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Supermarktabenteuer

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16.03.2013
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Supermarktabenteuer

Hans geht in den Supermarkt, nicht dass er etwas Bestimmtes dort kaufen will. Er trifft einen alten Schulfreund, den Dieter. Sie wechseln ein paar Sätze. Es ist so eine Art Unterhaltung, bei der sich beide nicht wohl fühlen.
„Und was machst du so?“, heuchelt Hans Interesse.
„Komme gerade aus dem Urlaub, 4 Wochen Dom Rep. Also, ist auch nicht mehr wie früher.“
„Ja.“ Hans nickt ein paarmal.
„Bin gerade am expandieren, hab ein neues Büro in Dubai. Du kennst doch meine Firma?
„Sicher.“
„Bla blabla bla bla ...“
„Was für ein Arsch“, denkt sich Hans, „der will ja nur angeben.“
„Also, hat mich sehr gefreut, dich mal wieder getroffen zu haben, … Peter!
„Ich heiße Hans.“
Mit einer Verabschiedung, die extra laut ausfällt, damit es auch jeder am Obststand mitkriegt, trennen sie sich unter dem Vorsatz, sich das nächste Mal aus dem Weg zu gehen.

Wie kalt es an der Kühltheke ist! Hans schließt die Augen und stellt sich vor, ein Pinguin zu sein. Da wird er von einem Eisberg gerammt, es war allerdings nur der Einkaufswagen von, richtig, unserem Großkotz von Schulfreund.
„Ach, das tut mir jetzt aber leid, Peter!“
„Nichts passiert.“
Als er schon einige Schritte entfernt ist, wirft Hans ihm einen Joghurt an den Hals.
„Was, was glaubst du denn was du bist? Also so etwas, blabla bla!“
Den Protest von Dieter so gut es nur geht ignorierend, sucht er sich schleunigst einen neuen Lebensraum.

Es ist ein Wühltisch Superangebote, diese Socken, Unterhosen und Werkzeugkästen. Er stellt sich auf die Ecke des Tisches, springt ab und nimmt ein Bad in den Babystramplern.
„Welch weicher und flauschiger Pool“, denkt sich Hans. „Wozu noch in die Karibik fliegen?“
Entsetzt kreischend rennen Mütter um ihr Leben. Einzelhandelskauffrauen kommen herbeigeeilt, sie werfen mit leeren Kartons und abgelaufener Ware. Es gibt nur einen Ausweg: Er taucht ab in die Tiefen des Wühltisches.

Nach 10 Metern stößt er auf einen Hohlraum. Hunderte nackter Babys sitzen rauchend und Poker spielend auf dem Fußboden. Was er denn so blöd gucke, fragt eines.
„Wer seid ihr und wo kommt ihr her?“, fragt Hans.
„Du kennst du doch auch die Geburtenrate in Deutschland, diese 1,4 Babys pro Familie. Hast du dich noch nie gefragt, was aus dem null komma sechsten Baby geworden ist und wo es nun steckt?“
„Nee, keine Ahnung.“
„Jungs, er weiß es auch nicht.“
Als der Abschied näher rückt, verspricht er noch, die Weltöffentlichkeit über die prekäre Lebenssituation der Wühltischsäuglinge zu informieren. Er denke da sogar an einen Fond. Hans holt tief Luft und taucht an die Oberfläche zurück. Dort haben sich die Wogen geglättet und es ist wieder Friede eingekehrt. Ohne Aufsehen zu erregen, stiehlt er sich aus dem Wühltisch.

Er steht in der Getränkeabteilung. Das viele Schwimmen hat ihn ziemlich durstig gemacht. Hans macht sich eine Flasche auf und trinkt sie auf ex. Da bemerkt er, dass er in der Drogerieabteilung steht, es hat sich nämlich um eine Flasche Shampoo mit Kiwiaroma gehandelt. „Hmm, lecker“, denkt er sich und steckt sich noch eine für später ein.

Jetzt kommt er zu den Zeitschriften. „Nee, nee, was für ein Gelästere und Geschmiere!“ Empört wirft er das Regal um. Dummerweise landet ein Stoß „Bild der Frau“ auf seinem großen Zeh. Er heult erbärmlich auf und beißt sich vor Schmerz in den Handrücken. „Um Himmels willen“ schreiend, kommt ihm so ein alter Mann mit Zwirbelbart zur Hilfe. Ihm sei das auch mal passiert, damals vor Stalingrad.
„Die Presse, das ist die vierte Gewalt!“, warnt er Hans. „Noch schlimmer als das dritte Reich! Glaub mir, ich war beim zweiten Weltkrieg dabei. Erste Sahne war das nicht! Null Chancen hatten wir, gegen den Ami! Minus ein Grad in Stalingrad, manchmal sogar Minus Zwei.“
Hans hört sich gern die Geschichten von alten Opas an. Erst recht weil er weiß, dass sie immer weniger werden.

