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Taxi nach Hamburg

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28.12.2004
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Taxi nach Hamburg

Mein Bruder feierte zusammen mit einem Bekannten seine Geburtstagsparty. Alles ging gut, bis mein Kumpel Thomas meinte: „Scheißlangweilig, hast du eine Idee?“ Damals lief dauernd ein Lied: ‚Mit einem Taxi nach Paris‘ Also hatten wir eine Idee! Sofort ein Taxi gerufen, das dann auch ziemlich zügig kam.

Das Problem war nur, daß der Taxifahrer davon überzeugt war, daß er einen Rolls-Royce und keinen Mercedes Diesel unter dem Hintern hatte (Von dem Stoff, den der eingenommen hatte brauchten wir auch was). Der Typ war anscheinend zu der Überzeugung gekommen, daher seine Fahrpreise anpassen zu müssen. Für die Kohle, die der haben wollte, wären wir, hätten wir zusammengelegt, unsere Autos verkauft und eine Hypothek aufgenommen, höchstens einmal um den Block gekommen. Gott sei Dank haute er aber ab, als einer von uns in seinen Wagen gekotzt hatte. Danke schön! Also den nächsten angerufen. Der machte uns dann klar, daß wir nie bis nach Paris kämen mit der Kohle, die wir eingeplant hatten. Das höchste der Gefühle wäre Hamburg oder Köln oder so. Köln? Eine kurze Umfrage ergab, daß leider keine beichtfähigen Pilger unter uns waren, die darauf drangen im Dom ein Gelübde abzulegen. Oder so kannten wir nicht, wollten wir auch nicht hin. Aber Hamburg: Kultur ohne Ende, frische Seeluft und jede Menge Sehenswürdigkeiten. Außerdem soll man ja gerade nachts dort einen wunderbaren Sternenhimmel beobachten können. Irgendjemand erwähnte noch was von Lasterhöhlen, aber LKW-Garagen wollte eigentlich keiner von uns besuchen. Also mit vier Mann rein ins Taxi und los ging‘ s.

Der Fahrer war ein Supertyp, riesengroß, unrasiert und war unseren Musik- und Getränkeangeboten nicht abgeneigt. Fröhlich ging es auf die Autobahn, bis zur nächsten Tankstelle. Dort wurden erst einmal die Biervorräte aufgefüllt. Hinterher erinnerten wir uns, daß wir vorsichtshalber fünf Kisten Bier von der Party mitgenommen hatten, die noch im Kofferraum standen. Was waren wir doch für schlaue Kerlchen. Weiter ging‘ s. Aus dem Lautsprecher kam: ‚It‘ s only Rock’n’roll but I like it!‘ Worauf sich einer aus dem Wagen beugte und halbvolle Bierdosen, im Takt, auf die Straße knallte, dazu grölte er die ganze Zeit den Refrain: „Like it, like it!“ Auf der linken Seite wurde, unter großem Gejauchze, jedem Überholenden, der nackte Hintern rausgestreckt, während unser Fahrer passend zum Stones Titel auf‘ s Lenkrad schlug. Ich saß auf dem Beifahrersitz und versuchte aus zwei Bierdosen gleichzeitig zu trinken, klappte aber nicht, so sehr ich mich auch bemühte. Die ganze Taxe stank fürchterlich, aber den Fahrer schien das nicht zu kümmern: „Die Gurke stinkt eh immer, wenn ich se abgebe. Bißchen mehr oder weniger spielt bei sonner Fahrt eh keine Rolle.“ Er fand‘ s jedenfalls gut. Langsam, 200er Diesel, näherten wir uns unserem Ziel: Hamburg.

Es war mitten in der Nacht. „Wohin wollt ihr eigentlich?“ wollte uns treuer Lenker wissen. Es wurde lange diskutiert, wo man nachts in Hamburg hingehen sollte. Alle für und wieder wurden in Erwähnung gezogen. Es sollte kulturell anspruchsvoll, geistig erquickend und lehrreich sein. Außerdem hatten wir uns vorgenommen, die Gelegenheit am Schopfe zu packen und diese Weltstadt von der kulinarischen Seite zu erkunden. Also kamen wir zu dem Entschluß, daß nur zwei Örtlichkeiten in Hamburg diese Voraussetzungen erfüllen könnten: Reeperbahn und Fischmarkt! Man bekommt nirgendwo sonst, so viel auf einmal zu sehen wie auf der Reeperbahn und der Fischmarkt ist gleich nebenan. Ergo hin. Unser Fahrer fragte sich durch und suchte dann einen Parkplatz in der Nähe, dann ging es los.

Es war tatsächlich wie im, nicht gelesenen, Kunstführer beschrieben. Man konnte tatsächlich viel sehen. Alle Stilgattungen waren vorhanden, von Rubens bis Dali, von bäuerlich bis abstrakt. Überall Pop-Art aus Neonleuchten, wenn man richtig breit ist, sieht auch eine Sex-Shop-Reklame wie ein Lichtenstein aus.

