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Straßenübergang
Straßenübergang
Hey, pass doch mal besser auf! Das war mittlerweile schon der zweite Fahrradfahrer, der mich auf dem Feldweg nahe der Bundesstraße fast überfahren hatte. Die rücksichtslosen Personen hatten einfach keinen Respekt, weder vor den Großen noch vor den Kleinen. Um mich herum standen Bäume, Bäume und das Beste, noch mehr Bäume. Hinter mir Feldweg und vor mir Feldweg, allerdings nicht mehr lange: Ich konnte schon die Straße sehen. Ich musste es einfach hinüber schaffen, ich musste! Es war die einzige Chance, anders hätte ich nicht hinübergelangen können, außer ich hätte mich gleich von einem Lastwagen überrollen lassen um so auf den Friedhof auf der anderen Seite zu gelangen. Doch so lebensmüde war nicht einmal ich!
Da lag sie nun vor mir, breit, lang und bedrohlich. Auf ihr fast alle Fahrzeuge, die man sich nur vorstellen konnte. Aber das aller gefährlichste war, dass auf unserer Familie sowas wie ein Fluch lag: Alle vor mir waren überfahren worden, sie lagen jetzt irgendwo, vergessen für immer, sie alle hatten es nicht geschafft und bekamen keinen Zweiten Versuch. Auch ich würde keinen bekommen. Aber den Ersten musste ich ausnützen! Der Weg ans andere Ende schien endlos und die Autos, Lastwagen und Motorräder rasten nur so an mir vorbei! Ich hatte höllische Angst und Tausende von Gedanken rasten mir durch den Kopf: Werde ich es schaffen? Wenn ja, wie lange wird es noch dauern, bis ich am anderen Ende bin...? AAAAH! Ich musste wohl wie am Spieß geschrien haben, als mich ein PKW fast über den Haufen gefahren hatte. Niemand hatte mich schreien gehört, niemand, und niemand hatte mich gesehen. Kein Wunder, so klein wie ich war, und alle in den Fahrzeugen hatten ja die Fenster zu, wegen dem Wind....ob ich den Wind wohl noch einmal spüren würde, auf der anderen Seite? Aber ich musste es schaffen. Das letzte Stück der Straße schleppte ich mich vorwärts bis ich es endlich geschafft hatte. Mich hatte es deutlich besser erwischt wie die anderen. Ich war mit dem Schock meines Lebens davon gekommen, aber ich war sehr stolz auf mich! Ich sah zurück zur Straße, jetzt, da sie hinter mir lag, schien sie ganz friedlich dazuliegen, wie ein Feldweg ohne Radfahrer. Ich war ja sooo stolz! Nach meiner Mutter und meinem Vater hatte es wirklich niemand über so eine Straße geschafft. Wie grausam und gefährlich so ein Froschleben doch sein konnte.