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Wo bist du? Ich suche dich nun schon solange. Meine Eltern sagen, du bist weg und kommst nicht wieder. Ich glaube nicht, dass du mich verlassen würdest. Wir waren damals beste Freunde, haben alles miteinander geteilt. Eis, Hobbys und so weiter. Es gab kein meins oder deins, alles gehörte uns beiden. Aber jetzt bist du weg. Von heut auf morgen fand ich dich nicht mehr. Alle sagen es hat keinen Sinn zu suchen, aber ich gebe nicht auf. Ich mache das alles für dich, nur für dich.
Ich weiß wo du wohnst, ich weiß wo du bist, aber ich finde dich nicht. Du bist da, aber dennoch weg. Alle sagen es hat keinen Sinn zu suchen. Sie sagen du nicht gefunden werden.
Aber ich werde dich finden. Du brauchst mich, du weißt es nur noch nicht, so wie du nicht weißt wo du bist. Alle sagen sie mir, dass ich dich nicht finden kann, da du dich ja selbst nicht findest. Du sitzt nur da und ich sitze neben dir, aber trotzdem finde ich dich nicht. Du verlierst dich jeden Tag neu und niemand kann dir helfen. Ich will dir helfen, doch du erkennst mich nicht. Jeden Tag erzähle ich dir von unseren gemeinsamen Erlebnissen. Jeden Tag hoffe ich, dass du dadurch aufwachst.
Für heute muss ich gehen, aber ich komme morgen wieder. So wie ich jeden Tag zu dir kam. Jeden Tag seit dem Unfall. Das Auto war zu schnell und stoppte erst hinter dir. Wundersamer weise überlebtest du und trotzdem warst du nicht mehr da. Du konntest dich nicht mehr erinnern. Weder an deine Eltern, noch an mich, noch an unsere gemeinsame Zeit.
Seitdem suche ich dich unermüdlich, auch wenn alle sagen, dass es zwecklos ist. Er ist weg, sagen sie. Doch ich gebe nicht auf. Dir zuliebe. Du warst für mich da wenn es mir schlecht ging, du gabst mir Kraft und halten an jede einzelnen Tag. Dafür revanchiere ich mich jetzt. Ich bleibe bis es dir besser geht und wenn's sein muss ein ganzes Leben lang.
Ich muss gehen, aber ich komme wieder! Ich drehe mich um und verlasse das Zimmer. Ich steh auf dem Flur und höre dich ein Wort sagen. Unermüdlich ein einziges Wort. Immer wieder und wieder diese eine Wort. Ich stürme zurück in dein Zimmer und gehe auf dein Bett zu. Mit jedem Schritt strömen die Tränen heftiger über meine Wange nach unten. Du schaust mich an und wiederholst die ganze Zeit dieses eine Wort. Ich weiß jetzt, dass die Zeit mit und bei dir nicht sinnlos war, wie alle sagten. Ich habe dich gefunden.
Die Schwester sagte zu mir, dass ich jetzt gehen muss. Ich drehe ich um und verlasse das Krankenhaus. Den ganzen Weg nach Hause höre ich das Echo deiner Stimme die wieder und wieder einen Namen sagt. Meinen Namen.

 

Hallo Wagner,

die Emotionalität deines Textes hat mich sofort angesprochen, das Lesen bereitete mir allerdings trotz seiner Kürze etwas Mühe.
Das lag zum einen daran, dass ich keinen Handlungsaufbau/Spannungsbogen/ Roten Faden finden konnte, aber auch an den ständigen Wiederholungen des Wortes "suchen". Das du etwas suchst, wird schon im ersten Satz klar, was du aber eigentlich suchst, hat sich mir nicht wirklich erschlossen. Deinen besten Freund? Deine Kindheit? Dich selbst?
Handlungsmäßig habe ich verstanden, dass es einen Unfall gab, jemand im Krankenhaus liegt und im Delirium deinen Namen sagt?
Das du aber nicht nur die Geschichte eines tragischen Unfall erzählen möchtest, schließe ich aus der Rubrik Philosophisches, unter der du deine Geschichte eingeordnet hast.

Auf mich hatte der Text durchaus eine Sogwirkung, aber aus den genannten Gründen hat es mich dann leider doch immer wieder aus der Bahn geschlagen. Vielleicht denke ich auch nur nicht schnell genug.

