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Sturzflug

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09.01.2002
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Sturzflug

Man sagt, dass einem sein ganzes Leben nochmals vor Augen abläuft, wenn der Moment gekommen ist, sich vom Leben zu verabschieden. Ted Silver sah diesen Augenblick, in der Gestalt eines großen, roten, unfreundlichen Planeten, gerade in einem Höllentempo auf sich zurasen und er hätte einiges dafür gegeben, das Bild dieses Himmelskörpers gegen die Vision seines ersten Rendezvous mit Mira Lokanti einzutauschen.

Eigentlich gehörte Ted Silver nicht zu der ängstlichen Sorte Mensch. Gerade erst, vor einer halben Stunde etwa, hatte er einen Raumkreuzer voller durchgedrehter Androiden, die ihm nach dem Leben trachteten, in die Luft gesprengt. Er hatte es noch gerade so in einen Rettungsgleiter geschafft, bevor der Kreuzer in seine Einzelteile zerrissen wurde. Wie sich allerdings später rausstellen sollte, war seine Wahl den Gleiter betreffend, ziemlich unglücklich. Nicht nur, dass sich das Ding kaum kontrollieren ließ, nein, es beleidigte ihn auch noch in allen bekannten 5436 intergalaktischen Sprachen. Wahrscheinlich, so vermutete Ted, hatte sich ein Teil der K.I. die den Amoklauf der Androiden an Bord der Aurora II zu verantworten hatte, in den Speicher des Rettungsschiffs eingenistet. Während er nun versuchte den Bordcomputer davon zu überzeugen auf manuelle Kontrolle umzuschalten, dröhnte eine giftige Stimme durch die Lautsprecher des Cockpits und gab kehlige Laute von sich, wie das Bellen eines heiseren Hundes. Langsam konnte Ted die unwirtliche Oberfläche des Planeten ausmachen, mit der er innerhalb der nächsten fünf Minuten nähere Bekanntschaft schließen würde, falls er sich nicht etwas einfallen ließe. Er war sich ziemlich sicher, dass der Gleiter zumindest den Eintritt in der Atmosphäre überstehen würde, es könnte zwar recht unbequem werden, aber immer noch besser als zu verglühen. Allerdings, und davon war Ted absolut überzeugt, würde ihm das Schiff beim Aufprall auf der Oberfläche des Planeten, wenig bis gar keinen Schutz bieten können. Er überlegte kurz, ob er das Verglühen vielleicht nicht doch dem Aufschlag vorzog, kam aber dann zum Schluss, dass beide Alternativen ihn mit Unbehagen erfüllten.

Wie ein Irrwisch tippte er Befehle auf das Tastfeld des Computers ein. Einen kleinen Teilerfolg hatte er schon zu verbuchen: Der Bordtaschenrechner stand ihm wieder zur freien Verfügung. Ted Silver war allerdings nicht wirklich ein Computerexperte. Sein Wissen in diesem Bereich stammte noch aus der Zeit als er noch die Akademie besuchte. Da er die fünf Jahre dort aber meist im Rausch oder auf einer Kommilitonin liegend verbracht hatte, schaute er jetzt äußerst verwirrt, um nicht zu sagen dämlich, als der Computer ihm mitteilte, dass die Überbruckungsparallaxe der Datenaustauschperipherie durch eine Interne Streamingwall blockiert wurde. Er verstand nur Raumstation und die Begriffe, die auf dem Bildschirm frech vor sich hin blinkten, waren für ihn Borealische Dörfer.
Es war weitaus einfacher gewesen, die Sprengladung an Bord der Aurora II zu zünden, bei der Ted einfach nur auf einen rot gekennzeichneten Knopf hatte drücken müssen, um den tödlichen Countdown zu starten.
Unterdessen setzte die K.I. ihre Beleidigungstirade fort, mittlerweile auf Lumpianisch, eine Sprache die Ted einigermaßen verstand. Er wurde gerade mit dem Geschlechtsteil eines Braxors verglichen, ein lumpianisches Herdentier dessen Mangel an Intelligenz im ganzen Universum Legendär war. Als Jolian Joliander, ein Xenobiologe der ersten Kolonisierungswelle Lumpias, das erste Mal einen Braxor beobachten konnte, war dieser gerade mit dem verzweifelten Versuch beschäftigt, sich mit einem Baum zu paaren. Nicht umsonst hieß es, dumm sein wie ein Braxor.