Opa nimmt Hans unter dem Arm und sie humpeln Richtung Kasse Zwei. Dort hockt so ein käsiger Junge, es ist sein erster Tag heute. „Ausgerechnet zu mir“, denkt er sich und kaut auf seinen Nägeln. Ihm stehen Schweißperlen auf der Stirn. „Geht doch weiter, geht doch weiter“, denkt er. Aber da ist es schon zu spät, und sie stehen direkt vor ihm. Der angehende Verkäufer wird immer kleiner und kleiner und schmilzt schließlich auf seinem Hockerchen, bis nur noch eine Pfütze von ihm übrig ist.
„Man kann es ihm nicht übelnehmen“, sagt Opa Zwirbelbart, „ist schon ein verdammt harter Job an der Kasse.“ Er wisse das, er wäre damals auch mal an der Kasse gehockt, ihr wisst schon, kurz vor Stalingrad.

Er bedankt sich beim Opa für die Hilfe und hockt sich aufs Förderband. Eine rasante Fahrt beginnt! Er hat gar nicht gedacht, wie gefährlich und geradezu heimtückisch solche Förderbänder sein können: Erst kracht eine Lawine von Zigaretten auf ihn nieder. Dann muss er Dutzenden Kaugummistreifen ausweichen. Sie sind von Praktikantinnen, die eine einschlägige Berufskillerinnenkarriere hinter sich haben, gleich Ninjasternen auf ihn geschleudert worden. Er duckt sich gekonnt, als eine Hubbabubbarolle krachend an der Wand zerschellt. Aber er kann auch was, hat er nicht einen Abendkurs Guerillakampftechnik an der hiesigen Volkshochschule absolviert? Der Inhalt einer Tiktak-Dose wird zur Munition, die er aus der Backentasche auf die Killergirls abfeuert. Eine wird sofort tödlich verletzt, die andere flüchtet und rennt gegen die Scheibe, sie hat nämlich gedacht, da wäre nur Luft, aber nun macht es halt: „Dong“.

„Warum nur?“, kreischt sie.
„Ihr habt doch angefangen“, meint Hans dazu.
Mit dicken Kullertränen in den Augen schaut sie ihn an.
„Wir hatten so viele Pläne. Wir wollten irgendwann unseren eigenen, kleinen Laden aufmachen, nur Thelma und ich. Aber dieser Tötungsdruck, er ist einfach immer da, egal was man tut.“
„Habt ihr es mal mit professioneller Hilfe versucht?“, will Hans wissen.
„Es war ein Personal Coach namens Dieter. Er hat uns geraten, es erst mal im Einzelhandel zu versuchen.“
„Dieses Schwein!“
„Dann ist er mit unserer Kohle in die Dom Rep abgehauen.“
„Du, ich muss jetzt gehen, dass Band ist gleich zu Ende.“
Endlich am Ende des Förderbands angekommen, springt er mit Hilfe einer Plastiktüte ab, und schwebt zu Boden. Hans landet sanft auf dem Gras und ist gerettet.

Als er aus dem Supermarkt schreitet, sieht er Dieter seinen Porsche Cayenne beladen.
„Was soll's“, denkt er sich, geht zu ihm hin und entschuldigt sich für den Joghurtanschlag.
„Na, dann woll'n wir mal ein Auge zudrücken, aber die Rechnung der Reinigung kriegst du von mir zugeschickt, Peter!“
„In Ordnung“, meint Hans und hilft ihm beim Einladen.
„Ist doch nicht so ein übler Kerl, dieser Dieter.“
Denkt er zumindest.

Vielleicht hätte Hans den Kopfsprung am Wühltisch dann doch lieber bleiben lassen sollen.

 

Hallo Cybernator!

Der erste Absatz und der letzte Satz stellen den Rahmen zu einem abenteuerlichen Tagtraum.
Der Protagonist gibt sich einem Tagtraum hin, um den Ärger mit dem Schulfreund zu kompensieren.

Naja, damit bewältigt der Text gerademal so die Hürde zu einer „Geschichte“. Mir fehlt der rote Faden, weil der Schulfreund in dem Traum nicht vorkommt. Warum haut er ihm nicht den Joghurt in den Nacken? Tagträume sind doch nicht so beliebig und unstrukturiert.
Auch wird nicht klar, ob er den Schulfreund dort zufällig trifft und von dem ärgerlichen Gespräch könnte mehr präsentiert werden. Man muss den Ärger ja auch nachvollziehen können, sich als Leser auch über den blöden Typ ärgern, damit man sich in den Konflikt hineinversetzen kann.

Also, die Idee zu diesem ungewöhnlichen inneren Spannungsabbau finde ich interessant, aber einem Nonsens-Text einen winzigen Rahmen verpassen und fertig, ist nicht prickelnd.

Gruß

Asterix

 

Servus Asterix!

