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Sechs Uhr morgens. Max lag im Bett und stellte sich schlafend, während seine Frau versuchte, ihm ihre Zärtlichkeiten bzw. was sie als solche bezeichnete, aufzudrängen. Unsanft rüttelte sie Max an der Schulter. „Was ist eigentlich los mit dir?“ fuhr sie ihn gereizt an. „Bitte Lisa, ich habe Kopfschmerzen“, erwiderte Max, während sich sein Körper verkrampfte. „Verdammt!“ schrie ihn seine Frau an, „entweder du hast Kopfschmerzen oder Depressionen oder sonst was! Du glaubst wohl, dein Schwanz ist was Besonderes, na dir werde ich`s schon zeigen! Ich schinde mich jeden Tag ab, während du daheim auf deinen faulen Arsch herumsitzt! Ich hab mir einen Fick verdient!“ Lisa beugte sich über ihn und nagelte seine schmalen Handgelenke mit ihren groben Pranken fest. Ihr Mund stülpte sich über seinen, und Max musste ein Würgen unterdrücken, als eine Welle von ihrem üblem Bieratem über ihn hinwegwogte. Er unterdrückte ein Stöhnen, als sie sich über ihn warf. Dann kam es ihr und sie rollte von ihm herunter, stand auf und ging ins Badezimmer.
Max blieb liegen und starrte an die Decke. Er überlegte, ab welchen Zeitpunkt ihrer Ehe Lisa begonnen hatte, sich in ein Ungeheuer zu verwandeln. Er wusste es nicht. Er wusste nur, dass er sie hasste und dass er sich selbst hasste, weil er zuließ, dass sie seine Würde mit Füßen trat. Max hatte schon oft überlegt, ein Männerhaus aufzusuchen, aber er hatte Angst vor dem Leben draußen, Angst vor der Selbstständigkeit zu die er gezwungen wäre, Angst vor finanziellen Schwierigkeiten. Angst vor dem Gerede der Leute, die ihre Ehe für normal hielten. Vor all diesen Dingen hatte er mehr Furcht als vor IHR. Er verachtete sich dafür. Jeden Tag ein bisschen mehr.
Er wischte seine nassen Schenkel am Bettlaken ab, zog seine Shorts hoch und ging in die Küche. Stellte Kaffee zu. Deckte den Tisch. Holte Butter und Marmelade aus dem Kühlschrank. Toastete Brot.
Lisa kam aus dem Badezimmer, in denkbar schlechtester Laune, ließ sich am Frühstückstisch nieder und begann zu essen. Fressen war ein angemessenerer Ausdruck, fand Max und konnte nicht verhindern, dass sich seine Mundwinkel angeekelt verzogen. Gott, wie er das alles hasste. Diese Gegend, die Menschen, alles. Und vor allem dieses unmögliche ordinäre vulgäre Weib, dessen Anblick er Tag für Tag ertragen musste. Dass er sich selbst auferlegt hatte, zu ertragen.
Max drehte sich zum Herd und begann Spiegeleier zu braten. Lisa beobachtete ihn, er spürte ihren Blick im Nacken. „Weißt du eigentlich“, sagte sie sehr sanft, „dass dein Arsch von Tag zu Tag fetter wird?“ Max schwieg. Er hatte nie verstanden, warum Lisa aufblühte, wenn sie ihn fertig machen konnte. „Du ödest mich an“, sprach Lisa weiter, „du bist und bleibst ein Jammerlappen.“ Max ballte die Hand um die Kelle, seine Fingerknöchel traten weiß hervor. Lisa beobachtete es lächelnd. „Und du ekelst mich an“ sagte er leise, ohne sich umzudrehen. Lisas Lächeln erstarb, sie stand auf, war mit wenigen Schritten bei ihm, wirbelte ihn herum und versetzte ihm einen gewaltigen Schlag auf den Mund. Max taumelte zurück, aber er wehrte sich nicht gegen sie, es war sinnlos, Lisa war viel stärker als er, er hatte schon öfter mit ihren Fäusten Bekanntschaft gemacht. Seine Knie gaben nach, er sank auf den Boden, Blut sickerte aus seiner aufgeplatzten Unterlippe. Voller Hass sahen sie sich an, Lisa mit geballten Fäusten über ihm, Max geduckt am Boden. „Vergiss nicht, diesen Saustall von Wohnung aufzuräumen“ sagte Lisa und schlüpfte in ihre klobrigen Arbeitsschuhe. Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss.
[ 18.07.2002, 10:40: Beitrag editiert von: Liz ]