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Liz

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12.07.2002
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Sechs Uhr morgens. Max lag im Bett und stellte sich schlafend, während seine Frau versuchte, ihm ihre Zärtlichkeiten bzw. was sie als solche bezeichnete, aufzudrängen. Unsanft rüttelte sie Max an der Schulter. „Was ist eigentlich los mit dir?“ fuhr sie ihn gereizt an. „Bitte Lisa, ich habe Kopfschmerzen“, erwiderte Max, während sich sein Körper verkrampfte. „Verdammt!“ schrie ihn seine Frau an, „entweder du hast Kopfschmerzen oder Depressionen oder sonst was! Du glaubst wohl, dein Schwanz ist was Besonderes, na dir werde ich`s schon zeigen! Ich schinde mich jeden Tag ab, während du daheim auf deinen faulen Arsch herumsitzt! Ich hab mir einen Fick verdient!“ Lisa beugte sich über ihn und nagelte seine schmalen Handgelenke mit ihren groben Pranken fest. Ihr Mund stülpte sich über seinen, und Max musste ein Würgen unterdrücken, als eine Welle von ihrem üblem Bieratem über ihn hinwegwogte. Er unterdrückte ein Stöhnen, als sie sich über ihn warf. Dann kam es ihr und sie rollte von ihm herunter, stand auf und ging ins Badezimmer.

Max blieb liegen und starrte an die Decke. Er überlegte, ab welchen Zeitpunkt ihrer Ehe Lisa begonnen hatte, sich in ein Ungeheuer zu verwandeln. Er wusste es nicht. Er wusste nur, dass er sie hasste und dass er sich selbst hasste, weil er zuließ, dass sie seine Würde mit Füßen trat. Max hatte schon oft überlegt, ein Männerhaus aufzusuchen, aber er hatte Angst vor dem Leben draußen, Angst vor der Selbstständigkeit zu die er gezwungen wäre, Angst vor finanziellen Schwierigkeiten. Angst vor dem Gerede der Leute, die ihre Ehe für normal hielten. Vor all diesen Dingen hatte er mehr Furcht als vor IHR. Er verachtete sich dafür. Jeden Tag ein bisschen mehr.

Er wischte seine nassen Schenkel am Bettlaken ab, zog seine Shorts hoch und ging in die Küche. Stellte Kaffee zu. Deckte den Tisch. Holte Butter und Marmelade aus dem Kühlschrank. Toastete Brot.

Lisa kam aus dem Badezimmer, in denkbar schlechtester Laune, ließ sich am Frühstückstisch nieder und begann zu essen. Fressen war ein angemessenerer Ausdruck, fand Max und konnte nicht verhindern, dass sich seine Mundwinkel angeekelt verzogen. Gott, wie er das alles hasste. Diese Gegend, die Menschen, alles. Und vor allem dieses unmögliche ordinäre vulgäre Weib, dessen Anblick er Tag für Tag ertragen musste. Dass er sich selbst auferlegt hatte, zu ertragen.

Max drehte sich zum Herd und begann Spiegeleier zu braten. Lisa beobachtete ihn, er spürte ihren Blick im Nacken. „Weißt du eigentlich“, sagte sie sehr sanft, „dass dein Arsch von Tag zu Tag fetter wird?“ Max schwieg. Er hatte nie verstanden, warum Lisa aufblühte, wenn sie ihn fertig machen konnte. „Du ödest mich an“, sprach Lisa weiter, „du bist und bleibst ein Jammerlappen.“ Max ballte die Hand um die Kelle, seine Fingerknöchel traten weiß hervor. Lisa beobachtete es lächelnd. „Und du ekelst mich an“ sagte er leise, ohne sich umzudrehen. Lisas Lächeln erstarb, sie stand auf, war mit wenigen Schritten bei ihm, wirbelte ihn herum und versetzte ihm einen gewaltigen Schlag auf den Mund. Max taumelte zurück, aber er wehrte sich nicht gegen sie, es war sinnlos, Lisa war viel stärker als er, er hatte schon öfter mit ihren Fäusten Bekanntschaft gemacht. Seine Knie gaben nach, er sank auf den Boden, Blut sickerte aus seiner aufgeplatzten Unterlippe. Voller Hass sahen sie sich an, Lisa mit geballten Fäusten über ihm, Max geduckt am Boden. „Vergiss nicht, diesen Saustall von Wohnung aufzuräumen“ sagte Lisa und schlüpfte in ihre klobrigen Arbeitsschuhe. Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss.

