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Sturmtief

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05.05.2003
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Sturmtief

Sturmtief

Die Warnung der Älteren nicht für voll genommen, hatten wir uns noch vor Beginn der gleißenden Hitze der Mittagssonne auf den Weg gemacht. Unvorstellbar, dass am Nachmittag ein Sturm aufkommen sollte. Noch während Bodo und Tom mit Heike das Segelboot klar machten, belustigten wir uns über die Meinung des alten Jan und seiner Kumpels. Die saßen doch nur noch tagtäglich vor der BLUE FISH und tranken oder rauchten Pfeife. Wie ernst konnte man das Gerede solcher alter Herren nehmen?
Ich verstaute einige Lebensmittel und Getränke an Bord. Wir wollten diesen Tag, unseren letzten gemeinsamen Urlaubstag, genießen. Von Tom kam die Idee mit dem Segelausflug.
Einfach raus aus der Bucht, im kühlen Meer baden und an Deck sonnen. Das hörte sich auch für mich super an.
Dass sich die vom alten Jan ausgesprochene Warnung bewahrheiten sollte, erfuhren wir schneller als uns lieb war.
Doch vorerst verlief alles ganz wunderbar. Bodo, Tom und ich hatten das Boot gut im Griff. Wir drei waren ein eingespieltes Team und unsere Handgriffe liefen routiniert ab. Die See war normal ruhig und der Wind blies uns flott voran.
Mittags waren wir ungefähr zehn Kilometer von der Bucht entfernt und ankerten.
Die zwei Männer und ich vergnügten uns im Wasser. Heike, seid einigen Monaten die neue Flamme von Bodo, machte unser Quartett komplett und sonnte sich derweil an Deck. Ein Vergnügen welches wir uns nach unserem Badespass ebenfalls gönnten. Wir dösten so vor uns hin und nickten dann irgendwann ein. So müssen wohl einigen Stunden vergangen sein, denn ich wachte auf, weil mich plötzlich fror. Nur Tom und ich waren auf dem Deck.
Der Himmel über mir zeigte dunkle, bedrohlich wirkende Wolken. Die Sonne war einfach weg und jetzt bemerkte ich auch das heftige Schaukeln des Bootes. Langsam löste ich mich aus Tom’s Umarmung und versuchte ihn wachzurütteln. In diesem Moment kamen Heike und Bodo aus der Kajüte hoch gekrabbelt.
„Das Boot schaukelt plötzlich so stark.“ Heike sah uns ängstlich an.
Bodo umarmte sie leicht von hinten und antwortete leicht amüsiert: „Ach, das ist doch noch gar nichts. Nur leichter Wind!“
Ich sah aufs Meer hinaus, dann in die Bucht und erschrak. Schnell blickte ich zu Tom. Auch er hatte die Lage gepeilt.
„Wir fahren sofort zurück!“ entschied ich. Nun sah Bodo mich amüsiert an, murmelte etwas von Frauen, die immer überzogen reagieren müssen. Er verstummte allerdings als Tom ebenfalls meiner Meinung war.
Ich fasste Heike an der Hand und zog sie mit hinunter in die Kajüte. Während ich einige Sachen packte, um sie mit an Deck zu nehmen, versuchte ich Heike auf die bevorstehende Rückfahrt vorzubereiten. Sie sah jetzt schon ganz ängstlich aus, aber sie wusste noch nichts von der bevorstehenden Wetterfront, welche uns erwarten würde.
Tom und ich konnten die Bucht vor lauter Nebel nicht mehr sehen. Normalerweise kommt das Unwetter vom Meer aus, aber diesmal scheint es seitlich vom Meer über die Bucht zu kommen. Tom kannte diese Gegend hier, er würde uns sicher nach Hause lotsen.
Das Boot schwankte nun immer heftiger.
„Du bleibst am besten hier unten. Wir drei schaffen das schon. Und zieh’ dir die an!“ Ich legte ihr eine von den Schwimmwesten hin. Heike nickte.
Oben an Deck waren beide Jungs mit dem Vertauen fertig und versuchten trotz des stärker werdenden Windes das Trysegel zu setzen, um in die Bucht kreuzen zu können.
Ich drückte jedem eine Schwimmweste in die Hand und zog mir meine über.
„Geht’s ihr gut?“ fragte mich Bodo. Ich bejahte.
Es war nun empfindlich kälter und auch dunkler geworden. Nur mit den Badesachen bekleidet, bibberte ich bereits nach einigen Minuten.
Tom saß am Steuer und schickte mich vor als Ausguck. „Wir schaffen das schon! Sind nur wenige Kilometer bis zur Bucht.“ machte er mir Mut.
Bodo versuchte Tom mit dem Segel zu helfen und ich saß vorn an der Spitze und hielt Ausschau, ob ich was im Nebel erkennen konnte.
Der Sturm nahm immer mehr zu und nun fing es auch noch an zu regnen. Ich weiß nicht wie viel Zeit vergangen war, aber plötzlich stand Bodo neben mir. Er kam von unten, wo er versucht hatte, Heike zu beruhigen.
