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Super M.

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26.10.2002
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Super M.

Es kam ihm vor, als könnte er seine Bewegungen nicht mehr kontrollieren.
Sie kamen ihm kurz vor, abgehackt, geradezu willkürlich; und oft musste er mit Erstaunen feststellen, dass er stehen blieb oder sich duckte, um plötzlich wieder loszurennen. Er suchte in seinem Gedächtnis nach Erinnerungen, ob dieser Zustand schon immer so gewesen wäre. Er überlegte, wer wenn nicht er selbst seinen Körper kontrollierte; er konnte sich aber auf nichts besinnen. Als hätten seine Erinnerungen in genau dem Moment gestartet, als ihm seine merkwürdige Lage bewusst geworden war.
Beinahe fand er es schon amüsant, dass sein Gehirn so wenig mit der Koordination seiner Gliedmaßen zu tun hatte; jedoch hatte er so um so mehr Zeit sich zu überlegen, wie lächerlich das wohl aussehen musste. Er hoffte, dass er wenigstens keinen allzu dümmlichen oder überrascht wirkenden Gesichtsausdruck hatte, denn es kam ihm vor, als sollte er in seiner derzeitigen Lage wenigstens etwas Souveränität ausstrahlen. Denn je mehr er seine Aufmerksamkeit von sich selbst abwandte und damit aufhörte, das Rätsel, dass er sich selber war, lösen zu wollen, desto mehr bemerkte er seine Umwelt.
Es kam ihm vor, als wäre er zurückgekehrt.
Die Landschaft um ihn herum wirkte auf ihn merkwürdig vertraut. Es war eine merkwürdig eintönig wirkende, surreale Landschaft aus lauter Quadraten. Sie wirkten merkwürdig stabil und waren nach einer nicht nachvollziehbaren Ordnung aneinandergereiht oder getürmt; ab und zu tat sich jedoch ein großer Spalt zwischen ihnen auf. Sein Eindruck, dass er schon einmal hier gewesen war, verstärkte sich, als er beobachtete (war es nicht merkwürdig, so neben sich zu stehen), wie sein Körper scheinbar mühelos alle Klüfte übersprang, bevor er selbst sie überhaupt wahrnahm. Er wollte sich umsehen, den Blick nach oben richten zum Beispiel, wo er aus den Augenwinkel eine unnatürlich grelle blaue Farbe wahrnahm, doch er stellte fest, dass ihm auch die Kontrolle über seine Augen genommen worden war. Er konnte nur geradeaus starren, was seine Hoffnungen auf ein würdevolles Aussehen eher zunichte machte. Er musste ja geradezu dämlich wirken mit diesem Tunnelblick!
Auf einmal sah er vor sich eine große, goldene Münze schweben. Sie war so unnatürlich groß, dass es seine spontane Reaktion gewesen wäre, in Deckung zu gehen, doch was auch immer ihn bewegte, ließ das nicht zu. Mit Schrecken stellte er fest, dass er geradezu gegen die Münze gesteuert wurde, doch statt entsetzlicher Schmerzen, einem demolierten Gesicht oder sonstigen Konsequenzen hörte er nur einen scheppernden Glockenton und die Münze war verschwunden.
Er wurde sich selbst immer unheimlicher. Während er weiter durch diese Landschaft gerannt wurde – wie anders sollte er es ausdrücken, da er selbst willentlich nicht Teil dieses Prozesses zu sein schien?- musste er feststellen, dass er nicht nur Münzen verschwinden lassen konnte. Es tauchten auch merkwürdige Wesen vor ihm auf, die auf ihn wirkten wie mutierte Schildkröten in den unmöglichsten Farben. Bevor er jedoch auch nur Zeit hatte, Angst zu haben, lösten sich die Wesen unter seinem Sprung in Nichts auf.
Aus seiner anfänglichen Belustigung wurde ein beinahe katatonischer Stumpfsinn. Er hätte gerne das Handtuch geworfen, sich hängen lassen, doch wie sollte er das tun, da er nicht einmal einen kleinen Finger willentlich bewegen konnte? Aus der Angst vor dem eigenen Körper wurde Haß, er hätte sich gerne in einen Spalt fallen lassen, um diesem Wahnsinn ein Ende zu machen; doch egal wie stark er sich darauf konzentrierte, nicht zu springen, sich fallen zu lassen- er fand sich wieder auf der anderen Seite.
Plötzlich sah er vor sich in einiger Entfernung ein Tor. Aus irgendeinem Grund löste es in ihm eine Art Hoffnung aus, dass hinter diesem Tor etwas auf ihn wartete. Ein zentrales Nervensystem zum Beispiel, dass ihm erlauben würde, endlich wieder er selbst zu sein. Vor der Tür wartete noch eine Kröte, was soll‘s, kein Probl-----

