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Taras Und Die Rusalky
Taras Und Die Rusalky
Taras war ein trauriger junger Mann, - das erkannte man schon an seinem Gang, ging er doch immer gebeugt, mit einem Blick, der ins Leere zu schauen schien.
Einst war er Soldat des Zaren, doch eine Verwundung entließ ihn aus seinen Dienst.
Er war allein, - auch hatte er keine Familie mehr.
Auch kam er jetzt langsam schon in `dieses` Alter, und so war es doch ganz natürlich, dass er sich nach einer Frau sehnte, nach einer `richtigen` Familie. Seine Freunde, oh, die waren schon lange verheiratet, er aber war immer allein.
Wieder einmal verließ er den Marktplatz, wieder traurig. Hier traf man sich nämlich, - nach dem das allmorgendliche Markttreiben etwas nachließ -, feierte vergnügt in feuchtfröhlicher Runde. Nur Taras` Mundwinkel wollten es nicht den Anderen gleichtun. Er hatte wohl Freunde, doch ach, ihm fehlte ein Mädchen. War er doch herzensgut, so wollte doch kein Mädchen ihn als den ihren. Noch nie war es ihm vergönnt, seine ihm innewohnende Liebe an ein anderes Wesen zu verschenken. Er würde es so gerne tun - doch es fand sich nie die Richtige.
Als die Sonne langsam hinter den Bergen verschwand, und es kühler wurde, verlagerte sich das Treiben in die Wirtshäuser. Taras war auch arm, und obwohl er Freunde hatte, die ihm gerne etwas vorgelegt, gar ausgegeben hätten ... doch nein, das wolle er nicht. Also machte er sich auf den Nachhauseweg. Sein Zuhause lag weit außerhalb des Dorfes, tief in einem dunklen Tannenwald. Er wollte dort leben. Den anderen, war der Ort zu unheimlich, - man munkelte ob böser Geister, - gefiel ihm gerade dies, dort eben nur die Laute des Waldes zu vernehmen. Kein durch Menschenhand gemachtes Geräusch drang je bis dorthin!
Im Wald gab es unzählige kleine Flüsschen, und so führte ihn sein Nachhauseweg über viele kleine Brücken hinweg. Immer und immer wieder mal tuschelte man im Ort über diese Flußgeister, von zauberhaft schönen Mädchen, die einst dort ertranken und nun dazu verdammt waren, mehr oder weniger unschuldige Männer mit ihrem elfenhaftsüßen Gesang zu betören, und sie dazu zu bringen, ihnen in die Tiefen des Wasser zu folgen. Man nannte sie die Rusalky!
Obwohl es nun doch schon dunkel war, hatte Taras keine Angst durch eine Unachtsamkeit in einen Fluß zu stürzen, - er war den Weg öfter, öfter schon als alle anderen im Dunkeln gegangen, - er kannte ihn.
Als Taras einen am Boden liegenden Ast übersah und ihn zerbrach, bekam dieser Laut eine`Antwort` aus anderer Stelle des Waldes.
"Wer ist da ?" - rief eine junge Mädchenstimme vom Ufer herauf. "Ich bin`s nur, Taras!" Er ging zu ihr.
Sie saß an einem Feuer, jung und wunderschön, bekleidet nur in feiner Gaze - aus Wasserdampf! - Doch : Traurig.
Taras setzte sich und fragte : "Was hast Du, warum weinst Du?"
"Ich bin ein Flußgeist." antwortete sie. "Immer im Sommer klettern wir an den überhängenden Zweigen der Uferbäume an Land, und versuchen mit unserem Gesang, ahnungslose Opfer zu blenden, so dass sie uns folgen, in die Tiefen des Wassers.
Meist sehr böse Menschen, um so das Leben derer an Land zu erleichtern. Obwohl mir meine Eltern es immer wieder verboten in der Nähe des Ufers zu spielen, so fiel ich einen Tages hinein - und ertrank !
Als Strafe dafür, muß ich nun dem Herrscher des Flußes solange Opfer darbringen, bis sich ein irdisches Wesen würde sich in mich verlieben. Dann wäre der Bann gebrochen, ich hätte meine Schuld gesühnt, ich wäre frei. Doch ach, der Herrscher ist gar streng mit mir ... !" - "Warum ?" - entgegnete Taras voller Mitgefühl ! "Ich kann nicht singen." - antwortete das Mädchen.
"Wieder ist ein halbes Jahr vorbei, die Tage werden schon kürzer und die Luft rauher und kälter. Es wird nicht mehr lange dauern, bis es wieder so kalt ist, daß sich der Fluß verschließt. Während der dunklen Wintermonate können wir nicht nach oben, und so werde ich wieder für eine sehr lange Zeit dort unten, allein in der Dunkelheit sein. Allein mit ihm, denn in diesem Fluß bin ich die Einzige... In den Wintermonaten muß ich dem Herrscher zu Seite stehen ... Er ist gar grausam, gar nicht erst auszudenken, wenn ich ihm kein Opfer gebracht habe. Ich habe Angst.
Für das kommende Jahr wird er mich versetzen, unten an den Fluß, dort darf ich dann für wohl alle Tage die Netze von zu geldgierigen Fischern zerstören, Dämme von Bauern niederreißen, die ihr Wasser nicht teilen wollen ... ach wärest Du doch verliebt in mich !"
..."Ich mag Dich sehr ...!" verriet Taras. "Eine Heirat, die ist mir wohl verwehrt, darf mich doch keiner ob meiner Schönheit eben nur besitzen wollen !" entfuhr es dem Geistermädchen mit unendlicher Traurigkeit in iher Stimme.
"Ich mag Dich, - werde meine Frau, - ich folge Dir!"
"Oh nein, hörst Du denn nicht zu, - es darf keiner mich nur wegen meiner Schönheit nehmen wollen, folgst Du mir trotzdem wirst Du
ertrinken, und ebenfalls dem Herrscher als Untertan dienen müssen. Nur, wer mich aus freien Stücken heraus liebt, der kann mich befreien, doch, wer verliebt sich schon in ein Geistermädchen?"
Taras stand auf, griff nach ihrer Hand, zog sie zu sich - und küsste sie !
"Du brauchst nicht mehr zu weinen, werde meine Frau, ich folge Dir, wohin Du auch gehen mußt !"
Er hob das Mädchen zu sich in die Arme, ging mit ihr frohen Mutes geradewegs in das Wasser rein ...tiefer und tiefer !
"Ich habe Dich nicht singen gehört - für wahr, doch ich bin NICHT Deiner Schönheit erlegen ... !" tat er geheimnisvoll.
"Auch habe ich dich nie gesehen ... !" ... und er schrie es in die Nacht hinaus :
"ICH BIN BLIND !!!!"
6 juli 2002 johnny bommbakk
[ 14.07.2002, 14:02: Beitrag editiert von: Johnny Bommbakk ]