- Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:
- Kommentare: 13
Symphonie der Ketten
Symphonie der Ketten
Es war das Ende des Mittelalters, der Moder der alten Zeit kroch aus allen Ecken. Das 14. Jahrhundert neigte sich dem Ende, die Pest hatte mehr Opfer gefordert als die Kreuzzüge und die Inquisition zusammen. Das Papsttum war mit Gregor XI nach Rom zurückgekehrt.
Fünf lange Jahre war Monsieur Aperie unterwegs auf See gewesen. Er sollte die salomonischen Inseln finden, den Ort, wo die Schöpfung begann. Heilig sprechen wollte man ihn zur Belohnung, doch es war ihm bewusst, dass diese Expedition nur zur Beruhigung der über den päpstlichen Umzug entzürnten Gemüter dienen sollte. Aber er hatte versagt. Obwohl, hatte er das wirklich, oder waren seine Verluste auf See nicht eher der Zorn Gottes zuzuschreiben, der nicht wollte, dass der Mensch ihm auf die Schliche käme?
*
Und dennoch, er war der Monsieur de Apirie. Er war ein Gelehrter, ein Wissenschaftler, ein Kenner des Äthers, der die Welt umgab. Sein Ansehen konnte nicht sinken, denn wenn er es nicht schaffen konnte, wer dann? Seine Statur war gemessen an seinen Landsleuten mächtig.
Er war ein Hüne unter Zwergen. Die wenigsten wagten es ihm zu widersprechen, sei es wegen seiner Gestalt oder seines überlegenen Geistes. Kurz bevor er in See stach, hatte er geehelicht. Sie war wunderschön mit ihrem langen blonden Haar und großen blauen Augen, die unwiderstehlich funkelten. Die symmetrischen Bewegungen ihres gebärfreudigen Beckens brachte die Säfte der Männer zum kochen, ihre graziöse Haltung ließ keinen Zweifel an ihrer adeligen Herkunft offen. Neben ihrer engelhaften Gestalt verblasste die Ästhetik der Schöpfung.
Doch war sie jung, so unerfahren und ihm so hörig. Ein ängstliches Kind. Josephine war 14 bei ihrer Vermählung und sie war Jungfrau. Doch so sehr er ihre bleiche Schönheit ehrte, so wünschte er sich doch, dass sie mehr Stärke erlangen würde, um ihm ebenbürtig zu sein. Er wollte kein willenloses Weib, keine hörige Dienerin, die ihm widerspruchslos folgte.
Leben bedeutete für ihn Kampf und den wollte er annehmen. Sein animalischer Trieb wollte gebändigt sein, sonst würde er an Stärke verlieren. So verfügte er, dass Josié, wie er sie gerne nannte, während seiner Reise in einer geheimen Ordensgemeinschaft eine Ausbildung erhielt.
Der Orden verwaltete ein Kloster im Gebirge Frankreichs. Es war schon sehr alt, seine Mauern waren ausgewaschen von den Gezeiten, Gagoylen zierten die äußeren Fassaden mit ihren dämonischen Gesichtern.
Die innenlebenden Mönche hatten über die Jahrhunderte ihre eigene Ethik entwickelt, das Testament neu interpretiert. Nur wenige Auserwählte der äußerlichen Welt waren eingeweiht über die speziellen Lehren des Ordens, der sich nach außen hin als dominikanisch gab. Das war auch nötig, wollten sie nicht als Ketzer im eigenen Inquisitionsfeuer brennen.
Im Prinzip waren sie Häretiker, doch geschützt durch den Papst und im Besitz von verbotenem Wissen blieben sie über Jahrhunderte unantastbar. Unter dem Dogma des Zölibats waren sie Meister der Lust, herrschende Phantasten der Fleischeslust. Das ewige Gebot der Enthaltsamkeit führte sie an die Grenzen ihrer immanenten Wollust. Aus der Atrozität der alten Schrift gebaren sie eine Ode an die Fesseln der Libido.
*
Nun endlich sollte er in ihre Arme zurückkehren. Die Erwartung über die Manifestationen ihrer Lehren und seine langjährige Enthaltsamkeit trieben ihn unermüdlich voran, auf der strapaziösen Reise zu des Klosters Mauern. Wie würde sie wohl aussehen, waren ihre Brüste noch üppiger geworden, ihre Sprache härter, ihre Umarmung stärker? In seinem Geist wurde seine Gier monströs. Doch musste auch ihr Begehren nicht grenzenlos sein, ihre Mamillen ständig schmerzhaft hart, die verzehrende Gier ihrer Labien grenzenlos feucht?
