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Stille
Stille
Blut, Blut, Blut – überall.
Noch nie zuvor hatte sie etwas so Beruhigendes gesehen.
Und diese Stille! Diese absolute Ruhe! Es war himmlisch.
Kein lautes Gebrüll, kein nervendes Lachen.
Noch nicht einmal die Vögel sangen. Der Hinterhof war rot und still.
Die Pistole des Vaters lag in ihrer Hand. Die Sonne spiegelte sich in dem schwarzen Lack.
Noch nie zuvor hatte sie etwas so Schönes gesehen.
Die toten Körper bildeten ein Gesamtkunstwerk. Ein Kunstwerk von makaberer Anmut.
Die Wände schimmerten rot. Die Stühle glänzten rostbraun.
Totes Fleisch trifft auf Schweinesteak.
Es war zu viel gewesen.
Irgendwann kocht der Topf über. Irgendwann kann man es nicht mehr ignorieren.
Es reicht nicht mehr aus, den unfassbaren Egoismus dieser Menschen zu verteufeln.
Es reicht nicht mehr aus, sich die Ohren mit Klopapier zu stopfen.
Genug ist genug! Und wer nicht hören will, muss fühlen!
Es war die einzige Möglichkeit. Die letzte Hoffnung auf geruhsamen Schlaf.
Sie waren selber schuld.
Niemand der die Wahrheit kannte, würde Ihnen hinterher trauern.
Alles war perfekt geplant.
Übers Wochenende nach Hause fahren.
Den Schlüssel zum Waffenschrank besorgen.
Den Schrank aufschließen und die alte Magnum herausholen.
Dann zurück in die Stadt. Warten bis zur Dämmerung. Warten auf die üblichen Partygäste.
Die Patronen auffüllen. Eine letzte Chance gewähren.
Höflich auf Besserung warten und mal wieder feststellen, dass diese nicht eintreten wird.
-Die Lautstärke nicht abnehmen wird. -Das Lachen nicht verstummen wird. -Der Blitz der Kamera nicht abgestellt werden wird.
Noch einen letzten Blick auf die Waffe werfen.
Die Magnum entsichern und den Gang nach draußen wagen.
Die erstaunten Gesichter sehen, wenn die Pistole erhoben wird.
Das panische Geschrei wahrnehmen, als der erste Schuss fällt.
Die Gesichter der Menschen wie erstarrte Masken.
Ein letzter Blick, ein letzter Hauch.
Blut, Blut, Blut, überall! Schön und rein.
An den Wänden, an den Stühlen, auf dem Grillfleisch.
Die Stille, wenn der letzte Schuss verklungen ist.
Dann den Finger in die blutroten Lachen stecken. Aufstehen. Zur Wand gehen. Schreiben. Die Worte sprudeln nur so heraus:
„Denen, die der Ruhe pflegen,/ Kommen manche ungelegen.“
Sie setzt sich auf dem Stuhl und genießt den Moment.