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Strange 8
Strange 8
Wir nackt. Western Country. Spukschloss, Horrorburg. Eine Kirmes, Vergnügen, Spaß, Ablenkung. Vor dem Schloss stehe ich. So betrachtend den Eingang, fürchte mich. Angst vor dem Neuen, dem Unbekannten, der Angst. Bald treten wir ein. Sie sagt, es wäre gut für mich. Denke nicht an meine Abwehr, sondern folge ihrem vertrauenden Fingerzeig. Verzweifelt lange Flure durchziehen das Westernschloss. Türen verbergen vor mir ihr Innerstes, unser Weg ist vorbestimmt, ein Zurück unwahrscheinlich.
Wir erreichen einen kleinen Saal voller Pritschen, Holzmöbel und geschlossenen Fensterläden ohne Vorhänge. Sonne strahlt abwegig durch die kargen Lücken. Weiterhin folgen wir ihr, bin plötzlich nur noch mit ihr hier. Die Anderen, weg, verlassen. Eine Frau, schön, bittet mich auf eine Liege. Es würde gut tun, flüstert sie mir zu. Ich verzögere meine Bewegungen, schreite immer langsamer auf die erhabenen reifen Wellen zu, die ihr Körper ausstrahlt. Mich magisch anziehen wollen, als wären sie ein ferner Arm der Göttin. Habe Vertrauen zu mir, flüstert mir Nike ein weiteres Mal in mein taubes Ohr.
Mein Körper ruht auf dem trockenen Stoff. Nike steht vor mir, jedoch so viel weit entfernt. Ich versuche ihre Hände zu ertasten, ihre Finger zu berühren. Sie ist fern von mir. Und wieder ein Es wird dir gut tun. Du brauchst diese Erneuerung. Die Frau an meiner Seite greift nach einer spiegelnden, grellgrünen Schneide und sticht flach in meinen Arm. Schmerzen, so ich noch welche erwartet hätte, verspüre ich nicht. Langsam und beruhigend schält das Messer eine schwache Hautschicht meines Körpers ab. Gleich einer Samtdecke weht die dünne Faserhülle auf meinem Fleische, bis zu der Sekunde, in der sie auch die letzten Momente auftrennt. Meine Schmerzen haben mich verlassen. Errötete Male zieren Stellen meiner verbliebenen Hülle und zeugen von der Frische und Langlebigkeit dieser engelsgleichen Befreiung.
Ich verweigere mich nicht ihrem Griff. Die Frau faltet das Gewebe meiner Leibhaftigkeit zusammen. Nike tritt heran und ergreift es. So nimmt sie meine bleiche, schimmernde Haut in ihre Hände. Ferner schreitet die Arbeit der Frau voran. Sie nimmt Anteil an mir und lässt ihr absonderliches Ritual fortschreiten. Arme, Beine, Bauch, Rücken. Zuletzt stiehlt sie mein Gesicht, schneidet die Haut mit gekonnter Bildhauerei aus meinen Wangen heraus. Nike sammelt. Immer mehr meines letzten Schleiers trägt sie in ihren Armen. Die Siegesgöttin geht alsbald, verlässt mich nun für immer. Wohin, ich weiß es nicht, und ich werde es auch niemals erfahren. In diesem Moment habe ich sie zum letzten Mal gesehen. Meine Haut in ihren windigen Armen.
Menschen im Saal, die ich vorher vergessen habe. Niemand sieht auf meine Blöße. Brennend rote Fleischebenen erheben sich. Ich bewundere die Säfte, die aus jeder Faser meines Körpers quellen. So stehe ich vor der Frau. Ihre Stimme bettelt mich an. Wortlos aber bewusst drückt sie mich auf meine Ruhestätte zurück. Ihre kalten Finger massieren meine Überreste. Wir sehen uns nicht an, fühle keinen Herzschlag, beachte nicht ihre ausblühende Schönheit. Sie will, dass ich sie ficke. Meine Ignoranz bestraft sie. Ihre Nägel stechen in mein wundes Fleisch, zwingen mich zu ihr. Weitere Brunnen lassen ihre Fontänen aus mir heraussprießen.
Ein Mann betritt die Bühne unseres Spiels. Ohne Worte verstehe ich auch seine Forderung, von mir gefickt zu werden. Auch ihn will ich neben mir vergessen können. Meine Gedanken kreisen um das Elend, das ich mit meinem Rest verkörpere. Sie hat meine Haut, die Göttin nahm meine Haut, ist fort. Ich fange an, den Mann mit meinen schwachen Händen zu berühren. Ob ich ihn noch ficken möge, frage ich mich. Verzweifelt eine Antwort suchend. Ein grelles Nein rast durch meine Seelenwüste. Im Westen geht bald die Sonne unter. Im Irgendwo ist die Göttin.
Ich wache auf. Die leere Seite verspricht mir keine Rettung.
©Crashterpiece