein unangenehmes Grinsen entstellte seine sonst so angenehmen Gesichtszüge. Sein Lieblingsbuch „Das Bildnis des Dorian Gray“ von Oscar Wilde lag neben ihm, er wurde es nicht leid es wieder und immer wieder zu lesen, identifizierte er sich doch in höchstem Maße mit der Hauptfigur.
Bald, schon bald würde er von Janice befreit sein. Oh ja, seine Rache würde eine fürchterliche sein. Die Kränkungen die sie ihm mit ihren zahlreichen Liebhabern all die Jahre zugefügt hatte würden gesühnt werden. Gut, auch er hatte seine Affären gehabt, aber schließlich war er ein Mann. Ach Claudia ...
Janices hysterischer Anfall beim Verlassen des Flugzeuges waren der reinste Balsam für seine Seele gewesen. Wie wütend sie geworden war, nur weil sie von ein paar schnatternden Kindern umringt wurden! Er hatte es wie immer sehr genossen, Janice so ärgerlich und aus der Fassung gebracht zu sehen.
Joey seufze zufrieden und nippte an einem Drink, den eine weißgekleidete Kellnerin servierte. Und dann der Ausflug nach Port-au-Prince! Nun, in gewisser Weise würde er Janice sogar vermissen ... sie waren sich vom Charakter her nicht unähnlich. Wo sie sich wohl aufhielt? Wahrscheinlich saß sie in der Suite vor dem Schminktisch um eine ihrer stundenlangen Make-up-Zeremonien abzuhalten. Nun, wenn er mit ihr fertig war, würde ihr kein Make-up der Welt mehr helfen.
Der Abend nahte und Janice war noch immer nicht aufgetaucht. Joey nahm das Abendessen alleine ein und flirtete mit einer Dame vom Nebentisch. Ein angenehm leichtes Gefühl breitete sich in ihm aus. Dass der Bokor das Gift so schnell beschaffen würde, hatte er nicht gedacht, aber es musste wohl so sein, sonst wäre Janice, diese verdammte Schlampe schon nörgelnd am Tisch gesessen und hätte ihm wie immer die letzten Nerven geraubt.
Ein Kellner näherte sich höflich seinem Tisch. „Eine Nachricht liegt für Sie vor, Sir“. Joey beendete ruhig sein Mahl und begab sich dann erwartungsvoll in die Rezeption. Er ließ sich den Umschlag aushändigen und eilte in seine Suite. Joey verschwendete keine Zeit und erbrach das Siegel. Zitternd las er die Nachricht, um sie dann mit einem Wutschrei auf den Lippen zu vernichten.
Die Dämmerung setzte bereits ein, als Joey aus dem Hotel eilte. Seltsame Vogelstimmen klangen aus dem grünen Dickicht, hypnotische Trommelrhythmen hallten durch die Nacht.
„Ich habe Sie erwartet“, sagte der Bokor, als Joey in die Hütte stürmte. „Ich sagte doch, es darf kein Verdacht auf mich fallen!“, rief der Amerikaner wütend aus um dann abrupt zu verstummen. Janice lag auf dem Boden, die Augen starr nach oben gerichtet, die Ränder um die Augen hatten ein fischbauchartiges weiß angenommen, ihre Glieder waren merkwürdig verdreht. „Ist sie tot?“, fragte Joey. „Natürlich nicht!“, sagte der Schwarzmagier scharf, „sie kann denken, fühlen und hören. Nur ihr Körper ist völlig gelähmt.“
Joey beugte sich über Janices regungslose Gestalt und grinste. „Na mein Mädchen? Wie fühlst du dich? Freu dich nicht zu früh, das Schlimmste steht dir noch bevor. Wie wird es dir erst gefallen, lebendig begraben zu werden? Du wirst bei vollem Bewusstsein deiner eigenen Beerdigung beiwohnen!“
Dann krachte ein Holzprügel auf seine Schädeldecke und er sank wie ein gefällter Baum zu Boden. Bedächtig, fast liebevoll flößte der Voodoo-Priester dem Amerikaner den verhängnisvollen Trunk mit dem Kugelfischgift ein. Die Mischung aus Pflanzengift und Tetraodontoxin wirkte in Sekundenschnelle. „Nun denn, ihr habt BEIDE gut gezahlt für euer weiteres Schicksal!“ sagte der Bokor, während Joey gelähmt neben seiner Gattin zu Boden sank. „Was wisst ihr schon von unseren Gottheiten und Riten!“
„Schaff sie auf den Friedhof“, sagte er zu seinem Gehilfen, der auf seine Worte hin geräuschlos aus dem Dunkel trat. „Wir müssen die Zeremonie vorbereiten. In vierundzwanzig Stunden holen wir sie wieder raus und beginnen mit der Reanimation. Die perfekten Zombies! Zärtlich streichelte er das Gefäß mit dem getrockneten Kugelfisch-Präparat. „Ich habe schon einen zahlungskräftigen Plantagenbesitzer aufgetan. Er braucht Sklaven für seine Zuckerrohrfelder“.
Körperlich völlig gesund, doch verstört, still und mit immer gesenktem Blick verrichteten sie ihre Arbeit. Der Sauerstoffmangel im Grab hatte Teile des Gehirns für immer geschädigt, der Wahnsinn hatte von ihnen Besitz ergriffen. Bis zur letzten Lebensminute verharrten sie in diesem schlafwandlerischem und hypnotischen Dämmerzustand bis ihre ausgelaugten Körper schließlich den Dienst versagten.