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Stilles Wasser und der Monolog Prädator

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10.04.2022
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Stilles Wasser und der Monolog Prädator

Von der potenziellen Stille des Wassers angezogen, machte ich mich am Sonntag auf den Weg ins hiesige Hallenbad. Nach einem stillen Wasser mit Eiswürfeln, überreicht von der netten Bedienung des Bistros, entschied ich mich aufgrund der Massen an Kindern nur eineinhalb Stunden schwimmen zu gehen. Gesagt – getan. Umgezogen mit dem Handtuch über den Schultern und dem Shampoo in der Hand ließ ich erstmal den Blick über das Becken schweifen. Vermehrt Grüppchen und ein paar einzelne Schwimmer. Die Tatsache, dass ich allein schwimmen gehe wäre vor zwei Jahren aus vielerlei Gründen unmöglich gewesen. Umso mehr freute es mich, dass ich nun hier war und schon mit den Füßen im Wasser stand. Die Illusion vom ruhigen Bahnen ziehen wurde mir jedoch schnell genommen.

Nach dem ersten erfrischenden Eintauchen ins Wasser und den ersten zwanzig Bahnen ließ ich meinen Blick erneut übers Wasser schweifen. Von der Wasserdüse am Rücken massiert, inspizierte ich die dümpelnden Grüppchen etwas genauer. Das erste Drittel des Schwimmbads war voller enthusiastischer Familienväter mit Kindern, Bällen und Schwimmnudeln. Allein diese Tatsache machte es mir schon unmögliche eine vernünftige Bahn durchzuschwimmen, was sicherlich auch ein Grund dafür war, warum ich mich jetzt in dieser Spionage Position befand. Einen Alligator imitierend mit dem halben Kopf unter Wasser machte ich mich jedoch wieder auf den Weg, um zumindest die halben Bahnen weiter zu schwimmen. Ich kam immer wieder an zwei älteren Damen vorbei, die sich angeregt unterhielten – naja eine der Damen unterhielt sich angeregt. Es erinnerte eher an einen gut eingeübten Monolog. „Ich bin ja jede Woche hier.“, „Sind Sie denn öfter hier?“, „Ja, ich liebe es ja hier zu schwimmen“. Was diese Frau unter Schwimmen verstand, veranlasste mich dazu ihren „Stil“ genauer zu inspizieren. Mit beiden Händen senkrecht im Wasser voran zu paddeln – auf einer Schwimmnudel reitend. Interessant, aber jeder wie er will.

Die Gesprächsfetzen zogen mich immer wieder in die Nähe der Damen und die ältere Monologführerin erzählte nun lautstark von ihrer Freundin Sabine, die sich nun zusätzlich zu ihrem Haus in Freising eine Wohnung gekauft hatte. Der Monolog wurde nur einige Male von Lauten wie „mhm“ oder „aha“ unterbrochen, was meine Vermutung, dass sich diese Frauen gar nicht kennen nur bestätigte. Ich richtete meine Aufmerksamkeit mit Müh und Not wieder auf mich selbst und schwamm mehrere Bahnen. Aus dem Augenwinkel nahm ich ca. zwanzig Minuten später wahr, wie sich die jüngere Frau sichtlich erleichtert verabschiedete und betonte, dass sie nun leider losmüsse. Ich grinste und schwamm weiter. Eine Weile verging und in meinem Fokus nahm ich leider nicht wahr, wie sich der Monolog Prädator seine nächste Beute sicherte. Und wieder „schwammen“ zwei Köpfe statt nur einem nebeneinanderher. Sichtlich gespannt, schwamm ich hinter den Frauen und wurde erneut mit dem gleichen Monolog belustigt. „Oft hier, schwimme gerne, Sabine, so eine schöne Wohnung“. Die Frau erklärte dann noch, dass normalerweise die besagte Sabine mit ihr schwimmen ginge, sie sich aber leider für heute abgemeldet habe, da sie nach dem ganzen Stress etwas Ruhe brauche. Ein Wunder, dass Sabine nicht das entspannte Schwimmen mit der unterhaltungsfreudigen Freundin gewählt hatte.

Ich tauchte unter, um meinen Fokus neu setzen zu können. Erfrischt aufgetaucht, sah ich eine Gruppe Teenager, zwei Jungs (ca. 15) und ein Mädchen im selben Alter aus den Umkleidekabinen kommen. Ich setzte mich wieder vor die Massagedüse, die meinem Rücken erstaunlich guttat und beobachtete das Gespann. Die Jungen versuchten selbstsicher und höchst unauffällig dem Mädchen zu imponieren, welches vielmehr mit sich selbst und seiner Unsicherheit zu kämpfen hatte. Sie sprang nicht unbedarft ins Wasser, vermutlich um sich die Frisur nicht zu ruinieren. Sie nahm es in Kauf, das ganze Becken zu umrunden, nur um über die Treppe ins Wasser gehen zu können. Irgendwas an ihrem Gang störte mich. Ich dachte darüber nach, dass sie nicht zufrieden wirkte und sich das Handtuch am liebsten dreimal um den Körper geschlungen hätte. Verzerrte Körperwahrnehmung, völlig unnötig. Meine Meinung, aber dieses Problem beschäftigt die Jugend ja nun schon länger dank Insta und Co.