Am Horizont zeichneten sich die ersten Umrisse des Gemäuers ab. Sein Gaul sabberte und schwitzte im Angesicht des steilen Steinweges. Aperies erigiertes Genital schmerzte im Sattel und er bat um Erlösung.
Wenige Fuß bevor er das Tor erreichte, wurde es wie von Geisterhand geöffnet. Zwei Mönche, deren Gesichter nicht unter ihren Kapuzen und gesenkten Häuptern zu erkennen waren, empfingen ihn im Hof. Innerhalb der Mauern konnte er nun auf verschiedene Gebäude und Kapellen blicken. Überall liefen Ordensbrüder in ihren einfachen Gewändern gemäßigt umher. Es war still hier. Aus einer der Kapellen vernahm er einen leisen monotonen Gesang.
Die zwei demütigen Mönche geboten ihm, zu folgen. Hinter einer der Bauten stieg schwarzer Rauch auf.
Er sattelte ab und folgte den beiden zu Fuß weiter. Nachdem sie durch den großen Innenhof gelaufen waren, vorbei an der Kapelle, aus der die Gesänge stimmten, liefen sie über eine gepflasterte Gasse auf ein kuppelartiges Gebäude zu. Im Gegensatz zu den anderen war dieses hier völlig aus schwarzem, glattem Stein, der granitartig glänzte. Die mehr als mannshohe Tür war aus massivem Guss und mit wappenartigen Ornamenten, die ihn an Phallussymbole erinnerten, versehen.
*
Einem kurzen Flur folgend gelangte er in einen siebeneckigen Saal, der sich nach oben kegelförmig zuspitzte. In jede der sieben konkav geformten Wände war eine Tür eingelassen.
Links von ihm waren an den drei Ecken drei Türen, rechts zwei, vor ihm eine und hinter ihm die, durch die er gekommen war. In der Mitte des Raums war ein Loch in einem Durchmesser von ca. fünf Schritten eingelassen. Darüber war ein engmaschiges Gitter. Um das Loch waren x-förmige Pfähle eingelassen. Der Raum wurde durch eine schier unendliche Zahl von Kerzen und Fackeln erleuchtet. Einer der Mönche verschwand nun in der vor ihm gelegenen Tür, der andere gab ihm mit einem Wink zu verstehen, ihm durch die in der linken Mitte gelegene Pforte zu folgen. Als er den neuen Raum betreten hatte, verließ ihn der Mönch rasch und schloss die Tür hinter sich, ohne jedoch abzusperren. Dieser Raum war kleiner, in der Mitte stand ein robuster Tisch aus Holz mit großen Eisenbeschlägen, ein thronartiger Stuhl stand an seinem Kopfende. Er setzte sich hinein. Die lange Reise hatte ihn geschwächt und obwohl er es kaum erwarten konnte seine Josié wiederzusehen, war er doch froh sich ein Weilchen ausruhen zu können. Nur wenige Herzschläge waren vergangen, als sich eine Tür, die sich in der Wand versteckte, öffnete und der Reihe nach Mönche erschienen, die silberne Platten mit herrlich duftendem Essen vor sich hertrugen. Ein opulentes Mahl wurde ihm aufgetischt. Stumm reichten sie ihm die Speisen und er fing ohne große Fragen an sich zu bedienen. Die Mönche verschwanden wieder, leise wie sie gekommen waren. Anstatt ihrer betraten sechs neue Gestalten den Raum. Während er gierig sich das ihm Dargereichte einverleibte, ohne den neuen Ankömmlingen ein Willkommen teilhaben zu lassen, bemerkte er, dass sie sich von den bisherigen Gewandträgern unterschieden. Ihr Gang schien geschmeidiger und ihre Kutten edler. Jeder von ihnen trug ein metallenes Gefäß, welches an einer feinen Kette hing. Vorsichtig und rhythmisch schwenkten sie ihre Behälter und versammelten sich in einem gewissen Abstand zu ihm kreisförmig. Aus dem Töpfchen quoll die Bewegung nachzeichnender Rauch. Es roch wie Olibanum. Nachdem sie sich derart positioniert hatten, ertönte ein heller Gesang aus ihren Mündern. Ihre Stimmen klangen sehr hoch, doch weniger wie Frauen, sondern eher nach Kastraten.
