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Telefonat mit der Vergangenheit

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14.08.2001
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Telefonat mit der Vergangenheit

Ein roter Opel Kadett.
Ein Gedanke an Dich.
Ein Gedanke, der weder verschwendet ist, noch ein Gedanke, der mich weiterbringen würde oder zu irgend etwas führen würde.
Ich nehme den Hörer in die Hand, und wähle die Nummer, die ich immer noch auswendig kann.

Du sagst: "Ich habe eine Frau kennengelernt. Und ich habe etwas dummes getan."
Ich weiss, was Du mir damit sagen willst: "Wann und wo?" Und Du erzählst mir, dass sie Dich angerufen hat, und dass sie sich mit Dir treffen wollte. Ihr habt Euch "in der Mitte" zwischen Euren beiden Städten getroffen. Und das was sonst noch war?
"Ich will es nicht wissen, es interessiert mich nicht." Das sage ich, obwohl ich weiss, dass dieser Satz weh tut. Aber ich weiss, dass es besser so ist, wenn Du es mir nicht erzählst. Ich höre Dir zu, und sehe mich um Jahre zurückversetzt. Genau um die Anzahl der Jahre, die ich Dich kenne. Und genau wie damals geht es mir heute.
Ich stelle mir die Frau von damals vor. Die nicht weiss, dass Du neben ihr noch jemanden anderen liebst. Und die andere, die es weiss. Die damit lebt. Mit der Gewissheit, dass Du irgendwann wieder gehen wirst.
Du fragst, "Soll ich es ihr erzählen?". Eine Frage, die so kurz und knapp einen Gewissenskonflikt beschreibt, wie es nur irgendwie geht, und doch, eben weil ich Dich kenne, die ganze Situation beschreibt.
"Liebst Du sie?"
"Ich weiss es nicht, vielleicht... Ich weiss nicht, ob ich sie will, ob es mehr ist, oder ob es für mehr reicht..."
Wieder diese stumme Bitte in Deinen Worten, in dem Klang Deiner Stimme, "Bitte hilf mir, mich zu entscheiden!"
Und ich sitze hier, kenne Deine Gefühle, Deine Bedenken und Deine Ängste, als wären sie meine. Und doch sind sie es nicht. Ich höre in meine Kopf Deine Stimme, die mir erklärt, wie es Dir geht, an was Du denkst. Ich sehe wieder die Zeilen vor mir, die mir mein Leben bedeuten. An denen ich mich festgesaugt habe.
"Denk darüber nach. Mehr kann ich Dir nicht sagen. Mehr weiss auch ich nicht."
Du sagst, ja, das willst Du tun.
Und ich? Ich bin froh, dass ich nicht die Frau an Deiner Seite bin, die das erleben muss, oder auch nicht, je nachdem, wie Du Dich entscheidest.
Bin froh, dass ich nur die Freundin bin, die Dir vielleicht helfen kann, einen Weg einzuschlagen, für den Du allein nicht den Mut hättest, für den Du von Jahren schon nicht die Kraft hattest.
So in Gedanken, jeder für sich, beenden wir unser Telefongespräch. Und ich denke an Deine Freundin, die im Moment weit weg ist, und an eine Situation vor Jahren, in der die Rollen anders verteilt waren, und Du den Mut nicht hattest, zu gehen. Den Mut ein neues Leben anzufangen.
Diesen Mut musste ich aufbringen, denn ich hatte diese Wahl nicht.

