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Subkutan
Beldrog führte seine Männer ins Vergessene Tal. Einen Ort, über dessen Gefahren er sie bewusst im Dunkeln gelassen hatte. Denn es lag in seiner Absicht, sie auf die Probe zu stellen. Da sie erst kürzlich ein kraftzehrendes Scharmützel ausgetragen hatten, waren sie schlichtweg nicht auf derlei gefasst. Sobald sie eine bestimmte, unsichtbare Schwelle überquert hatten, spürte Beldrog die Nadelstiche feiger Blicke aus dem Hinterhalt.
Er schwang seine mit Dornen gespickte Keule bar jeder Muskelspannung und gab vor, keine Notiz von den zwei Dutzend Berserkern zu nehmen, die auf eine günstige Gelegenheit zum Angriff lauerten. Beldrog würde nicht einmal versuchen, sie daran zu hindern. Im Gegenteil: seine Keule – von der man sich erzählte, er habe sie in Wahrheit aus den Körperteilen niedergerungener Feinde gefertigt – glitt ihm aus der Hand und senkte sich schwer in das vom Regen aufgeweichte Erdreich.
Ein Wimpernschlag verstrich, dann brach ein Sturm aus heiseren Kehlen und gewetzten Äxten los. Mit einiger Verzögerung zückten seine Mannen die Waffen und setzten sich zur Wehr. Ihren Bewegungen war jedoch nicht die geringste Leichtigkeit anzusehen. Dass sie den todbringenden Hieben entgingen, verdankten sie einzig dem Zufall oder der Trunkenheit ihrer Widersacher. Irgendwann vermochten sie ihre Position nicht länger zu behaupten, sie wurden unweigerlich zurückgedrängt. Die meisten von ihnen schienen nicht einmal mehr dazu in der Lage, ihre Schwerter in der einem Krieger angemessenen Manier zu handhaben. Beldrogs Ernüchterung setzte seiner Langmut ein vorzeitiges Ende. Mit einem flinken Rundumschlag befreite er die Seinen aus ihrer Zwangslage. Das Berserkerblut tropfte von seiner Keule wie von den Lefzen eines Wolfes. Jeder seiner Schützlinge vergalt es ihm mit einer wortlosen Geste der Demut.
„Vielleicht“, verkündete Beldrog gönnerhaft, „erlangt ihr eure Kräfte schneller zurück, nachdem ihr auf meine Kosten eine Nacht im Freudenhaus verbracht habt.“
Ein gemeinschaftlicher Freudenschrei blies die eben erlittene Schmach hinfort.
„Aber vergesst nicht“, fügte er mit Bestimmtheit hinzu, „wenn ihr mir erneut Schande bereitet, werdet ihr den Rest eures Lebens dort verbringen … allerdings nicht als Kunden.“
Er kostete ihre versteinerten Mienen einen Moment lang aus, bevor er sie mit einem Laut erlöste, der mehr Grunzen als Lachen war.
„Ich bin dann mal afk“, sagte er lakonisch, ehe er sich mit einer weiteren Tüte Chips aus der Küche eindeckte. In Wirklichkeit war er kein legendärer, Ehrfurcht gebietender Krieger, auch brachte er nicht annähernd so viel auf die Waage wie sein imposanter Avatar. Stattdessen kämpfte er mit aller Macht gegen seinen Kollibri-Metabolismus an, indem er Abend für Abend tausende von Kalorien in sich hinein schaufelte. Er hieß Marcel und genoss die Übergangszeit zwischen Abi und Uni so, wie es die meisten seiner Artgenossen taten, wenn sie nicht ins Ausland flohen oder soziales Engagement heuchelten.
Seine Rückkehr an den Laptop sollte ihn mit etwa demselben Schreck erfüllen, den seine virtuellen Gesinnungsbrüder erlebt hatten. Er war nämlich auf weiter Flur allein.