*
Während de Apirie dem Gesang lauschte und über seine Frage nachsann, fiel ihm auf, wie gesättigt er war und eine kleine Müdigkeit schlich sich ein. Ihm brannten die Augen vom Qualm, er musste ständig blinzeln und es fiel ihm schwer seiner Optik Schärfe zu verleihen.
Er wollte eigentlich nach Josié fragen, doch zähflüssiger Schleim verschloss seinen Gaumen. Gefangen in einer Trance bildete er sich ein, dass die ihn umkreisenden Wesen ihre Kutten fallen ließen. Es war ihm, als sähe er grazile weibliche Wesen, doch entdeckte er keine Brust oder Genitalien. Er dachte noch: „... und nirgends ein Haar an ihren weichen Körpern...“, und dann schlief er ein, fiel in ein absurdes Koma. Im Traum seines Deliriums versuchte er verzweifelt in den Gestalten eine Körperöffnung zu finden, um sie zu beschlafen.
*
Als er aus seiner Katatonie herausfand, gewöhnten sich seine Pupillen nur langsam an das schwache Licht. Das Empfinden für seine Körperlichkeit war ihm noch nicht gänzlich bewusst. Er nahm wahr, das er auf dem Rücken lag. Dem Schmerz seiner Wirbel nach, lag er auf Stein. Über ihm erkannte er ein Gitter und er wusste wo er war. Ein kalter Hauch strich über seinen Körper und er begriff, das er entkleidet worden war. Aperie wollte aufstehen, doch er konnte nicht, erst jetzt bemerkte er, dass man ihn an den Boden gekettet hatte. Als er die Arme bewegen wollte, ertönte ein leises Rasseln und der Radius seiner Arme und Beine war begrenzt. Das Pulsieren des Blutes weckte seine Kräfte und er spürte Zorn in sich. Welche Bedeutung sollte dieses Spiel haben? Sein Stöhnen war inbrünstig und er schrie nach Josephine. Seine Fesseln ließen zu, dass er seinen Oberkörper aufrichten konnte, um sich auf seine Ellen zu stützen. Er blickte sich um und verstummte, um in den Raum zu horchen. Erst war kein Ton wahrzunehmen, doch dann ertönte ein leises Schnarren und über ihm nahm er wieder die leisen Gesänge wahr. Plötzlich bewegte sich der Boden. Es gab einen lauten Knall und die Gitter über ihm brachen nach innen weg und legten sich an die Innenwände seines Kerkers. Nun nahm er auch die langsame Aufwärtsbewegung des Bodens war. Er stieg mit ihm empor und je mehr er die Ebene des großen eckigen Raumes erreichte, desto kürzer wurden auch seine Ketten und zwangen ihn zu Boden. Wenige Handbreit vor Erreichen der gleichen Ebene mit dem über ihm liegendem Saal stoppte seine Aufwärtsbewegung. Eine Weile geschah nichts und er verdammte dieses Kloster.
Um sich hörte er weiterhin die Gesänge, doch er sah niemanden. Dann geschah alles sehr schnell. Es gab ein kratzendes Geräusch und in einem kleinen Abstand um seinen Körper löste sich eine weitere Ebene und stieg um ihn herauf, so dass er sich in einer Art Becken befand. Über ihm, an der höchsten Stelle der Kuppel, öffnete sich ein kleines Loch und eine wächserne Flüssigkeit ergoss sich über ihn. Als sie ihn traf, brüllte er auf vor Schmerz. Es war, als wäre sie kochend heiß. Sie tröpfelte über seine Brust und erstarrte durch die Kälte seiner Haut. Aperie glühte, es schien ihm, als verbrenne er, seine Schreie wurden vom kalten Stein der Wände reflektiert und bildeten ein erschütterndes Echo. Die träge heiße Masse ergoss sich weiter über ihn. Sie rann seine Brust entlang, bildete einen Film um seinen Körper und umschloss ihn, Schicht für Schicht. Das Lodern seines inneren Feuers ließ nach, sein Schmerz schmolz langsam dahin, die sich verhärtenden Masse, die ihn umschlossen, bewahrten ihn vor weiterem Schmerz, der brennenden, fließenden Substanz .
