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sträwroV
Die Masse der Frösche, Kröten und Unken ist extra aus den Teichen gekommen, um der Pressekonferenz zu lauschen. Die Mäuse kamen aus ihren Löchern gekrochen, die Regenwürmer aus der Erde und selbst die Insekten standen starr in der Luft, damit ihnen kein Wort entginge.
Die Kameras surrten wie die Mücken und Fliegen, Kabel zogen sich über den Boden, riesige LKWs standen als Übertragungswagen bereit. Reporter reckten ihre Hälse und Mikrofone in die Luft, die größten Nachrichtenstationen hatten ihre Aufnahmegeräte gleich fest am Rednerpodest montiert.
Der gewählte Anführer, eine fette, warzige Kröte, betrat mit dem Kontrahenten gemeinsam das Podium, klopfte einmal kurz gegen den Mundschutz des Mikrofons, räusperte sich und hob zu sprechen an.
»Meine Damen und Herren, liebe Genossinnen und Genossen.
In zähen aber schlussendlich erfolgreichen Verhandlungen ist es uns gelungen, einen gewaltigen Gewinn für den Standort Deutschland zu erzielen. Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass Adebar die hiesige Sommerresidenz nicht aufgeben, sondern im Lande bleiben wird.«
Die Kröte wandte sich zu seinem Kontrahenten, applaudierte und brachte so auch die Anwesenden dazu, fleißig in die Hände zu klatschen, bis er sich wieder zum Mikrofon beugte und dem Storch das Wort erteilte.
Der klopfte ebenfalls, wenn auch mit dem Schnabel, einmal kurz gegen den Speichelschutz, dann warf er einen majestätischen Blick über das Publikum.
»Der Weitsicht der gewählten Vertreter von Mäusen, Insekten und Fröschen haben wir diesen schönen Erfolg zu verdanken. Wir Störche freuen uns, die Sommer auch weiterhin in diesem schönen Land verbringen zu dürfen. Ausschlaggebend für unsere Entscheidung war letztlich die Bereitschaft der Mäuse, sich pro Tag mindestens neun Stunden außerhalb des Baus aufzuhalten sowie die der Frösche und Kröten, die tägliche Insektenaufnahme zu reduzieren.«
Ein Raunen ging durchs Publikum und eine Fernsehreporterin hauchte erläuternd ins Mikrofon, dass es seitens der Störche zu Abwanderungsgedanken gekommen war, weil in anderen Ländern mit weniger Aufwand mehr Insekten zu bekommen wären.
»Ich danke den gewählten Interessensvertretern für die konstruktive und positive Zusammenarbeit«, beendete Adebar seine Rede und wies mit dem Schnabel auf die fette, warzige Kröte, die sich im Applaus der Menge aalte, sich nach allen Richtungen verbeugte und vor Eitelkeit auf den Hinterläufen hüpfte.
Der Storch öffnete den Schnabel genauso schnell, wie er ihn wieder zuklappte und während die Menge noch die Beine der Kröte darin zappeln sah, wurde aus dem Beifall tosender Jubel.