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Türen und Schlösser

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02.11.2008
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Türen und Schlösser

Es ist ein sehr merkwürdiges Haus. Das Sonderbare daran ist, dass jeder es auf demselben Weg betritt, doch alle verlassen es auf verschiedene Weise.
Auch Du findest Deinen Weg in dieses verwunschene Haus. Ob Du nun willst oder nicht, es ist wie ein Zwang, wie eine Berufung, der Du zu folgen hast.
Sobald die Tür hinter Dir ins Schloss fällt, tut sich eine scheinbar unendlich große Zahl von Fluren, Gängen und Korridoren vor Dir auf. Keine dieser Möglichkeiten ist Dir versperrt, und doch lässt Dich ein Zauber nur diesen einzigen Weg wählen. Ist es ein Fluch oder ein Segen? Es lässt sich schwer sagen. Es ist wie eine Bestimmung. Deine Bestimmung.
Du kommst nicht schnell voran, doch es stört Dich nicht. Die Uhr in Dir ist noch nicht gestellt. Du kannst dir Zeit lassen.
Vor Dir erscheint eine Tür. Sie hat nur auf Deiner Seite eine Klinke und ein Schloss. Sie ist angelehnt und Licht fällt durch den schmalen Spalt in Deine Augen. Der Staub tanzt in dem hellen Licht und schimmert darin blass wie Feenstaub.
Neugierig schieben sich Deine kleinen Finger zwischen den Spalt. Seltsam, wie leicht die Tür beiseite schwingt.
Vor Dir liegt ein weiter, großer Raum. Eine Flut von Bildern, Farben und Gerüchen stürzt über Dir zusammen, die diesen sonderbaren Raum erfüllen. Staunend und blinzend stehst Du da, dieser Sturm von Wahrnehmungen hat Dich überwältigt.
Du kannst nicht alles richtig einordnen, was Du siehst, fühlst und schmeckst. Was Du riechst und was Du hörst. Du hörst Geräusche, die in deinen Ohren klingen wie Musik. Du hörst Stimmen, doch Du verstehst nicht, was sie sagen. Deine Augen erfassen jedes Detail, nichts bleibt ihnen verborgen.
Du bist nicht allein. Da sind Menschen. Sie sind hier, weil sie in diesem Film mitspielen und doch könntest du sie in ferneren Tagen einfach aus ihm hinaus schneiden, wie eine Szene, die Dir nicht gefällt. Das ist Dir überlassen.
Vor Dir ist wieder eine Tür. Vor kurzem war sie noch nicht da, oder hast Du sie vielleicht einfach nur übersehen? Du krabbelst darauf zu, Du lässt diesen Raum hinter Dir. Ein neuer Gang tut sich auf. Du schaust kurz über die Schulter, doch die Tür ist verschwunden. Du kannst nicht mehr zurück. Niemals.
Das Laufen wird mit jedem Schritt einfacher. Bald brauchst Du die unsichtbare Hand nicht mehr, die Dich festhält. Du rennst den Flur entlang. Gesichter blicken Dich an und einige verlassen Dich schnell wieder.
Manchmal stolperst Du, doch du fängst dich rechtzeitig bevor du stürzt. Leichtfüßig springst du eine Treppe empor und plötzlich erschrickst du. Vor Dir ist eine Tür in der nackten Wand. Der Zauber schubst Dich hindurch und ehe Du Dich versiehst, schließt sie sich wieder.
Der Raum in dem Du bist, ähnelt dem vorigen sehr. Trotzdem herrscht Chaos in Deinem Kopf. Einiges hier ist Dir zwar vertraut, doch Du empfindest neue Gefühle, Du fasst neue Gedanken und neue Schlüsse. Vieles ist wunderbar und schön, doch auch vieles schmerzt. Du willst Deine Augen vor dieser fremden Welt verschließen, doch Jemand hält sie Dir grausam weit auf. Du sträubst Dich, Du wehrst Dich und am Ende gibst Du nach. Du hast keine Wahl.
Die Farben haben sich verändert, als Du weiter gegangen bist. Schwarz. Weiß. Rot. Rot wie Blut. Rot wie Leid. Rot wie Schmerz.
Du hasst diese Farben. Hass ist ein Gefühl das du atmest, als wäre es Luft. Er füllt Deine Lungen. Verzweiflung ist Dein Muskel, der sich zum Schlag anspannt und Verbitterung ist Dein bester Freund. Immer da.
Wut lässt Dich erblinden und du stürzt in ein schwarzes Loch. Du fällst, fällst und fällst. Tief. Du kannst den Boden nicht sehen.
Doch irgendwann schlägst Du auf. Hart. Deine Hände tasten hilflos in der Dunkelheit und andere Hände stützen Dich. Die Gesichter der Menschen sind mit Masken bedeckt, genauso wie dein eigenes. Sie ist deine zweite Haut.
Doch da ist Jemand, dem Du vertraust. Du reißt deinen Schleier herunter, der mit Träumen und Wünschen durchwebt war. Du zeigst Dich.
Du hast Falten bekommen. Dein Rücken ist krumm und Deine Schritte, einst leichter als ein Gedanke, sind schwer und kraftlos. Dein Körper ist nur noch eine Hülle, er ist nicht mehr das, was er einmal war.
Du betrittst nun den letzten Raum. Sehnsüchtig denkst du an die erste Tür, du willst zurück und sie ein zweites Mal durchschreiten, doch es gibt nur den Weg nach vorne. Doch der Weg endet hier.
Ein feiner Windstoß weht Gedanken und Erinnerungen aus dem geöffneten Fenster hinaus, in eine ferne Welt, in der du vielleicht weiter lebst.