".. et je voudrais que tu te rapelles, notre amour est éternel..."
(.. und ich möchte, dass Du Dich immer erinnerst, dass unsere Liebe ewig ist...)

sunny am 09.07.2002

[ 16.07.2002, 11:05: Beitrag editiert von: Sunshine ]

 

hi Sunny!
Du triffst bei mir einen nerv mit diesem Text. Ich hab genau das zwar nicht erlebt... aber so ein wenig eben schon.
Daß "er" die Fehler, die er bei mir gemacht hat, wiederholt - und meine Hilfe will, damit er es diesmal hinbekommt. etc... Männer eben.. ;)

Ich hoffe für Dich, daß es nur Fiktion ist. Aber Deine Protagonistin scheint es ja ganz gut im Griff zu haben.
Das einzige, was mir aufgefallen ist...
Du sprichst vo dem Gegenüber mal als "Du" und mal als "er" ...

Zitat: "Aber ich weiss, dass es besser so ist, wenn er es mir nicht erzählt." .. sonst immer "Du"...

Sonst sehr schön und (leider) lebensnah.

Lieben Gruß,
Frauke

 

Liebe Frauke!

Danke fuers Lesen! Ich bin auch beim Lesen ueber dieses "er" gestolpert, und hab mir dann ueberlegt, warum ich dies "unbewusst" so geschrieben habe... vielleicht um in diesem Satz den "Abstand" auszudrücken. Ich bin mir aber nicht sicher, und werde weiter drüber philosophieren... und es ändern, wenn ich mir sicher bin...

Gruss
Dany

 

Hi Dany:
das mit dem Abstand mag schon sein. Den erzeugst Du damit aber - für den Leser - zu abrupt und zu singulär. Entweder müßtest Du Dich "wellenweise" distanzieren, oder Du müßtest herausarbeiten, warum es gerade hier geschieht... so ist es eben etwas, das auffällt. Aber ohne, daß es sich erklärt.

Erst dachte ich: es ist der einzige Gedanke, den sie für sich behält, aber das stimmt ja nicht. Sie teilt längst nicht alle Gedanken mit ihm / ihm mit ;)

bin gespannt, was Du draus machst.

Frauke

 

So, Frauke,

hab jetzt doch aus dem "er" ein "Du" gemacht, Du hattest da schon recht.

Gruss
Dany

 

hi Dany,
ich meinte damit: bin gespannt, was am Ende Deiner Philosophiererei rauskommt. Ob Du es stehen läßt, es zu "Du" machst, oder ob Du noch mehr Distanz-Stellen schaffst...

hat sich jetzt ja gezeigt. Finde ich auch gut so, nebenbei.

Lieben Gruß,
Frauke

 

Hi Dany,

die Sätze klingen teilweise abgehackt und fragmenthaft, sie stellen gut die Zerrissenheit der Protagonistin dar. Die Situation, in der sie sich befindet, ist nicht harmonisch und daher kann der Text auch nicht richtig fließen. Finde ich gut gelungen.

Es gibt viele schwache Kerle, am besten läßt man sie da, wo sie sind und holt sie sich nicht zurück ins eigene Leben, sonst wird es nur verpestet. ;)

Alles Liebe
Heike

 

Hallo Roswitha!

Danke fuers Lesen! Freu mich, dass dieses Werk doch besser gelungen ist, wie die anderen. Man muss sich ja immer fortbewegen.

Schade, dass ich nur schreiben kann, wenns mir schlecht geht.

Lieber Gruss nach Neuseeland (?)
Dany

 

Hi Dany!

Gefällt mir wirklich gut. Der innere Konflikt, den er nicht selber lösen will, sondern von ihr lösen läßt, um vielleicht sogar die Verantwortung abschieben zu können, wenn es schief geht... Gut rübergebracht!
Männer sind komische Wesen, es ght nicht mit ihnen, aber acuh nicht ohne sie. *seufz*

Lieben Gruß,

chaosqueen :queen:

 

Hallo Queen!

Danke fürs Lesen...

Als Update... er hat sich enschieden... einen Weg, den er vor Jahren schon hätte gehen sollen :-(

Dany

 

Hallo Angélique!

Ist eine Zeile aus einem frz. Lied, Titel ist, glaub ich, "tu te ramenes", muss ich aber nochmal genau nachsehen.

Dany

 

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