Für Ted Silver wurde die Lage langsam kritisch. Wie erwartet war der Eintritt in der Atmosphäre eine unangenehme Angelegenheit. Während die Hülle des Gleiters knackte und ächzte als würde sie jeden Augenblick auseinander brechen, wurde Ted durchgerüttelt wie ein Stück Eis in einem Cocktailmixer. Inzwischen hatte er seine Taktik geändert. Mit geballten Fäusten schlug er nun auf das Tastfeld ein. Als ihm klar wurde, dass auch dies nicht half, dachte er sich, er könnte es mal mit kräftigen Fußtritten probieren. Er stand auf, holte aus, verhedderte sich im Gurt des Pilotensitzes, suchte mit rudernden Armen nach Halt, griff ins Leere und fiel mit richtig Schmackes auf die Bedienungskonsole des Gleiters. Es gab einen lauten Knall und kleine bunte Blitze wanderten über die Apparaturen. Ted Silver lag mit ausgebreiteten Armen auf der Konsole und schloss gerade mit seinem Leben ab. Na ja, zumindest würde er als Held sterben. Er überlegte sich ob er jetzt beten solle, entschied sich aber dann lieber zu wimmern. Es vergingen einige Sekunden bis Ted merkte, dass er zwar sein eigenes Gewimmer hörte, aber die Stimme des K.I. verstummt war. Hoffnung keimte in ihm auf. Leise, als hätte er Angst jemand zu wecken, rutschte er von den Bedienelementen runter, in den Pilotensitz hinein. Vorsichtig streckte er die Hände aus, in Richtung der Steuereinheit. Er schloss die Augen und sagte ein Gebet auf, das er noch aus Kindertagen kannte; es handelt sich zwar um ein Dankgebet, dass man eigentlich eher im Zusammenhang mit einem leckeren Mahl aufsagte, aber es war das Einzige, das er auswendig kannte. Er legte die Hände auf das kalte Synthiplast der Lenkvorrichtung und siehe da, er hatte den Raumgleiter unter Kontrolle.

Die Landung war alles andere als sanft, aber immerhin wisch Ted gekonnt den spitzen Felsen aus, die in den Himmel ragten wie riesige Finger. Der Gleiter hüpfte einige Male auf einem See aus Magma und landete letztendlich auf einem kleinen Plateau, wo es dann eingekeilt zwischen zwei Zacken aus Vulkanstein, stecken blieb.
Ted Silver fiel ein ganzer Kontinent vom Herzen. Er hatte es geschafft. Er lebte.
Durch die beschlagenen Scheiben des Cockpits konnte er einen trägen Gesteinsschmelzfluss sehen, der fröhlich im Zeitlupentempo vor sich hin blubberte.
Langsam wurde es auch verdammt heiß.
Ted entledigte sich seiner Kleider, bis er nur noch Shorts trug und machte es sich im Pilotensitz bequem. Er gab einen Notruf ein, wartete und schwitzte.
Kaum vier Stunden nach seiner Landung wurde Ted Silver, ein paar Kilo leichter aber glücklich, von der Oberfläche Vulkanums IV geborgen. Später dann, sollte am Ende eines zweiseitigen Artikels in der „Terra Times“ stehen: Ted Silver, ein Mann der wohl in jeder, auch noch so aussichtslosen Situation, einen kühlen Kopf behält.

[ 25.04.2002, 13:04: Beitrag editiert von: grasi ]

 

Moin Grasi,

schöne Geschichte. Der Held einmal privat.
Allerdings läßt sie sich schlecht lesen mit so wenigen Absätzen. Vielleicht bin ich deshalb der Erste.
So, nun meine Kritik:

Als ihm klar wurde, dass dies auch nicht half, probierte er es mit kräftigen Fußtritten. Er holte aus, verhedderte sich im Gurt des Pilotensitzes, suchte mit rudernden Armen nach Halt, griff ins Leere und fiel mit richtig Schmackes auf die Bedienungskonsole des Gleiters.
Sitz er nicht in seinem Pilotensitz (den du übrigens ein paar Zeilen weiter unten falsch geschrieben hast)? Stolpern während man sitzt stell ich mir schwierig vor...
Vorsichtig berührte er die Steuereinheit und siehe da, der Raumgleiter reagierte.
Wie, Was, so einfach? Das ist doch DER herausragende Moment in deiner Geschichte. Die Wendung! Und du beschreibst sie in einem kurzen Satz. OK, ich habe verstanden, dass das nicht unbedingt sein Erfolg ist, dass die Kiste wieder fliegt, aber gerade an dieser Stelle könntest du viel mehr raus holen aus der Geschichte. Ihr eine Richtung geben, ob du den Held wieder aufleben lassen willst oder ihn zum "Glückspilz" machst. Mir kommen auch die Gefühle von ihm einfach zu kurz. Du beschreibst zwar die Auswirkungen der Gefühle, aber ich war mir nichteinmal sicher, ob er Angst hatte.
Ted Silver war erleichtert. Er lebte.
Klingt wie "Er war erleichtert. Er hatte seine Uhr nicht vergessen." :whocares:

Die Idee finde ich gut, aber der Schluss war enttäuschend.