Die Jungs hingegen verloren erst dann den Mut, als sich das Mädchen im Wasser näherte. Die Selbstsicherheit schwand und wich nach einigen Minuten der Unsicherheit. Ein komisches Alter. Nach der Mädchen-sind-blöd Phase kommt eben die Ich-möchte-gerne-dass-sie-mich-mag-aber-ich-bin-zu-cool Phase. Die Spiele der Jungs beschäftigten sich dann mehr und mehr mit sich selbst und stand das Mädchen am Rand und lachte schüchtern über die Sprünge der Jungen. Da sie Jungen keine Anstalten machten, das Mädchen mit einzubinden oder ihr etwas peinliches Verhalten zu ändern, änderte ich schließlich die Blickrichtung und schwamm an den anderen Beckenrand.

Der Weg war gefährlicher als gedacht, denn ich musste zwischen einem Vater und seiner Tochter durchschwimmen, die sich über 4 Meter einen Ball zuwarfen. Ich selbst blieb jedoch unversehrt, was man aber von der Laune der Sportschwimmer im abgegrenzten Teil des Bades nicht sagen konnte, denn der Ball landete genau dort. Der abschätzige Blick der „Kraulexperten“ die am Anfang der Bahn saßen ignorierte ich. Der Vater rief nur „Ist doch nicht so schlimm“. „Wir möchten hier trainieren“ war die abschätzige Antwort. Ich komme wohl heute nicht mehr zum Schwimmen dachte ich mir und wusste genau, dass ich die nächsten Opfer für meine Beobachtungen gefunden hatte. Platsch – Platsch -Platsch. Der Ball fiel immer wieder laut und sehr knapp neben die Absperrung aufs Wasser. Riskant, aber nicht mein Problem. Das Athletenpaar, welches verheiratet war, wie ich aus dem Gespräch entnahm, diskutierte energisch, ob sie denn Pommes oder eine Currywurst im Bistro essen möchten. Die Diskussion dauerte jedoch nicht lange an, da der Mann sich dem Wunsch der Frau nach einer Currywurst unterwarf. Sie schwammen noch einige Bahnen und warteten, bis der Vater mit seiner Tochter außer Sichtweite waren. Dann bestand ihr Training daraus, eine Schubkarre im Wasser zu simulieren. Der Mann nahm die Frau an den Beinen und schob sie durchs Wasser. Ich war froh zu sehen, dass der Trainingsbereich nun fachgerecht benutzt wurde und versuchte mich nun endlich auf meine Bahnen zu konzentrieren. Zwanzig Bahnen später, war es beinahe fünfzehn Uhr und das Becken wurde immer voller. Als die seichte Beckenhälfte drohte von neonorangenen Schwimmflügeln überzugehen, entschied ich mich nun vollends, das Becken zu verlassen. Statt Ruhe bekam ich an diesem Tag viele Eindrücke und große Lust Sabine in ihrer neuen ruhigen Wohnung zu besuchen.

 

Moin,

ich versuche hier mal, dir meinen Eindruck von der Geschichte zu geben und ein paar Sachen anzumerken, wobei ich hoffe, dass dir das etwas bringt.

Erster Pluspunkt ist auf jeden Fall, dass die Geschichte mich ein paar mal zum Schmunzeln gebracht hat. Ich meine, die ältere Frau im Hallelbad, die sich allen aufdrängt und von Gott und der Welt erzählt, ist zwar etwas klischeebeladen, aber jeder kennt die Situation und es ist witzig rübergekommen.

Die Geschichte ist außerdem schön kurz, was es angenehm macht, sie zu lesen. Das Problem ist nur, sie ist zwar kurz, aber nicht wirklich knackig. Es erinnert schon so ein bisschen an einen Blogeintrag. Alles rieselt so vor sich hin, zwischendurch gibt es ein paar Schmunzler, bisschen Gesellschaftskritik ist auch noch drin (dazu später noch was) und dann ist der Tag auch schon vorbei; morgen dann etwas aus dem Museum. Ich sehe da nicht so wirklich eine Pointe, oder einen Kreis, dass zum Beispiel das Ende den Anfang wieder auffasst. Das ist einfach so eine Linie die vorwärts geht und dann vorbei ist, wobei du so einzelne Stationen abarbeitest: Erst die ältere Frau, dann die Jugendlichen, dann der Vater und die Tochter...

