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sträwroV

sim

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13.04.2003
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sträwroV

Die Masse der Frösche, Kröten und Unken ist extra aus den Teichen gekommen, um der Pressekonferenz zu lauschen. Die Mäuse kamen aus ihren Löchern gekrochen, die Regenwürmer aus der Erde und selbst die Insekten standen starr in der Luft, damit ihnen kein Wort entginge.
Die Kameras surrten wie die Mücken und Fliegen, Kabel zogen sich über den Boden, riesige LKWs standen als Übertragungswagen bereit. Reporter reckten ihre Hälse und Mikrofone in die Luft, die größten Nachrichtenstationen hatten ihre Aufnahmegeräte gleich fest am Rednerpodest montiert.
Der gewählte Anführer, eine fette, warzige Kröte, betrat mit dem Kontrahenten gemeinsam das Podium, klopfte einmal kurz gegen den Mundschutz des Mikrofons, räusperte sich und hob zu sprechen an.
»Meine Damen und Herren, liebe Genossinnen und Genossen.
In zähen aber schlussendlich erfolgreichen Verhandlungen ist es uns gelungen, einen gewaltigen Gewinn für den Standort Deutschland zu erzielen. Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass Adebar die hiesige Sommerresidenz nicht aufgeben, sondern im Lande bleiben wird.«
Die Kröte wandte sich zu seinem Kontrahenten, applaudierte und brachte so auch die Anwesenden dazu, fleißig in die Hände zu klatschen, bis er sich wieder zum Mikrofon beugte und dem Storch das Wort erteilte.
Der klopfte ebenfalls, wenn auch mit dem Schnabel, einmal kurz gegen den Speichelschutz, dann warf er einen majestätischen Blick über das Publikum.
»Der Weitsicht der gewählten Vertreter von Mäusen, Insekten und Fröschen haben wir diesen schönen Erfolg zu verdanken. Wir Störche freuen uns, die Sommer auch weiterhin in diesem schönen Land verbringen zu dürfen. Ausschlaggebend für unsere Entscheidung war letztlich die Bereitschaft der Mäuse, sich pro Tag mindestens neun Stunden außerhalb des Baus aufzuhalten sowie die der Frösche und Kröten, die tägliche Insektenaufnahme zu reduzieren.«
Ein Raunen ging durchs Publikum und eine Fernsehreporterin hauchte erläuternd ins Mikrofon, dass es seitens der Störche zu Abwanderungsgedanken gekommen war, weil in anderen Ländern mit weniger Aufwand mehr Insekten zu bekommen wären.
»Ich danke den gewählten Interessensvertretern für die konstruktive und positive Zusammenarbeit«, beendete Adebar seine Rede und wies mit dem Schnabel auf die fette, warzige Kröte, die sich im Applaus der Menge aalte, sich nach allen Richtungen verbeugte und vor Eitelkeit auf den Hinterläufen hüpfte.
Der Storch öffnete den Schnabel genauso schnell, wie er ihn wieder zuklappte und während die Menge noch die Beine der Kröte darin zappeln sah, wurde aus dem Beifall tosender Jubel.

 

In zähen aber schlussendlich
zähenKOMMA aber
Verhandlungen ist es
Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, nach Verhandlungen ein Komma
die hiesige Sommerresidenz nicht aufgeben, sondern im Lande bleiben wird."
Besser(find ich): ..., sondern sie beibehalten wird." Passt irgendwie besser zum vorhergehenden
Die Kröte wandte sich zu seinem Kontrahenten
Die Kröte ist weiblich, also wandte sie sich zu ihrem Kontrahenten
bis er sich wieder zum Mikrofon beugte
sie (die Kröte ist immer noch weiblich)
Auch der klopfte, wenn auch mit
Wenn ich nicht wüsste, dass es beabsichtigt war, würde ich jetzt sagen: "Öh, Wortwiederholung, Wortwiederholung!" ;)
Der Storch öffnete den Schnabel genauso schnell, wie er ihn wieder zuklappte und während die Menge noch die Beine der Kröte darin zappeln sah, wurde aus dem Beifall tosender Jubel.
Nun, das Ende verstehe ich nicht. Wieso jubeln die alle? Und was hat das mit dem Titel zu tun?? Und wieso VW???
ein verwirrter Tserk

 

Hallo Tserk,

deine ersten beiden Kommas muss ich leider ablehnen. Ich könnte es als Einschub in Kommas setzen, das tut aber in diesem Fall mE nicht not. Ich schaue aber noch mal im Duden (wo hab ich den nur? Ach, der war mir ja zu teuer).
"Im Lande bleiben" ist mir wegen des Verweises auf die Standortpolitik wichtig. Schon unter Helmut Kohl, war "in diesem unseren Lande" ein geflügeltes Wort.
Grammatikalisch hast du Recht, die Kröte ist weiblich, in der Fabel aber männlicher Gewerkschaftsfunktionär. Ich will ja die arme Frau Engelen-Käfer nicht beleidigen. Nein, in diesem Zusammenhang als männliche Figur, darf ich den männlichen Artikel beibehalten. Eine ähnlichen Konvention gibt es oft bei "Das Mädchen" und "sie".

