Was ist neu

Stromlos

Mitglied
Beitritt
22.09.2008
Beiträge
3

Stromlos

Stromlos

von H. S.

Prolog​


Die Menschheit hat versagt!
Eigentlich konnte der globale Zusammenhalt weitestgehend stabilisiert werden, eine Folge der resoluten Bekämpfung von Terrorismus und Fremdenfeindlichkeit.
Der Ausstieg aus der Atomenergie war vollzogen, obwohl sich dazu immer noch die Geister scheiden. Musste man nicht alle Kraft dahingehend einsetzen, diese Technik soweit voran zu bringen, um unabhängig von umweltbelastender Energiegewinnung zu werden? Was nutzen Sonnen-, Wind- und Wasserkraft, wenn diese durch die fossile Stromerzeugung gepuffert werden mussten?
Biophysiker tüfteln seit mehreren Jahrzehnten an der Gewinnung von Wasserstoff aus Algen. Dies gelingt auch, aber in so kleinen Mengen, dass dieses Unterfangen als gescheitert angesehen werden muss. Warum lässt sich Mutter Natur überhaupt erst in die Karten schauen, wenn sie uns doch nur die eigene Machtlosigkeit demonstrieren will?
Und die Raumfahrt erst! Welch kapitale Investitionen stehen dem Nichtnutzen dieses Projektes gegenüber. Das größte Spielzeug der Menschheit frisst sämtliche freien Ressourcen, welche für elementarere Forschungen hätten verwendet werden müssen!
Trotz modernster Wissenschaften und Messtechniken geschehen immer noch gravierende Fehler im Umgang mit dem Heimatplaneten. Verantwortungslosigkeit durch Profitgier ließen eine äußerst instabile Erdatmosphäre entstehen, welche ihre Bewohner jetzt zwingt, radikale Schritte zur Vermeidung des endgültigen Kollapses zu ergreifen.
Am 04. April 2017 wird die Menschheit darüber informiert, dass „ … binnen weniger Tage die bekannte Zivilisation zusammenbrechen wird. Es ist unabdingbar, weltweit alle Stromerzeuger abzuschalten. Somit wird die gesamte Industrie, alle Infrastrukturen und private Haushalte ihrer Existenzgrundlage beraubt. Der Flugverkehr wird sofort eingestellt! Ein Zeitraum von drei Tagen ist vorgegeben, um alle Anlagen gefahrlos herunterzufahren und der Menschheit Gelegenheit zu geben, sich auf die neue Situation einzustellen. In dieser Zeit herrscht Kriegsrecht, um Plünderungen zu vermeiden. Es gibt keine Rücksichtnahme auf Einzelschicksale, die Erhaltung der Atmosphäre hat absolute Priorität!“.
Diese Nachricht, tatsächlich an alle Bewohner der Erde gebracht, erzeugt unterschiedlichste Reaktionen. Im Allgemeinen kam es in den Ballungsgebieten sofort zu heftigen Auseinandersetzungen, während auf ländlichen Zonen eine gewisse Gelassenheit herrschte. Gefragt waren nun starke Charaktere, welche das Zepter in die Hand nahmen und dafür sorgten, dass konstruktiv am weiteren Miteinander gearbeitet wird.

1.​

Am 04.April 2017 erhält man auch im John F. Kennedy Space Center, Cape Canaveral, sehr detaillierte Informationen. Die absolute Unumkehrbarkeit dieser Entscheidungen sowie ein totales Startverbot jeglicher Flugkörper wird der NASA ebenfalls mitgeteilt.
Es kommt zu sofortigen Meetings auf allen Ebenen. Dabei wird man sich der problematischen Situation der ISS bewusst. Es wird sofort das Notfallmanagement aktiviert. Auf Krisensituationen ist man ja vorbereitet, auf diese jedoch nicht!
Jeder Einzelne erkennt sehr schnell seine eigenen Nöte, die Meetings sind bald beendet. Man überlässt ohne längeres Zögern die ISS ihrem eigenen Schicksal, denn das Personal beginnt, wie die allermeisten anderen der Erdbevölkerung auch, seinen eigenen Kampf ums Überleben. Das John F. Kennedy Space Center, Cape Canaveral, ist verwaist!

2.​

Am 04. April 2017 erfährt man auf der ISS nichts von alledem!
An diesem ganz normalen Morgen, ca. 340 km über der Erdoberfläche, erwacht Tourist Bharat Kumari in seinem Schlafsack. Wie die 23 Nächte zuvor müssen alle überwachten Zustände der Raumstation im Toleranzbereich gelegen haben, denn sonst wäre er durch einiges Geheul unsanft geweckt worden. Also treibt man mit gepflegten 28.000 km/h durch den Orbit, die Bahnneigung ist stabil und Strom wird auch reichlich erzeugt.
Trotz des bisher längsten Touristenaufenthalts im All, war ihm kein bisschen langweilig. Man hat sich nun vollkommen auf diese Branche spezialisiert und die Reise kann ganz individuell geplant werden. Mit dem nötigen Kleingeld ist der Raumaufenthalt auf bis zu 32 Tage ausdehnbar und mehrere Ausstiege ins All möglich. Bharat hat das Komplettprogramm gebucht. Für schlappe 11 Millionen US $ kann man da einiges erleben.
Dieser Trip stellt immer noch das exklusivste Eventmanagement des Heimatplaneten dar, obwohl die Tiefseetouristik boomt und im Umsatz der ISS den Rang abgelaufen hat. Aber was soll man bei dem kurzen Aufenthalt im Mariannengraben schon erleben? 11 Kilometer runter, 11 Kilometer hoch, Enge und Ängste. Hier hat man 910 m³ Wohnraum und 110 Kilowatt Solarenergie halten es kuschelig warm. Bisher ist jeder Gast wieder gesund nach Hause gekommen, in der Tiefsee jedoch blieben schon zwei Abenteurer zurück!
Auch das Space Ship Three von Sir Richard Brenson kommt da nicht mit. Man gelangt zwar für 75.000 US $ in den Orbit, aber fünf Minuten in der Schwerelosigkeit, dazu noch angeschnallt im Sitz des Fliegers, das kann es nicht sein. Stephen Hawkins Trip in den Orbit, noch im Vorgängermodell Space Ship Two, hatte sicherlich nur werbetaktischen Sinn!
Aber das Beste ist der Ausblick. Den blauen Planeten so vollständig groß und rund zu sehen, treibt einem die Tränen in die Augen. Und aller 91 Minuten schwebt Indien, seine geliebte Heimat, an ihm vorbei. Jeden Tag beobachtet Bharat stundenlang die Erde und oft, sehr oft, weint er leise vor Freude und Glück!
Captain Ron Corner ist auch wach. Der Amerikaner genießt sichtlich die Routine. Im Kern ein harter Hund, hat er sich mit der neuen Situation bestens arrangiert. Vor 6 Jahren wurden sämtliche Forschungen im All eingestellt. Die Kosten waren enorm gewesen, der Nutzen gleich null. So, weiterhin als Heimstadt für wichtige Orbitaltests getarnt, gewährt man seitdem den Superreichen der Erde einen Aufenthalt als Touristenattraktion. Die Crew schmolz auf drei Besatzungsmitglieder und ihrem Gast zusammen. Mehr Leute werden nicht mehr benötigt, da schon der Captain die Aufgaben der ehemaligen Bordingenieure ausfüllt. Die Raumstation ist seit 10 Jahren fertig gestellt, die Serviceaufgaben halten sich jetzt in Grenzen, da die meisten Module im Stand-by - Modus laufen. Sie werden einfach nicht mehr gebraucht. Die ganze Arbeit für die Crew ist darauf ausgelegt, der Abenteuerlust von Millionären zu entsprechen. Ron hat sich damit abgefunden, auch weil er nun seit neun Missionen auf ein festes Team vertrauen konnte.
Pilot Paul Freier verrichtet gerade seine Morgentoilette. Er war Ron’s erste Wahl, nachdem er erfuhr, welchen maßgeblichen Einfluss Paul auf die positive Entwicklung der Flugeigenschaften des neuen Eurofighters 2 hatte. Außerdem ist Freier vernarrt in die Ausflüge ins All, eine sehr effektive Mischung für die neue Touristenbranche. Und ganz nebenbei passt der Deutsche hervorragend in das eigentlich internationale Konzept der ISS.
Co-Pilot und Mediziner Sean Tucker hängt wie immer noch in seiner Koje. Dem jungen Kalifornier zeichnet ein ausgeglichenes Gemüt aus, außerdem genoss die beste Ausbildung. Dies macht ihn zu einer wichtigen Stütze im Team, auch seine Unbeschwertheit ist der Gemeinschaft sehr dienlich.