„Haben die sich jetzt wirklich einfach so verpisst?“, murmelte er geknickt in das Mikrofon seines Headsets. „Kameradenschweine!“
Er musste damit unwissentlich eine magische Formel ausgesprochen haben. Denn plötzlich hatte er mehr Gesellschaft, als ihm lieb war. Eine ganze Horde von Untoten, die er in diesem Areal eigentlich nicht hätte antreffen dürfen, steuerte in trägem Gleichschritt, dafür erstaunlich koordiniert, auf ihn zu. Noch bevor Beldrog/Marcel eine clevere Strategie ersinnen konnte, hatten ihm die wandelnden Leichen jeden Fluchtweg abgeschnitten.
„Dann wollen wir mal!“, röhrte er selbstsicher, malträtierte anschließend Maus und Tastatur und schlug eine Schneise durch den Pulk. Ein ums andere Mal musste er einen Brechreiz herunterwürgen, den er sich nicht recht erklären konnte. Dann war es vollbracht. Er hatte sich abermals nicht von der zahlenmäßigen Überlegenheit eines Gegners beirren lassen. Seinen Triumph begoss er, relativ profan, mit einem Schluck Sprite.
Doch es war noch nicht ausgestanden. Die Texturen verschwammen unversehens, der Bildschirm wurde schwarz. Seine Online-Repräsentation war vorläufig auf sich allein gestellt. Anfangs starrte Marcel nur teilnahmslos vor sich hin. Dann jedoch begann es merklich in ihm zu brodeln. Der durch stickige Zimmerluft und unregelmäßigen Schlaf gedämpfte Zocker geriet außer sich.
„Was soll der Scheiß?“, brüllte er ungehalten, wischte seinen Softdrink vom Tisch und stand kurz darauf wie ein Ankläger vor seinem Laptop. „Wisst ihr überhaupt, wie lang ich mir den Arsch aufgerissen hab, um meine Figur auf den Level zu bringen?“
„Momentan“, ertönte eine computergenerierte Stimme, „bin ich der Einzige, der dich hören kann. Und ich könnte mich kaum weniger um deine lächerlichen Beschwerden scheren. Also langweile mich gefälligst nicht mehr damit!“
Marcel schmunzelte unwillkürlich. Er ging jede Wette ein, dass ihm einer seiner Teamkollegen mithilfe eines Stimmenverzerrers einen Streich spielen wollte.
„Bist du das, Nero44?“, fragte er amüsiert.
„Da muss ich dich leider enttäuschen.“ Die Stimme klang nun nicht länger künstlich. Marcel hatte eine Gänsehaut, weil er glaubte, dass ihr Besitzer mit ihm im Raum war. „Hast du dich allen Ernstes für diesen Unfug ausmustern lassen?“
Marcel stockte einen Augenblick. Seine Kehle war staubtrocken. Hatte er sich da verhört? Keiner seiner Zocker-Freunde konnte das wissen. Er kannte nämlich keinen von ihnen persönlich und hatte dieses Detail immer für sich behalten.
„Wie, bitte, was?“ Er bereute sein Gestotter sofort, schlug sich mit der Hand gegen die Stirn.
„Das“, versetzte der Andere dunkel lachend, „war nicht allzu überzeugend. Aber noch ist es nicht zu spät. Noch kannst du deine Fähigkeiten unter Beweis stellen.“
„Was genau soll das heißen?“, fragte Marcel mit einer Mischung aus Neugier und Unbehagen.
„Dass ich dir helfen kann, dein Potential freizulegen.“
Doch Marcel hörte ihn schon nicht mehr. Denn das Serverproblem war endlich behoben. Der Bildschirm hellte sich nur sehr langsam auf. Als würde sich jemand einen Spaß daraus machen, an Marcels Nervenenden zu sägen. Denn niemand hatte Beldrogs Wehrlosigkeit ausgenutzt. Er stand völlig unversehrt an derselben Stelle wie noch vor ein paar Minuten.
„Sorry“, sagte er kurz angebunden, „aber ich hab noch was Wichtiges vor. „Vielleicht können wir demnächst mal wieder quatschen.“
Endlich bin ich den Typen los.
„Nicht so schnell.“
Vor ihm tauchte unvermittelt ein neuer Spieler auf. Er versuchte mehrmals, diesem auszuweichen, doch der Andere kam ihm stets zuvor. Irgendwann gab Beldrog/Marcel auf.
