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Tanzen, Trinken, Träumen

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02.11.2001
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Tanzen, Trinken, Träumen

Tanzen, Trinken, Träumen

Das Leben tobt, es macht mich fertig. Die Arbeit bringt mich um. Ich bin dadurch langsam nicht mehr derselbe wie früher. Ich verliere mich in einer Traumwelt der Musik und des Rausches, der Parties und des Nachtleben, der Ziellosigkeit und der Depression, angetrieben durch die Flucht vor dem Alltag. Ein spiralförmiger Taumel in ein geistiges Nirwana, verstärkt durch die dämpfende Wirkung des Alkohols.

Wenn ich nicht ausgehe, dann erhellt das Flimmern des Fernsehers meine Sinne, der dumpf dröhnende Beat der House-Musik hält meine Koffein-induzierte Nervosität aufrecht, hält mich wach. Denn ich bin müde. Immer müde, und sollte eigentlich regelmäßig früher schlafen gehen. Aber meistens gehe ich in Diskos, zum Tanzen, oder einfach nur Rumstehen, Trinken und Vergessen.

Und wenn ich dann da bin, dann dauert es meistens nicht lange, und allmählich, immer schneller, dreht sich der Raum um mich herum. Rote, grüne und gelbe Scheinwerfer blitzen und blenden, blitzartige Schnappschüsse von Leuten um mich herum, wild die Arme in der Luft schwenkend, lachend, trinkend, verdrängend. Ein Drink, ein Blitz, ein Beat, wieder und immer wieder – Leute, tanzend, trinkend, anrempelnd, sich gegenseitig anbaggernd, proletig und billig.
Und ich dreh mich, schneller, schneller, ... immer schneller...

Und dann, ganz langsam durchdringend, lullen mich die schweren, dröhnenden Bassbeats ein. Der Alkohol strömt mir warm durch den Kopf. Die Wahrnehmung wird merklich langsamer, die Musik verschwindet im Hintergrund, die Gedanken werden unscharf.

Dann der Riß. Die Umgebung verschwimmt. Ein großes Loch, Dunkelheit, durchsetzt von roten, grünen und gelben Blitzen. Bässe wabern quer durch den Hinterkopf, eine angenehme, leichte milchglasige Schallmauer legt sich über den Raum.

Dann endlich: Vergessen – Nein! Verdrängen. Wenigstens bis morgen. Nicht an die Arbeit denken. Nur für heute Abend. Das reicht schon. Dann war es ein guter Abend. Nichts wirklich wahrnehmen. Nichts verarbeiten müssen. Keine Fragen, keine Antworten, keine Meinung und vor allem: keine Entscheidungen. Keine Zwänge, keine Verstellung, nicht mal mir selbst gegenüber, denn: die Leute sind egal. Alles ist egal, austauschbar und unrelevant. Eine sich bewegende Kulisse, die lediglich dazu dient, die Musik im Raum mit Bewegung zu füllen. Alles was zählt ist: Tanzen, trinken, träumen.

<span class="ssilver">[Beitrag editiert von: philipp am 27.02.2002 um 00:30]</span>

[ 22.04.2002, 14:35: Beitrag editiert von: philipp ]

 

Na, dann wünsche ich dir mal ein frohes Erwachen aus deiner Traumwelt!

:susp: :susp: :susp:


Hendek

 

Ziemlich exakte Schilderung des "sich-Besaufens". Eindringlich und nachfühlbar.

Also ich konnte mich meist nich mehr so genau daran erinnern, aber jetzt, da du es schreibst...

 

Hmmm... verdrängen statt verändern, und wenn die Leberzirrhose sie/ihn nicht weggerafft hat, dann treibt er's so noch heute?

P.

 

Holla,

ich glaube meine Vorredner haben einen Aspekt übersehn.

Der Schreiber schildert das was wir alle ab und an tun, deswegen ja auch "Alltag" aber er beschreibt dieses vergessen wollen sehr eindringlich und erschütternd zugleich. Mir wurde schlagartig bewußt, das das genau der Sinn des Lebens ist den alle so toll finden.

Vergessen, immer wieder die negativen Gedanken den ganzen Hirnmüll wegspülen, solange bis der Körper erschöpft aufgibt.

Der Stil in dem die Geschichte verfasst ist bildet eine dichte Atmosphäre und lässt den Leser stellenweise erschaudern.

Fazit: Es steckt viel Wahrheit in dieser Geschichte und jeder sollte sich mal beobachten was für Mittel er benutzt um die alltägliche Scheisse zu vergessen.

MfG

nightboat

 

Hallo Phillip,

irgendwie kommt mir das alles bekannt vor ! Man lebt von Wochenende zu Wochenende, sucht nach jeder nur erdenklichen Dröhnung, nur um das was von Montag bis Freitag geschieht zu verdrängen.

Hat mir gut gefallen.

Liebe Grüße :smokin:

 

Hey.

Nur ne Idee...schreib die Geschichte doch mal in der 2. Person...dadurch würde sie sich nämlich von vielen mit ähnlichem bzw. gleichem Thema und Aufbau absetzen. Und den Leser vielleicht direkter ansprechen?

