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Sturm
Hat es aufgehört?
Nein, der Regen wird immer noch gegen die Scheiben geschlagen, doch die Pausen zwischen den Phasen des zeitweise ohrenbetäubenden Lärmes, werden länger und die Prasselzeiten kürzer und immer leiser.
Er ist alt geworden. Ein Tag – ein Leben.
Ob er sich heute Nacht in seinem Todeskampf, wie ein verwundetes Tier noch einmal zu fast vergessenen Kräften erheben kann, steht noch in den Sternen.
Ob seine Kinder morgen das Gedenken an ihn aufrecht zu erhalten versuchen werden, ist wahrscheinlich, doch werden sie nicht an die Stärken ihres alten Herrn herantreten können.
Aber er war nicht immer so alt.
Einst war er ein Kind ohne jede Ahnung von der Macht, die er damals in sich trug.
Verspielt und somit gefährlich, weil er, wie schon gesagt, nicht wusste was er tat wenn er es tat.
Viel zu schnell verging die Zeit und mit ihr wurde ihm die Kräfte bewusst die, die Natur ihm einst in die Wiege legte.
Wie schon in seiner Jugend spielte er nun mit den stärken, doch diesmal bewusster. Ständig testend, wie wir auf das reagieren würden, was er tat.
Kurz, aber heftig, schienen uns diese Proben. Ließ er uns doch jedes Mal Luft holen, genau in dem Moment, wenn wir zu ersticken drohten.
Und so verging wieder Zeit und er wurde älter.
Und so kam er zum Zenit seiner Kraft und er wusste, was er tat, als er begann.
So wie die Zeit vorher zu rasen schien, schlich sie nun dahin.
Der Regel nach hätte es hell sein sollen, der Jahreszeit nach zwar nicht strahlend hell, doch auf keinen Fall Dämmerungsdunkel.
Die dunklen Giganten seiner Macht rasten über den Himmel.
Laub, was seinen Abreisetermin im Grunde erst für eine paar Tage, vielleicht auch Wochen später festgelegt hatte, flog wie apathisch scheinend, durch die Luft und die schon abgereisten Freunde und Verwanden die sich zu größeren und kleineren Kolonien am Boden zusammen gefunden hatten riss er aus ihrem sicher erscheinenden Dasein und scheuchte sie mit einer perversen Freunde auseinander.
Doch bei all diesen Schandtaten die er bei vollem Bewusstsein vollbrachte und mit denen er Quallen der Angst über uns legte, weinte er.
Ja, er weinte.
Mal weniger, so dass man es kaum bemerkte und dann heulte er wieder so das die Erde bebte.
Waren es Tränen der Freunde oder der Trauer?
Wir wissen es nicht, denn konnten wir ihn fragen?
(Nein)
Doch an eins glaube ich fest.
Die Tränen die er in der Nacht vergaß waren die nicht die freudigen Tränen die in einem Kreissaal fließen.
Als er älter wurde – Als er alt wurde und sah was er hinterlassen würde, wenn er starb, begann er zu weinen.
Leise – ohne einen beängstigenden Laut.
Mir kommt es so vor, als würde er jetzt noch weinen, bereuen was er tat, doch es hat aufgehört.
Er ist fort.
Leise gestorben – eingeschlafen, ohne dass jemand es mitbekommen hat.
Die Tränen die ich fließen höre sind nicht mehr länger seine, sind nicht draußen.
Meine sind es. Abschiedstränen.
Zwar werden auch morgen noch deine Kinder da sein, doch die Erinnerungen an dich werden mit der Zeit verblassen.
Vergessen werden wir dich, genauso, wie wir auch so viele vor dir vergessen haben und auch die vergessen werden die, die dir noch folgen sollen.
Und um jeden, der bereut werde ich wieder meine Tränen vergießen.
Denn jeder von ihnen hat eine Träne gut.