3.​

Heute steht endlich wieder ein Ausstieg auf dem Programm, der dritte und teuerste in Bharat’s Reiseprogramm. Es geht rüber zu ihrem Wohnmobil, dem Zvezda Service Modul, ganz weit draußen! Das sind knappe 50 Meter und richtig Arbeit. Dort wollen sie die vier Kopplungsaggregate optisch überprüfen, mehr ist mit einem Touristen im Gepäck nicht möglich, sicher aber auch nicht nötig. Immer mal gucken, ob da draußen alles in Ordnung ist, für Paul eine sehr angenehme Abwechslung, für Bharat ein großes Abenteuer.
Doch heute ist etwas anders!
Der morgendliche Wegruf vom Chef-Operator des Flugleitzentrums erklang wie immer glasklar aus dem französischen Soundsystem der Station. Auch fand schon ein kurzes Briefing zum geplanten Ausstieg statt, aber seitdem herrscht absolute Funkstille. Dies stellt zwar kein Drama für die Besatzung dar, aber eigentlich will man dem Gast den bestmöglichen Service bieten und dazu gehören auch detaillierte Instruktionen zum Spaziergang im All.
Diese Situation verärgert Ron dann doch. Früher gab es so eine Schlamperei nicht, da würde jetzt schon ein Notfallplan greifen. Fünf Stunden ohne jeglichen Kontakt zur Bodenstation hätte eine Havariesituation herbeigeführt. Ron hat sich zwar mit der legeren Arbeitssituation in der jetzigen Raumfahrerei abgefunden, aber ein wenig sehnt er den damaligen militärischen Codex herbei. Wann hat denn zum letzten Mal ein Anti-Havarietraining stattgefunden?
Nach stundenlangem Warten und den durchgeführten Routinekontrollen sämtlicher Crewmitglieder ordnete er eine Verschiebung des Ausstiegs an. Jeder sollte sein persönliches Fitnessprogramm abarbeiten und dann zur Ruhe kommen.
Bharat ist sichtlich enttäuscht, akzeptiert dennoch diese Anweisung und setzt sich auf sein Ergometer. Kein Ersatz zwar für die verpasste Aussicht, auf die ISS herab zu schauen, welche pfeilschnell über der Erde kreist. Hartes Muskeltraining gegen perfekte Austarierung, ein schlechter Tausch! Bharat konzentriert sich dennoch auf die virtuellen Berg- und Talfahrten des computergesteuerten Trainingsprogramms.
Paul nimmt es mit seinem fast schon angeborenen Gehorsam hin und gönnt sich einige Spezialeinheiten an diversen Kraft- und Konditionsgeräten. Er ist kein Trainingsweltmeister, weiß aber, dass neben seiner geistigen auch die körperliche Fitness den Job hier oben sichert. Einen Eurofighter ins Looping zu kitzeln hat schon seinen Reiz. Aber das Shuttle hier hoch zu jagen, im Orbit zu schweben und durch die Feuerbrunst beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre zu gehen, dass erfüllt Paul völlig!
Sean kommt diese unerwartete Situation sehr entgegen. Eitelkeit steht ihm wahrlich ins Gesicht geschrieben. Dem Muskelschwund hier oben versucht er durch täglich hartes Training zu verlangsamen. Die geforderten Gesundheitschecks, welche vor jedem Ausstieg von ihm durchzuführen sind, fallen heute aus! Mehr Zeit also, dem inflationären Verhalten seiner gewaltigen Muskelmasse entgegen zu wirken.
Ron arbeitet ebenfalls hart an seinem immer noch gestählten Körper. Die harte militärische Ausbildung lässt ihn sehr auf seinen Körper achten. Keine Muskelberge auf dem Skelett, sondern solide Proportionen sind sein Ding. Um die kräftigen Hüften dürfen ruhig einige Gramm Fettgewebe platziert sein. So hat man einige Reserven auf den Knochen!
Da der Tag mit Training, Kontrollen, Ernährung und Nichtinformationen reichlich angefüllt ist, geht dieser dann auch schnell zu Ende. Orbitaltage sind kurz, da das schwerelose Umfeld einiges der Besatzung abverlangt. Der Abend gilt der Hygiene und dem Hobby. Hauptsächlich wird gelesen, der Inder wartet stattdessen wieder einmal auf das Vorbeirauschen seiner geliebten Heimat.
Der Captain ist nun so richtig am Grübeln. Was geht da unten vor, warum meldet sich keiner von dort? Was ist zu tun, wenn morgen früh immer noch Funkstille herrschen sollte? Er entschied sich für seinen früheren Schlafrhythmus, also sich wieder alle zwei Stunden von einem Vibrator am Brustbereich wachrütteln zu lassen. So hofft er auf die Schärfung seiner exzellenten Sinne.

4.​

An diesem Morgen ist wieder etwas anders!
Kein Wegruf aus dem Soundsystem. Dies hat ein träges Erwachen der Crew zur Folge. Wie abhängig man hier oben doch von externen Einflüssen ist!
Ron ist schon lange wach. Nach dem dritten Wachrütteln seines Vibrators ist er nicht mehr in den Schlaf gekommen. Viel zu viele Sorgen plagen ihn. Und er bastelt an einer Strategie, mit seinen Kameraden einen weiteren nutzlosen Tag im All zu überbrücken. So ließ er alle erst einmal von alleine erwachen und selbst realisieren, dass es bisher noch keinen Funkspruch gegeben hat. Dass das Sende- und Empfangssystem ihrer Station intakt ist, hatten sie gestern schon ausgetestet, daran gibt es absolut keinen Zweifel!
Dem Touristen teilte er als erstes an diesem Morgen mit, dass diese Situation an sich nichts Ungewöhnliches wäre. Mit Ruhe und Routine würden sie hier oben erst einmal ihren Dienst verrichten und wenn die Funkverbindung wieder steht, auch alsbald den geplanten Ausstieg vorbereiten. Man hätte noch Verpflegung für 14 Tage an Bord und die Wechselcrew würde definitiv in acht Tagen andocken. Heute könne er sich an seine Fersen heften und ihm bei den ganzen Kontrollvorgängen assistieren.
Für Paul und Sean plant Ron nichts. Sollen die Beiden heute noch mal in lethargischer Behäbigkeit ihre gewohnten Aufgaben verrichten sowie ihre Fitness pflegen. Die bringt so schnell nichts aus der Ruhe, Stressabbau kann sich Ron für viel später aufsparen!
Bharat’s Stimmung ist nicht die Beste, auch ist ihm recht mulmig zumute. Damals beim Training in einem Übungsmodul hat man ihn mit zwei potenziellen Mittouristen für 30 Minuten unter Wasser „vergessen“. Dies war sehr beklemmend, konnte ihn aber nicht von seinem Vorhaben abschrecken. Die beiden Mitbewerber stiegen danach sichtlich verärgert aus der Röhre und dem Projekt aus. Für Bharat war das Erlebnis aber erst recht ein Grund, der Tiefseeforschung zu entsagen und lieber sein Heil im Orbit zu suchen.
Paul und Sean verrichten ihren Dienst akkurat nach Vorschrift, sämtliche Checklisten werden wie immer genaustens abgearbeitet. Für Ron sehr erfreulich, auf beide war Verlass!
Mit dem Inder als neugierigem Begleiter ging der Captain auf seine, heute aufwendigere, Service-Tour. Vom mobilen Wartungssystem durch den Verbindungsknoten Unity wird in die Luftschleuse Quest hineingeschaut. Weiter in das Node 3 und vorbei am Kopplungsadapter PMA 3, wieder zurück und durchs Destiny, dem Labormodul der USA, zum Verbindungsknoten Harmony. Diese Achse stellt schon lange einen toten Teil der ISS dar. Zwar weit am Ende ihres Aufbaus installiert, ließ man schnell wieder von deren Betreibung ab, da keine Auftragsgeber für bezahlbare Forschungen gefunden werden konnte. Am schlimmsten erwischte es aber das europäische Columbus-Labor, welches erst lange am Erdboden verharren musste und dann überhaupt nicht ernsthaft genutzt worden war. Dort schauten beide auch hinein. Alles wie geleckt, Staub gab es hier oben nicht. Wieder zurück im Harmony ging es gegenüber in das japanische Labor JEM PM und dessen JEM ELM-PS. Das danach gekoppelte JEM RMS war abgeschottet, weil 2012 dessen ungeschützte Außenanlage durch Miniasteroiden stark beschädigt worden war.
Das Erforschen so unbekannter Abteilungen der ISS war für Bharat eine Wohltat, auch wenn er dabei mächtig ins Schwitzen kam. Aber der Kopf wurde frei, ein warmes Gefühl der Geborgenheit stellte sich ein.
In einer ausgiebigen Pause plauderte Ron mit Bharat bei Pasta und Tee über den immer noch ausbleibenden Kontakt zur Heimatbasis. Ron ist sehr zufrieden mit seiner Aktion, lässt sich aber nichts anmerken und lenkt die Unterhaltung in private Sphären. Er will nicht das Gefühl der Heimatlosigkeit aufkeimen lassen, sondern den privilegierten Status seines Gastes herausstellen. Bharat ist sehr gelöst und euphorisch, jetzt könnte der Captain alles von ihm in Erfahrung bringen. Aber das liegt nicht in seinem Interesse. Er will nur Ruhe an Bord, keine aufkeimende Panik ersticken müssen.
Auf dem Weg zurück machen sie noch einen kurzen Zwischenstopp im Unity. Dabei gönnen sie sich die Aussicht auf ihre Erde. Beiden kommt deren Sonnen abgewande Seite dunkler vor als sonst, verlieren darüber aber kein Wort. Es handelt sich sicher um ein subjektives Empfinden, und dies ist ja jedes Mal ein wenig anders.
Am Abend diskutiert die gesamte Besatzung über den zu erwartenden Morgen. Absichtlich moderiert Ron die Gesprächsrunde zur weiterhin möglichen Funkstille hin. Er will, dass sich diesmal jeder vor dem Einschlafen bewusst wird, dass beim nächsten Erwachen das Soundsystem noch immer schweigen könnte. Für diesen Fall wird ein für jeden individuell geplanter Ablaufplan entworfen.
Während Paul die Abarbeitung aller Funktionschecks für sich allein beansprucht, möchte Sean einmal richtig ausspannen und sich einem noch intensiveren Fitnessprogramm unterwerfen. Der indische Passagier bittet um einen weiteren Tag an Ron’s Seite, noch mehr will er von der ISS erfahren und die beruhigende Aura des Captain genießen. Von einem Ausstieg in den Orbit wird weiterhin Abstand genommen.
Ron selber rechnet jedoch ernsthaft mit dem Zustandekommen einer Kommunikation zur NASA. Diese andauernde Funkstille ist äußerst ungewöhnlich in der amerikanischen Raumfahrt, die Techniker werden das Problem endlich in den Griff bekommen!

