Der Text erinnert mich zum einen an ein Kinderlied mit dem Titel "Maikäfer flieg", so zumindest kenn ich es vom Hörensingen, zum anderen in Ansätzen an ... - nein. Ich möchte nicht riskieren, dass du dir evtl. etwas darauf einbildest
, wenn ich die Geschichte mit Ein-Satz-Geschichten von einem richtig guten Autor vergleiche. Zumal es nicht wirklich ein Satz ist, und sprachlich läuft der Text auch nicht ganz rund. Dass es keine Geschichte ist, höchstens eine Situation, weißt du selbst.
das das Kind schon von der Großmutter kannte, ‚Flieg, Täubchen, flieg, die Falken machen Krieg‘, und jetzt die Klage mauerwärts von der Mutter hinter dem verbauten Fenster, bis geschreckt durch einen Schuss die Taube aufjagt, hochsteigt, oben im Drahtgeflecht anschlägt, dass Federchen regnen und rote Spritzer die gekalkte Wand beflecken, die Taube vielleicht nicht ankommen wird und wohl nicht zurückfindet, wo das Kind mit Nass in den Augen hoch
Diese ganze Passage finde ich arg bemüht und handwerklich nicht überzeugend.
Das fängt bei dem "mauerwärts" an. Die Nachsilbe
-wärts kann man zwar mit vielen natürlichen, allgemein bekannten natürlichen Immobilien kombinieren (himmelwärts, flusswärts etwa), aber bei künstlich Erschaffenem ist es unüblich - damit in einem solchen, auch sonst komplizierten, Text schier nicht benutzbar. Zu mal nicht an dieser Position, da ist es syntaktisch falsch.
Auch "bis geschreckt" hat mich aus dem Lesefluss geworfen, wohl weil ein Komma dazwischen fehlt >> hinter dem verbauten Fenster, bis, geschreckt durch einen Schuss, die Taube panisch aufflattert (statt: aufjagt, hochsteigt - ist ja kein Adler), ...
Und nicht zuletzt finde ich das "Nass in den Augen" wirklich dick aufgetragen. Ich will nicht behaupten, Kriegskinder hätten irgendwann aufgehört zu weinen, ich weiß es nicht. Aber als Autor die kindliche Hauptfigur in so einer Situation weinen zu lassen,
nichts weiter, das ist verdammt kitschig = das Gegenteil von originell. Da bin ich als Leser geneigt keck zu vermuten, du hast beim Schreiben auch die ein oder andere Träne sausen lassen, nicht vorrangig, weil die eigene Geschichte so traurig ist, sondern weil du inständig hofftest, dass sie den Leser zum Weinen rührt. Das tut sie in meinem Fall leider nicht, aber ich gönne dir das Spiegelneuronenfeuerwerk.
Abschließender Tipp zur Übung: Versuch doch einfach mal, die Geschichte in knappen, in der Tat so knapp wie möglich gehaltenen Hauptsätzen umzuschreiben, und dabei mit ein paar mehr Details anzureichern, die den Text zu etwas besonderen machen. Mal sehen, ob er dann intensiver wirkt.
Viele Grüße,
-- floritiv.