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13.02.2003
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Das letzte Gespräch

„Warum haben sie es getan?“ –„Ich kann den Leuten nicht in die Augen sehen.“ – „Da müssen sie schon etwas weiter ausholen und sich erklären…“ – „Da es ohnehin keine Rolle spielt, werde ich ihnen meine Geschichte erzählen, aber die Menschen sprechen zu viel. Glauben sie nicht, dass nur 90% alles Gesagten reichen würde? Wie oft sagen sie guten Tag, wenn sie es gar nicht wünschen? Worte sind verräterisch, wenn man Gefühle direkt ausdrücken könnte, dann gäbe es vielleicht keinen Krieg, kein Elend. Der Mensch leidet unter der Beschränkung seine Gefühle nur durch Worte und Gesten ausdrücken zu können. Und dennoch will ich ihnen erzählen, was mich dazu getrieben hat hier zu sein.“ – „Sie…“ –

„Egal. Haben sie niemals das Gefühl etwas zu suchen? Nie das Gefühl, dass ihr Leben sich irgendwo anders abspielt und sie einfach nicht dabei sind? Ich habe nicht irgendwie das Gefühl immer nur einen Schritt zu spät zu sein. Nein, sondern völlig am falschen Ort. Soweit weg, dass ich sagen muss, dass es irgendwo jemanden gibt, der mein Leben lebt, denn ich selbst lebe es nicht. Ich bin gefesselt an ein Leben, das ich nicht leben will. Ich bin auf der Suche nach Etwas, den Preis dafür es zu finden, bin ich bereit zu zahlen: Alles was ich je hatte und jetzt noch habe. Die Leute die ich kannte verstehen mich nicht, sie auch nicht, aber sie mögen mich. Aber nichts ist umsonst. Jeder sucht, das wurde mir bald klar, aber die Wenigsten finden, denn sie sind zu feige sich rauszutrauen, sich wirklich auf den Weg zu machen, sie haben Angst davor nichts zu finden, denn was ist wenn es nichts gibt?“

Er lässt ein paar Sekunden verstreichen und streicht sich seine Haare aus dem Gesicht.

„Haben sie jemals in den Himmel geblickt? Jemals in die Sterne geschaut, den Mond studiert? Diese Ferne die einen beinahe zerreisst, aber auch dieser Schönheit, dieser innerliche Druck der sich aufbaut, das tiefe Verlangen dort zu sein, trieb mich zu meiner Tat, ich wollte diese Schönheit fassen, in mir aufsagen, meine Suche sollte ein Ende haben. Ich wollte diesen Ort finden, mit der Gewissheit von da aus denselben Mond und dieselben Sterne zu sehen. Vielleicht finde ich nicht, was ich suche, solange ich denselben Mond mit denselben Sternen sehe. Zumindest nicht auf diese Weise, aber jetzt ist es ohnehin zu spät.“
Wieder hält er kurz an.
„Ich kann den Leuten nicht in die Augen sehen. Die Angst davor zu finden was ich suche, vielleicht, oder die Angst in Tränen auszubrechen. Ich kann es nicht sagen. Ich kann nur sagen, dass ich weg muss. Wohin? Nirgendwo hin. An jeden Ort den ich mir je gewünscht habe zu sehen. Dorthin wo nur die Gefühle zählen, keine Worte. Nur das was zählt. Verschwinden. Den Weg beginnen um zu merken, dass es zu spät ist, dass ich es nicht hätte tun sollen. Mein schattiges Loch verlassen. Die Grenze überschreiten, das wollte ich tun und ich habe es getan. Und weil ich es getan habe, schauen mich die Menschen anders an: Vorurteile. Wer gibt ihnen das Recht zu urteilen, darüber ob sie jemanden angenehm finden oder nicht? Können sie Anderen geben was diese suchen? Können sie mir geben was ich suche? Nein, sie können es nicht. Und weil sie wissen, dass sie es nicht können sperren sie mich weg. Meine Träume habe ich längst verloren und wer seine Träume verliert, der verliert seine Seele. Zu wissen, dass mein Leben gelebt wird ohne, dass ich es beeinflussen kann zerreist mich. Es ist einfacher zu Hassen als zu Lieben. Also behaltet eure Liebe für euch und verschwendet sie nicht, sondern hasst diejenigen, die ihr hassen müsst. Vielleicht ist meine Schwäche, dass ich zu viel rede ohne zum Wesentlichen zu kommen, aber gerade deshalb bin ich akzeptiert worden. Doch innerlich zerriss es mich, ich wollte der Welt zeigen wer ich wirklich bin, aber nicht dieser Welt. Sie hat es nicht verdient. Und jetzt hat mich meine Reise soweit getrieben, dass ich auf dieser Eisscholle festsitze und mir kalt ist. Ich sitze da und wünsche mir, dass diese Eisscholle verschwindet, schmilzt. Aber das wird sie nicht, aber ich werde verschwinden. Ich werde ausgelöscht, man versucht mich von hier zu entfernen, als ob es mich nie gegeben hätte. Aber in einem Punkt irrt ihr euch: Ich werde zwar verschwinden, aber mein Leben wird bleiben. Irgendwo. Denn ich habe es nie gelebt.“
– Der Mann gegenüber blickt den jungen Mörder an und sagt: „Damit werden wir nicht weit kommen.“ –„Ich habe nicht damit gerechnet, dass man mich verstehen wird.“


Meine Inspirationsquelle: Alice in Chains - Down In A Hole (Unplugged)

 

Servus Sternenhimmel!

Ein Mensch ein ganzer Sternenhimmel?
Deine Geschichte hat mir gut gefallen, hat mich festgehalten und trotzdem weiß ich manches nicht. Dieser Mörder sagt uns warum er anders geworden ist als die anderen. Er erzählt, dass sein Leben so wie es sein sollte und war unlebbar geworden ist, dennoch - es wird gelebt, möglicherweise, sagt er, aber nicht von ihm. Und aus dieser wirren Situation nirgends hinzupassen und sich nicht mehr anpassen zu wollen passiert ein Mord? An seinem zweiten Ich oder wen oder was?

Lieben Gruß an dich - schnee.eule

 

nun...die idee mit dem mord rührt aus dem gedanken, etwas ultimatives zu tun, der mord an seines gleichen ist ja einer der tiefsten moralischen abgründe, die sich dem modernen menschen auftun, diese idee hat auch schon max frisch in seinem theaterstück "Graf Öderland" (dort fungiert die axt als symbol der freiheit, allerdings als befreiung aus der gesellschaft) aufgegriffen.
desweiteren erwartet der mörder nicht verstanden zu werden, er selbst vesteht ja auch nicht ganz, sondern wird von dieser flut von gefühlen überwältig...
auf jeden fall danke ich dir für das lesen und das feedback schnee.eule
lieben gruss auch an dich
Sternenhimmel

 

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