5.​

Paul kann ewig nicht einschlafen. Die Situation verunsichert ihn zunehmens. Zwei Tage ohne jeglichen Kontakt zur Außenwelt. Dem Captain scheint dies nicht weiter zu beunruhigen. Paul nun aber doch!
Er hatte mit den extremsten Jets die irrwitzigsten Manöver geflogen, jedoch immer die Fäden in der Hand gehabt. Manchmal kam es trotz bester Ausrüstung zu einem Blackout, aber im Sturz zum Erdball erwachte er immer wieder rechtzeitig, um seine Maschine sicher abfangen zu können. Keiner versteht den neuen Eurofighter besser als er, auch das Shuttle lässt sich von ihm nach überwundenem Startschub bereitwillig manövrieren. Ja, gerade das Hinweggleiten mit dem eigentlich recht plumpen Gefährt im Orbit, hat es ihm angetan. Er vermisst zwar jegliche Kräfte der Querbeschleunigungen, welche ihm den besonderen Kick bereiten, aber dieses Gefühl des Schwebens hat etwas sehr Erhabenes!
Es ist zwar noch Zeit, aber irgendwie drängt es ihm jetzt gewaltig, die Wechselcrew mit seinem Geschoss hier oben einschweben zu sehen, die gepackte Tasche zu schnappen und den Raumgleiter der Erdgravitation entgegen zu steuern.
Der Deutsche erinnert sich: dies war wieder eine von den unsäglichen Sparmaßnahmen der NASA. Eines der zwei verbliebenen Shuttles (obwohl durch gründliche Updates versorgt, mit nostalgischen Charme behaftet) bringt die Wechselcrew zur ISS und nimmt die Touristentruppe mit nach Hause. Während die neue, drei Mann starke Besatzung, der Raumstation intensivste Betreuung zukommen lässt, wird der Flieger nach der Landung gewartet. Der zweite Gleiter ist startklar, um nach getaner Arbeit im All das Serviceteam wieder gegen Rons Reisegruppe auszutauschen. Es gibt angestrengte Überlegungen, ständig Touristen im Orbit zu haben, aber dann könnte der Service darunter leiden. Und außerdem wäre eine gewisse inflationäre Tendenz gar nicht gut fürs Geschäft!
Mit diesen Gedanken schläft Paul nun doch ein, träumt sich durch das Szenario eines Kampfjetsloopings und landet sicher im Horst seiner Geliebten.
Sean dagegen ist recht ausgeglichen. Legt man seiner Mimik schon absolute Emotionslosigkeit zur Last, so ist sein Geist in dieser Hinsicht tot geboren worden. Das macht ihn aber zu einem sehr analytischen Menschen.
Es ist nicht so, als würde er die kritische Situation nicht erfassen. Nur fehlt ihm einfach die Lust, dieses Wissen auf sich oder seine Kameraden hier anzuwenden. Was soll er auch tun, der Captain hat alles im Griff, die da unten sind fiebrig am Tüfteln und werden sich bald melden. Solange hat er eben Ruhe und noch mehr Zeit für seinen geliebten Body!
Bharat plagen die größten Sorgen. Jetzt hier allein rumzuhängen belastet ihn gewaltig. Die Tour mit dem Chef hat ihm gut getan, die Gespräche noch viel mehr.
Doch jetzt ist für längere Zeit Stille, oder werden sie vielleicht unsanft vom Bodenoperator geweckt, welcher kundtut, dass das Kommunikationsproblem behoben ist und alsbald mit dem Raumspaziergang begonnen werden kann? Ob Bharat dazu noch Lust hat, weiß er nicht. Irgendwie wird ihm mulmig, wenn er daran denkt, sich in die nächste gewagte Situation zu begeben. Er müsste weg von Ron, sowie die schützende Hülle der ISS verlassen. Aber bei den beiden vorangegangen Ausstiegen ging alles glatt, es waren sehr professionell durchgeführte Events. Nein, wenn hier wieder Normalität einkehrt, gewinnt auch er seine Sicherheit zurück und wird seine bisher teuerste Investition noch in vollen Zügen genießen können!
Ron ist hundemüde. Der morgige Tag ist verplant, soweit nicht doch der Kontakt zur Heimat zustande kommt. Er hat den Eindruck, dass jeder Einzelne bemüht ist, mit der Situation möglichst objektiv umzugehen. Dass er sich auch weiterhin um den Inder kümmern muss, steht außer Frage. Ist nicht schlimm, nett und aufmerksam ist er ohne jeden Zweifel!
Mit dieser Gewissheit hängt Ron in seinem Schlafsack, stellt jedoch seinen Weckvibrator auf den vertrauten Rhythmus ein. Morgen würde Normalität einkehren, das Bodenpersonal hat sicher eine ganze Latte an zu erledigenden Aufgaben für die Crew parat, sein Job als Animateur wäre zu Ende und übermorgen schickt er den Touristen ins All!

6.​

An diesem Morgen ist diesmal nichts anders!
Wieder erwacht die Crew in absoluter Funkstille zum nun schon dritten Tag. Werden die da unten es heute endlich hinbekommen?
Also greift der gestern beschlossene Plan. Jeder weiß, was zu tun ist. Trotzdem sehen alle frustriert aus. Sogar Sean hat nicht damit gerechnet, dass er heute noch einmal viel Zeit für sich bekommen würde.
Nach ausgiebigem Frühstück gehen die Crewmitglieder ihren eingeteilten Aufgaben nach. Mit gedrückter Stimmung wendet sich jeder seinem Einsatzbereich zu. Nicht genug, dass es keinen Funkkontakt mehr gibt, auch in der ISS herrscht betretenes Schweigen. Keiner redet unnötig, es gibt nichts zu sagen!
Paul kann Ablenkung in den aufwendigen Funktionschecks suchen, muss aber trotzdem konzentriert und gewissenhaft vorgehen. Danach will er sich dem Columbus-Modul widmen, jenem Europäischen Labor, welches von Anfang an mit Pech behaftet schien. Nach jahrelangen Verzögerungen schloss man es endlich 2008 an die Raumstation an. Der zuständige deutsche Astronaut war fast die gesamte Zeit zum Zuschauen verdammt, weil ihn die Weltraumkrankheit ereilte. Heute kein Problem mehr, ließ sie damals nicht wenige motivierte Raumfahrer sogar in der Schwerelose auf den harten Boden der Realität fallen.
Der Weltraumkrankheit wird jetzt vorgebeugt, indem dem Nervenstrang zwischen Hirn und Gehör immer eine aufrechte Position vorgetäuscht wird. Erreicht wird dies mit einem Implantat im Rachenraum, welches kleinste elektromagnetische Wellen aussendet. Die Steinchen purzeln wie immer durch die Hörschnecke. Diese Informationen werden nun aber vom Nerv ignoriert, da der neue Sender ihn vorher schon völlig ausreizt.
Auch beim Fliegen, gerade damals mit dem neuen Eurofighter, war diese Technik sehr hilfreich. Das Ausschalten des Gleichgewichtssinnes erspart einem unnötige Irritationen, man ist voll auf die Fliegerei konzentriert, der Kopf fühlt sich immer aufrecht an!
Nach den vielen Checks und einem ausgiebigem Mittagsmahl mit Sean begibt sich Paul auf den Weg ins Columbus-Labor. Hier macht sich Nostalgie in ihm breit, aber auch Wehmut über die Nutzlosigkeit des Prestigeprojektes der ESA.
Ein wenig wurde darin herum experimentiert, aber schon die Erforschung von Kleinstorganismen in der Schwerelosigkeit fiel ins Wasser. Ganz zu schweigen von den Selbstversuchen durch die Astronauten. Paul hat mit den damals Aktiven gesprochen. Diese waren sehr enttäuscht, dass man ihnen die Erfahrungen nicht gönnte, neue körperliche und geistige Sphären durch die interessanten Versuchsreihen zu erreichen.
Jetzt schaut er sich hier in Ruhe um. Dazu hatte er bisher noch keine Gelegenheit. Sehr geräumig, aber tot. Nichts läuft hier noch, was für eine Verschwendung! Als Quelle für spektakuläre Erkenntnisse gepriesen, war schnell Schluss mit der Forschung, da die benötigten Finanzen nicht mehr aufgebracht werden konnten. Man hatte es sogar mit Privatsponsoring versucht, aber die wenigen Geldgeber wollten lieber gleich selbst hier hoch und so etablierte sich die ISS in der Touristenbrache.
Paul kramt hier und dort, liest Protokolle und Berichte über die wenigen durchgeführten Tests und studiert schließlich ein Handbuch über die Ultrazentrifuge vor ihm. Ein deutsches Fabrikat, Firma Freier, was für ein Zufall! Sicher nicht seine Freier, aber es belustigt ihn schon, diesen Namen hier zu lesen. Und schmunzeln tut ihm richtig gut!
Sean ist nicht mehr zufrieden. Langsam findet er die Angelegenheit ziemlich nervig! Irgendwie hat er das Gefühl, er schmeißt hier oben eine Menge Zeit weg. Zwar ist sein Aufenthalt in der ISS noch im vorgesehenen Zeitfenster, aber es passiert nichts. Nicht nur durch die jetzige Situation, auch im Normalbetrieb ist es nicht sehr aufregend. Es fehlt an Kreativität, die Herausforderungen halten sich in Grenzen. Der Job als Reisebegleiter füllt Sean nicht aus, das bisschen Medizinern bringt ihn auch nicht weiter. Und solange Paul fit ist, kommt er als Pilot auch nicht zum Zuge. Dies ist eh nur sein zweites Standbein, es stellt ein Kompromiss der NASA dar, mit drei Mann die Betreuung im All zu meistern.
Er hat seinen Traum verwirklicht, ist Arzt im Orbit. Das Fliegen kam dann unerwartet hinzu und gefällt ihm ausgesprochen gut. Er suchte schon immer den Nervenkitzel, Sprünge aus dem Helikopter geben ihm den besonderen Kick. Das Seil darf ruhig etwas länger sein, da wird man noch schwungvoller zurückgeholt.
Noch nicht realisiert hat er seinem Traum vom Schweben im All. Es war für ihn bisher nicht möglich, aus der Raumstation auszusteigen. Er untersucht halt nur die Glücklichen vor und nach ihren Trip ins totale Vakuum.
Man hatte ihm damals bei seiner Bewerbung reinen Wein eingeschenkt. Von wissenschaftlichen Arbeiten im All war keine Rede mehr, sein Arbeitsgebiet beschränkt sich tatsächlich nur auf die medizinische Betreuung der Besatzung.
Missmutig macht er sich aber dennoch an sein gewaltiges, gestern Abend in der Koje ausgetüfteltes, Trainingsprogramm. So kommt er wieder auf Touren, achtet auf seine Atmung und die korrekte Ausführung der Bewegungsabläufe. Schweiß läuft ihn in die Augen, das Brennen ist für Sean ein Segen. Wie leicht es doch ist, zu sich selbst zu finden!
Vielen Menschen fehlt diese Disziplin. Sie leben so vor sich hin, achten nicht auf den eigenen Geist oder Körper. Dies ist ihm ein Gräuel! Es gibt zu viele sinnlose Beschäftigungen, mit welchen man sich von der Realität ablenken lässt. Die Leute hocken in ihren Sesseln und sind virtuell in einer anderen Welt. Aber ihr eigenes Ich vergessen sie dabei völlig!
Sean nicht, er war schon immer vernarrt in seinen Body. Auf dem College ein Musterschüler, wurde er schnell ein Spezialist in positiver Außendarstellung. Dazu gehört jedoch eine große Menge Selbstkontrolle. Aber nur so wurde er Spitze im Studium und Sport. Die Mädels lagen ihm zu Füßen, sehr wichtig für sein großes Ego!
Die Mittagsmahlzeit nimmt er gemeinsam mit Paul ein, sie hatten sich dazu verabredet. Die ISS bleibt dabei in ihre Gesprächen außen vor, Sean legt seinem Gegenüber lieber seine neuen Übungen nahe. Paul versucht den Arzt lediglich von seinem Trip ins Columbus-Modul zu begeistern, aber der Erfolg fällt mehr als bescheiden aus.
Beide trennen sich nach ausgiebiger Ruhephase, Sean hat es nicht weit zum Kraftraum.
Bharat ist endlich mit dem Captain unterwegs. Es dauerte ein ganzes Stück, bis sich Ron mit ihm auf dem Weg machte. Der Chef schaute erst hierhin und dort nach, kramte in allerlei Dokumenten, klickerte ewig im allgemeinen Bordcomputer herum. Dieser hat ebenfalls keine Verbindung zur Erde. Das Internet, sowie das Intranet der NASA sind für die Besatzung nicht mehr eingerichtet. Die Astronauten sind absichtlich isoliert, da es schon zu Übergriffen von Hackern auf die Bordcomputer der ISS gekommen war.
Doch nun schlängeln sie sich endlich wieder durch die Raumstation. Im Mobilen Wartungssystem bestaunt Bharat die Fähigkeiten des Canadarm2. Mit dieser Konstruktion kann jede Stelle an der ISS erreicht werden. Auch könnte ein Astronaut, auf dessen Spitze stehend, arbeiten. Zusammen mit dem Dextre-Modul ist der Arm in der Lage, auch komplexere Arbeiten ohne menschlichen Außeneinsatz durchführen. Die auch als Canada Hand verspottete Einrichtung besitzt unter anderen ausfahrbare Inbusschlüssel und allerlei Gelenke. Dieses Modul wird von jeder Crew skeptisch beäugt, da es einige interessante Ausstiege überflüssig macht. Ein Trip nach draußen ist immer sehr aufwendig und anstrengend, bringt aber die willkommene Abwechslung im All-Alltag. Nichts ist schlimmer, als hier oben nichts zu tun zu haben!
Die Männer arbeiten sich bis zum P6 Auslegersegment vor, ganz am Ende ihrer derzeitigen Heimat. Hier hinten gibt es außer den gewaltigen Backbord Sonnenkollektoren nichts zu entdecken.
Ron nutzt die ausgiebige Rast, um seinem Gast den Notfallplan zu erläutern. Alle haben registriert, dass es nachts auf der Erde dunkel bleibt. Keine Lichter funkeln ihnen mehr entgegen, es sind aber auch keine Unwetter oder gar große Explosionen zu sehen. Keiner hat eine Erklärung für die Dunkelheit, aber alle wissen nun um die Ursache der Funkstille.
Jetzt ist es besonders wichtig, Bharat als ersten ins Notfallmanagement einzuführen. So fühlt er sich gebraucht und den anderen Astronauten gegenüber bevorzugt. Er weiß nicht, dass Co-Captain Paul ebenfalls geschult wurde, was im Falle einer Krise zu tun ist. Ron lässt es auch dabei und erläutert ihm, dass er heute Abend mit allen zusammen die Situation besprechen und die ihm gerade aufgelistete Durchführung von Maßnahmen einleiten wird.
Bharat gibt seinem Chef zu verstehen, dass es ihm mental nicht mehr so gut geht. Der Captain lässt ihn an seiner Überzeugung teilhaben, die Jungs da unten würden das Problem rechtzeitig in den Griff bekommen, sie hätten schließlich noch sieben Tage bis zum Ende der Mission und noch für 13 Verpflegung an Bord. Die 25 Tage hier oben waren doch recht entspannt verlaufen, drei davon ohne Funkkontakt werden dies auch nicht ändern. Und die beiden Ausstiege erst! Selbst diesen Stress hat Bharat souverän gemeistert, da hat Ron schon andere Situationen erlebt, in welchen die Touristen zu einem Ausstieg nicht fähig waren.
Nach diesen beruhigenden Worten begeben sich die Beiden auf ihren langen Rückweg.