Sie füllte kontinuierlich das Becken, in dem er sich befand und er musste seinen Kopf heben, wollte er nicht in ihr ersticken. Die Gedanken des Monsieurs liefen ad absurdum. Wieso quälte man ihn, wollte man ihn umbringen? Er hatte ein Vermögen bezahlt für die Unterbringung Josephines. Was geschah hier? Hatte man ihn verwechselt, wollte man an ihm ein Exampel statuieren? Denn er wusste, dass dies auch eine Ausbildungsstätte für Inquisitoren war.
*
Die Wanne in der er lag hatte sich gefüllt, nur noch sein Kopf schaute heraus. Die Ebene die zuvor eine Kuhle um ihn gebildet hatte, senkte sich wieder ab. Aperie lag nun gefangen in einem wächsernem Block. Das Pochen seines Herzens, welches sich an die Außenwände seiner Brust fortsetzte und das Vibrieren seines Pulses wurde reflektiert vom harten Wachs, welches ihn umgab. Seine versiegelten Poren ließen ihn nach Luft ringen. Der Krieger hatte Angst, nie war er so wehrlos gewesen. In seinen Augen bildete sich Feuchtigkeit, in Erwartung des unerträglichen Leids, welches ihm durch diese Sadisten zugeführt werden würde, schoss ihm eine Träne über die Wange und er bat um Vergebung seiner Sünden. Und während er sich so im Selbstmitleid ergab, schlich sich von seinem Kopfende, für ihn nicht sichtbar, eine der Hermaphroditen an ihn heran. Erst als sie ihr Gesicht über ihn beugte, nahm er sie war. Mit einer schnellen Bewegung presste sie ihm eine Ledermanschette über seinen geöffneten Mund. In ihr befand sich ein Loch in dem ein kurzes Holzrohr steckte, so das er dadurch atmen konnte. Er röchelte kurz, wollte sich artikulieren, doch er konnte es nicht.
Links und rechts traten jeweils ein Mann und eine Frau an ihn heran. Die beiden Männer trugen schwarze lederne Kutten, die sehr eng an ihren Körpern lagen. Über ihren Köpfen trugen sie Henkersmützen. Beide hielten lange Dolche in den Händen, deren Griffe aus blanken Knochen geschnitzt waren. Die beiden glatzköpfigen Frauen hatten spärlichere Bekleidung. Ihre Nacktheit schimmerte durch weiße Seide. Ihre Scham trug kein Haar. Ihre Mimik war ausdruckslos, als sie sich zu ihm niederknieten. Seine Augen rollten wild umher und versuchten gleichzeitig zu erfassen, was auf beiden Seiten von ihm geschah. Er schöpfte wieder Hoffnung, als er die beiden Nackten erblickte. Wieso sollte man ihm zur Folterung einen solchen Anblick gewähren? Seine Euphorie vernichtete sich schnell, als die beiden Henker den Seidenwesen die Dolche reichten und diese Anstalt machten, dieselbigen in ihn hineinzurammen. Sie hielten die Klingen senkrecht über seinen Körper und noch während sie damit in einer schnellen Bewegung zu ihm niederfuhren, schloss Aperie seine Augen. Ein verzweifeltes Glucksen entströmte seiner Kehle und hinter dem Schwarz seiner geschlossenen Lider erblickte er, zum letzten Mal, so glaubte er, das entzückende Antlitz seiner geliebten Josie. Die Sekunden, in der Messerschneiden in seinen wächsernen Sarkophag eindrangen und ihn scharf durchschnitten, erschienen ewiglich. Er spürte die Klingen, wie sie das Wachs durchdrangen und Josies Bild wurde abgelöst von flammenden Höllenfeuern, als er fühlte wie sie seine Haut durchdrangen. Er spürte wie die kalten Klingen sein kochendes Blut zum Austritt zwangen. Und dann, eine weitere Ewigkeit später, empfand er nichts mehr. Noch wartete er, auf den Schmerz, auf den Tod, das grenzenlose Nichts, oder das jüngste Gericht.
Doch es geschah nichts von alledem. Trotzdem wagte er es nicht seine Augen zu öffnen.
