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Teleworker und Stromausfall?
Freelancer in Einsamkeit
Die Uhr zeigt 18:04, die Arbeit ist für diesen Tag also getan. Erschöpft und müde speichert er seine Änderungen, startet das Runterfahren seiner Entwicklungsumgebung und reibt sich die Augen...
Die Festplatte seines PC's hört zu lärmen auf und die Ventilatoren im Inneren seines PC-Gehäuses gehen in den "silent mode"; Es wird still. Keiner seiner Kollegen reißt einen Witz (nicht diese blöden, sondern die echten Brüller) oder fragt, ob er noch mit kommt, um irgendetwas zu unternehmen. Das Zimmer ist leer. Er ist alleine zuhause, seine Stimmung ist wie sein Zimmer.
Früher war er in einer Software Firma angestellt und hatte in einem Büro gearbeitet. Er war in einem Team von 4 Leuten, die sich ein großes Bürozimmer geteilt hatten und sich jede Stunde in der Küche trafen, um etwas zu trinken und die notwendigen 5 Minuten Pause zu machen, die von der Berufsgenossenschaft gefordert wurden. Und danach ging man gemeinsam noch etwas essen oder trank ein Bier und sprach über neue Entwicklungen in der Welt der Internet Technologien. Das war eine der schönsten Zeiten gewesen.
Doch das ist Vergangenheit. Er hat sich vor geraumer Zeit entschlossen, für eine andere Firma zu arbeiten, die mehr Geld zahlt. Dazu auch kostenloser Internetzugang der neusten Technik und die Möglichkeit, von zuhause aus zu arbeiten. Als er zum erstem Mal vor 5 Jahren hörte, daß man auch von seiner Wohnung aus Geld verdienen könne, hatte er es sich zum Ziel gesetzt, ein Teleworker oder Freelancer zu werden.
Die Vorteile sind groß: Freie Arbeitszeit, kein lästiges zur-Arbeit-fahren und die Möglichkeit, kurzfristig Termine zu planen und jederzeit sich um die Wohnung kümmern zu können. Das kam ihm bei seiner Entscheidung sehr entgegen, zumal er in einem vorgelegenem Dorf wohnt.
Mit Freunden trift er sich schon lange nicht mehr, dafür ist er zu träge geworden. Das ruhige Arbeiten am PC ohne Störungen oder Anstrengungen igendeiner Art hat seine Spuren hinterlassen: Er will immer möglichst seine Ruhe haben, laute Musik in der Disco oder in seinen Augen hektische Freizeitbeschäftigungen sind ihm zuwider geworden; ja, er empfindet sie sogar schon als lästig und fragt sich des öfteren, wie sich jemand so etwas antun kann.
Er verläßt das Haus nur selten und wenn, dann fährt er meist nur Lebensmittel einkaufen. Alles andere läßt sich ja von zuhause aus regeln. Eine Freundin hat er auch schon lange nicht mehr. So fehlt ihm auch das eifrige Tun beim Geschlechtsverkehr. Dieser Mangel an Bewegung hat ihn beim Dickwerden zusätzlich unterstützt. Früher hat er darüber gelacht, wenn jemand sagte, daß manche Menschen so dick sind, daß sie ihren Willi nur noch mit Hilfe eines Spiegels sehen könnten, wenn dieser an der Wand befestigt ist. Jetzt blieb ihm der Lacher im Halse stecken.
Gerade, als er sein Spiel im Internet starten will, fällt der Strom aus. Er denkt zuerst, das der PC kaputt ist, kommt aber schnell zu der Erkenntnis, daß weder Licht noch die Kaffeemaschine funktionieren. Auch ein intensiver Blick in den Sicherungskasten zeigt ihm nur, daß alle Sicherungen intakt sind. Er ist von dieser Situation total überrascht: kein Strom, kein PC, kein Internet! Was soll er jetzt tun? Er ist ratlos und überfordert.
Er schaut hektisch aus dem Fenster, wie er es immer tut, wenn er überlegt. Das heißt, es handelt sich eher um eine Balkontür aber ohne Balkon, nur mit einem Gitter zum Anlehnen. Wie heißt das noch, er muß mal im Internet nachschlagen...
Er kann von seinem Arbeitsplatz aus auf die Straße schauen. Es ist Frühsommer und somit draußen noch hell genug, um die ganze Straße beobachten zu können.
Langsam kommt ein Nachbar nach dem anderen heraus aus dem Haus. Einigen kann er am Gesichtsausdruck ablesen, daß auch sie diesem Stromausfall eher mit negativen Gefühlen begegnen. Andere hingegen nutzen die Gunst der Stunde und fangen mit den Nachbarn eine Grundsatzdiskussion über den Stromverbrauch der Nation an.
Er ist eher amüsiert darüber, daß sich Leute über soetwas unterhalten können, weil es in seinen Augen doch so banal ja geradezu trivial ist. Doch dann schlägt seine Stimmung um, denn er hat keinen zum Reden. Er kennt keinen seiner Nachbarn mehr als nur flüchtig vom Vorbeigehen.
Er entscheidet, sich ins Bett zu legen und ein Buch zu lesen, bis der Strom wieder da ist; es ist ja noch hell draußen...