Auch der klopfte, wenn auch mit


Wenn ich nicht wüsste, dass es beabsichtigt war, würde ich jetzt sagen: "Öh, Wortwiederholung, Wortwiederholung!"

Nee, da hast du mich erwischt. Ich hatte es bei der Lesung neulich schon abgeändert, nur noch nicht hier aktualisiert.
Nun, das Ende verstehe ich nicht. Wieso jubeln die alle? Und was hat das mit dem Titel zu tun?? Und wieso VW???
Ich beantworte mal von hinten.
Auslöser dieser Geschichte war eine Meldung, nach der der Geländewagen von VW jetzt doch in Wolfsburg produziert wird, weil tausend Azubis rückwirkend die Übernahmeverträge verschlechtert wurden. Diese Meldung wurde als Erfolg für den Standort Deutschland gefeiert. Deswegen jubeln alle über den Tod der Arbeitnehmerrechte. VW ist nur ein Beispiel für viele Unternehmen, die sich den Standortverbleib mit verschlechterten Arbeitnehmerbedingungen erpressen.

Ich hoffe, ich konnte die Verwirrung ein bisschen auflösen.

Lieben Gruß und vielen Dank, sim

 

Moin sim :)

Ich liebe Fabeln - mir ist dein Stil fast nicht genug fabelartig genug (ähhhh wo ist mein Grammatik Chip?).
Trotzdem gefällt die Geschichte mir, auch wenn ich den Grund der Fabel, also den Hintergrund, erst in den Kommentaren las.

Ich hatte nach dem Lesen eher auf Politiker getippt die dem Volk immer mehr abverlangen und sich dann gegenseitig fressen statt was fürs Volk zu tun - hähä voll danebengelegen :(

Was mir gleich klar war, war der Titel - sowas mag ich :thumbsup:

Allerdings war mir ebenfalls sehr schnell klar das der Storch die Kröte fressen wird - vor allem weil Du von den Beiden als Konkurrenten sprichst.

obwohl ich die Fabel erst nach der Erklärung gerafft habe und trotz der Vorhersehbarkeit:

Danke für diese Fabel :)

:read:

 

Hi Jadzia,

Ich hatte nach dem Lesen eher auf Politiker getippt die dem Volk immer mehr abverlangen und sich dann gegenseitig fressen statt was fürs Volk zu tun - hähä voll danebengelegen
nein, gar nicht daneben gelegen. Das steckt genau so in der Geschichte. Und auch, wenn ich, als ich sie schrieb, noch keinen Spot davon gesehen habe, trifft sie doch den Geist von "Du bist Deutschland". ;)
Die Tiere sind schon recht menschlich in dieser Fabel und politische Schlagworte wie "Standort Deutschland" haben korrekterweise in einer reinen Fabel nichts verloren. Da hast du Recht. Sie schienen mir hier aber für das Verständnis notwendig zu sein.
vor allem weil Du von den Beiden als Konkurrenten sprichst
als Kontrahenten, ja. Die Vorhersehbarkeit habe ich dafür gern in Kauf genommen. Storch und Kröte sind nun einmal natürliche Feinde.

Schön, dass dir die Fabel gefallen hat. Endlich mal jemand, der Fabeln liebt.

Lieben Gruß, sim

 

Ach ja ...
Also, Fabeln mag ich auch.
Und zum Fressen: Ich hatte es als das in Mode gekommene Fusionieren interpretiert.
Ja, die Verwirrung hast du aufgelöst :)
Euer Vergessenstserk

 

Hi Sim!

Ein Lob und einen Tadel.
Ein Lob fuer die Kompaktheit und den Tonfall der Geschichte, auch das Thema Titel Schluss etc sind gut. (Ich haette es allerdings etwas anders verpackt: kein grosses W in Vorwaerts dann wird der Titel klarer. Um Auf Volkswagen anzuspielen haette ich den Politiker dahingehend etwas sagen lassen, beispielsweise dass das Volk endlich etwas wagen soll. ok, ist nicht so gut ...)
Nun der Tadel:
Kein Politiker oder Manager laesst nur zwei Saetze auf einer Presseerklaerung vom Stapel. Normalerweise bewehraeuchert man sich gegenseitig, schmiert sich Honig um den Bart, drischt Phrasen ohne Inhalt. Das haettest Du viel besser machen koennen. Irgendwie wirkt die Geschichte hier kurz fuer mich (ob ich jetzt da unbewusst mit anderen simschen Geschichten vergleiche .. :D) ...

Will mal nicht so meckern ... gute Geschichte, aber noch mit weiterem Potential.

sarpenta

 

Hi sarpenta,

ja, für mich ist die Geschichte wirklich kurz.
Ich habe mich recht bewusst dagegen entschieden, dass normale Politikergeschwafel hier auch noch zu karikieren. Zum einen wurde das schon oft genug getan, zum anderen hätte es nur von dem abgelenkt, was ich kritisieren wollte.
Ja, die großen Buchstaben werde ich im Titel noch ändern. VW war ja nur der Auslöser, der Verweis tut also gar nicht nötig.

In sofern vielen Dank fürs Lesen, für Lob und Kritik und einen lieben Gruß, sim

 

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