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TE (Technische Evolution)
Auf dem Operationstisch ist der Mensch in seiner natürlichen Form.
Kopf, Rumpf, Arme, Beine, Hände und Füße, jedes einzelne Teil ist aus Fleisch und Blut. Der Raum scheint verdächtig rein, doch die Ranken der hochtechnischen Apperaturen stören das Auge, die wie Krebsgeschwüre neben dem Patienten ihren Platz haben. Mit jedem Jahresabschnitt füllt sich ihr Inneres mit mehr und mehr Fasern, immer praller und voller stehen sie da, fast prachvoll, analog, in gleichen Zeitabständen, vermindert sich ihre Größe um die Hälfte, immer und immer wieder. Mit jedem Male müssen die Entwickler ihre Denkorgane vermehrt beanspruchen, mit jedem Male fällt das Denken schwerer, der Kopf wird schwerer, Gedanken und Wahrnehmung verbiegen sich gleichzeitig, über das ekelhafte Gefühl, zu tief in der Materie zu stecken, darf sich keiner von ihnen beschweren. Niemand sollte sich beschweren.
Den hirnähnlichen Geschwülsten wird mit einer kurzen Berührung des durch Licht in den Raum projezierten, schwebenden Bedienungsinstruments Leben geschenkt.
Über dem Menschen ist der Operateur in seiner natürlichen Form. Vor dem Eingriff wird er selbst operiert, ohne Zögern, Arme, Beine und Teile des Rumpfes amputiert, ganz einfach, ganz leicht, ohne Fleisch und Blut.
Angefangen hat er zu arbeiten, zu zerstückeln, zu zerstören, zu töten. Die Maschinen im Raum wurden zu seinen Untertanen. Werkzeuge fuhren sie blitzschnell aus und sahen aus wie unkontrolliert gewachsenes Unkraut, das sich mechanisch bewegen kann. Kontrolliert werden können sie durch den Operierenden, es sind seine neuen Arme und Beine. Als wären es seine eigenen, bewegt er sie mit einer Leichtigkeit eines Kolibrifluges, es scheint, als kontrollierten die Werkzeuge das Gehirn.
Dem Menschen wird das Leben aus dem Leib gerissen, alles Natürliche wird ihm genommen. Mit brutaler Gewalt, wie am Fließband, aber gleichzeitig mit der Eleganz eines Galopps wird Fleisch durch anderes Material vertauscht, Beine und Arme durch Arme und Beine, die Einen lebten, die Anderen funktionieren bis in alle Ewigkeit. Herz, Lunge Verdauungsorgan können verletzen, aufgeben, zerstört werden, doch dasselbe aus anderem Material kennt keine Fehler, fast perfekt.
Ganz überraschend, ganz plötzlich stoppt der Prozess als alle Teile fertiggestellt sind, außer dem Kopf. Mit der Behutsamkeit eines Jägers nähern sich die Werkzeuge dem Kopf. Vorsichtig den Schädel öffnen, Gehirn entnehmen, Daten auf die Festplatte spielen, Festplatte ins Gehirn verpflanzen, genannt Kapazitätserweiterung, durch metallisch-gläserne Drähte, Seile und Fasern wird es noch kurz durchdrungen, bis es wie ein unregelmäßiges Metallgitter ausschaut, die Schutzhülle um das Gehirn, damit es nie verletzt wird und Schädel zu.
Nun heißt es Leben bis die Gehirnzellen den Geist aufgeben.