Während er den Augenblick mit seiner Vorstellung vom letztem Atemzug abglich, störte sich seine Seele an dem zeitlichen Ungeschick, welches zwischen seiner Gedankenfülle und seinem nahendem Tod pendelte. Und während eines weiteren Zeitvergehens bemerkte er den Gefallen, den er in seiner letzten Sekunde empfand. Die Panik seiner Vergänglichkeit verlor ihr schreckliches Gesicht, enttarnte sich als Maske. Er öffnete die Augen. Ein mildes Lächeln spielte in den Gesichtern seiner Vollstrecker. Sein Blick wanderte an ihnen herunter, ihre Brüste waren ihm so nah, sie schienen so voll, so weich, so rund und so hart. Das Messer auf der Brust, kämpfte sein Glied um Raum. Das seichte Lächeln seiner Peiniger, denen er nun Achtung entgegenbrachte, verformte sich zu einem diabolischem Grinsen. Und während die Mundwinkel der beiden Priesterinnen immer mehr Zähne entblößten, zogen sie ihre eingetauchten Dolche, mittig in einer konstanten Linie, seinen Torso entlang. Zwar spürte er die Endung der Schneide seine Haut zerritzen, doch drang sie nicht tiefer. Er verspürte Respekt vor dieser Genauigkeit.
Mit einem mal war ihm Gewiss, dass er jetzt nicht sterben würde, dennoch hatte er Angst, eine Angst die ihm gefiel.
*
Sie durchtrennten seinen Block genau in der Mitte. Als dies beendet war, traten zwei weitere Schönheiten an seine Seiten. Ihre wohlgeformten Körper waren in enge Mieder geschnürt, die die Musterung einer Schlangenhaut besaßen. Ihre üppig fleischigen Brüste quetschten sich am Dekolletee entlang und zwischen ihren Schenkeln konnte er deutlich die Pforten der Lust erkennen. In ihren Händen hielten sie Harken, ähnlich denen zum Ackerbau, nur war ihr Stiel kurz und das Blatt am Ende sehr breit. Zudem waren sie aus Silber. Gleichzeitig stießen beide, mit einem schnellen Hieb, ihre Harken in den Schnitt, den die Messer zuvor vollführt hatten. Auch sie drangen so tief, das er sie auf seiner Haut verspürte. Mit einem kräftigem Ruck spalteten sie sein Gefängnis.
Ein sälzerner Fluss ergoss sich aus den Drüsen seiner Augen, kalter Schweiß lief an seinen Schläfen hinab, ein brennendes Reißen durchzuckte seinen Körper. Hart biss er auf das Stück Holz in seinem Mund, während sich ein Wimmern in seinem Inneren erstickte. Jedes Haar, was ihn bedeckte, mit Ausnahme seines freiliegenden Kopfes, wurde peinigend entwurzelt. Es war als häutete man ihn lebendig. Wie ein Tier. Und die Laute, die seiner Kehle entsprangen und sich einen Weg durch den Holzzylinder ebneten, waren die eines gequälten Tieres.
*
Die Nervenenden seines größten Sinnesorgans, seiner Haut, liefen Amok. Aperie fand keinen Vergleich für diese Qual, sein Denken sträubte sich dagegen, dies war die Grenze des Erträglichen.
Doch er lebte noch und mit dem endlosen Verrinnen des Sandes in der Sanduhr ließ der Schmerz nach und das fühlte sich großartig an. Er war durchtränkt von Endorphinen.
Euphorie setzte sich bis in die letzten Spitzen seines Seins ab. Nur noch von den Ketten am Boden gehalten, begann wieder ein reales Bild in seine verwässerten Augen zu dringen, der Schleier lichtete sich. Er schaute an sich hinab und sah, dass kein dunkles Haar mehr seine feuerrote Haut bedeckte. Hier und da geronnen kleine Blutstropfen, an den Stellen, wo Haar mit Haut gegangen war. Er blickte auf sein steif, geschwollenes Glied, erquickte sich an den pulsierenden Arterien und frohlockte dem weiß- durchsichtigem Tropfen, der der Nille seiner Eichel entsprang. Seine Empfindungen sprangen zwischen den Grenzen der Lust und des Entsetzens. Als sein Geist wieder klare Worte fand, vollzog sich die Zeremonie um ihn herum unabänderlich weiter und die Freude seiner Hilflosigkeit steigerte sich expotentiell.