Der Regen peitschte unaufhörlich gegen unsere Körper, die schon ganz rot und bläulich aussahen. Das Segel schlug laut im Wind und die See war ein einziges Tosen.
„Tom glaubt, wir sind schon in der Bucht!“ schrie er mir ins Gesicht.
„Wieso wird das Wetter dann nicht ruhiger?“ schrie ich zurück.
Mittlerweile hatte ich es auch mit der Angst bekommen. Zumal wir überhaupt nicht sehen konnten, wohin es ging.
Als las Bodo meine Gedanken antwortete er schreiend „Tom segelt nach Kompass und er kennt sich doch hier aus.“
Ich nickte ihm zu. Aber im Grunde war ich mir nicht so sicher. Tom und ich sind in den vergangenen Jahren nur in der Urlaubszeit hier bei seinen Großeltern gewesen.
Bodo zeigte mir gestikulierend, dass er wieder nach hinten zu Tom ginge. Er war gerade in Höhe der Kajüte, als Heike aus selbiger heraus trat. Sie sah wohl noch Bodo laufen und wandte sich in seine Richtung. Vor den Regen schützend hielt sie eine Hand vors Gesicht. Ich wollte ihr gerade zurufen, als das Boot sich plötzlich in die andere Richtung neigte. Heike stürzte gegen die Reling, versuchte sich noch an einem Tau zu halten, verlor aber das Gleichgewicht und stürzte in die Wogen. Das ging alles so schnell, dass es keiner der Jungs bemerkte. Ich rannte unverzüglich zu der Unglücksstelle, schnappte mir den Rettungsring der an der Kajütenwand hing und warf ihn in Richtung des roten Punktes, den ich noch ausmachen konnte. Währenddessen brüllte ich wie am Spieß nach Tom und Bodo, die mich aber durch den Sturm nicht hören konnten. Ich hastete zu Bodo, der mit dem Rücken zu mir am nächsten erreichbar war und schrie ihn an „Heike ist über Bord gegangen!“
Erschrocken wandte er sich um. Ich wollte mich wieder umdrehen, da packte er mich am Arm. „Sie kann nicht schwimmen!“
Ich hatte es fast nicht verstanden, aber als ich es im Kopf registrierte handelte ich. „Scheiße!“
Dann riss ich mich los, kletterte auf die Reling und stürzte mich ins Wasser.
In diesem Moment hatte ich keine Angst um mich, aber riesige Angst, ohne Heike zurückzukommen. ‚Die Jungs würden sich schon Kümmern mit dem Boot.’ dachte ich noch.
Das Wasser war gar nicht mal so kalt, aber der Regen und der Nebel machten es mir fast unmöglich, etwas zu erkennen. Ich bin nicht kirchlich erzogen worden, aber ich betete zu Gott, dass wir hier alle heil rauskommen.
Ob es nun dieses Gebet war oder Zufall, ich sah plötzlich den Rettungsring vor mir - und ein nächstes Wunder – Heike hielt sich daran geklammert. Sie schrie und strampelte mit den Beinen mit Leibeskräften und das schien sie über Wasser zu halten.
Ich konnte selbst kaum noch schwimmen, aber ein innerlicher Wille zwang mich durchzuhalten.
Ich hatte mal gelesen, dass zu ertrinken drohende Personen einen Retter umklammern und selbst mit in Gefahr des Ertrinkens bringen können. Deshalb näherte ich mich, als ich den Rettungsring erreicht hatte, vorsichtig an Heike heran. Sie bemerkte mich wohl aus den Augen, schrie aber lauthals weiter und lies den Ring nicht los. So versuchte ich, selbst ganz außer puste, sie zu stützen, hielt mich ebenfalls fest und fing langsam an in die Richtung zu paddeln, wo ich das Boot vermutete. Eine reine Glückssache. Aber wir hatten Glück!
Ich hörte von ziemlich weit entfernt unsere Namen durch den Nebel dringen. Hoffnung und noch ein letzter Schub Kraft mobilisierte ich. Ich redete währenddessen auf Heike ein, wohl mehr um mir selbst Mut zu machen als ihr.
Da! Ein dunkler Schatten tauchte vor uns auf.
„Ich sehe sie! Lenk Steuerbord!“ Tom beugte sich weit über die Reling. Ich versuchte der Bootsspitze entgegen zu paddeln, so dass ich an ihm vorbei schwimmen musste. Neben Tom hing ein starkes Tau, welches ich zu fassen bekam. Aber der Druck und Heike waren schwer. Ich drohte, dass Seil wieder zu verlieren, wenn Heike nicht an Bord kam. Tom schrie ihr die ganze Zeit zu, doch sie lies den Rettungsring nicht los. Ich versuchte, sie Tom entgegen zu drücken, aber ich war selbst am Ende meiner Kräfte. Heike wehrte sich, war plötzlich wie von Sinnen und schlug mir ihren rechten Ellenbogen ins Gesicht. Ich spürte etwas Warmes aus der Nase laufen und mir wurde schwarz vor Augen. Meine Hand verlor den Halt.

