Stilistisches Experiment
Mit jedem lauten Ticken der großen Wanduhr wurde ein weiterer schon so schwacher Nerv bis zum Reißen gespannt.
Die trockenen Hände fuhren durch das frisch gewaschene Haar, ihre Augen verharrten beim gräßlichen Anblick der hölzernen Tür.
Jeden Moment drohte es zu läuten, das grelle Geräusch würde durch das ganze Haus fahren, und ihre starken Kopfschmerzen um das doppelte verfielfachen.
Bei diesem Gedanken zuckte sie hoch, es war eine nicht auszuhaltende Situation.
Du musst nicht öffnen, du musst die Tür nicht öffnen. Einfach läuten lassen, sitzen bleiben, nicht öffnen.
Sie würde nichts tun, die Tür nicht beachten, sich selbst belügen; ich höre nichts.
Sie stand in dieser Macht, sie fühlte sich stark, sie würde es tun.
Ein tiefer Zug von der Zigarette, was für ein Pech, der Rauch versperrte ihr die Sicht.
Die Tür war verschwunden.
Sie würde sie nicht finden, könnte nicht öffnen. Schade, schade.
Doch noch läutete es nicht.
Seine schwachen Füße trugen den übergewichtigen, kleinen Körper ohne Beschwerden, die Vorfreude auf seine Nichte machte alles andere gleichgültig.
Die dreckige Straße, die unfreundlichen Menschen, der kalte Regen in seinem Nacken.
Alldas nahm er in Kauf, er war erfreut.
Sie wirkte selbstsicher. Sie könnte es tun, einfach nicht öffnen. Böse, sie war böse.
Der arme kleine Mann. Oh nein.
Das Bein über das andere geschlagen, die Finger an der Zigarette, nur noch ein Zug.
Das Leben war schön.
Das Läuten ignorieren, nichts hören, sie könnte nichts hören.
Doch ihre Ohren erwarteten das Läuten voller Freude, denn sie würde es tun.
Der teuflische Plan, doch noch läutete es nicht.
Die kleinen Schritte wurden länger, seine Augen weiteten sich beim Anblick seines lieblichen Ziels.
Nun konnte ihn nichts mehr aufhalten. Ein vorbeifahrendes Auto spritzte seine neue Hose voll, die Leute blickten ihm unfreundlich nach.
Doch nichts machte ihm etwas aus.
Nervös klopfte ihr Fuß auf den Parkettboden. Sie konnte es nicht mehr erwarten.
Böse, böse. Sie würde nicht öffnen.
Verschmitztes Lächeln auf den schmalen Lippen, noch ein Zug von der Zigarette.
Seine Augen erblickten das Namenschild. Der kalte Finger drückte auf die Türklingel. Ein grelles Läuten schallte in seinen Ohren.
Kopfschmerzen, nur noch ein Zug.
Sie tut es. Keine Bewegung. Lächeln.
Ein weiteres Mal. Grelles Läuten. Nichts geschah.
War er an der falschen Adresse? Nein. Koflergasse 9.
War er zu früh? Nein. 19:30. Nichts geschah.
Die Tür öffnete sich.
Eine hübsche, junge Frau stand ihm gegenüber; die Arme offen für eine herzliche Begrüßung.
Das Läuten schmerzte noch in ihrem Kopf. Kopfschmerzen. Nicht auszuhalten.
Freundliches Lächeln.
"Mein Liebling."