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Tarnlack

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19.08.2014
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Tarnlack

Bei einer meiner letzten Bahnreisen, kam ich, im ansonsten leeren Abteil, mit einem traurig aussehenden Mann mittleren Alters ins Gespräch.
„Auch vorzugsweise mit der Bahn unterwegs?“, fragte ich, um einen Dialog zu beginnen.
„Eigentlich nicht“, antwortete er. „Lieber fahre ich mit dem Auto. Aber die nächsten Wochen muss ich noch Bahn fahren, bevor ich meinen Führerschein wieder habe.“
„Zu schnell gefahren und geblitzt worden?“ fragte ich mitfühlend.
„Zu schnell, ja – aber mit voller Absicht!“, in seinen Augen funkelte etwas.
„Wie kam denn das?“ erwiderte ich verwirrt.
„Da muss ich etwas ausholen.“ begann er zu erzählen. „Von Beruf bin ich Chemiker und arbeite in einer Firma, welche Speziallacke für die Luft- und Raumfahrt herstellt. Mein letztes Projekt, war die Weiterentwicklung eines Stealth-Lackes.“
Hier machte er eine kurze Pause, um dann erklärend fortzufahren:
„Sie haben bestimmt schon mal Tarnkappenflugzeuge im Fernsehen gesehen. Die besondere Form verhindert weitestgehend eine Radarerfassung. Besondere Farbanstriche oder Beschichtungen sorgen dafür, dass sich auftreffende Radarwellen durch Interferenz gegenseitig abschwächen oder auslöschen. Die ersten Versuche mit der neuen Lackrezeptur wurden in unserem Labor durchgeführt. Wir haben verschiedene Bleche lackiert und dann mit Laser- und Radarstrahlen beschossen. Die Aufnahmegeräte zeigten nur noch verschwommene Flecken. Ein riesiger Erfolg. Das Verhängnis war, dass der Lack transparent war.“
Fragend schaute ich den Mann an.
„Ich kam auf eine richtig blöde Idee. Ich montierte das vordere Nummernschild meines Autos ab und führte den Versuch hiermit durch. Der gleiche Erfolg! Die Aufnahmekamera zeigte nur noch ein verschwommenes Bild. Zum Feierabend montierte ich das Nummernschild wieder und fuhr nach Hause.“
„Und dann wurden Sie geblitzt!“, konnte ich nicht mehr an mich halten.
„Normalerweise bin ich ein defensiver Fahrer, ich habe nur zwei Geschwindigkeiten: Langsam und Stopp. Aber, als ich den Blitzer vor mir erkannte, hat mich wohl der Teufel geritten. Ich gab Gas und wurde natürlich geblitzt.“ Er seufzte. „Zunächst war ich bester Laune – bis dann der Bescheid in der Post war. Ich öffnete den Brief und sah auf den ersten Blick, dass das Nummernschild auf dem Beweisfoto total verschwommen und nicht erkennbar war.
Allerdings war der grüne Umweltzonenaufkleber, auf dem deutlich meine Autonummer zu lesen stand, mit rotem Filzstift eingekreist und daneben ein grinsender Smiley gemalt worden.“

 
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Hallo troisdorf11

Muss dir leider sagen, dass mir dieser Text nicht gefällt.
Ich mach es kurz: Das ist für mich keine Geschichte, eher eine Anekdote, ein langezogener Witz. Denn lässt man die halbherzig entwickelten Füllsel über den Stealthtechnikschnickschnack weg, bleibt nur noch die Anekdote von dem Mantafahrer, der mit abgeschraubten Nummernschildern durch den Radar braust und Ende Monat ein Bild im Briefkasten findet, auf dem das von Omi gehäkelte Kissen, in welches das Nummernschild eingestickt wurde, im Heckfenster prangt. Du siehst, die Anekdote gibt es in verschiedensten Ausführungen, da müsste schon was inovativeres kommen, damit es mich hinterm Ofen hervorholt.

Auch ist der Dialogeinstieg im Bahnabteil zu konstruiert. Welcher Forscher würde einem wildfremden ungefragt gleich die ganzen Firmengeheimnisse und sein privates Leben darlegen? Also ich wäre da erst mal skeptisch. Du wolltest halt möglichst rasch auf die Pointe zusteuern, allerdings wer es nicht schon nach zwei Sätzen kapiert hat, wohin die Reise geht, dem hilfst du in der Mitte auch noch kräftig mit dem Zaunpfahl ("Das Verhängnis war, dass der Lack transparent war.") nach.

Deshalb: Sorry, leider nichts für mich.

Gruss dot

 

Ich finde die Ausführungen des Herrn Chemikers recht spannend und unterhaltsam. Etwas übertrieben ist vielleicht der erste Satz: Der Herr ist sicher nicht traurig, vielleicht ungehalten über seine eigene Dummheit, aber traurig?
Firmengeheimnisse verrät er meiner Meinung nach nicht, dafür sind seine Auführungen viel zu allgemein und dass an Tarnkappen geforscht wird, ist allgemein bekannt. Die Ich-Perspektive ist hier eher unpassend, dafür hat der Ich-Erzähler zu wenig Empfindungen über die Situation. Den Satz "da muss ich etwas ausholen", würde ich an deiner Stelle streichen. Er gibt keine Informationen und unterbricht den Erzählfluss.

 

Hallo troisdorf11

Ich finde die Geschichte nicht schlecht. Sie ist angenehm zu lesen und das futuristische ist in eine alltägliche Situation hineingepackt.
Allerdings sehe ich da einen Haken. Wenn diese Farbe Radarwellen auslöschen und Radarbilder verschwommen aussehen lässt, heisst das noch nicht, dass auch sichtbares Licht davon betroffen ist. Und normalerweise werden Radarwellen bei den Radarkästen nur für die Geschwindigkeitsmessung benutzt. Das Nummernschild wird dann mit sichtbarem Licht abgefilmt oder fotografiert. Da hilft auch keine Anti-Radar-Bemahlung. :thumbsup: Vielleicht könnte man ja diesen Fehler nutzen, um so eine neue Pointe zu machen? Das würde den Chemiker allerdings ziemlich dumm aussehen lassen.

Grüsse,
kvgunten

 

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