Tom spürte plötzlich den sicheren Halt seiner Füße, welche Bodo fest hielt, neigte sich noch ein Stück weiter über die Reling und erwischte Heike am Kragen ihrer Rettungsweste in dem Moment, als seine Freundin in den Fluten versank.
Heike sicher über die Reling gezogen, wollte er sich selbst in die Fluten stürzen. Bodo jedoch war schneller. Kopfüber sprang er in die tosende See und tauchte.

Er bekam mich noch rechtzeitig sicher zu fassen. Und ihm gelang das, was mir mit Heike nicht gelungen war. Er hievte mich auf die Reling und mit Hilfe von Tom landeten wir sicher an Deck. Ich hustete mir einiges Wasser aus, welches ich geschluckt hatte. Und außer einer blutenden geschwollenen Nase hatte ich keine Blessuren davon getragen.
Anders sah es mit Heike aus. Apathisch klammerte sie sich immer noch am Rettungsring fest.
Nur mit Mühe gelang es uns, sie unter Deck zu bringen.
Irgendwie hatten es die Jungs geschafft, uns zu retten. Und irgendwie schafften sie es auch, uns sicher an das heimatliche Ufer zu bringen.
Dort war alles in heller Aufregung. Aufgrund des Sturmes hatte keine Jacht den Hafen verlassen können und für Fischerboote oder andere Segler wäre es reiner Selbstmord gewesen.
Ich weiß nicht wie unser Boot an den Steg kam, aber als uns Tom und Bodo an Land brachten, erwarteten wir, vorwurfsvolle Reden und Ermahnungen zu hören.
Stattdessen hielt man uns warme Decken und heißen Tee mit Rum bereit.
Ich wollte nur noch schlafen und mir war schrecklich kalt.
Heike hielt sich ganz tapfer. Bodo hatte es mit gut zureden geschafft, dass sie am Ufer den Rettungsring los lässt. Obendrein sah sie nicht mehr so apathisch aus, auch wenn sie noch kein Wort gesprochen hatte.
Eine Stunde später lagen wir alle vier in unseren Schlafkojen im Hause von Tom’s Großeltern.