Auf der Straße standen lauter nette Kunstführer, die uns einluden doch ihr Theater zu visitieren. Was wir nicht ganz verstanden war die Tatsache, daß die meisten Abbildungen und Darstellungen doch mehr die Tendenz zur Erotik hatten und in den Theatern Verzehrzwang herrschte. Dann der Ausdruck ‚Liveshow‘ war damit etwa eine Session oder Aktionskunst gemeint? Wir waren uns nicht ganz einig darüber. Außerdem war unser Chauffeur verschwunden, wahrscheinlich hatte er verzückt von dem gebotenen Eindruck direkt eine der Vernissagen besucht. Wir zogen weiter zu einer anscheinend gemütlichen Gaststätte, die an einer Ecke lag. Der erste Eindruck war richtig, wir hatten es hier mit einer dieser Künstlerkneipen zu tun, für die Städte wie Hamburg oder Paris ja bekannt sind.

Der Laden war bis zur Unkenntlichkeit verqualmt, in einer Ecke standen einige Mäzene, die wir an ihrem Goldschmuck und an ihrer Kleidung sofort erkannten. Sie unterhielten sich angestrengt, wahrscheinlich über eine der kommenden Kunstrichtungen. Wir setzten uns an einen Tisch in der Ecke, um ja nichts zu versäumen. Außer den Mäzenen waren auch Kritiker anwesend. Die erkennt man ja leicht an den abgewetzten Regenmänteln und diesem, ins Unendliche schweifenden Blick, mit dem sie über ihren nächsten Artikel nachdenken. Und dann waren da auch jede Menge von diesen Musen und Künstlerinnen, die in abstraktester Aufmachung in der Nähe der Mäzene saßen. Einem dieser solchen war anscheinend gerade nach etwas Aktionskunst zumute und er ohrfeigte eine der Damen. Wir waren gerade damit beschäftigt, dem Wirt klarzumachen was wir zu konsumieren dachten, doch da dieser anscheinend früher Düsentriebwerke eingestellt hatte dauerte dies. Wir konnten daher auch leider nicht genau beobachten wie sich einer der Kritiker, wahrscheinlich aufgrund eines abstrusen Stücks, das er lesen mußte, übergab. Daraufhin nahm der Wirt den, von uns geschriebenen, Zettel mit, ging zum Kritiker und half ihm ein wenig frische Luft zu schnappen. Nachdem wir dem neckischen Treiben der intellektuellen Boheme genug gelauscht und rentenmäßig auf Bier gewartet hatten, entschlossen wir uns weiterzuziehen, um noch etwas in uns aufzusaugen.

Wir latschten so einige Zeit vor uns hin, bis einer die Absperrung zu einer Künstlerkolonie bemerkte. Es war anscheinend eine Vernissage in einer Seitenstraße. Wir schlängelten uns einfach rein, um zu sehen was wir dort wohl geboten bekämen und es war atemberaubend.
Irgendjemand hatte die Wahnsinnsidee leichtbekleidete Damen in Glaskästen zu setzen und das gleich eine ganze Straße lang. Ergänzt wurde diese surrealistische Aufführung von den engagierten Darstellern, die lauter Besoffene und sternhagelvolle Matrosen spielten. Sie torkelten hin und her, quer über die Straße, kotzen hier und da und manche fielen echt elegant auf die Schnauze. Anwesend waren natürlich auch japanische Touristen, die knipsten was das Zeug hielt, bis ihnen irgend jemand die Kamera entriß oder auf die Erde knallte, was unsere ausländischen Freunde als interne Kunstkritik werteten und schreiend die Ausstellung verließen. Waren trotzdem noch genug da. Wir waren verzückt aufgrund der uns gebotenen Eindrücke, verließen jedoch das Gelände und zogen weiter, da uns ein plötzliches Hungergefühl überkam. Nach diesem Kunstgenuß stand uns der Sinn nach der guten Hamburger Küche‚ also ab Richtung Fischmarkt. Zu unserem Erstaunen waren da aber, mitten in der Nacht, nur ein paar Imbißwagen vertreten, so daß wir enttäuscht entschlossen ein, in der Nähe gelegenes, Lokal aufzusuchen.

Wir gingen hinein und wußten, daß wir hier richtig waren. Kleine Kostproben des Küchenchefs lagen auf allen Tischen verstreut herum. Dies zeigte uns, daß die hier nichts zu verbergen hatten, man zeigte was man konnte. Die überall stehenden, halbvollen Gläser ließen eine Weinkarte nicht vermissen, es schien alles da zu sein. Wir setzen uns an einen fast abgeräumten Tisch und konnten uns fast sehen, trotz des auf der Platte aufgebauten Arrangements. Nach einiger Zeit kam die Chefin des Hauses, elegant im 60er Jahre Küchenlook. Die Fettapplikationen auf der Kunststoffschürze waren einigermaßen gewagt, harmonierten aber mit dem keck unter der Schürze hervorlugenden Unterrock. Sie wies uns, in der bekannt freundlichen Hamburger Art, darauf hin, daß sie geschlossen hätte. Als einzige
Möglichkeit uns noch ein wenig Unterhaltung zu bieten, bot sie aber an, daß wir doch noch ein bißchen mit ihren beiden Schäferhunden spielen könnten, doch wir mußten leider ablehnen. Mit auf den Knien hängenden Magen zogen wir weiter. Schließlich stärkten wir uns an einer Fischbude und machten uns auf die Suche nach unserem Fahrer, da wir uns langsam auf den Heimweg machen wollten. Nach kurzem Überlegen kamen wir aber zu der Einsicht, daß es sinnvoller wäre am Taxi auf ihn zu warten. Als wir dort eintrafen, fanden wir ihn schlafend vor, ganz erschöpft von den ganzen Impressionen, die er in sich aufgesogen hatte, jedenfalls sagte er irgendwas in der Art. Also machten wir uns dann auf.