Liebe Grüße
Jack

 

Hallo Jack !

Danke für die konstruktive Kritik.

Ich habe die KG überabeitet und die eine oder andere kleine Änderung vorgenommen.

Liebe Grüße

:smokin: Grasi

 

Hallo grasi,

was passiert?

Ein Mann stürzt in einem nicht voll funktionsfähigen Rettungsgleiter ab und landet mit viel Glück auf einer Insel in einem Magmasee.

Vielleicht hätte man aus diesem Plot eine spannende Geschichte machen können. Ich weiß es nicht. Der Autor jedenfalls hat es sich nicht zugetraut und deshalb Spannung durch Humor ersetzt. Oder durch etwas, das er für Humor hält.

es beleidigte ihn auch noch in allen bekannten 5436 intergalaktischen Sprachen
Er überlegte kurz, ob er das Verglühen vielleicht nicht doch dem Aufschlag vorzog, kam aber dann zum Schluss, dass beide Alternativen ihn mit Unbehagen erfüllten.
Da er die fünf Jahre dort aber meist im Rausch oder auf einer Kommilitonin liegend verbracht hatte
Er wurde gerade mit dem Geschlechtsteil eines Braxors verglichen, ein lumpianisches Herdentier dessen Mangel an Intelligenz im ganzen Universum Legendär war. Als Jolian Joliander, ein Xenobiologe der ersten Kolonisierungswelle Lumpias, das erste Mal einen Braxor beobachten konnte, war dieser gerade mit dem verzweifelten Versuch beschäftigt, sich mit einem Baum zu paaren. Nicht umsonst hieß es, dumm sein wie ein Braxor.
Ich denke, diese Beispiele reichen um die Richtung des "Humors" aufzuzeigen.

Ich mag den Text nicht - und angesichts der Primitivität des Humors bin ich darüber gar nicht mal so unglücklich.

Klaus

 

Hallo Grasi!

Ich denke Deine Geschichte zielt gerade darauf, dass Dein Held, seine Heldentaten auf ganz banale Weise vollbringt. Diese Aussage kommt aber leider auch sehr banal rüber. Keine großen Höhepunkte, außer die von StarScratcher als „primitiver Humor“ abgetanen Lacher. Ich schließe mich seiner Einschätzung diesbezüglich aber nicht an und würde ihm anrechnen, dass er die aufgeführten Passagen zumindest als Humor erkannt hat.
Ich mußte mächtig schmunzeln und schäme mich meines „primitiven Humors“ nicht.
Als Schmunzelstory würde ich die Geschichte an Deiner Stelle auch ausbauen, denn da liegt ihr Potential.

Für den Schluß hätte ich sogar einen Vorschlag:

Ted Silver überlebte auf wunderbare Weise.
Sein Wimmern hatte das K.I. zu Tränen gerührt und es veranlaßte aus Mitleid ein Bremsmanöver.
Tags darauf stand in der „Terra Times“ zu lesen: Ted Silver, ist ein Mann der wohl in jeder, auch noch so aussichtslosen Situation, einen klaren Kopf behält. Wir sind stolz auf dich! Mach weiter so! - Unser Held!

Tschüß :D

 

Ähm, Grasi... Is nur ne Frage. Veröffentlichst Du auch bei Webstories ?

[ 27.04.2002, 18:50: Beitrag editiert von: Abraxas ]

 

Mhh...
Ich glaub schon Abra, denn wenn man mal die Geschichtenlisten von den Beiden (Nemo und Grasi) vergleicht...

Ugh

---
P.S. "Grasi" ist ein besserer Nick ;)

 

Hallo Abra & Bib !!

Ich geb ja zu ich poste meine KG unter anderem auch bei Webstories.

Aber keine Angst, mein Favorit ist und bleibt :
KG.de !!

Was den Humor angeht - über Geschmack läßt sich bekanntlich streiten :D

Liebe Grüße

Der immergrüne Grasi

 

@Grasi:
Keine Angst, das war kein "Rüffel", weil Du fremdgehst ;) . Ich hab nur dort Deine Geschichten gesehn und wollte nur sicher gehen, dass sie niemand von Dir geklaut hat.

 

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