7.​

Dunkle Erde, schwarzer Planet. Der Nachtseite fehlt alles elektrische Licht!
Die vier Männer sitzen zusammen und diskutieren über die möglichen Szenarien, welche sich auf ihrem Planeten abspielen könnten. Es muss enorme Probleme im weltweiten Stromnetz geben, da ja jeder Ort der Erde des Nachts düster bleibt. Keinem ist bekannt, wie es möglich sein kann, dass der globale Energieverbund komplett zusammenbricht. Die Techniker werden dieses Problem sicher bald beheben, nur muss man bis dahin Geduld haben und die ISS vor Schaden bewahren.
Genau dies sieht der Notfallplan vor. Es wäre der Menschheit nicht möglich, noch einmal solch ein gigantisches Projekt in den Orbit zu hieven. Der Schutz dieser Einrichtung, selbst wenn sie nur noch als Touristenattraktion dient, hat für sie absolute Priorität. Die Männer wollen alle wieder gesund zur Erde, der nächste Flug soll problemlos andocken können.
Erhöhte Wachsamkeit, von Ron schon seit zwei Tagen praktiziert, ist jetzt für alle ein wichtiger Missionsparameter. Die Checklisten werden weiterhin sorgfältigst abgearbeitet, von nun an aber immer zu zweit. Überhaupt wird sich ab sofort niemand mehr allein hier aufhalten. Es wird ein Anti-Havarietraining stattfinden, der XM-40 wird überprüft. Es ist immer ein Mann wach und Ron will ständig Blickkontakt zur Erde haben. Dabei lösen sich die Männer in kurzen Abständen ab und protokollieren jedes sichtbare Ereignis auf der Erdoberfläche.
Der Notfallplan ist ab sofort aktiv. Bharat weiß es schon länger, sieht sich mit dem Captain als alleiniger Wissensträger. Paul wartete schon auf diese Maßnahme, vermutet jedoch, dass Ron den Inder vorher schon eingeweiht hat, damit dieser mental gestärkt wird. Nur Sean wusste von Nichts, dementsprechend ist er auch überrascht. Das scheint ja langsam richtig ernst zu werden hier oben!
Nach dem Abendessen wird der Wachzyklus eingeteilt, in welchem über Nacht die Erde weiter beobachtet werden soll. Es sind die obligatorischen zwei Stunden. Nicht zu lange, um ja nicht zu ermüden, bzw. auch, um genügend Schlaf zu bekommen.
Jeder ist einmal an der Reihe, Ron beginnt als erstes. Und immer noch erscheint die Nachtseite völlig dunkel. Sean kann danach auch nichts Interessantes bemerken. Es sind auch keine großen Unwetter zu erkennen, welche vielleicht für den Kollaps verantwortlich sein könnten. Bharat übernimmt dann die Wache. Zufällig ist sein Indien gerade in der Nachtphase. Dies bedrückt ihn sehr. Er kann sich vorstellen, wie seine Landsleute jetzt leiden. Die Nation machte in den letzten zwanzig Jahren den größten wirtschaftlichen Sprung, mit allen Begleiterscheinungen natürlich! Dunkle Nächte gehören schon lange der Vergangenheit an. Paul übernimmt die letzte Schicht und beobachtet eine gewaltige Feuerseule auf der Arabischen Halbinsel. Dies bleibt auch der einzig nennenswerte Vorfall.

