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Stille

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05.08.2013
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Stille

Weniger zu sagen, mehr anzudeuten, die richtigen Signale zu geben, ohne dabei albern zu wirken, sind mit Sicherheit Grundregeln der erotischen Anziehung. Ebenso sicher, wie es immer Damenwahl ist. Das lässt sich zurückverfolgen zu den ersten Legenden vom Verlust der Unschuld. Er war gespannt was sie tragen würde. Es ist Sommer - ein leichtes Kleid wahrscheinlich, wahrscheinlich ein helles, nicht zu kurz.

In dem kleinen Restaurant mit den alten Möbeln sind nicht viele Gäste. Ein Gruppe Männer, betont leutselig, wahrscheinlich Geschäftsleute, trinken Bier. Am Fenster nippen zwei Frauen mittleren Alters an ihren Weißweingläsern, sehen sich an und sprechen nur wenig - wahrscheinlich ist etwas Unerwartetes passiert. Er bestellt er ein Glas roten Burgunder, zückt sein Telefon und ruft seine E-Mails ab. Sie hat geschrieben, dass sie in der Stimmung sei, Neues auszuprobieren. Das konnte alles bedeuten - von sich auf jemand Neuen einlassen zu können bis hin zum Ausleben von Sexphanasien. Er muss abwarten.

Leichte Nervosität, die er jedoch kennt und daher als angenehm empfindet, kommt in ihm auf. Schließlich war sie auf ihn zugegangen, um ihn nach dem Weg zum Theater zu fragen. Für einen Moment imponiert ihm die Möglichkeit, dass diese Frage schon der erste Test gewesen sein konnte. Das erste Beschnuppern. Im Nachhinein ist er erstaunt, wie instinktiv er ihr angeboten hatte, sie ein Stück in Richtung Theater zu begleiten, wie unkompliziert man ins Gespräch gekommen war und wie von selbst man sich auf einen folgenden Abend verabredet hatte. In gewissem Sinne war also alles schon im Gang.

Er trinkt einen Schluck Wein, um sich von den aufkommenden Erinnerungen an ein Pornovideo, das er sich am Morgen angesehen hat, abzulenken und nimmt sich vor sehr langsam vorzugehen, wenig zu trinken. Seit dieser schmerzvollen Trennung letzten Sommer war fast immer zu viel Alkohol mit im Spiel gewesen und schließlich ist man nicht selten schon nach der ersten Verabredung wie hündisch über einander hergefallen. Es langweilt ihn, wie ihn zum ersten Mal in seinem Leben das Trinken langweilt. Jetzt will er entdecken und aufhören zu vergessen. Aber was, wenn er dominant sein soll, oder aggressiv im Bett? Gedankenverloren nimmt er einen großen Schluck, den er lange nicht schluckt und sieht in Richtung Fester. Was, wenn man sich nicht versteht?

Sie kommt mit etwas Verspätung und setzt sich aufrecht zu ihm an die Bar. Ihr "Hallo. Sorry, dass ich n bisschen verspätet bin", klingt routiniert und fast ein etwas grob. Nachdem sie sich eine Zigarette angezündet hat, blickt sie ihm direkt in die Augen. Ein kurzes, aufblitzendes Lächeln, schwarzes T-Shirt, blaue Jeans, braune Ledersandalen mit Absatz, kein BH: so viel zum Offensichtlichen.

"Wo wohnst du"?, fragt sie, indem sie sich von ihm abwendet.
Er trinkt einen Schluck Wein und macht eine Pause: "In der Nähe".
Und nachdem er sie einen Moment prüfend ansieht: "Hast du mich deshalb das Lokal auswählen lassen?"
Als habe sie ihn nicht gehört, blickt sie sich den Rauch tief inhalierend im Lokal um und sagt: "Gut"

Beim Essen sprechen sie ruhig aber heiter zunächst über die Stadt, ihre Lieblingsplätze, wobei er ihr von seinen “geheimen Zufluchtsstätten” erzählt: einem versteckten Lokal mit wunderbarem Panoramablick über die Stadt und einer spanischen Tapasbar ... Die beabsichtigte Wirkung, sich in einem geselligen und geschmackvollen Licht zu präsentieren, gelingt und sie überkreuzt ihre Beine. Sie erzählt, wie sehr sie es liebt, sich ältere Filme im Café Godard anzusehen, schwimmen zu gehen und Freunde nach Hause zum Abendessen einzuladen. Sie hat eine zum Totlachen komische Nachbarin und er zwei verrückte irische Freunde. Man ist sich sympathisch und in der Art gelegentlich nach einer Anekdote zu pausieren, hat man etwas gemeinsam.

In einer dieser Pausen bringt die Bedienung eine Kerze und die Dessertkarte, worauf er vorschlägt, den Espresso bei ihm zu trinken. Sie fragt nach der Rechnung. Dann, im Dunkel der Straße bleibt sie stehen und er küsst sie. Mit einem Gefühl der Sprachunlust eilen beide zu seiner Wohnung. Erst als er ihre Vagina schmeckt und sie ihr Becken vorschiebt, wird beiden ihre Erregung bewusst. Mit der Lust an der Lust des Anderen entdecken sie sich. Und später liegen beide noch lange schweigsam wach und fühlen den Moment und den Raum des Zimmers, wie seit ihrer Jugend nicht mehr.

 

Hallo quasimodo,

und herzlich Willkommen bei KG.de.

Eine sehr ruhige Geschichte, was ich gern lese und eine Geschichte die gerade von A nach B läuft, was ich weniger interessant finde. Gibt ja irgendwie einen Konflikt. Die beiden trafen sich, verlieren sich aus den Augen, treffen sich wieder und gehen am Ende des Abends zu ihm. Was hat die beiden denn damals getrennt? Warum finden sie sich erst nach dieser langen Trennungsphase zueinander? Das sind so Fragen, die der Text aufwirft, die er mir aber nicht beantwortet und das finde ich schade. Und sag jetzt nicht, ich wollte viel Raum für die eigene Phantasie lassen - wenn ich mir was ausdenken will, schreib ich eine Geschichte ;).

Also sprachlich finde ich es gar nicht mal so schlecht, abgesehen von den fehlenden Kommata. Das fließt so schön beschaulich vor sich hin, ist wirklich nett. Aber die Charaktere bleiben etwas dünn, der Spannungsbogen ist eher ein Hügelchen. Ich habe ein Bild von den beiden. Ich seh die nicht. Für mich sind es zwei Allerweltspersonen die am Ende eines Abends Sex haben, eine Alltäglichkeit erleben. Kann man machen, aber ich denke, irgendetwas sollte eine Geschichte dem Leser schon anbieten, wofür er sich interessieren kann. Ich hätte am Ende das selbe gefühlt, wären sie nicht bei ihm gelandet, und wenn ich mich so wenig dafür interessiere, wie es nun mit den beiden ausgeht, dann ist das kein gutes Zeichen.

Atmosphärisch ist es stellenweise ganz hübsch. Die beiden Frauen am Nachbartisch, die finde ich interessant. Da frage ich mich tatsächlich, was die beiden zusammenführt, was wohl passiert sein mag.
Ja, ich denke da geht mehr mit dem Text. Wie ist der Morgen danach? Was passierte vor einem Jahr? Da muss mehr Text rein, ein Konflikt und die beiden zu einer einzigen Person machen und nicht zu einem Abziehbild der Masse und dann ...

Lass Dich von der Kritik nicht abschrecken. Ist ja auch nur mein Empfinden, andere können das anders sehen und lesen.
Ich wünsche Dir viel Freude hier.

Beste Grüße Fliege

 

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