*
Sechs junge Weibliche betraten nun sein Umfeld. Geformt in göttlicher Vollendung, doch mit zierlichen, eher mädchenhaften Rundungen. Er fand sofort Gefallen an ihren kleinen festen Brüsten mit ihren harten, großen Nippeln. Nackt knieten sie sich um ihn herum und fingen an, mit ihren geschmeidigen Zungen über ihn zu lecken. Er spürte ihre feuchten Zungen und ihre warmen Lippen überall auf seinem Körper. Eine von ihnen ließ ihre Zunge langsam an seinem Schenkel entlanggleiten, in Richtung seines Gliedes, immer und immer wieder. Dennoch vermieden sie es, seinen Schwanz zu berühren. Die beiden miedergeschnürten Vollweiber verließen kurz sein Gesichtsfeld, um kurz darauf wieder zu erscheinen. Jede trug nun einen breiten Kelch vor sich her, der mit feurigroten Steinen versehen war. Als eine kurz ihre Konzentration verlor, schwappte eine petroleumartige Flüssigkeit am Rand des Kelches entlang. Triefend langsam kroch sie an dem Gefäß entlang und als sie über den Handrücken der Trägerin floss, fing dieser an seidig zu glänzen. Ein Hauch von Verachtung huschte ihr, aufgrund des Missgeschicks, über das Gesicht. Er triumphierte innerlich. Aperie folgerte, dass dies sein Ritual sein musste, seine Ordination. Wenn seine Peiniger, die Erfüller seiner unbewussten Träume, die Wisser um seine persönliche Hömoöstase, so erschrocken waren, bei einen Fehler ihrer Darbietung.
Die Fackeln und Kerzen füllten die Luft mit einer warmen Atmosphäre, der kalte schwarze Stein, aus dem das Gebäude gebaut war, konnte der Macht des Feuers nichts mehr entgegensetzen. Der Schatten von Flammen zuckten hier und da über die Wände. Die tellurischen Ströme schienen günstig.
*
Die beiden Kelchträgerinnen beugten sich zu den sechs jungen Mädchen, die immer noch mit ihren Zungen, die immer rauer erschienen, eifrig über ihn leckten. Mit einer gradlinigen Positionierung ihrer Wirbelsäulen und einem emporgestrecktem Gesäß, hockten sie sich jeweils zu den feuchten, schmatzenden Mädchenzungen, an seinem Fußende. Diese unterbrachen ihr lutschen und formten die Hände zu Schalen. Aus den Kelchen ergoss sich eine ölige Essenz, die einen starken Opiumgeruch verströmte, in die Hände der Mädchen. Als der halluzinatorische Inhalt der Kelche verteilt war, fingen sie an, ihn damit zu massieren. Langsam und doch kraftvoll durchkneteten sie seine entzürnte Haut.
Einen kurzen Augenblick, etwa der Moment, den Spermien zum atmen brauchen, vertiefte das Öl den Phantomschmerz seiner amputierten Haare. Dann verschwand die Sensibilität dafür. Nun genoss er die schmeichelnden Bewegungen ihrer Hände, wie sie über seinen nackten und gefesselten Körper glitten.
Schimmrig glänzend lag er da. Die Balsamiererinnen entfernten sich. Die rechte der geschnürten Kelchträgerinnen gab den Kelch ihrem Gegenüber, die sich schließlich damit entfernte. Die Letztgebliebene stellte sich vor sein blaurot pulsierendes und geschwollenes Glied. Er war so erregt, dass die leichteste Berührung seines Genitals eine Entladung seines angestauten Saftes provoziert hätte. In diesem Augenblick war er nur noch von dem Gedanken beseelt, seinem Druck den Ausbruch zu gewähren. Die beiden bis jetzt regungslos verharrenden Henker, bezogen nun hinter der Verbliebenen Stellung. Langsam zogen sie ihr die Schlangenhaut ab, feine Schnüre fielen zu Boden. Nackt und mit gespreizten Beinen stand sie jetzt über ihm. Ihre Silhouette, die Merkmale ihrer Weiblichkeit, ihre lüsterne Aura, verursachte eine Epilepsie seiner Schwellkörper. Sein Begehren wurde zur Folter, er versuchte zu flehen und zu winseln, er wollte seinen gigantischen Druck entweichen lassen, sein Vakuum belüften, sein hermetisches Erbe spenden. Doch außer Reste seiner letzten Spucke und einem legastenischem Kauderwelsch ertönte nichts dem Holz zwischen seinen Kiefern.