„Wenn ich mich einmal vorstellen dürfte“, sagte der Fremde feierlich und deutete eine Verbeugung an.
Seine Worte hauchten den unter Blut und Innereien begrabenen Knochen der Untoten neues Leben ein. Wie ein selbstlösendes Puzzle für Ekelresistente krochen sie aufeinander zu, ehe sie sich beinahe gewaltsam wieder zusammenfügten. Sie nahmen Formen an, die zum Teil grotesker anmuteten als zuvor. Erst jetzt gewahrte Beldrog/Marcel, dass sie alle ein und dasselbe Gesicht trugen.
„Ich“, sprachen sie simultan, „bin Romes und werde dir eine neue Sicht der Dinge eröffnen … ob du nun willst oder nicht.“
„Und wenn ich nun so gar nichts dazulernen will?“
Beldrog/Marcel stürmte blindlings gegen die Übermacht an und schaffte es tatsächlich, einige der Duplikate von Armen und Beinen zu trennen. Doch sobald er sich verausgabt hatte, trampelten sie ihn einfach nieder und hätten ihn wohl zerquetscht, wenn ihr Anführer sie nicht mit einem kaum vernehmlichen Befehl daran gehindert hätte.
Er durchschritt die Reihen seiner Schergen und blieb vor Beldrog/Marcel stehen, auf den er geradezu wohlwollend hinabblickte, ehe er ihm die Hand reichte und mit einem Ruck auf die Beine half.
Romes klopfte ihm den Staub von der Kleidung, ging dann auf Abstand, als befürchtete er, sich bei Beldrog/Marcel mit etwas anzustecken.
„Was ist denn jetzt schon wieder?“, wollte dieser wissen.
„Spürst du es wirklich nicht?“ Beldrog/Marcel schüttelte den Kopf. „Deine Hand …“
Ungläubig inspizierte er sie, betrachtete jedes Pixel davon wie einen Fremdkörper, der erst seit Kurzem seinen Armstumpf zierte und an den er sich bislang noch nicht gewöhnt hatte.
„Ich weiß noch immer nicht, was …“, begann er, doch viel weiter sollte er nicht kommen, denn ein brennender Schmerz schnitt ihm das Wort ab.
Fassungslos beobachtete er, wie etwas, das einer Schlange glich, unter seiner Haut den Unterarm empor mäanderte und allmählich auf die Größe eines Tumors anschwoll, der den gesamten Arm zu verzehren drohte. Romes und seine Doppelgänger applaudierten, der Rhythmus ihres Beifalls schien den Parasiten anzufeuern. Dieser fraß sich nämlich immer schneller durch Muskeln und Sehnen, bis er unter matschigem Bersten an der rechten Schulter austrat und Augenkontakt zu seinem Wirt herstellte. Beldrog/Marcel vermochte seinen Blick nicht abzuwenden, was die schlangenartige Kreatur zum Anlass nahm, ihm mit ausgefahrenen Giftzähnen ins Gesicht zu springen.
Ehe er das Bewusstsein verlor, flüsterte ihm Romes etwas ins Ohr: „Hiermit bist du offiziell rekrutiert.“
Sein virtueller Tod kappte die Verbindung zwischen Beldrog und Marcel ein für alle Mal. Marcels in das Spiel ausgelagerter Geist fuhr mit einer solchen Wucht in seinen Körper zurück, dass er vom Stuhl kippte und auch in der Realität eine Weile außer Gefecht war.
Langsam rappelte er sich auf. Sein Laptop war schrottreif. Doch Marcel hatte gerade andere Sorgen, als das Universum oder die Herstellergarantie dafür zu verfluchen. Er war groggy, fasste sich an die Stirn, als müsste er Teile seines Hirns in den Schädel zurückschieben. Mit pochenden Schläfen schlurfte er ins Bad und prüfte im Spiegel, ob sein Körper noch einigermaßen intakt war. Dem war nicht so: sein rechter Arm war nichts weiter als ein zerfledderter Hautlappen, der an seinem Torso herabhing. Kurz spielte Marcel mit dem Gedanken, ihn zu amputieren. Seine Selbstverstümmelungsfantasie musste aber erst einmal warten, weil ihn zwei Dinge daran erinnerten, dass er in Lebensgefahr schwebte: seine stark blutende Schulterwunde und das Geräusch von etlichen umfallenden Gegenständen im Nebenraum, begleitet von einem unverkennbaren Zischen.