Viele Grüße

Willi

 

Alle sagen sie mir, dass ich dich nicht finden kann, da du dich ja selbst nicht findest. Du sitzt nur da und ich sitze neben dir, aber trotzdem finde ich dich nicht.

Herzlich willkommen hierorts und
grüß Dich Wagner!

Das eigentliche Problem Deines Textes ist nicht so sehr die Einordnung innerhalb der Gattung Erzählung und relativ objektiver Kriterien der handwerklichen Seite, sondern dass der Leser, der so gut wie nix über den Icherzähler und Autoren weiß . Was zudem noch eine Steigerung darin erfährt in der Frage, ob die Niederschrift Fiktion oder (auto-)biografisch bestimmt ist. Relativ gefahrlos, ohne verletzend zu sein, kann die grammatische Seite des Textes beurteilt werden, auf die der Seelenschmerz um eine durch Unfall verlorene Liebe kaum einen Einfluss haben sollte. Und da steht‘s nicht zum Besten, wie hier beim zwoten Satz bereits:

Ich suche dich nun schon so[...]lange.
„So lange“ als unbestimmtes zeit-/räumliches Adjektiv (wie hier in dem Satz) wird auseinander geschrieben, „solange“ die Zusammenschreibung eine Konjunktion bleibt.

Wörtliche Rede findet nicht statt. Was die Eltern und andere sagen, wird vom Erzähler referiert und sollte daher in indirekter Rede, Konjunktiv I stehen:

Meine Eltern sagen, du bist weg und kommst nicht wieder.
(korrekt „du seiest weg und kommest nicht wieder, so ist die Regel. Tatsächlich wird meistens der Konj. II „du wär(e)st weg und käm(e)st nicht wieder“, verwendet, weil die korrekte Form seltsamer klingt, als der Konjunktiv irrealis, der hier aber in Deiner Geschichte wahrhaftiger ist, als die korrekte Form. )

Warum? Zum einen will der Erzähler bei dem Unfallopfer bleiben,

bis es dir besser geht
und hofft
dass du ... aufwachst.
oder auch das Eingangszitat.

Nicht ein Ort wird gesucht, sondern dass (bewusstlose?) Opfer soll buchstäglich zu sich selbst zurückfinden.

So zumindest die Hoffnung des Erzählers, dass es gelingen kann, im Gegensatz zu den anderen, etwa den Eltern, deren Zweifel auf jeden Fall den Konjunktiv irrealis rechtfertigt.

Probleme bereitet auch die Zeichensetzung

Alle sagen[,] es hat keinen Sinn zu suchen, aber ich gebe nicht auf.
(da ist der übergeordnete Satz "alle sagen" von der indirekten Rede zu trennen (in der direkten Rede kämen da Ausrufezeichen und Gänsefüßchen statt des Kommas hin). Und auch hier: Korrekt ist der Konjunktiv, "es habe/hätte keinen Sinn ...") Da solltestu alle indirekte Rede noch mal durchsehen.

Ich weiß[,] wo du wohnst, ich weiß[,] wo du bist, aber ich finde dich nicht.
...Du brauchst mich, du weißt es nur noch nicht, so wie du nicht weißt[,] wo du bist.

Wundersamer weise überlebtest du und trotzdem warst du nicht mehr da.
"Wundersamerweise" besser ein Wort!

Du warst für mich da[,] wenn es mir schlecht ging, du gabst mir Kraft und halten an jede einzelnen Tag.
Besser statt des Verbs "halten" sein Substantiv "Halt", analog der Kraft.
Ich bleibe[,] bis es dir besser geht[,] und wenn's sein muss ein ganzes Leben lang.

Schließlich Hoffnung im ersten Wort
Ich steh auf dem Flur und höre dich ein Wort sagen. Unermüdlich ein einziges Wort. Immer wieder und wieder diese eine Wort.

Dann eine buchstäbliche Überflüssigkeit
Mit jedem Schritt strömen die Tränen heftiger über meine Wange nach unten.
"Nach unten" - wohin denn sonst?

Ich drehe [m]ich um und verlasse das Krankenhaus.

Und ein schöner Schlusssatz:
Den ganzen Weg nach Hause höre ich das Echo deiner Stimme die wieder und wieder einen Namensagt. Meinen Namen.

Gern gelesen vom

Friedel

 

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