Sein sonst so wacher Geist hüllte sich in schweigen, sein Sein realisierte sich nicht mehr durch sein Denken, er existierte nur noch als Emotion. Die Feuer verschwammen, er war im Rausch der Sinne, er roch östrogenhaltiges Pheromon, er schmeckte salzigen Schweiß auf seinen Lippen, er fühlte in sich die jungfräuliche Spucke, die, die Zungen durch seine Poren getrieben hatten. Aperie fühlte die Macht seines Triebes und die Abhängigkeit vom Weibe, zu seiner Ausübung.
Die kahle, pure Verkörperung seiner manifesten Begierden, lächelte ihm gnädig in sein verzehrtes Gesicht. Mit aufgerissenen Augen verfolgte er, wie sie sich ihm, mit offenem Schritt, in Höhe seines Genitales positionierte. Sein Blick glitt langsam hinab, an ihrem frisch rasiertem Venushügel bis zu ihren äußeren Schamlippen. Ihre Lustpforte war ihm so nah, dass er ihre Klitoris erspähen konnte und ihr spezifischer Geruch legte sich um seine Nase. Langsam, immer feister lächelnd, senkt sie in dieser Position ihr Becken in Richtung seiner prallen Eichel. Die Säfte seines Körpers bildeten Ozeane und durchströmten tosend sein Innerstes. Das Petroleum, welches seine Haut noch nicht absorbiert hatte, würde durch die von ihm ausströmende Hitze wässern und perlte an ihm hinab. Die nackte Göttin über ihm hielt inne.
„Erlöserin, Herrin meines Schicksals, von Aphrodite gesandte Göttin der Verzückung, beende mein Gesuche,... mein Bitten, mein Flehen, mein Winseln,... meine Geilheit, meinen Trieb,... töte mich, wenn du willst,... doch ... zuvor erlöse mich“, betete er.
Unerwartet und erschrocken durch ihre schnelle Bewegung, stoppte er seinen neurotischen Monolog und verfolgte, so gut es ging, mit den Augen ihre blitzartige Wende. Nun stand sie mit dem Rücken zu ihm und senkte sich weiter langsam ab. Um seine Qualen auf den Höhepunkt zu treiben, schwenkte sie nun ihre feuchten Pforten rhythmisch über der Spitze seines brodelnden Vulkans, ohne ihn aber dabei zu berühren. An seiner Eichel konnte er ihre feuchte Wärme spüren.
Kurz bevor er zerbarst, packte sie mit einer routinierten Bewegung seine Hoden, zog ihn vom Schaft seiner Erektion hinfort und schlug brutal mit Daumen und Zeigefinger an einen Punkt dazwischen.
*
Ein stechender Impuls, eine neue Welle des Schmerzes durchzuckte ihn von seinem Schwanz bis in die letzten Windung seines Gehirns. Er hatte ihn noch nicht in seinem ganzen Ausmaß durchdrungen, als sein prachtvoller Ständer in sich zusammensackte, wie ein Enthaupteter.
Erneut stöhnte er laut auf, sein Augen waren wieder feucht, er fühlte sich gebrochen, verletzt, sein Stolz verhöhnte ihn. Er sah sich selbst liegen, blutend, weinend, wehrlos, gedemütigt. Die Reste seines kümmerlichen Gliedes sanken immer mehr in sich zusammen, das eben noch so stolz thronende Patriarchat, war zu einem eroberungslosem, schrumpeligem Wurm geworden. Der Druck seines zurückgewiesenen Ejakulats ließ seinen Unterleib krampfen. Aperie schloss die Augen. Ein kurzes, farbiges Flackern, bildete die Vorhut zu einer tiefen Bewusstlosigkeit.
*
Er erwachte. Ein Ziehen erinnerte ihn sofort an die Wunde seiner Lenden. Er lag in einem Bett, es war groß, mit Wäsche aus rotem Samt bezogen, umrändert von leichten Gewändern, aus silbrigem Garn. Soweit er hindurchsehen konnte, war er allein. Um das Bett standen siebenarmige, pompöse Kerzenständer, die ein Lichterspiel auf dem Silbergewebe zauberten.
Überall im Raum hingen dicke Ketten von der Decke, an ihren Enden waren Hand- und Fußfesseln befestigt, an manchen spitze Haken und an anderen einfach nur Seile. Durchströmende Luft ließ sie sich bewegen. Hier und da schwangen sie so sehr, dass sie sich aneinander berührten und es gab ein metallisches Klirren. Ihr Klang bildete eine Form, einen Algorhythmus, eine Symphonie, wie hätte sie schöner nicht sein können. Hatte er geträumt?