8.​

Von einem erwachen der Crew kann an diesem Morgen nicht die Rede sein. Keiner hat richtig geschlafen. Jeder hofft nur darauf, dass irgendetwas passiert.
Am Tag 26, sechs Tage vor Missionsende, wartet auf die Crew endlich eine interessante Abwechslung. Nach einhundert Stunden ohne Funkkontakt will man heute ein Anti-Havarietraining durchführen. Man einigt sich auf die Simulation eines Lecks im abgelegen Teil der ISS. Dieser soll dann schnell abgeschottet und dem Captain der Fluchtweg zum Rettungsmodul XM-40 ermöglicht werden. Die Übung wird nur von dem Stammpersonal durchgeführt, Bharat ist für die weitere Beobachtung der Erdoberfläche zuständig.
Der XM-40 ist ein Monogleiter, welcher automatisch die Evakuierung eines Crewmitglieds durchführen kann und absolut selbstständig zur Heimatbasis in Cape Canaveral zurückfindet. Wieder ein Ergebnis absoluter Sparpolitik der NASA und ihrer wenigen noch vorhandenen Partner. Denn eigentlich war mit dem X-39 ein ähnlicher Gleiter entwickelt worden, welcher aber für sieben Personen Platz bot. Die Russen hatten mit ihren Sojus-Kapseln und dem Orion-Shuttle auch einmal kräftig zum Sicherheitsmanagement der ISS beigetragen. Jetzt konzentrieren sie sich anscheinend nur noch auf den Bau von Dampfbügeleisen!
Die Havarie leitet Ron von einem Computer aus ein und hofft auf die theoretische Möglichkeit für seine organisierte Flucht. Das Leck wird im Auslegermodul S4 simuliert. Der Captain befindet sich zu diesem Zeitpunkt im Mobilen Wartungssystem. Paul und Jean sind auf einer gemeinsamen Inspektionsrunde im Forschungsmodul (RM). Nun muss einer im Kontrollmodul Zayra die separate Abschottung des Auslegermodul S3 überwachen, gegebenenfalls auch manuell steuern. Der andere begibt sich ins Svesda Service Modul, um zum Andockschott (DC1) zu gelangen. Hier wird alles für den Einstieg des Captain in den dort permanent angedockten XM-40 vorbereitet.
Paul macht seinen Job im Zayra hervorragend, so dass Ron schnell voran kommt und der havarierte Teil der ISS richtig abgeschottet wird. Auch Sean ist am DC1 zur Stelle und sämtliche Vorbereitungen zur Flucht sind erfüllt, als Ron bei ihm eintrifft. Mit einem nach oben gerichteten Daumen rutscht der Captain in die Sitzschale und weist ihn kurz an, die Luke zu verriegeln.
Da jedoch kollabiert Sean, er ist zu keiner Bewegung mehr fähig. Echte Panik wallt in ihm auf, er fühlt sich sofort allein gelassen. Ron muss zweimal seinen Befehl wiederholen, bevor dem jungen Arzt eine Reaktion zu entlocken ist. Aber kein Handschlag tut sich, er brabbelt nur wirres Zeug und hat völlig die Kontrolle über sich verloren.
Ron klettert zurück und kauert sich neben Sean hin. Mit ruhigen und klaren Worten erläutert er ihm die Situation. Ron hätte die Luke auch alleine schließen und danach das XM-System booten können. Doch erhoffte er sich durch Seans Hilfe eine effektivere Übung.
Sean stammelt Entschuldigungen und gibt zu, dass er kurz an eine tatsächliche Flucht seines Captains gedacht hatte. Da dies für ihn jederzeit möglich ist, muss Ron erst einmal Argumente finden, um diesen schlimmen Verdacht zu entkräften. Seine schnelle Rückkehr in die Raumstation überzeugte Sean dann doch.
Ron erklärte die Übung für erfolgreich beendet, obwohl er gerne das System des Gleiters hochgefahren hätte. Dies ist aber nur bei verschlossener Luke möglich, und das konnte er Sean nun nicht mehr antun.
Paul wird vom plötzlichen Ende der Übung überrascht, dachte er doch, dass der Captain das System des Gleiters booten würde. Aber Ron gibt sich zufrieden mit dem Trainingsverlauf. Derweil plagen ihn schwerwiegende Probleme. Sean macht ganz und gar keinen guten Eindruck, er dürfte sich in einer mental sehr schlechten Verfassung befinden. Bharat’s stierender Blick auf sein Indien beruhigt ihn auch nicht gerade. Nur Paul erledigt seinen Job wie immer akribisch und korrekt.

9.​

Nach dem Abendessen werten die vier Männer den Tag nochmals aus. Bharat hat nichts Ungewöhnliches auf der Erdoberfläche entdecken können. Dabei wäre das plötzliche Aufleuchten von elektrischem Licht eine angenehme Überraschung gewesen. Ron erwähnt keinen Ton über Seans Nervenzusammenbruch, worüber dieser unheimlich froh ist. Paul nimmt die Infos des Captain routiniert entgegen, bekommt aber von den Sorgen des Captains nichts mit.
Man vereinbart für den nächsten Tag wieder Trainings- und Wachpläne, bevor jeder mit sich selbst allein sein kann. Die zweistündige Wache zum Heimatplaneten wird eingeteilt und die obligatorischen Wünsche für eine ruhige Nacht werden ausgetauscht.
Paul hockt am Ausguck und betrachtet die Erde. Jetzt noch im Tageslicht wird sie bald wieder ins unheimliche Schwarz eintauchen. Er kann sich denken, dass dort unten kaum noch zivilisierte Zustände herrschen. Gerade in der Nachtphase wird wohl einiges Militär vonnöten sein, um für Ruhe zu sorgen. Viele werden auf Plünderungen aus sein, wollen diese Krise zum persönlichen Vorteil ausnutzen. Wie bekommt man jetzt Brot und Milch? Hier oben sind sie noch lange versorgt, das beruhigt Paul wirklich. Sein Captain ist sehr souverän, einzig Bharat faselt zu viel über Frau und Kind. Dort sollten sie aktiv eingreifen, leider nur sind die Wachschichten so gelegt, dass er keine Gelegenheit bekommt, mit Ron darüber zu sprechen. Morgen muss er die Diskussion aber suchen!
Sean löst ihn pünktlich ab und platziert sich vor dem Fenster. Sein hysterischer Anfall bei der Übung ließ ihn nicht in den Schlaf kommen. Selbstzweifel und leichte Beklemmungen plagen ihn, es muss etwas passieren! Dort unter ihm passiert nichts. Licht und völlige Dunkelheit lösen sich ab, der Planet gibt ihm kein Zeichen!
Bharat muss zur Wache vom übermüdeten Arzt geweckt werden. Ohne Mitleid schüttelt er ihn aus der Koje. Den Tag mit monotonem Starren auf die Erde zu verbringen, hat enorm geschlaucht. Er weiß gar nicht mehr, wie oft seine Heimat unter ihm vorbei gerauscht war. Das Schönste war dann aber, dass zum Ende seines Tages hier oben in Indien der Morgen graute. Nötiger Balsam auf die gestressten Seelen seiner Landsleute!
Nun lungert er wieder vor diesem Fenster, frustriert und demotiviert. Ganze 340 Kilometer über seinem zu Hause. Dort fuhr er regelmäßig eine ähnliche Entfernung auf den endlosen asphaltierten Geraden mit dem Rennrad. Sechs Stunden hin, 120 Minuten Pause bei Meditation und Tee und sechs Stunden wieder zurück. Seine dreihundert Kilometer für Fitness und freien Geist.
Nach einer Stunde schon erscheint Ron hinter dem Inder und gibt seine Annäherung vorsichtig bekannt, da der Tourist ziemlich ermattet auf seinem Ausguck hängt. Der Captain verwickelt ihn noch kurz in ein Gespräch, welches mitteilt, das er heute nicht zu intensiv sein Ergometer quälen soll. Für den Ausstieg am folgenden Tag solle er fit genug sein und nicht von steifen Knochen oder gar Muskelkater geplagt werden. Mit dieser interessanten Aussicht schlief Bharat schnell ein.
Ron hat nun Zeit zum Nachdenken. Er hatte gut geschlafen, fühlt sich erholt. Mit dem heutigen Tage kommt seine Crew in ein kritisches Zeitfenster. Viele Tests von Ärzten und Psychologen der NASA haben recht genaue Einblicke in die mentale Ausdauer von Astronauten in Krisensituationen ergeben. Jetzt beginnt die Stressphase für die sensibleren Charaktere, Sean scheint noch sensibler zu sein!
Priorität hat immer noch der Schutz der ISS! Auch Paul ist für die Beobachtung und Analyse von Verhaltensmustern im Orbit sensibilisiert. Nur von der Brutalität der durchzuführenden Maßnahmen zur Sicherung der Raumstation weiß er nichts!
Ron denkt in Ruhe darüber nach. Er ist sich voll bewusst, welch extreme Entscheidung er fällen muss. Natürlich hat niemand daran geglaubt, dass diese Situation einmal eintreffen könnte. Gezielt geschult wurde er trotzdem, um auf dieses Szenario bestens vorbereitet zu sein. Hier oben wird es die Hölle für ihn werden, zurück auf der Erde werden sie ihm diese Last dann abnehmen. Nicht umsonst lässt seit Jahren kein Astronaut eine Familie zurück, das wurde abgeschafft! Für Touristen galt dies nicht, da würden wohl auch die Bewerber fehlen.

10.​

Obwohl Paul sich vorgenommen hat, Ron noch vor dem Aufstehen über seine Sorgen zu informieren, kommt er nicht dazu. Der Captain weckt ihn als letzten, Sean und Bharat sind schon wach. Dementsprechend zerknirscht kaut der Deutsche auf seinem Frühstück herum.
Nach den nötigen Sicherheitschecks gehen alle wie besprochen an ihre Trainingsprogramme. Die Beobachtung der Erdoberfläche wird nicht mehr durchgeführt, wozu auch! Der Tourist setzt lediglich auf Lockerung und Entspannung. Er ist nun voll froher Erwartung auf den kommenden Tag, ein richtiges Hochgefühl hat in ihm eingesetzt und dies er geniest sichtlich.
Sean vergewaltigt regelrecht sein Equipment, das muss anscheinend für seinen gestrigen Aussetzer büßen. Paul kommt schlecht in Tritt, absolviert aber dennoch einige straffe Einheiten, bevor er es zum Mittag hin ruhiger angehen lässt. Der Captain ist rastlos, schaut hierhin und dorthinein. Mit Sean bespricht er nur Allgemeinheiten, Bharat gegenüber bekräftigt er seinen morgigen Ausstiegsplan, nur bei Paul lässt er sich nicht blicken.
Nach dem Mittag ist Ruhe angesagt. Nun endlich kommt es zur Diskussion zwischen Ron und Paul. Beide sind sich einig, dass die Situation hier oben schnell eskalieren kann. Erste Anzeichen haben sich schon bemerkbar gemacht, Paul ist über die Schilderung von Seans gestrigem, hysterischem Anfall regelrecht entsetzt.
Hier, getrennt von der restlichen Crew beginnt die Beratung für den nächsten Tag. Paul findet die Idee, morgen ins All auszusteigen, hervorragend. So ist jeder beschäftigt, kommt auf andere Gedanken. Warum jedoch Sean mit raus soll versteht er nicht und erfüllt ihn mit Unbehagen. Zu groß sei das Risiko, meint er. Doch Ron ist überzeugt, dass dem Arzt dieser Trip endlich gegönnt werden sollte. Wieder nur seine Partner für den Ausstieg vorbereiten zu müssen, könnte die Situation morgen verschärfen. Gegen die Argumente seines Captains hat Paul wenig entgegen zu setzen, so dass die Strategie beschlossen wird. Beide sind zufrieden, der Eine voller Zuversicht, der Andere ohne jegliche Emotionen.
Paul informiert die restliche Crew über den angesetzten Beratungstermin. Der Captain löst die Anspannung seiner Zuhörer schnell. Die Versorgung der Crew ist für mindestens 11 Tage gesichert und bis dahin bekommt man auch Kontakt zur Erde, schließlich wird die ISS auf keinen Fall aufgegeben. Entspannt und konzentriert soll sich jeder seinen Aufgaben und Vorhaben widmen. Und morgen soll ein Ausstieg erfolgen. Es wird zwar nicht, wie geplant der lange Trip im Orbit, aber dieser Bummel wird den Aufenthalt hier oben ein wenig ersüßen. Das Beste: Sean geht auf Jungfernfahrt, Bharat und Paul nehmen ihn in die Mitte.
Endlich gute Nachrichten, Sean ist positiv überrascht. Das Vertrauen des Chefs erfreut ihn sehr! So muss er seine beiden Begleider medizinisch vorbereiten und dann den Check an sich selber durchführen. Aber Ron meint, er würde ihm bei Paul und Bharat assistieren und dann selbst die Untersuchung durchführen. Auch dies gefällt Sean, so kann er sich selbst einmal richtig bemuttern lassen!
Der restliche Nachmittag ist für alle Entspannung pur, auch Ron ist mit sich im Reinen. Mit tödlicher Präzission den Plan eingeleitet, hat seine Crew wie erhofft reagiert.

