Mitglied
- Beitritt
- 21.11.2003
- Beiträge
- 3
- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 7
Steinernes Lächeln
Einsam und sehnsüchtig wandert er durch die leeren Straßen seiner Stadt. Die ersten Lichtstrahlen des Tages streichen leicht über die Blumen in seinem Arm, ein leichter Wind, der die letzte Dunkelheit vertreibt, zerrt ohne Gewalt an dem kleinen Zettel in seiner Hand.
Mit jedem Schritt wird die Sonne wärmer und heller, mit jedem Schritt wird die Spannung größer, die seinen Körper durchfließt und ihn auf den Pflastersteinen tanzen lässt.
Verloren in diesen Bewegungen der Freude und Sehnsucht, der Liebe und des Verlangens, wandelt er auf der Straße, die zu seinem Traum führt.
Plötzlich schreckt er auf aus seinem Tanz. Er blickt, mit aufgerissenen Augen und weit offenem Mund, ihr entgegen.
So überwältigend ist ihre Schönheit, so anmutig ihre Haltung voller Grazie, so wundervoll ihr Blick, dass er alles um sich vergisst.
Den beginnenden Tag, die steigende Sonne, alles scheint nur wie ein grauer Nebel, durch den nur sie strahlt, in dieser grauen Welt, ihm entgegen.
Ihm, der sie bewundert, ihm der ihr alles geben würde, ihm, der wie verzaubert ihr im Morgenlicht entgegenrennt.
Wie im Wahnsinn mit einem freudeverzerrten Gesicht rennt er die Straße hinauf, hinauf zu dem Engel seiner Träume, ihren Blick in seinem Auge fangend, für immer in seinem Herzen bewahrend.
Doch in seiner Ankunft hat er ihren Blick schon verloren, diesen alles durchdringenden und doch so liebevollen, vertrauten Blick, der sein Herz so sehr erwärmte.
Nun sitzt sie dort, hoch, wie auf einem Thron, ihm abgewandt, jedem seiner Blicke entfliehend, ihren in die Ferne schweifend.
Hoch oben ist sie unerreichbar, heilig, von dem reinen Sonnenlicht erstrahlt.
Unbeachtet und enttäuscht verliert er dennoch nicht seine Kraft. Er schöpft weiter aus der gewaltigen Spannung, die seinen Körper erfasst.
Wie ein heiliges Symbol der Liebe hält er ihr die Blumen entgegen, voller Erwartung schaut er sie flehend an. Flehend, sie würde ihn sehen, die Liebe in seinen Augen um ihm dann um den Hals zu fallen und auch die Wärme seines Herzens zu spüren.
Doch sie sah nicht die Schönheit der Blumen, die Hoffnung in seinen Augen, die Wärme in seinem leichten unsicheren Lächeln.
Wieder enttäuscht kniet er demütig vor ihr nieder und legt ihr die Blumen zu Füßen.
Diese Blumen, jede einzelne gepflegt und gehütet, mit größter Sorgfalt und Liebe, nur um ihren Gefallen zu finden, nur um einen kleinen Blick der Wärme zu erhaschen.
Doch sie sieht ihn nicht.
Vor ihr niederkniend, unterwürfig hebt er langsam sein gesenktes Haupt. Mit einer letzten Flamme der Hoffnung in seinen Augen blickt er nach oben, ihr entgegen.
Er nimmt den Zettel hervor und beschreibt ihr in wunderbaren Worten, in Versen voller Harmonie, in einem Gedicht der Liebe, der wahren Liebe, wie er nach ihr verlangt, wie sehr er sie berühren will, ihre Wärme spüren, ihre Küsse auf seinen Lippen, ihren Atem auf seiner Haut. In unendlich schönen Worten gesteht er ihr seine ganze, wahre, sein Herz sprengende Liebe.
Doch sie hört nicht die Worte, die er so mühsam suchte, sie hört nicht wie er liebt, nach ihr verlangt.
Sie hört ihn nicht.
Wie ein Dolch bohrt es sich in sein Herz, zerreißt es im die Brust.
All diese Liebe, nicht erwidert.
All dieses Verlangen, ungestillt.
All dieses Leid, zu ertragen für die Ewigkeit.
Tränen fließen in seinem Gesicht, Leid in seinen Augen. Langsam entfernt er sich von ihr, dem Engel seiner Träume, immer wieder zurückblickend, nur um noch stärker die Schmerzen zu spüren, die Kälte in ihrem steinernen Blick.
Lange Zeit wandert er so durch die einsamen Straßen dieser grauen Welt, durch keines ihrer Lächeln erwärmt.
Doch tief in seinen Augen sieht man die Flamme der Hoffnung wieder heller werden.
Noch schönere Blumen würde er pflanzen und aufziehen, voller Liebe pflegen.
Noch schönere Worte würde er in noch wundervollere Gedichte voller Leidenschaft schreiben.
Dann würde sie sehen, die Schönheit, sie würde hören, seine Worte voller Sehnsucht. Sie würde sich ihm zuwenden und endlich, endlich würde ihr warmes Lächeln sein ganzes Herz erfüllen.