Seine einzige Chance war das Badezimmerfenster. Für einen neuerdings Invaliden mit jahrelanger Sportabstinenz aber ebenso eine nicht geringe Herausforderung. Mit dem noch brauchbaren Arm riss er es auf, wobei die Scheibe klirrend zu Bruch ging.
„Natürlich …“, brummte er verdrossen. Er wagte es nicht, sich umzudrehen. Doch das brauchte er gar nicht. Denn die Schlange – oder was auch immer das Ding war – schnappte bereits nach seinem rechten Pantoffel.
„Erstick dran!“, schrie er mit wutverzerrter Miene, ehe er der Kreatur seinen Hausschuh ins Maul rammte und unbeholfen durchs Fenster nach draußen hechtete. Er kam unsanft auf. Glaubte, sich etwas verknackst zu haben.
Doch das Adrenalin ließ ihn keinen weiteren Gedanken daran verschwenden. Er drückte seinen Oberkörper so weit nach oben, dass er sich auf einem Bein, dann auf beiden abstützen und schließlich wieder aufrecht stehen konnte. Mit einem Tempo, das ihn zum perfekten Übungsobjekt für angehende Diebe gemacht hätte, schleppte er sich die Straße entlang und merkte erst, wie unbelebt sie war, als er die nächste Kreuzung erreichte. Alle Ampeln standen auf Rot, andere Passanten und Fahrzeuge suchte er weit und breit vergebens. Marcel wollte sich eine kurze Verschnaufpause gönnen, als das Zischen dezibelschwanger zurückkehrte. Es schien aus allen Richtungen zugleich zu ihm vorzudringen.
„Shit, was jetzt?“, raunte er.
Die Antwort bestand in einem gewaltigen Schatten, den das Reptil wie einen Giftschwall vorauswarf. Tatsächlich lähmte dieser Anblick Marcel vorübergehend. Wie lange konnte er diesem gefräßigen Ungeheuer noch davonlaufen, bis es zu ihm aufschließen und ihn bei lebendigem Leib verschlingen würde? Er lehnte kraftlos an einer Wand, wollte sich hier und jetzt ergeben, als etwas seine Aufmerksamkeit erregte.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite war das schwache Flackern eines Barschildes zu erkennen. Den Namen konnte Marcel allerdings nicht ausmachen.
„Was hab ich schon zu verlieren!“, sagte er sich, ehe er hinüber humpelte und eine quietschende Stahltür aufriss. Alles verstummte und starrte ihn gereizt an.
„Hör schon auf, die ganze Wärme rauszulassen!“ rief ihm jemand zu.
Marcel trat ein. Die Tür schloss sich ganz von selbst hinter ihm. Die Barbesucher gingen nun wieder all jenen Tätigkeiten nach, die Marcel gerade unterbrochen hatte: sie tranken, schrien oder fummelten aneinander herum, als gälte es herauszufinden, ob der jeweils Andere womöglich eine billige Raubkopie war. Nur einer von ihnen ignorierte ihn nicht. Er war ungefähr in Marcels Alter, jedoch nicht annähernd so schmächtig gebaut wie er.
Wie ein guter Freund winkte er ihn zu sich herüber. Seine Augen begannen zu leuchten, als Marcel unmittelbar vor ihm stand.
„Äh, kennen wir uns?“, fragte dieser schüchtern.
„Noch nicht. Aber ich schätze, wir spielen im selben Team. Lass mich dir ein Bier ausgeben.“ Er gab der Bedienung das entsprechende Zeichen.
„Im selben Team?“, wiederholte Marcel verwirrt. „Ich glaub, du verstehst da was falsch. Ich bin nicht, ich mein, ich steh nicht … klar fühl ich mich irgendwie geschmeichelt, aber …“
Sein Gegenüber musste lauthals auflachen, hämmerte mit der Faust auf den Tresen.
„Du glaubst, ich will dich anmachen, oder?“
Marcel nickte.