Versteh mich nicht falsch. Ich fand es ganz angenehm, die Geschichte zu lesen, aber in ein paar Tagen hab ich sie komplett vergessen, was natürlich schade ist.

Von der potenziellen Stille des Wassers angezogen, machte ich mich am Sonntag auf den Weg ins hiesige Hallenbad. Nach einem stillen Wasser mit Eiswürfeln, überreicht von der netten Bedienung des Bistros, entschied ich mich aufgrund der Massen an Kindern nur eineinhalb Stunden schwimmen zu gehen.
Für meinen Geschmack zu viel Wasser. Weiß nicht, ob das so gewollt ist, aber wenn, dann verstehe ich den Sinn dahinter nicht. Außerdem, also jeder, der Sonntags schon einmal im Hallenbad war, der weiß, dass es da niemals Stille gibt. Das zeigst du ja nachher auch, aber das weiß man auch schon vorher. Warum ist das Bistro eigentlich wichtig?

Die Tatsache, dass ich allein schwimmen gehe Komma wäre vor zwei Jahren aus vielerlei Gründen unmöglich gewesen.
Warum spielst du da auf etwas aus der Vergangenheit des Protagonisten an, aber gehst später nicht mehr darauf ein. Dann kannst du es auch weglassen.

Nach dem ersten erfrischenden Eintauchen ins Wasser und den ersten zwanzig Bahnen
Ist die Alliteration gewollt. Finde ich auch zu viel.

Einen Alligator imitierend Komma mit dem halben Kopf unter Wasser machte ich mich jedoch wieder auf den Weg, um zumindest die halben Bahnen weiter zu schwimmen.
Bin mir nicht sicher, aber glaube, da muss ein Komma hin.

Erfrischt aufgetaucht
Alles so frisch in deinem Text?

zwei Jungs (ca. 15) und ein Mädchen im selben Alter Komma aus den Umkleidekabinen kommen.

, die meinem Rücken erstaunlich gut tat und beobachtete das Gespann.
Sie sprang nicht unbedarft ins Wasser, vermutlich um sich die Frisur nicht zu ruinieren. Sie nahm es in Kauf, das ganze Becken zu umrunden, nur um über die Treppe ins Wasser gehen zu können.
Is es nicht eh verboten, im Schwimmbad vom Beckenrand zu springen? xD

Irgendwas an ihrem Gang störte mich. Ich dachte darüber nach, dass sie nicht zufrieden wirkte und sich das Handtuch am liebsten dreimal um den Körper geschlungen hätte.
Was ist denn mit dem Gang? Welches Handtuch, will sie nicht eh gerade ins Wasser gehen. Also ich verstehe schon, dass du damit auf ihre Unsicherheit anspielen wilsst, aber das ergibt für micht nur wenig Sinn.

Verzerrte Körperwahrnehmung, völlig unnötig.
Das ist ein schwieriges Statement. Also klar ist das unnötig, weil wir alle schön sind, so wie wir sind und jeder ist einzigartig und so, aber das Hilft jemandem in der Situation überhaupt nicht.

Meine Meinung, aber dieses Problem beschäftigt die Jugend ja nun schon länger dank Insta und Co.
Weiß ich nicht. Also da dann die Gesellschaftskritik rauszuhauen finde ich unpassend, besonders, weil das thematisch nicht in die Geschichte passt und weil das wieder so ein tiefer Griff in die Klischeeschublade ist, der überhaupt keinen Nutzen für die Story hat.

Nach der Mädchen-sind-blöd Phase kommt eben die Ich-möchte-gerne-dass-sie-mich-mag-aber-ich-bin-zu-cool Phase.
Ist wahrscheinlich nur Geschamackssache, aber ich würde "Mädchen-sind-blöd"-Phase schreiben, und bei dem anderen genauso.

Die Spiele der Jungs beschäftigten sich dann mehr und mehr mit sich selbst und stand das Mädchen am Rand und lachte schüchtern über die Sprünge der Jungen.
Irgendwas stimmt da nicht.

Da die Jungen keine Anstalten machten,

Der abschätzige Blick der „Kraulexperten“ Komma die am Anfang der Bahn saßen komma ignorierte ich.
Ich komme wohl heute nicht mehr zum Schwimmenkomma dachte ich mir und wusste genau, dass ich die nächsten Opfer für meine Beobachtungen gefunden hatte.
Statt Ruhe bekam ich an diesem Tag viele Eindrücke und große Lust Komma Sabine in ihrer neuen ruhigen Wohnung zu besuchen.

Alles in allem zwar eine schön Geschichte, aber nicht wirklich eine reizvolle Kurzgeschichte. Hoffe mal, meine Kritik wirkt nicht zu harsch und sie kann dir helfen.

LG

 

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