San

 

@San:
ich habe ganz bewußt die erste Person gewählt, da ich glaube, dass die Schilderung dann eindringlicher und intensiver ist. Es ist nicht irgendein anderer, den man als Leser lediglich "beobachtet", sondern "ich".
Aber keine schlechte Idee, das doch noch mal zu versuchen. Kann aber ein wenig dauern, da ich in letzter Zeit kaum zum Schreiben komme.


@nightboat, teleny und grasi: Vielen dank für die schönen Kommentare!

@Pipilasovskaya: ich glaube, es gibt mehr Menschen, die ihren Alltag saufend zu verdrängen suchen, als wir uns vorstellen können. Ob diese Leute sich in einer Disko am Wochenende besaufen, oder im Fussballverein, oder auch einfach nur alleine, das ist eine andere Sache.

p.

 

ich glaube, es gibt mehr Menschen, die ihren Alltag saufend zu verdrängen suchen, als wir uns vorstellen können. Ob diese Leute sich in einer Disko am Wochenende besaufen, oder im Fussballverein, oder auch einfach nur alleine, das ist eine andere Sache.

Das denke ich auch. Für meinen Geschmack könnte das Ganze ruhig noch ein wenig sarkastischer rüberkommen und die Verdrängung des Alltags mehr typisieren. Aber mir gefällt der Text so auch ganz gut. Vom Thema und vom Schreibstil.

Gruß, Frederik

P.S.: Fällt mir grad so auf: Nirvana mit v. ;)

-carpe diem-

 

@Frederik,
obwohl ich oft und gern sarkastisch bin, sollte diese Geschichte eigentlich nicht sarkastisch sein, sondern eher depressiv, traurig und schwer. Mag jetzt verwundern, weil dies kein typisches Ziel einer Geschichte ist. Aber als ich dies schrieb, fühlte ich mich so. Hatte viel Streß im Büro, und das bisschen Freizeit, das ich hatte, verbrachte ich sinnlos saufend in Diskos und Bars ...
(Mittlerweile ist es besser geworden, keine Sorge)

p.

 

Hm, mal was anders:

Ich empfinde Punkte im Titel als äußerst störend, weil sie da nunmal nicht hin gehören.
Das mag eine Banalität sein, aber es sieht nunmal komisch aus :)

Gruß, Pan

 

Danke philipp.. jetzt hats dich schon wieder erwischt.. hab ich gar nicht gesehn :)

zum Ausgleich gibts morgen ne ausführliche Kritik ;)

Gruß, Pan...

 

Hey, kein Problem. Hab natürlich noch mal schnell die anderen Geschichten kontrolliert. Waren nur zwei, und bei der einen hat der Titel ein Ausrufezeichen - das muss aber auch so sein.

Über eine Kritik würde ich mich aber dennoch freuen.

gruss,
philipp.

 

war eher unter der woche (eine dieser after business parties). aber das ist ja irgendwie ähnlich... hoch die tassen, es muss weitergehen!
p.

 

Bei solchen Partys war ich noch net :D kenne das nur vom hörensagen ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo philipp!

Deine eindringliche, detailgenaue Schilderung, wie manche den täglichen Streß und Frust verdrängen, gefällt mir sehr gut.
Wobei ich glaube, daß man soetwas erst schreiben kann, wenn man es geschafft hat, von solchen Fluchtmitteln einen Entzug zu machen - denn nichts anderes als eine Droge ist es (in meinen Augen).

Am Anfang würd ich nicht gleich alles so offen ausbreiten, ich meine, ich würde "der Ziellosigkeit und der Depression, angetrieben durch die Flucht vor dem Alltag" hier weglassen, dann sähe das so aus:

Ich verliere mich in einer Traumwelt der Musik und des Rausches, der Parties und des Nachtlebens. Ein spiralförmiger Taumel in ein geistiges Nirwana, verstärkt durch die dämpfende Wirkung des Alkohols.
Der zweite Satz ist übrigens ein sehr schöner. :)
Die Ziellosigkeit, Depression und Flucht vor dem Alltag ist ja eigentlich im ganzen Text vorhanden, darauf mußt Du meiner Meinung nach nicht im ersten Absatz eingehen, das macht das Ganze irgendwie weniger interessant, wenn man es so vorgekaut bekommt... ;)

"allmählich, immer schneller, dreht sich der Raum um mich herum. Rote, grüne und gelbe Scheinwerfer blitzen und blenden, blitzartige Schnappschüsse von Leuten um mich herum"
- hier wiederholt sich das "um mich herum"

"Leute, tanzend, trinkend, anrempelnd, sich gegenseitig anbaggernd, proletig und billig."
- das würd ich andersrum formulieren: Leute tanzen, trinken, rempeln oder baggern sich gegenseitig an
- was meinst Du mit proletig? Ziehen sie ihre Arbeitshosen an? (ja, das soll eine provokante Frage sein :D :p)

Hat mir aber auf jeden Fall gut gefallen. :)

Liebe Grüße,
Susi

Ach ja: Der Titel ist irgendwie öd. Was hältst Du von "Bewusstlos"? ;)

Und diese Editiert-Dinger vom alten System kannst Du einfach rauslöschen, die sind nicht schön... ;)

 

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