„Du Witzbold! So einen wie dich können wir hier ziemlich gut gebrauchen, wenn die Stimmung mal im Keller ist.“
„Was meinst du damit?“
„Ich meine“, entgegnete der Andere, während er sich vom Barhocker erhob und einen Arm um Marcel legte, „dass wir im selben Team sind – sprichwörtlich. Romes hat uns beide rekrutiert und hierher gebracht.“
Marcel löste sich aus der oberflächlichen Umklammerung, taumelte zwei Schritte zurück. Ihm wurde kurzzeitig schwarz vor Augen.
„Romes? Hast du da grade Romes gesagt?“
„Jepp. Warum sollten wir sonst alle hier sein?“
„Da hast du wohl Recht“, sagte Marcel. „Aber kannst du mir vielleicht nochmal sagen, wieso genau er uns herbestellt hat?“
„Wir sollen ihm helfen …“, er nahm einen besonders großen Schluck, ehe er weitersprach, „äh, wie hat er dich eigentlich rekrutiert?“
Marcel wusste nichts darauf zu erwidern.
„Na, komm schon!“, hakte der Andere nach. „Schlange oder Wolf?“
„Schlange?“, sagte Marcel zögerlich, und fürchtete, damit seinen unmenschlichen Verfolger zu beschwören.
„Spitzenmäßig! Dann schätzt er also dein strategisches Denken …“
Marcel schüttelte den Kopf.
„Das … wird mir alles zu viel“, stotterte er. „Ich glaub, ich geh jetzt besser.“
Er war im Begriff, die Tür aufzustoßen, als der Andere ihm lässig nachrief: „Du weißt schon, dass deine Schlange da draußen auf dich wartet. Und wenn sie dir bis hierher gefolgt ist, dürfte sie inzwischen die Ausmaße eines Kleinwagens haben. Viel Glück dabei, diesem Ding auszuweichen! War nett dich kennenzulernen!“
Marcel verharrte auf der Stelle. Dann drehte er sich um.
„Woher weißt du das alles?“
„Tja“, sagte der Andere gelassen, „ich lass mich eben auf Romes und seine Lehren ein. Ich kann ihn ständig zu mir sprechen hören – auch jetzt gerade.“
„Aha, und was genau will er von uns?“
Marcel ließ sich nun auf einem Barhocker nieder.
„Es geht um so eine Art Schlacht, die im Verborgenen stattfindet. Aber nicht nur hier, sondern überall auf der Welt, gleichzeitig. Irgendwas von wegen ‚die Menschheit muss ihre Unschuld bewahren und darf nicht herausfinden, wie die Welt wirklich funktioniert‘. Ich hab’s nicht so ganz verstanden … oh, du bist wohl wieder voll einsatzbereit.“
„Kapier ich nicht.“
„Na, mit deinem Arm ist jetzt wieder alles paletti.“
Marcel blickte an sich herab. Sein Arm war vollständig wiederhergestellt. Um sicherzugehen, dass er sich das nicht einbildete, öffnete und schloss er mehrmals die rechte Hand.
„Und was heißt das?“, wollte er wissen.
„Dass du dich Romes gleich beweisen kannst. Das Gemetzel geht nämlich jeden Augenblick los!“
Marcel konnte Romes‘ Einfluss nun unmittelbar spüren. Seine Stimme war ein Instrument, das dezent im Hintergrund seiner Wahrnehmung spielte und jede seiner Bewegungen lenkte. Sie übertönte das Gekreisch, ließ Marcel die Gliedmaßen ausblenden, die wie missgebildete Jonglierbälle durch den Raum geschleudert und von niemandem wieder aufgefangen wurden.
Er ergriff die Kehle eines seiner Widersacher mit beiden Händen. Schraubstöcke, die sich um die Luftröhre schlossen und dem Feind einen letzten Atemzug gewährten, ehe dieser leblos zusammensackte. Die Augen des Unterlegenen brachen nicht, vielmehr blitzte darin etwas auf, das Marcel in seinem Tun bestärkte. Er würde weiter töten, auslöschen und vernichten, um den Fortbestand der Welt zu sichern.