Tagträume(r)
Day - dream, believe in something
Ihre Gedanken springen, fliegen, zerplatzen,
wie Seifenblasen um sie herum,
ihr in sich versunkener Gesichtsausdruck,
gleicht einer Bronzeplastik
ihr ständiges Murmeln, als wäre da noch jemand,
bei ihnen,
in ihnen.
Ein Flüstern,
still,
„Komm mit auf die Reise“
Plötzlich unterhältst du dich mit dem gestiefelten Kater auf Spanisch, Si Senor, rockst mit Münchhausen die Rakete, rächst den Tod deines besten Freundes und bist fest davon überzeugt, dass der Sekundenschlag des Weckers parallel zum Pochen deines Herzens geschaltet ist.
Sie sind das Schönste und Kostbarste was uns passieren konnte. Keine Frage. Stimmt doch, oder? Gestern habe ich das bezauberndeste Mädchen der ganzen Schule an den romantischsten Ort überhaupt geführt und bevor wir uns küssten, blickten die Sterngestirne auf uns hinab und lächelten. Nicht schlecht, was! Und ihr?
„Tagträumer sind Menschen die Angst haben sich dieser Träume zu entledigen um sie mit Realität zu füllen“ Ach, so war das. Dann ist ja alles klar. DANKE, recht herzlichen Dank.
Stellt euch einfach vor wie es wäre, ohne das, ohne diese Gabe, ohne dieses grenzenloses Vermögen. Beam me up, Scottie. Solch ein Szenario übersteigt nun wirklich jedwede Phantasie, ach ja – die würde es ja dann gar nicht mehr geben. Zum Glück sind sie, entgegen weitverbreiteter Meinung, nicht zeitlich beschränkt. Sie hören nicht einfach auf wenn das sogenannte Leben erst so richtig losgeht. Einige, etwas zarter besaitete, horchende Kreaturen schleppen dieses Geschenk ein ganzes Leben mit sich herum. Oftmals sind es Schriftsteller oder andere Künstler, die dieses Zimmer ohne Zugang immer wieder begehen, begehen dürfen, obwohl ihre Bitte stumm durch den Äther hallte. Diese etwas wundersamen Gestalten erkennt man, ihre Fähigkeit sich allein durch die Kraft ihrer Gedanken an jeden Ort, jede Zeit zu katapultieren. Achtet mal darauf. Es ist wirklich spannend jemanden heimlich zu beobachten, der alleine bei Vollmond Streetball spielt. Ein jeder der schon mal bei einem besonders geilen Gitarrensolo die Saiten imaginär mitgezupft hat kennt diesen Wunsch, diesen Traum – auf einer Bühne stehen, Abertausende davor, und dann die ersten Griffe von „Smells like teen Spirit“ spielen. Yeah.
Oder anders.
Du fühlst dich nach der Lektüre eines Buches, das nicht jeder liest, oder nach einem besonderen Film,viel hübscher als sonst, viel begehrenswerter als alle anderen um dich herum, du glaubst an etwas besonderem teilgehabt zu haben, diese wahrhaftige Schönheit sei nun auf dich übergegangen, habe deine Seele geschwängert, habe dich der Erleuchtung um ein ganzes Stück näher gebracht. „Das müsst ihr doch auch bemerkt haben“
„Häh? Wieso? War doch nur ein Film. Ach, Steffen spinnt schon wieder“
Mag sein.
Aber Träüme, was sind das schon? Tagträumer werden immer dorthin abgestempelt, wo sie höchstwahrscheinlich auch hingehören. In eine Nische, eine dunkle Ecke, wo sie niemanden mit ihren Spinnereien stören, wo sie ihre Fahrkarte ohne Endziel einlösen können ohne den empfindungslosen Fluss der Realität zu behindern. Die elendige! Warum denn nur träumen, warum es denn nicht auch wahrhaftig werden lassen. Feiglinge!
Wie oft habe ich davon geträumt dieses eine ganz bestimmte Mädchen anzusprechen, mit ihr auszugehen, sie mit Diamanten und Smaragden zu überhäufen, sie zu küssen und sie später zu heiraten. Doch Fiktion wird nicht Wirklichkeit. So erlangt man kein Seelenheil. Die obligatorische Frage lautet: „Wo warst du denn gerade?“ So gerne würde man alles erzählen. Aber wozu? Würden sie lachen, mich verspotten? Ich glaube schon. Würden sie es verstehen? Eher nicht. Wie auch? Unsere Rasse ist vom Aussterben bedroht. Die wirklich kreativen Köpfe gehen dieser Gesellschaft aus. Wenn man sich diese hirnlosen Zombies auf den Strassen etwas genauer anschaut, vor allem wenn sie im Rudel auftreten, sieht es so aus, als ob die HJ, in niederer Ausprägung, all die Jahre überdauert hätte. Fühlt ihr euch durch die Härte der Realität dazu veranlasst das Träumen aufzugeben um euch vollkommen auf den sprichwörtlichen „Ernst des Lebens“ zu konzentrieren? Wisset, dass dies der Fels ist an dem die Besten früher oder später scheitern und zerbrechen werden: dass sie aufhören zu träumen, wenn sie anfangen zu erkennen1
Dazu bin ich nicht bereit! Ich werde noch tausendmal die Welt vorm Untergang retten, den Pokal in meinen Fingern spüren und mir sagen „Ja Steffen, du hast es geschafft.“ Und für einen Augenblick, auch wenn er noch so winzig ist, werde ich glauben, dass es Realität war. Und das ist einfach unbeschreiblich schön.