 

Hallo Gismo!
Deine Geschichte verstehe ich als Allegorie auf einen Lebensweg, die vielen Räume symbolisieren die Möglichkeiten, die einem Menschen offen stehen und von denen er nur wenige ergreift. Du bschreibst anschaulich, wie der kleine mensch größer wird, immer mehr Gefühle und Eindrücke kommen dazu, stiften Verwirrung, lassen stolpern und können auch zu Verbitterung und Hass führen. Deine Bilder gefallen mir gut, in Gedanken verfolge ich den Weg durch das Haus. Besonders den letzten Abschnitt hast du schön gestaltet. Hier ein paar Vorschläge zur sprachlichen Verbesserung:

"... der du zufolgen hast..." Zu folgen

"...Vor dir erscheint eine Tür. Sie hat nur auf deiner Seite eine Türklinke..." 'Klinke' reicht, Dopplungen stören beim Lesen.

"...sie ist bloß angelehnt..." 'bloß' weglassen, ist überflüssig.

"...Staub...Feenstaub..." Siehe 'Klinke' !

"...unfassbar weiter, großer Raum..." 'Unfassbar' weg, ist überflüssig.

"...Sturm von Sinnen..." Es gibt nur 5 Sinne! Meinst du 'Sinneseindrücke'?

"...doch so viel tut weh..." 'vieles schmerzt' hört sich flüssiger an.

Habe deine Geschichte gerne gelesen.
LG,
Jutta

 

Das ist schön! Ich hab's wirklich gerne gelesen

:D :D :D

Dieser Vergleich ist zu naheliegend und weltlich und zerstört dadurch das surreale Szenario, in dem man sich gerade noch befunden hat. Das braucht die kg nicht.

Das ist
1) logisch
2) nachvollziebar
3) verständlich

Fazit: Rotstift!

Ich bin nicht sicher, ob ich das wirklich verstehe. Aber diese Farbmonotonie gefällt mir irgendwie nicht. Woher kommen überhaupt auf einmal diese ganzen negativen Gefühle? Das Leben hat doch immer Höhen und Tiefen, oder?

Ich finde Jutta hat es gut gesagt: "(...), wie der kleine mensch größer wird, immer mehr Gefühle und Eindrücke kommen dazu, stiften Verwirrung, lassen stolpern und können auch zu Verbitterung und Hass führen.

Jeder Mensch ist einzigartig und individuell. Seine Gedanken, Handlungen und sein Weltbild sind es auch. Man kann nicht den Lebensweg eines Menschen darstellen und behaupten "Das ist normal/ Das ist ungewöhnlich", nur weil es dem Empfinden einer Mehrheit abweicht oder entspricht.
Jeder entscheidet anders und jeder schreibt seine eigene Geschichte. Die eine ist weiß, die andere schwarz, die dritte rot. Du gehst einen anderen "Flur" entlang als ich, oder jemand anderes. Man kann ein Leben nicht verallgemeinern. Das ist jedenfalls meine Meinung.

Liebe Grüße
Gismo

 

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