11.​

Die Nacht verbringen die Männer in ihren Kojen, eine aufwendige Sauerstoffbehandlung vor dem Ausstieg ist durch das jetzt verwendete Gasgemisch nicht mehr notwendig. Früher hingen die Astronauten acht Stunden im Sauerstoffzelt, heute ist sogar ein spontaner Ausstieg ohne größere Vorbereitung möglich.
Alle liegen ruhig, eine positive Grundstimmung trägt sie in den Schlaf. Endlich kreisen die Gedanken fernab von der Angst um die Erde.

12.​

Ausgeruht erwacht die Crew zum 28. Tag ihrer Mission, jedoch der sechste ohne Funkkontakt. In vier Tagen kommt voraussichtlich die Ablösung, die Verpflegung würde aber noch für zehn reichen. Jeder riskiert nur einen kurzen Blick auf den Heimatplaneten, verschwendet dann aber keinen weiteren Gedanken daran. Der Ablauf ist klar strukturiert.
Nach dem Frühstück macht sich Sean an die Untersuchung von Paul. Ron schaut zu, Bharat meditiert. Im Inder läuft die ganze Prozedur des Ausstiegs ab, er möchte gut vorbereitet in dieses Abenteuer gehen. Bei Paul ist alles in Ordnung, beim Touristen später auch. Nun beginnt Ron die Prozedur am eigentlichen Fachmann anzuwenden. Dabei schildert er Sean die elementaren Grundlagen eines Ausstiegs. Sean hört sich alles entspannt an, ist völlig gelöst und sehr zufrieden. Er bekommt seine Chance, erlebt heute endlich die totale Leere!
Da auch der Arzt körperlich fit für den Trip ist, beginnt nun das Anlegen der Raumanzüge. Waren es früher riesige und schwere Schränke, in welche man sich regelrecht hinein stellen musste, so sind es jetzt ergonomisch geformte und bewegliche Anzüge, welcher einer zweiten Haut gleichkamen. Anders als bei den Shuttles, welche ja eigentlich schon 2010 ihren Dienst einstellen sollten und dann doch bis heute nur leicht modifiziert als Touristenfähren dienen, wurde an den Anzügen fleißig weiter gebastelt. Heute gleichen sie mehr einem trockenen Tauchanzug. Nur wesentlich dickwandiger und immer noch mit einem großen Koffer für die Gasversorgung des Astronauten. Auf irgendwelche Vortriebshilfen wird komplett verzichtet, das manövrieren im All überlässt man der perfekten Tarierung.
Die drei Astronauten begeben sich ins Quest, die amerikanische Luftschleuse der ISS. Alle sind durch den internen Funk der Raumstation mit dem Captain verbunden. Es ist ungewöhnlich, dass drei Raumfahrer gleichzeitig ins All aussteigen. Dieses Wissen, gepaart mit der vermuteten Situation auf der Erde spornt die Männer nochmals an.
Paul verriegelt die bordseitige Schleusentür und gibt Ron Bescheid. Die Überwachung der Hardware meldet sogleich den geschlossenen Zustand der Tür und Ron entlässt den größten Teil der Moleküle und Atome, welche sich in der geschlossenen Kammer befinden, über eine kleine Entspannung ins All. Nun sind Paul, Sean und Bharat bereits in orbitaler Umgebung und der Captain dringt in die tiefste Ebene seines Bordcomputers vor. Er aktiviert, als erster Kommandant überhaupt, für das Gasgemisch in den Anzügen seiner Crew eine zusätzliche Patrone. Jetzt gibt es keine Emotionen mehr. Kalt, fast wie ein Roboter, gibt Ron dem Weg nach Draußen frei. Er weiß genau was jetzt kommen wird!
Unter ihnen der blaue Planet, der Rest millionenfaches Funkeln in absoluter Dunkelheit. So präsentiert sich den Männern das All, einer der schönsten Anblicke überhaupt. Bharat entgleitet als erster der ISS und damit dem Leben. Paul, schon im Sprung, wundert sich noch über die komische Augenbewegung des Inders, als auch sein Gehirn versagt.
Sean bemerkt davon nichts, er ist plötzlich voller Panik! Dort hinaus kann er nicht, auf gar keinen Fall. Er klammert sich wie wild an die Reling der Quest. In den Ohren rauscht es, die Atmung ist kurz vor dem Kollaps. Vom Captain kommen aufmunternde Worte, welche ihn zum Ausstieg ermutigen wollen.
Aber kein Weg führt für ihn dort hinaus! Die Enttäuschung über sein Versagen löst keineswegs den verkrampften Griff vom Geländer. Schnell wird Sean sich bewusst, dass er sich eigentlich schon außerhalb der schützenden Raumstation befindet. Aber loslassen kann er dennoch nicht. Und jetzt sieht er das leblose Gesicht von Paul. Was ist passiert? Auch Bharat dreht sich in langsamer Bewegung, mit tot schwebenden Gliedmaßen, zu Sean hin. Hier stimmt etwas nicht, er schreit um Hilfe und hängt immer noch am eisernen Griff seiner Hände.
Ron redet weiterhin ruhig auf ihn ein. Endlich schafft es der Arzt, den Captain über die zwei Leichen im Orbit stammelnd zu informieren. Eine sehr kalte Stimme bestätigt ihm sofort seine Beobachtung. Sean wird klar, dort sitzt kein Mensch mehr. Jetzt ist er einem Monster ausgeliefert.
Und prompt folgt auch die Erklärung: „Sean, ich bin dem Schutz der ISS verpflichtet, das hat absolute Priorität! Mach bitte den kleinen Schritt nach draußen, nur dort öffnet sich ein zusätzliches Ventil, du wirst absolut nichts merken. Niemand setzt sich gemeinsam zum Sterben hin, das macht jeder für sich allein. Es tut mir unendlich leid!“.
Sean stammelt nur wirres Zeug, winselt und fleht. Ron schaltet den Funk ab. Lethargisch, in jeder Bewegung innerlich stöhnend, begibt er sich zum Zvezda Modul. Er isst und trinkt noch ein wenig, schnappt sich seine gepackte Tasche und zwängt sich dann in die Sitzschale des XM-40. Hier entspannt er sich ein wenig, schließt die Luke zur ISS und startet das System.

13.​

Die Soft- und Hardware des Gleiters bootet und Ron leitet den Countdown ein. Ab jetzt verläuft der Heimflug voll automatisch. Dem Piloten kommt eigentlich nur die rolle eines Passagiers zu. Der XM bietet kein Sichtfeld, um selbsttätig manövrieren zu können. Gerade ein kleines Pullauge auf jeder Seite ist zu wenig für die manuelle Fliegerei.
Ron ist immer noch völlig benebelt. Ein Schockzustand, ausgelöst durch die Ungeheuerlichkeit seines Vorgehens, betäubt ihn zunehmend. Der Eintritt in die Erdatmosphäre geht fast unbemerkt an ihn vorüber. Er wird vielmehr von Vorwürfen und Selbstzweifel zerrüttelt, als das die enorme Verzögerung, welche nun auf seinen Flugkörper wirkt, in sein Bewusstsein vordringen könnte.
Der Gleiter leitet die Landung ein und setzt sicher auf der Nebenlandebahn B2 in Cape Canaveral auf. Doch dann kollidiert das rechte Fahrwerk mit einem Tierkadaver und bricht aus der Verankerung. Das Fahrzeug schlingert, kippt um, überschlägt sich einmal und rutscht immer noch mit viel Energie über nasses Gras. Ein überlasteter Sicherungssplint der Gurtung bohrt sich tief zwischen die Rippen des Captain und wird dann wieder herausgerissen. Die Wunde blutet und lässt den rechten Lungenflügel kollabieren. Schließlich bleibt er seitwärts aufgestellt im Absperrzaun zum Hangar B1 stecken.
Ron hängt fest in seinem Sitz. Nach oben hat er einen Blick auf den nieselgrauen Himmel, es ist hell. Schmerzen brennen in seiner Brust. Langsam, nun durch entsetzliche körperliche Schmerzen, löst sich sein mentaler Schock. Er weiß genau, was passiert ist. Wenn ihn hier bald keiner rausholt, wird er langsam und elend zugrunde gehen!
Da draußen klart langsam der Himmel auf. Ron ist steif vor Schmerzen, der restliche Körper leitet unter Prellungen, die ungewohnte Schwerkraft tut jetzt ihr übriges. Seinen Kopf muss er mühevoll anheben, um aus der linken, nach oben gerichteten Seitenluke sehen zu können. Doch keiner schaut herein, es erfolgt auch kein Hantieren am Gleiter. Aus eigener Kraft kommt er hier nicht heraus!
Immer wieder tritt Ron weg.
Als er wieder richtig zu sich kommt wird es schon dunkel. Er ist völlig fertig, die Schmerzen in der Brust sind einem dumpfen Pochen gewichen. Ganz schlimm ergeht es seiner Nackenmuskulatur. Da der Kopf seitlich herabhängt, haben sich die Bänder gedehnt und sind dem Gewicht nicht mehr gewachsen. Um hinausschauen zu können, muss Ron gewaltige Anstrengungen unternehmen.
Richtig zusetzen tut ihm aber die Erkenntnis, völlig falsch im All gehandelt zu haben. Hier unten ist Feierabend, keiner ist mehr im John F. Kennedy Space Center. Warum also tötete er seine Crew? Den Touristen hätte der Heimweg ermöglicht werden müssen. Bharat war der Einzige mit Familie, sicher wäre ihm schon dadurch mehr Glück bei der Landung vergönnt gewesen. Die drei Astronauten hätten würdevoll ihre Mission beenden und ein gemeinsames Ende finden können. Er, der Captain hatte die Situation letztendlich falsch eingeschätzt. Dumme Ideologie oder purer Egoismus? Das weiß er nicht. Eines ist aber absolut sicher: er hat komplett versagt!
Ron hebt ein letztes Mal mühevoll den Kopf. Dort draußen ist jetzt klare Nacht. Und dann sieht er die ISS über sich hinweg gleiten, dem einzig legalen Ort, an welchem noch Energie erzeugt wird, soviel hat er verstanden. Nicht verstehen tut er, warum man ihn und seine Crew in der Ahnungslosigkeit hat treiben lassen!
Wie sehr er jetzt Sean beneidet! Frei von jeglicher Gravitation hängt zwar auch dessen Leben am bald abreisenden Faden. Aber schnell und schmerzfrei, sowie bei bester Aussicht kann er es selbst beenden!