[ 18.07.2002, 10:40: Beitrag editiert von: Liz ]

 

Liebe Kristin,

vielen Dank für deine ausführliche Kritik!

Das mit dem Eindringen ist etwas abenteuerlich - da hast du sicher recht, das gleitet fast ins Lächerliche ab. Werd ich ändern.

Ponchers Story hab ich gelesen, ich fand sie ausgezeichnet.

Deine Frage, ob Lisa ihre Eigenschaften ausleben könnte, wenn man die Umkehrung weglässt hat meinen Denk-Apparat ordentlich angekurbelt! Sicher bin ich nicht, aber wahrscheinlich könnte sie es. :confused:

Liebe Grüße
Lizzy

 

Ja, da würde sich so manches ändern auf dieser Welt, wenn auch die Gewalt in der Ehe mal von der anderen Seite herrühren würde. Ein Schauspiel, wie es wohl seltener zu finden sein wird. Regt zum Nachdenken an und erinnert an die vielen Geschichten, die man schon gehört hat, in denen die Frauen auf diese Weise behandelt werden. Schrecklich!
DIe Änderung, die Kristin vorgeschlagen hat, hast du gut hingekriegt. Den ursprünglichen Text hab ich ja nicht gelesen, aber so ist es körperlich wahrscheinlicher, denke ich. Den Rest überlässt du dem Leser.
Eine gute Idee, die die Ganglien so manchen Mannes zum Grübeln anregen sollte!

Liebe Grüße
Babs

[ 24.07.2002, 13:24: Beitrag editiert von: Barbara ]

 

Hallo Liz!

Auch ich finde, dass ein Rollentausch der beiden Protagonisten realistisch gesehen wohl häufiger der Fall ist, aber wieso soll's nicht mal umgekehrt sein?
Immerhin gibt es sicherlich auch Frauen, die ihre Ehemänner das Leben gewaltvoll schwermachen.

Jedenfalls finde ich die Geschichte eigentlich ganz gut so.

Stellte Kaffee zu. Deckte den Tisch. Holte Butter und Marmelade aus dem Kühlschrank. Toastete Brot

Eine Stelle, die mir besonders gut gefallen hat.
Die kurzen Sätze verdeutlichen, wie mechanisch Max seinen ehelichen Pflichten nachkommt nachdem seine Frau ihn zum Sex gezwungen hat.

Viele Grüße, Michael

 

Servus Liz !
Ich wusste nicht gleich was mich stört an der an sich guten Idee die Rolle des gewaltbereiten Menschen in der Ehe mit einer Frau zu besetzen und umgekehrt, den Mann als Geschundenen, Duldenden darzustellen. Und ich denke, genau das ist es auch schon. Du hast beide Extremklischees bedient. Denn deine provokant gemeinte Umkehr weist umso deutlicher darauf hin, dass Frauen jene sind die sich immer alles gefallen lassen und nicht zur Wehr setzen. Andererseits ist es halt auch wieder jener Mann der hervorgehoben und bewusst gemacht werden soll der als rücksichtslos, ordinär und machomäßig dominant im Alltag in Erscheinung tritt. Eh kloar - würde unser Mundel sagen.

Würde dich auch eine Geschichte in dieser Art reizen in der die beiden Protagonisten nicht diese klar gezeichneten Menschen darstellen, sondern wo der Charakter von beiden sich ein wenig verwischt, so dass man überlegen muss welchem Geschlechtspart dies mehr zugeordnet wird in unserer Gesellschaft? Oder wolltest du ganz speziell auf diese Charakterschwächen bezug nehmen?
Ein interessaner Zugang war es allemal.
Lieben Gruß schnee.eule

 

Heja Schnee.Eule,

vielen Dank, dass du dich mit der Story auseinandergesetzt hast! :)

Also ich wollte eigentlich schon total klar gezeichnete Protagonisten darstellen, obwohl die psychologische und damit auch feinere Schiene dabei natürlich verloren geht. Sicher, ein paar Grautöne könnten der Geschichte nicht schaden, aber ich wollte mal versuchen, was zu schreiben, was mit einem Vorschlaghammer daherkommt – also durchaus was Schnoddriges.

Grüße!
Liz

 

Hallo Liz!

Deine Geschichte steht zwar schon ein dreiviertel Jahr da, aber ich hab sie erst jetzt entdeckt - sonst hätte ich sie sicher früher gelesen. ;)
Das Thema an sich interessiert mich nämlich sehr, allerdings wirkt Deine Geschichte tatsächlich etwas klischeeüberladen. Ich denke aber, das kommt teils dadurch, daß sie so komprimiert ist. Etwas mehr Details und vielleicht auch einige weniger klischeehafte, mehr aus dem Leben gegriffene Szenen könnten meiner Ansicht nach dem abhelfen.