Unser Quartett existiert immer noch und wir unternehmen Vieles gemeinsam. Keine Ahnung, ob es daran liegt, dass sich diese Begebenheit so in uns eingebrannt hat oder ob wir uns einfach nur sehr gut verstehen und uns gegenseitig vertrauen. Vielleicht stimmt alles zusammen.

Heike ist wieder genesen. Obwohl sie inzwischen, viele Jahre danach, schwimmen kann, geht sie nie mit ins Wasser. Ansonsten hat uns diese Begebenheit, jedem einzelnen auf seine Weise, sehr geprägt und wird uns immer im Gedächtnis bleiben.

 
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Hallo Piratin,

ich fand Deine Schilderungen interessant und in Ansätzen nicht schlecht. Aber ich denke, dass Du an der Geschichte noch ein bisschen feilen könntest, vor allem sprachlich.

Der Fortgang der Geschichte war gut nachvollziehbar. Spannender hätte ich das Ganze aber gefunden, wenn Du die Personen zu Beginn der Geschichte etwas näher vorgestellt hättest. Wenn man die handelnden Personen besser kennt, mehr von ihnen weiß, kann man als Leser in bedrohlichen Situationen besser mit ihnen fühlen (mir geht es jedenfalls so).

Ein paar Einzelanmerkungen noch:

„Ein Vergnügen welches wir uns nach unserem Badespass ebenfalls gönnten.“
>>> Vergnügen, welches ...


„Langsam löste ich mich aus Tom’s Umarmung“
>>> Toms (im Deutschen wird beim Genitiv kein Apostroph gesetzt)

„Bodo umarmte sie leicht von hinten und antwortete leicht amüsiert: „Ach, das ist doch noch gar nichts. Nur leichter Wind!“ “
>>> solche Wortwiederholungen solltest Du vermeiden, hört sich nicht so gut an

„ „Wir fahren sofort zurück!“ entschied ich.“
>>> Nach der wörtlichen Rede gehört nach neuer Rechtschreibung immer ein Komma, wenn der Satz fortgeführt wird:
„Wir fahren sofort zurück!“, entschied ich.

„Normalerweise kommt das Unwetter vom Meer aus, aber diesmal scheint es seitlich vom Meer über die Bucht zu kommen. Tom kannte diese Gegend hier“
>>> kam, schien
Du wechselst hier die Erzählzeit. Beim „normalerweise kommt“ ist die Gegenwartsform evtl. noch in Ordnung, weil es eine allgemeingültige Aussage ist, aber beim „diesmal scheint“ müsste es „schien“ heißen.

„Sind nur wenige Kilometer bis zur Bucht.“ machte er mir Mut.“
>>> ...Bucht“, machte er mir Mut.

„Als las Bodo meine Gedanken antwortete er schreiend „Tom segelt nach Kompass“
>>> Am Satzanfang eine etwas unglückliche Formulierung, wie ich finde.
Vielleicht besser: „Als würde Bodo meine Gedanken lesen...“
Nach „schreiend“ gehört ein Doppelpunkt, weil danach die wörtliche Rede folgt.

„Vor den Regen schützend hielt sie eine Hand vors Gesicht.“
>>> Auch wenig schöne Formulierung. Vorschlag: „Um sich vor dem Regen zu schützen hielt sie...“

„ ‚Die Jungs würden sich schon Kümmern mit dem Boot.’ dachte ich noch.“
Bei den Gedanken verwendet man dieselben Satzzeichen wie bei der wörtlichen Rede, also ein Komma nach den schließenden einfachen Anführungszeichen:
...mit dem Boot’, dachte ich...
Und: "Kümmern mit dem Boot", müsste es nicht "um das Boot kümmern" heißen?

„So versuchte ich, selbst ganz außer puste“
>>> Puste

„Hoffnung und noch ein letzter Schub Kraft mobilisierte ich.“
>>> müsste es nicht heißen „mobilisierte mich“?

„Tom schrie ihr die ganze Zeit zu, doch sie lies den Rettungsring nicht los.“
>>> ließ

„Ich weiß nicht wie unser Boot an den Steg kam“
>>> weiß nicht, wie unser

Hoffentlich kannst Du mit meinen Anmerkungen etwas anfangen.

Viele Grüße
Christian

 

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