Strohfeuer
Paul war 12 Jahre alt. Der Waldbauernbub saß im kalten Winter bei seinen Tieren im Stall. Es war eine große Herde Schafe, wohl an die eintausend Stück. Viele bekamen schon zu Beginn des Monat Dezember ihre Jungen. Kleine, süße Lämmchen. Immer wenn sein alter Vater kam, um einige der springlebendigen Jungtiere einzufangen umd sie dem Schlachter auszuliefern, mußte Paul ganz schrecklich weinen. Der Alte raunzte dann: "Stell dich nicht so an, wir müssen alle mal von der Welt!"
Der Bub überlegte Tag für Tag, wie er die Schafkinder schützen könnte. Es dauerte viele Tage, sicherlich vergingen zwei Wochen, bis ihm eine Lösung einfiel. Er wollte ein kleines Feuer im Stall entfachen, um die ganze Herde in die Freiheit zu treiben. Einen Fluchtweg wollte er offen halten.
Er besorgte sich alle Zutaten für seinen Plan. Eine Schachtel Streichhölzer und eine rote, windsichere Kerze. So ein Lichtlein, daß man auf den Friedhof stellt und das dann dort 24 Stunden durchhält. Natürlich nur, wenn man Glück hat. Dann ging er zum Stall, zu seinen Schafen. Das große Tor sperrte er ganz weit auf, denn es war sehr heiß unter dem niedrigen Dach. Das Gebäude hatte einen Schüttboden, auf den Paul auf einer feststehenden Leiter kletterte. Hier lagerte das Stroh,das Winterfutter für die Vierbeiner. Der Junge stellte das Lichtlein zwischen die trockenen Halme, zündete die Kerze an und freute sich über die helle Flamme. Au, verdammt,irgendetwas zwickte ihn in Daumen und Zeigefinger. Schnell warf er das brennede Zündholz weg.
Wegen des Qualm fand Paul die Leiter nicht. Er erstickte und verbrannte bis zur Unkenntlichkeit. Den Tieren erging es ebenso. Sie rannte in das Feuer. Vorn, als Leithammel, die größten Böcke, dahinter gleich die Muttertiere, dicht an dicht, dazwischen die kleinen, süßen Lämmer, alle rannten in die lodernden Flammen.
Nun brauchte der Waldbauer keinen Schlachter mehr.