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Susanna wünscht sich eine Wolke
"Ich will zu Grossvater! Ich will zu Grossvater!", ruft Susanna immer wieder.
Sie kann nicht verstehen, warum sie nicht zu ihrem Grossvater darf.
"Das geht jetzt nicht."
"Warum denn nicht?"
"Susanna, du kannst nicht zu Grossvater."
"Warum denn nicht? Ich will zu meinem Grossvater!"
Ihre Mutter schweigt und blickt durchs Fenster.
"Mama, was hast du?"
Dann schaut sie zu Susanna, "Grossvater schläft."
"Komm! Dann holen wir ihm eine Tasse Kaffee. Die Kaffeegeister wecken ihn auf. Das tun sie immer."
"Susanna, Liebes – Grossvater ist für immer eingeschlafen. – Er hat uns für immer verlassen." Mit traurigen Augen nimmt sie Susanna fest in ihre Arme.
"Nein, das hat er nicht! Er würde niemals weggehen, ohne mir etwas zu sagen! Nein! Nein! Du lügst! Warum bekommt er seinen Kaffee nicht?"
"Susanna …", beginnt ihre Mutter. Doch sie kommt nicht mehr zu Wort.
"Du bist gemein! So gemein!", schreit Susanna und beginnt heftig zu schluchzen. Mama weint ebenfalls leise.
Nach einer Weile reisst sich Susanna los und stürmt in ihr Zimmer. Sie wirft sich auf's Bett und heult. "Grossvater würde niemals weggehen, ohne mir etwas zu sagen! Niemals!"
Wütend krallt sie alle Finger ins Kissen und drückt es fest ins Gesicht. So bleibt sie lange liegen und weint sich in den Schlaf.
Als sie die verklebten Augen wieder öffnet, sitzt ihre Mutter bei ihr am Bett.
"Kann ich jetzt zu Grossvater ins Zimmer?"
"Nein, Liebes."
Liebevoll streichelt sie ihrer sechsjährigen Tochter übers Haar. "Grossvater ist jetzt im Himmel."
"Kann ich ihn dort besuchen?"
"Nein, mein Kleines."
"Wo im Himmel ist er denn?"
Einen Moment ist es ganz still. Mit einem tiefen Seufzer atmet ihre Mutter aus, "er sitzt nun auf einer weichen, weissen Wolke und schaut immer zu Dir hinunter."
Hoffnungsvoll schaut Susanna ihrer Mutter in die Augen und geht nach draussen.
Seit diesem Tag sitzt sie oft auf der Steinmauer im Garten und schaut zum Himmel.