Epilog​

Nach zwei Tagen im Kriegsrecht, in welchem tatsächlich übergroßes Chaos vereitelt werden konnte, brach die Zivilisation auseinander. Es gibt keine Präsidenten, keine Generäle und auch keine Soldaten mehr. Wen oder was sollte man noch führen oder beschützen? Doch nur noch sich selbst!
Während unter anderem Paris im nächsten halben Jahr den Flammen zum Opfer viel, konnten wiederum Bauern in Westpolen eine eigene Wasserversorgung aufbauen, ihre Felder bestellen und ernten, das Vieh füttern und schlachten. Eine eigennützige Gemeinschaft bildete sich. Selbst im Winter, als nachts ein Baum heimlich von Fremden zur Brennholzgewinnung entestet wurde, verfolgte man diese nicht. Sich der eigenen Stärke bewusst, ließ man sie ziehen, forcierte jedoch seine Präsenz auf nun noch größerem Territorium.
So manifestierten sich weltweit zwei Entwicklungen: die Anarchie mit Zerstörungen und etlichen Opfern bis hin zur totalen Neutralisierung und ein neues Miteinander mit aristokratischen Zügen. Dem großen Chaos standen die kleinen Provinzen mit den Tüchtigsten an ihrer Spitze gegenüber. Handfeuerwaffen und Munition gab es kaum, die gewaltigen militärischen Ausrüstungen nutzten ohne Elektrizität niemanden und die Nuklearwaffendepots waren für die Ewigkeit versiegelt. Was an flüssigen Brennstoff vorhanden war, lies sich nicht händeln, etliches davon wurde sinnlos verbrannt.
Am 03. März 2018, in Lennoxtown, nördlich von Glasgow, lässt sich die 17 jährige Madlen Hammilton weiter aus dem Dunklem Turm, der monumentalen Sage von Stephen King, vorlesen. Ihr Clan hat es geschafft, mit den widrigen Bedingungen klar zu kommen. Gewalt wird nicht geduldet, vielmehr ist ein gemeinsames Miteinander der Schlüssel, um das Überleben zu sichern. Nur so konnten sie über den milden Winter kommen!
Jeder hat seine Aufgaben, sie war gerade mit dem Melken der ihr zugewiesenen Kühe fertig geworden. Nun lief wieder ihr IPod Advance, angetrieben über Akkus, welche vom Gelenkdynamo am linken Knie gespeist wurden, und erzählte die faszinierende Geschichte von Roland, dem letzten Revolvermann. Und irgendwie kam Madlen der Verdacht, dass eben dieser Roland irgendwann genau ihre Welt hier durchstreifen wird …

R’w, den 22.09.2008​

 

Hi Stromlos,

Willkommen auf kg.de.

Hm, ich glaube ohne diese Stephen-King-Referenz hätte ich mich gar nicht zu einem Kommentar aufgerafft :)

Und irgendwie kam Madlen der Verdacht, dass eben dieser Roland irgendwann genau ihre Welt hier durchstreifen wird …

Sorry, aber der Revolvermann streift durch deutlich besser geschriebene Welten :p

Ich habe deine Geschichte über weite Strecken nur überflogen, weil dein Stil mich leider überhaupt nicht fesselt. Am meisten haben mich folgende Sachen gestört:

- Du eierst zwischen den Zeiten hin und her, das macht echt keinen Spaß. Du erzählst im Präsens - versuchst es zumindest - aber wechselst immer wieder in verschiedene Vergangenheitsformen, bis man nicht mehr weiß, was Sache ist.

- Ausrufezeichen außerhalb der wörtlichen Rede sollte man, wenn überhaupt, sehr, sehr selten verwenden. Die teilen dem Leser nämlich folgendes mit: Dieser Text ist voller Pathos!
oder: Ich schaffe es nicht, beim Leser durch normales Erzählen Emotionen zu wecken, deshalb greife ich auf diese Krücke zurück!
oder: Ich bin unsicher, ob der Leser erkennt, dass dieser Satz wichtig ist, darum muss ich ihn betonen!
Kurz: es ist plump und zeigt, dass der Autor nicht viel Erfahrung hat.

- Das ist über weite Strecken keine Geschichte, das ist ein Aufzählen trockener Fakten in einem extrem trockenen Stil. Ich kann mich mit keinem der Protagonisten identifizieren, du zeigst alles, aber erzählst fast nichts. Es gibt keine Dialoge, die Gedanken und Emotionen der Protagonisten kommen nicht beim Leser an.

- Die Sätze sind oft holprig. Du benutzt viele Fremdwörter und seltsame Wortschöpfungen (z.B. Nichtnutzen statt Nutzlosigkeit), der Stil wirkt irgendwie schwerfällig, und außerdem unangenehm altklug und besserwisserisch. Du scheinst vermeiden zu wollen, dass sich der Leser über irgendetwas sein eigenes Urteil bildet. Ich will aber nicht deine bzw. die Meinung des Erzählers vorgekaut bekommen, ich will bloß, dass du mir eine Geschichte erzählst. Ob das marktschreierische Fazit "die Menschheit hat versagt!" dann am Ende angebracht ist oder nicht, das will ich selbst entscheiden, okay?
Rechtschreibung und Grammatik sollten auch noch mal nachpoliert werden.

Ein paar Details:

Eigentlich konnte der globale Zusammenhalt weitestgehend stabilisiert werden, eine Folge der resoluten Bekämpfung von Terrorismus und Fremdenfeindlichkeit.

Guck mal: die Geschichte hat kaum angefangen, und schon kommt da lauter abstraktes Blabla. Was ist denn z.B. der "globale Zusammenhalt"? Was bedeutet es, wenn der "stabilisiert" wird? Das sind Worthülsen, Politikergerede, keine Geschichte.

Der Ausstieg aus der Atomenergie war vollzogen, obwohl sich dazu immer noch die Geister scheiden.

ist (nicht vergessen, du erzählst im Präsens), und "daran" (feststehende Redewendung)

Und die Raumfahrt erst! Welch kapitale Investitionen stehen dem Nichtnutzen dieses Projektes gegenüber.

Die Raumfahrt ist nicht ein einzelnes Projekt, sondern im Bereich der Raumfahrt gab und gibt es viele einzelne Projekte. Einige davon mögen nutzlos sein, andere sind für die Forschung sehr wertvoll. Mit Pauschalurteilen voller Ausrufezeichen werden wir die globalen Probleme nicht lösen.

Trotz modernster Wissenschaften und Messtechniken geschehen immer noch gravierende Fehler im Umgang mit dem Heimatplaneten.

Der Plural von Wissenschaft und Messtechnik ist unnötig oder sogar falsch. Vorschlag: Trotz großer Fortschritte in Wissenschaft und Technik ...
"gravierende Fehler" ist wieder so ein Besserwisser-Urteil. Weißt du etwa ganz genau, was der "richtige" Umgang mit dem Heimatplaneten ist? Erstaunlich, wo wir so vieles noch gar nicht verstanden haben ... ^^
Wie wäre es mit "... konnten die globalen Probleme noch nicht gelöst werden." Das ist neutral, und trotzdem weiß man, was gemeint ist.

Verantwortungslosigkeit durch Profitgier ließen eine äußerst instabile Erdatmosphäre entstehen, welche ihre Bewohner jetzt zwingt, radikale Schritte zur Vermeidung des endgültigen Kollapses zu ergreifen.

Verantwortungslosigkeit und Profitgier (sonst kann das Verb ja nicht im Plural stehen).

Es gibt keine Rücksichtnahme auf Einzelschicksale, die Erhaltung der Atmosphäre hat absolute Priorität!“.

Die Atmosphäre wird immer da sein (solange die Erde als Planet existiert), daher ist "Erhaltung" Quatsch. Durch den Klimawandel werden nach dem, was wir heute wissen, die Bedingungen für das Leben auf der Erde ungünstiger (zumindest in einigen Regionen), er wird zu großen wirtschaftlichen Problemen führen und viele wenig anpassungsfähige Arten beeinträchtigen. Er wird aber nicht die Atmosphäre auf geheimnisvolle Weise zum Verschwinden oder zum "Kollaps" bringen ... ohnehin ist diese Idee der globalen Abschaltung total naiv und ihre Umsetzung absolut unwahrscheinlich. Wahrscheinlich würde es einen Krieg geben, weil jedes Land erwartet, dass die anderen sich einschränken, während man selbst seine Energieerzeugung natürlich möglichst lange aufrecht erhalten will. Und wenn so ein Totalausfall stattfindet, dann wahrscheinlich nicht zur Rettung der Atmosphäre, sondern schlicht aus Ressourcenmangel.