„Mist“, sagte der kleine Junge. „Fast hätte ich die Welt geschafft“. Und er beobachtete, wie zu einem blechernen Glockenton der Schriftzug GAME OVER über den Bildschirm flackerte.

 

Hi shrimps,

willkommen hatte ich dir ja bereits gesagt. Da war es aufs Umsehen bezogen, jetzt beziehe ich es auf den Autor: willkommen!

Gute Idee, gut und flüssig geschrieben. Kann nichts zu meckern finden. Denke, es soll der digitale Super Mario sein, dein Protagonist. Der letzte Satz kommt nicht wirklich überraschend, man hat es bereits gewußt, aber er rundet die Geschichte irgendwie ab.

Ein guter Anfang hier, läßt auf interessante neue Geschichten hoffen.
Gruß vom querkopp

 

Hallo shrimps,

ich dachte erst, es geht um einen Boxkampf, war aber auch so eine schöne Story.
Einige Anmerkungen zur Verbesserung:
„... gewesen wäre. Er überlegte, wer seinen Körper kontrollierte, wenn nicht er selbst.“
„... hätten seine Erinnerungen ...“
Eine „eindimensionale Landschaft“ kann keine „Blöcke“ abbilden.
„... alle Klüfte...“ ; „Kontrolle über seine (was?) genommen war.“ „... in Nichts auf“.

Das `Fremdgesteuert Sein´ hast Du prima beschrieben, weiterhin viel Erfolg,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo,

mit solchen Kritiken hatte ich gar nicht gerechnet. Ich will das nicht überbewerten, aber danke. Es macht Mut, dabeizubleiben.

@querkopp: Dito....danke.

@Woltochinon: Hast Recht in allen Punkten; habe die Tippfehler -hehe- ausgebessert und aus den Blöcken mal "Quadrate" gemacht. Nicht toll, vielleicht fällt mir was Besseres ein, außerdem war es "nur" ein Versuch..

shrimpy

 

Hallo shrimps,

strenggenommen brauchst Du für Quadrate zwei Dimensionen. Ändere doch einfach das "eindimensional" in eintönig, oder was immer Du willst.

Tschüß... Woltochinon

 

So, nachdem ich ja das Vergnügen hatte, Dich im Tratschkanal zu treffen, mußte ich natürlich eine Geschichte von Dir lesen. Die Idee gefiel mir gut, ich sah vor mir so eine dreizehn- bis vierzehnjährigen vor einem Computerspiel. Gut gebracht wurde, finde ich, das "Aufgehen" des Protagonisten in eine irreale Welt "virtuelle Realität".

in genau dem Moment gestartet
am Anfang, als ich die Geschichte nicht zu Ende gelesen hatte, fand ich "gestartet" in Zusammenhang mit Erinnerungen nicht so gut, aber jetzt da ich das Ende und den ganzen Inhalt kenne, finde ich es wieder sehr passend, da es ja diese Computersprache wiedergibt. Als ob die Erinnerungen beim Anwerfen "hochlauften" wie wie ein Programm.

Ist Dir gelungen

liebe Grüße aus Wien

Echnaton

 

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