Bei der Bettszene zum Beispiel: Fändest Du es nicht treffender, wenn sie ihn nicht so niederbrüllt, sondern sein "Nein" ignoriert, indem sie zum Beispiel sagt: "Ich weiß doch, daß du es willst, zier dich nicht so", und einfach weitermacht. Das fände ich realitätsbezogener.
Außerdem würde es ja so vermutlich nicht funktionieren, da es bei einem Mann nicht so einfach ist, wie bei einer Frau. Wenn er nicht will, dann steht er nicht. Sie müßte ihn also doch irgendwie herumkriegen, daß er irgendwie mitmacht, das könnte sie auch auf ganz klischeehafte Weise tun und wäre wahrscheinlich glaubwürdiger.
So, wie es jetzt dasteht, finde ich es zu übertrieben, um ein Spiegelbild darzustellen, denn wie viele Männer machen das denn real wirklich so?
Ich denke, ein derartiges Spielgelbild sollte mit möglichst vielen häufig in der Gesellschaft vorkommenden Szenen spielen, um als solches gut zu sein. Vieles sind einfach nur Kleinigkeiten, die die Unterschiede ausmachen.

Ich hab mal ein Buch gelesen (leider Titel und Autorin vergessen, aber ich werde mal die Bücher meiner Freundin durchsuchen, ihr hab ich es nämlich vor Jahren geborgt...), in dem die ganze Gesellschaft umgekrempelt war. Wenn ich es wiederfinde, würd ich es Dir borgen, falls es Dich interessiert. ;)

Was mich aber an all dieser emanzipatorischen Literatur am meisten stört: Sie zeigt nicht auf, wie Frauen es vielleicht besser machen würden. All diese Geschichten, Romane und Satiren sind lediglich ein Anklagen an die Männerwelt. Wirklich ändern kann man aber nur etwas, wenn man bessere Vorschläge hat, es besser macht. - Die fehlen mir ein bisschen. Oder kennst Du einen Roman, in dem eine Welt beschrieben wird, wie "wir Frauen" sie uns vorstellen? Haben wir keine Vorschläge für eine bessere Welt, für ein friedlicheres Miteinander? Gibt es überhaupt utopische Frauenromane?

Aber zurück zu Deiner Geschichte... ;)

Die Szene mit dem Aufstehen und Frühstückmachen finde ich wie die Vorkritiker gut und gelungen.
Auch die eingebauten Gedanken und Bedenken des Protagonisten gefallen mir.

Im letzten Absatz finde ich es wieder etwas übertrieben. Es ist irgendwie nicht so recht ein Anlaß da, daß das so ausartet. Sie steigert sich da irgendwie selbst hinein. - Ich kann das zwar bezeugen, daß es sowas gibt, hatte ja auch so ein "Herzerl" als Mann, aber die Regel ist das nicht. Wenn Du gesellschaftlich kritisieren willst, finde ich, solltest Du wirklich allgemein treffendere Beispiele nehmen. Die Mehrzahl der Männer wird sich nicht mit Deiner Protagonistin vergleichen wollen, da es auf sie einfach nicht zutrifft.


Ein paar Anmerkungen hab ich noch:

"ihm ihre Zärtlichkeiten bzw. was sie als solche bezeichnete"
- "bzw." finde ich nicht optimal in Geschichten. Ausgeschrieben wäre es schon besser, aber wie wäre es mit "oder"?

"„Verdammt!“, schrie ihn seine Frau an"

"während du daheim auf deinen faulen Arsch herumsitzt!"
- auf deinem faulen Arsch

"Er überlegte, ab welchen Zeitpunkt ihrer Ehe"
- ab welchem Zeitpunkt

"Angst vor der Selbstständigkeit zu die er gezwungen wäre"
- zu der sie gezwungen wäre

"Dass er sich selbst auferlegt hatte, zu ertragen."
- Das
- irgendwie stimmt der Satz nicht. Ich würde schreiben: Er hatte es sich selbst auferlegt, sie zu ertragen.

"„Vergiss nicht, diesen Saustall von Wohnung aufzuräumen“, sagte Lisa und schlüpfte in ihre klobrigen Arbeitsschuhe."
- ihre klobigen Arbeitsschuhe

Alles liebe,
Susi

 

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