Auf halber Strecke meinte unser Held des Lenkrades, es könne eventuell sein, daß wir nicht mehr die nächste Tankstelle erreichen würden. Wir waren vor Schreck fast nüchtern, bis uns die Bierkisten im Kofferraum einfielen, also konnte nichts passieren. Kurze Zeit später fing dann der Wagen so komisch an zu ruckeln, wir hatten schon Angst, den Flaschen könnte was passieren, doch plötzlich standen wir. „Kein Diesel mehr“, bemerkte uns Lenker, wollten wir auch nicht, wir tranken lieber Bier. Wir brauchten einige Zeit bis wir schnallten, daß wir hier mitten auf der Autobahn und trotzdem auf dem flachen Land festsaßen oder Sprit besorgen mußten, also Gruppen gebildet. Zwei zogen in die eine Richtung, ich mit dem Taxifahrer in die andere, während einer im Wagen blieb und darauf acht gab, das der Wagen nicht verschwand. Vom Verschwinden des Biers hatte keiner was gesagt, stellten wir aber erst hinterher fest.

Nachdem ich einige Zeit mit unserem treuen Steuermann über den Acker gezogen war, kamen wir zu einem Bauernhof. Bauer=Trecker=Diesel war doch klar, außerdem stehen die doch immer um vier Uhr in der Früh auf und melken das Stroh, oder so ähnlich. Dieser war aber anscheinend auf E U –Subventionen umgestiegen, jedenfalls war kein Schwein zu finden. Doch auf einmal fühlten wir uns wie ESSO in Saudi-Arabien: Ein riesiges Faß mit Zapfanlage obendrauf. Konnte ja eigentlich nur der ersehnte Stoff sein, zumal ein Kanister daneben stand. Der gute Landmann hatte an alles gedacht. Wir nahmen uns ein paar Tröpfchen und ich hinterließ eine Adresse. Welche weiß ich auch nicht mehr, aber ich erinnere mich, das wir herzlich gelacht haben. Nachdem wir wieder am Auto waren, stellten wir entzückt fest, das die andere Gruppe, nach kurzem aber heftigen Marsch, ca. 500m, umgekehrt war. Erstens war es ja dunkel und das mit den bösen Männern, die einem was tun, hört man ja dauernd und zweitens hatte man ja Proviant vergessen, nicht auszuhalten. Da Nr. 5 noch gerade lebte und Pils in sich reingoß, zogen die beiden es vor auch auf den Wagen aufzupassen, ergo waren die drei breit wie die Berliner Mauer und fertig wie nach ihrem Abriss.
Ich kippte mit dem Fahrer den Diesel in den Tank und weiter ging es.

Nach gut einer Stunde waren wir dann doch noch in unsere heimatlichen Gefilde zurückgekommen, nachdem wir unterwegs getankt hatten. Unser Taxilenker setzte uns einzeln zu Hause ab und trank noch ein Bier bei mir. Nä, meinte er, diese Fahrt würde er wohl nicht so schnell vergessen und das müßte man wirklich aufschreiben. Ist ja schon gut, ich habe es ja versucht.

 

Hallo Spottdrossel,

zunächst herzlich willkommen hier auf KG! :)

Diese Geschichte ist aus meiner Sicht leider keine Satire, denn ich vermag ausser einer langatmig angelegten Reisebeschreibung, die ausführlich in chronologischer Weise darstellt, was die Truppe so alles an einem Abend gemacht hat, keinen satirischen Sinn erkennen lässt.
Mag ja sein, dass ich was überlesen habe, deswegen frage ich mal nach, wie du dir das mit der Satire in dieser Geschichte gedacht hast.

Was deiner Geschichte leider zudem fehlt, weswegen sie sich etwas fad liest, ist ein sog. Spannungsbogen. Du reihst die einzelnen Handlungen aneinander, aber es steigert sich nichts in deiner Geschichte, es steht alles nur verbunden durch den Zeitstrang gleichberechtigt nebeneinander. Dadurch wirkt die Geschichte etwas trostlos.
Auch sind einige Formulierungen zu umständlich und manche zünden nicht, wirken auf mich zu gewollt humorig.

Lieben Gruß
lakita

 

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