Er dachte über seine Erinnerungen nach. Immer wieder kam ihm eines in den Sinn, seine Erkenntnisse beschränkten sich förmlich darauf.
Die Macht der Begierde. Und er dachte an seine Willenlosigkeit dem Weibe gegenüber und wie willenlos er war, wenn er geil war. Und er dachte daran, wie gerne er sich untergeben hätte, wenn er bekommen hätte, was er verlangte! Und all diese Gedanken und Erinnerungen machten ihn sofort wieder geil. Sein Glied war schon wieder steif und er konnte nicht anders, als sich selbst Erleichterung zu verschaffen.
Er kam schnell und sein Sperma spritzte gegen die silbernen Tücher, die um sein Bett hingen. Und während seine Phantasie sich mehr wünschte, schlief er erneut ein.
*
Zeitlos erwachte er und fand ein Pergament neben sich liegen. Es war in Latein geschrieben:
Nur wenn ihr Euch völlig ergebt, könnt ihr auf Erlösung hoffen.
Wir haben euch den Weg gewiesen auf dem ihr zu Schreiten begehrt.
Ihr seid ein Monseiuer, wahrlich;
Dennoch, euer Fleisch verlangt nach Schmerz.
Er ist wandelbar und liegt eng an eurer Lust.
Gebt euch hin und euch wird vergeben.
Simplex sigillum veri.
*
Er blickte eine Weile auf die geschwungene Schrift und anschließend auf die Ketten.
Dann sprang er auf, verließ sein Lager und streifte durch den Raum, zwischen den Ketten umher. Er wusste nicht, was in ihm vorging, als er eine der Ketten ergriff und sich eine der Manschetten um seine Fußknöchel band. Sein Vorhaben wurde auch nicht konkreter, als er sich auf den Rücken legte, das eine gefesselte Bein schon in die Höhe streckend. Er nahm eine weitere Kette und band sie sich um den anderen Fuß. Mit hochgestreckten Beinen, zog er sich mit beiden Armen an einer weiteren Kette hoch, hielt sich mit einer Hand an ihr fest und legte mit größter Anstrengung eine weitere Fessel an ihr an. So hing er kurz, nur noch ein Arm frei, um Kräfte zu sammeln. Er agierte nur noch, er war eine Maschine, gesteuert durch unbekannte Kräfte. Mit einem akrobatischem Akt, fesselte er sein verbleibendes Gelenk.
Aperie packte sich einen der Haken und bohrte ihn durch die Haut seiner linken Hüfte. Selbiges tat er auch auf der anderen Seite. Der Schmerz war wunderbar. Die Ketten mit den Haken waren einige Glieder kürzer als die anderen und zogen sein Fleisch nach oben.
Sein Blut tropfte auf den Boden und er fand es reinigend. Er spürte Anspannung und Entspannung, er fühlte wie sein Glied sich erhob, sich wieder zu der mächtigen Waffe im Kampf gegen die ewige Leere formte, die er so oft verspürte. Als er wieder die dicken Adern seines pulsierenden Penis wahrnahm, holte er tief Luft und schrie so laut er konnte: „JOSEPHINE“, immer und immer wieder. Die Symphonie der Ketten, die seinen heftigen Bewegungen auslösten, zusammen mit seinem unmenschlichem Geschrei nach seiner Frau, durchbrachen die dicksten Mauern, warfen unheimliche Echos, wurden zurückgeworfen und bildeten ein Szenario das der Hölle würdig ward.
*
Nach geraumer Zeit und als seine Stimmbänder nur noch krächzend den Namen seiner Angebeteten verheißen wollten, ihm schon Schwarz vor Augen ward, sein Blut bildete bereits eine beträchtliche Lache am Boden, öffnete sich eine Tür.
Trotz seines getrübten Blickes erkannte er sie sofort. Es war seine Josephine.
In einem leuchtendem Schein trat sie neben ihn, in seinem Gesicht spiegelten sich alle Empfindungen der letzten Jahre.
Wortlos tritt sie zwischen seinen Schritt, nimmt einen Haken an der Kette, hält ihn an seine Hoden und flüstert ihm ins Ohr:
„Geliebter, ich habe meine Lektionen gelernt. Willst du mir GEHORSAM sein...?“
FIN