Ich danke dir für deine kritische Würdigung und Auseinandersetzung mit dem Text.
Die Geschichte hat wohl mehr mir selbst zum Spannungsabbau gedient, als dem Held des Abenteuers. Als ich ihn verfasst habe, hatte ich eine wirklich schlimme Zeit hinter mir.
Du hast mir mit deiner Betrachtung einen sehr interessanten Aspekt aufgezeigt. Ich möchte gern diesen roten Faden aufnehmen und die Rahmenhandlung dem entsprechend ausbauen.
Der Ärger mit dem Schulfreund ist mir auch ein wichtiges Thema: Dieses wichtigtuerische Gehabe von wegen, was hast du denn alles erreicht ... ich könnte ihm gleich noch einen Joghurt an den Hals hauen!:)

Eine schöne und hoffentlich sonnige Zeit
wünscht dir der
Cybernator

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Cybernator!

So, jetzt geb ich auch mal eine Kritik ab :D
Ich finde deinen Schreibstil wirklich sehr gut. Davon könnte ich nur träumen, aber amüsiert habe ich mich bei der Story trotzdem nicht, obwohl sie unter der Rubrik Humor steht. Schreibfehler hab ich jetzt auch nicht finden können, soweit meine begrenzten Kenntnisse reichen :D
Schön flüssig zu lesen, eben ein nettes Geschichtchen für zwischendurch.

Mit freundlichen Grüßen
HollywoodOni

 

Hallo Cybernator,

zuerst die wenigen Winzigkeiten.

Es gibt nur einen Ausweg: er taucht ab in die Tiefen des Wühltisches.
Er

nackter Baby s
Babys

Ohne Aufsehen zu erregen Komma stiehlt er sich aus dem Wühltisch.

Der angehende Verkäufer wird immer kleiner und kleiner Komma weg und schmilzt schließlich auf seinem Höckerchen, bis nur noch eine Pfütze von ihm übrig ist.

Dann muss er dutzenden Kaugummistreifen ausweichen.
Dutzenden
ein Stoß Bild der Frau auf
ein Stoß „Bild der Frau“ auf

Geruilliakampftechnik
Guerilla

Gut, die Begegnung mit dem Schulfreund löst eine Phantasmagorie aus. Nur Ärger? Das ist zu wenig.

Manches lässt an Till Eulenspiegel denken.

Dann kommen die vergessenen Babys? Die Erklärung ist zu mager. Wer hat wen vergessen, warum, das müsste genauer sein. So ist es nur ein netter Einfall, dessen Symbolkraft Du nicht ausführst. Till Eulenspiegel als Retter der vergessenen Kinder?

Das Trinken des Kiwiextrakts muss noch sinnvoll in das Ganze eingebaut werden? Zaubertrank?

Das Motiv Stalingrad muss ausgebaut werden: Kaufhaus als Schlachtfeld?

An welcher Kasse in Stalingrad hockte der Opa? Regimentskasse?

Kasse-kassieren-summieren= Fazit ziehen. Welches?

Was bedeutet der Tod des Killergirls?

So könnte ich viele Fragen stellen. Mein Eindruck ist, dass es sich um eine Skizze handelt, die mir so viele Anregungen zu enthalten scheint, dass es sich lohnt, sie auszuführen etwa im Sinne eines modernen Eulenspiegels oder eines Elefanten im Porzellanladen oder …
Ich bin darauf gespannt. Man kann etwas aus Deinen Einfällen machen.
Herzliche Grüße
Wilhelm

 

Hallo HollyiwoodOni,

Schön, dass du meinen Stil magst. Habe versucht, kurze und einfache Sätze zu bilden, damit Inhalt und Handlung an Bedeutung gewinnen. Ist dann eine Art Bericht geworden. Das witzige finde ich hier, die Reibung zwischen der nüchternen Berichterstattung, und der surrealen, überspitzen Traumwelt.
Wenn du sagt, dass du dich nicht amüsiert hast, ist das einerseits schade, anderseits völlig in Ordnung. Vielleicht geht es manchmal mehr um den Prozess, als um das Ergebnis.

Liebe Grüße vom
Cybernator

 

Tach Wilhelm!

Danke für die kritische Würdigung.
Klar, sind alles nur Andeutungen. Ist alles knapp gehalten. Als Stilmittel.
Aber natürlich hast du vollkommen Recht. Man möchte schon mehr wissen und es ist zu billig, irgend was hin geklatscht zu bekommen.
Auch wünschte man sich ein Fazit oder einen Sinn dieser Sinnlosigkeit. Der Held geht schließlich in den Supermarkt, ohne etwas kaufen zu wollen.
Er möchte was erleben. Dies ist meiner Meinung nach seine Intention, und nicht eine Kompensation mit der Begegnung mit dem Schulfreund.
Aus euren Kommentaren lese ich aber, dass da so viel mehr drinsteckt. Habe auch schon mit einer Überarbeitung begonnen, bei der ich all dies berücksichtigen werde.
Und ich bin auch gespannt, was dabei raus kommen wird :)

Liebe Grüße
Cybernator

 

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