Gefragt waren nun starke Charaktere, welche das Zepter in die Hand nahmen und dafür sorgten, dass konstruktiv am weiteren Miteinander gearbeitet wird.

Ich weiß nicht, was die Rechtschreibreform dazu sagt, aber ich glaube, das ist immer noch ein "Szepter", oder?

Stephen Hawkins Trip in den Orbit, noch im Vorgängermodell Space Ship Two, hatte sicherlich nur werbetaktischen Sinn!

Der heißt Hawking, wenn mich nicht alles täuscht.

Dem jungen Kalifornier zeichnet ein ausgeglichenes Gemüt aus, außerdem genoss die beste Ausbildung. Dies macht ihn zu einer wichtigen Stütze im Team, auch seine Unbeschwertheit ist der Gemeinschaft sehr dienlich.

Den. Außerdem finde ich das "zeigen statt erzählen", das du betreibst, hier besonders schmerzhaft. Figuren sollten durch ihre Handlungen und das, was sie sagen, charakterisiert werden. Und wenn eine Figur nicht wichtig ist, muss sie auch nicht charakterisiert werden.

Bharat ist sichtlich enttäuscht, akzeptiert dennoch diese Anweisung und setzt sich auf sein Ergometer. Kein Ersatz zwar für die verpasste Aussicht, auf die ISS herab zu schauen, welche pfeilschnell über der Erde kreist. Hartes Muskeltraining gegen perfekte Austarierung, ein schlechter Tausch! Bharat konzentriert sich dennoch auf die virtuellen Berg- und Talfahrten des computergesteuerten Trainingsprogramms.
Paul nimmt es mit seinem fast schon angeborenen Gehorsam hin und gönnt sich einige Spezialeinheiten an diversen Kraft- und Konditionsgeräten. Er ist kein Trainingsweltmeister, weiß aber, dass neben seiner geistigen auch die körperliche Fitness den Job hier oben sichert. Einen Eurofighter ins Looping zu kitzeln hat schon seinen Reiz. Aber das Shuttle hier hoch zu jagen, im Orbit zu schweben und durch die Feuerbrunst beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre zu gehen, dass erfüllt Paul völlig!
Sean kommt diese unerwartete Situation sehr entgegen. Eitelkeit steht ihm wahrlich ins Gesicht geschrieben. Dem Muskelschwund hier oben versucht er durch täglich hartes Training zu verlangsamen. Die geforderten Gesundheitschecks, welche vor jedem Ausstieg von ihm durchzuführen sind, fallen heute aus! Mehr Zeit also, dem inflationären Verhalten seiner gewaltigen Muskelmasse entgegen zu wirken.
Ron arbeitet ebenfalls hart an seinem immer noch gestählten Körper. Die harte militärische Ausbildung lässt ihn sehr auf seinen Körper achten. Keine Muskelberge auf dem Skelett, sondern solide Proportionen sind sein Ding. Um die kräftigen Hüften dürfen ruhig einige Gramm Fettgewebe platziert sein. So hat man einige Reserven auf den Knochen!

So, hier erscheinen mir tatsächlich ein paar Ausrufezeichen angebracht: Kürzen!!! Um Himmels willen, die ganze Zivilisation geht zum Teufel, und statt die Kämpfe, die Tragödien, die Tränen zu zeigen, beschreibst du in aller Ausführlichkeit, wie die Besatzung der ISS trainiert. Das geht mir als Leser so dermaßen am Allerwertesten vorbei!
Dieser ganze riesige Absatz könnte durch einen einzigen Satz in der Art von "Da der geplante Ausstieg nun ausfallen muss, widmen sich die Besatzungsmitglieder ihrem Fitnesstraining, das dem Muskelschwund in der Schwerelosigkeit vorbeugen soll" ersetzt werden, ohne dass der Geschichte irgendetwas Wesentliches verloren geht.

Im Inder läuft die ganze Prozedur des Ausstiegs ab, er möchte gut vorbereitet in dieses Abenteuer gehen.

Hör mal, das ist kein obskures Maschinenteil, das ist ein Mensch, okay? In dem läuft keine Prozedur ab, der stellt sich was vor oder sieht es vor sich oder spielt es in seiner Vorstellung durch oder was auch immer.

Ich glaube, an dieser Stelle höre ich auf, ich habe Beispiele für alle meine Kritikpunkte genannt und ich will das nicht bis zum Schluss durchexerzieren. Ich glaube, es es ist deutlich geworden, warum mir die Geschichte nicht gefallen hat.
Lass dich davon nicht unterkriegen, schreib weiter, solange es dir Spaß macht, dann wird es mit der Zeit vielleicht besser.

Lange Tage und angenehme Nächte ;)

Grüße von Perdita

 

Hallo H.S.

Ich habe mich durch deine Geschichte durchgekämpft, obwohl mir bereits im Prolog arge Bedenken gekommen sind. Die Prämisse ist ein wenig (sehr) hanebüchen. Ich meine, heute ist keine Sau bereit sich auch nur ein kleineres Auto zu kaufen und in zehn Jahren schalten wir dann einfach ab? Und dann gleich alles? Niemals.

Was dann folgt, zeugt zwar von einigem Wissen über die ISS aber auch von geringer Erfahrung im Geschichtenerzählen. Ich betrachte mich nicht als "show-dont-tell"-Puristen und nehme dir deshalb auch das Fehlen wörtlicher Rede nicht übel, wohl aber das Fehlen von Spannung und Charakteren, die mehr als Abziehbilder sind.

Die Handlung plätschert vor sich hin, ohne Entwicklung, ohne Konflikt, auf gut deutsch: Es ist stinklangweilig. Und dann Bumms, tot.

Der Epilog ist dann genauso belanglos wie der Prolog mit selbiger Begründung. Der King-Anklang kommt dann ein wenig gezwungen daher.

Naja, nicht entmutigen lassen und nächstes mal besser machen.

Greetz-Sai
omno

 

Hallo!
Herzlichen Dank für die informative Kritik, auch wenn diese recht Oberlehrerhaft daher kommt (zumal teilweise nur überflogen).
Man merkt sicher, dass ich nicht mit ganzem Herzen bei der Sache war. Die Story spukte mir ewig im Kopf herum und musste einfach raus. In die Tiefe wollte ich gar nicht erst gehen.
Aber, was sich auf der Erde abspielt ist völlig sekundär. Mich beschäftigte nur die Situation auf der ISS, wenn es tatsächlich zur beschriebenen Unterbrechung der Kommunikation kommen sollte. Da hätte ich es mir einfacher machen können.
Ansonsten bin ich froh, weiterhin meinen Hobbys frönen zu können. Ich sehe mich nun nicht mehr genötigt, diese für die Schreiberei zurückstellen zu müssen. Zumindest kann ich nun einschätzen, wie schwer es sein muss, eine Story gut zu erzählen!
MfG H.S.

 

Hi Stromlos,

Herzlichen Dank für die informative Kritik, auch wenn diese recht Oberlehrerhaft daher kommt

Das ist mir angeboren. Die Menschheit sollte mir dankbar sein, dass ich nichts auf Lehramt studiert habe :p
Oberlehrerhaftigkeit steht einer Kritik aber immer noch besser zu Gesicht als einer Geschichte, finde ich ;). Demotivierend wollte ich aber nicht wirken. Hör bitte nicht auf zu schreiben bloß wegen der Kritik. Was du nämlich beschreibst "die Geschichte musste einfach raus" - ist ein Zeichen dafür, dass Schreiben dir wichtiger ist, als du jetzt vielleicht zugeben magst. Wenn man das Bedürfnis hat zu schreiben, sollte man das auch machen. Ob das was dabei raus kommt, gut wird, ist zweitrangig, solange man während des Schreibprozesses Spaß hat. Wenn es der erste Versuch ist, kann es gar nicht richtig gut werden, glaube ich. Und hey, selbst der Schöpfer des Dunklen Turms hat auch mal so was verbrochen wie "Regulator" :)

Aber, was sich auf der Erde abspielt ist völlig sekundär. Mich beschäftigte nur die Situation auf der ISS, wenn es tatsächlich zur beschriebenen Unterbrechung der Kommunikation kommen sollte. Da hätte ich es mir einfacher machen können.

Ja, allerdings, das hättest du :). Wenn es um die Situation auf der ISS gehen sollte, wären Prolog und Epilog überflüssig gewesen - irgendeine Katastrophe vernichtet die Zivilisation auf der Erde, und die ISS-Besatzung ist auf sich selbst gestellt. Das ist für sich genommmen ja schon eine spannende Ausgangssituation für eine Geschichte.
Durch diesen Prolog und Epilog hatte ich aber den Eindruck, du hättest eigentlich etwas ganz anderes gewollt (auch wegen des Titels - die Erde ist ja ohne Strom, die ISS hat dank ihrer Solarpaneele noch welchen), als hättest du eigentlich über die Ereignisse auf der Erde schreiben wollen und dich dann von der Episode auf der ISS irgendwie hinreißen und ablenken lassen.

Zumindest kann ich nun einschätzen, wie schwer es sein muss, eine Story gut zu erzählen!

Da hilft nur Üben ... und viel lesen. Wenn du Stephen King magst, lies doch mal "Das Leben und das Schreiben", falls du das noch nicht getan hast.

Grüße von Perdita

 

Hi,
"Das Leben und das Schreiben" kenne ich. Dort drinn erfährt man viel über die nörtige Hingabe beim Schreiben.
Keine Sorge, mich hält nicht die Kritik vom Schreiben ab, mir sind andere Dinge doch wichtiger.
Und wie gesagt, es ging nur um die ISS und spannend ist diese Situoation auch.
MfG H.S.

PS: Buchtipp: "Credo" von Douglas Preston

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom