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Stehenbleiben

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22.07.2002
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Stehenbleiben

Er war ungefähr Mitte vierzig. Groß, schlank, sah gut aus, hätte Schauspieler sein können. War er aber nicht, er war Manager - Topmanager. Wahrscheinlich war er auch noch intelligent, würde ins Bild passen, dachte ich und rutschte mit meinem Kopf ein wenig herum, so dass ich den Mann im Bett neben mir besser beobachten konnte. Der Kissenbezug raschelte.
Trotz der eingefallenen Wangen sah er noch gut aus und das musste sogar ich als Mann anerkennen. Bemerkenswert. Warum er hier lag wußte ich nicht.
Ich lag in dem weißen, möglichst steril gehaltenen Zimmer, weil mein Blinddarm mir am vorigen Tag herausgenommen worden war. Hatte seinen Dienst quittiert, wenn der überhaupt jemals einen verrichtet hatte. Wie im Leben: unnützer Lasten entledigt man sich.

Draußen war es warm, die Vögel zwitscherten wahrscheinlich, keine Wolke war am Himmel zu sehen, ein wunderbarer Sommertag. Außerdem verpasste ich eine Menge Arbeit. Das weiße Zimmer mutierte zu einem lichtdurchfluteten Gefängnis. Verdammter Blinddarm.
„Schönes Wetter draußen, oder?“ Die raue Stimme zerriß die sterile Stille.
„Ja, haben wohl so um die 25 Grad.“
Er öffnete die Augen, drehte seinen Kopf in meine Richtung wobei auch sein Kissenbezug raschelte.
„Ein schöner Tag also.“ Er blickte an die Decke.
Nach einiger Zeit drehte er sich wieder auf die andere Seite.

Wie im Aufzug, zwei völlig fremde Menschen, die sich eigentlich Nichts zu sagen haben auf engstem Raum. Belangloser Smalltalk bis zum Erbrechen. Schöne Aussichten, ich kramte in der Schublade meines Beistelltisches nach dem Buch das meine Mutter mir mitgebracht hatte.
Ein ganze Weile war es still, nur vom Rascheln der umgeblätterten Seiten durchbrochen.

„Was haben Sie bisher aus Ihrem Leben gemacht?“ Ich schrak auf. Scheiß Frage, das würde noch anstrengender werden, als ich bisher angenommen hatte.
„Aus meinem Leben gemacht...“, gute Frage, „zur Schule gegangen, Zivildienst geleistet, duales Studium angefangen.“ Schätze mal, damit hatte ich es ganz gut getroffen.
„Das ist alles?“
Wie: ist das alles? So ein Arsch, wenigstens so tun, als sei er nett, könnte er ja.
„Was meinen sie mit: ist das alles?“ Er sah mich immer noch nicht an, lag abgewandt von mir unter dem weißen Berg aus Stoff und Federn begraben. Es roch nach Krankenhaus, Desinfektionsmittel.
„Sie werden doch irgendwelche Erfolge zu verbuchen haben, oder?“
Er wollte sich also mit mir messen, konnte er gerne haben. Alter Sack, es waren so Kerle wie der, die ich später mal aus ihrem Job verdrängen würde. Besser als der war ich auf jedem Fall. Ich zwang einen möglichst arrogant abschätzigen Blick auf mein Gesicht.
„Ich habe mein Abitur mit 1,5 abgeschlossen, war der beste Zivi den der Fachbereich Internationales jemals hatte, bin der Beste in meinem Studienjahrgang.“ So, überbiete das.
„Ach so, ganz toll“, seine Stimme klang enttäuscht, „das dachte ich mir schon.“
Was soll die Aussage denn jetzt, kommt sich wohl ganz toll vor, der Kerl.
„Außerdem bin ich Amerikanischer Ehrenbürger.“ Der hatte bestimmt gesessen.
„Soso“, räusperte er sich und schwieg.
Das wird mir jetzt zu dumm. Ich nahm wieder mein Buch zur Hand und versuchte weiterzulesen. So ein Verlierer.

Irgendwann kam das Abendessen. Sah unappetitlich aus und schmeckte nach Nichts. Sterile Bettdecken, steriles Zimmer, steriles Essen.
Schweigend stocherte ich in meinem Essen herum und versuchte möglichst wenig Geräusche beim Essen zu machen. Gutes Benehmen war wichtig.

Dann wurde es draußen dunkel, alleine die Birne in der Lampe an meinem Beistelltisch verbreitete noch ein wenig Licht im Zimmer. Der Mann hatte kein Wort mehr gesagt, lag wieder von mir abgewandt, auf die Seite gedreht in seine Decke eingewickelt. Glaubte wohl er wäre besser als ich. Ist er nicht; kann er nicht sein.
Ich sah besser aus, hatte mit Sicherheit bessere Noten, war ganz sicher auch beliebter.
„Sind sie glücklich?“ Ich erschrak schon wieder, war mir ziemlich sicher gewesen, dass er schlief.
„Ja, ich denke doch, dass ich glücklich bin.“ Was sollte ich auch anderes sein, „Was machen sie denn so?“ Da war ich aber mal gespannt. Arrogant grinste ich.
„Ich liege in einem Krankenhausbett und unterhalte mich.“ Er setzte sich unter Anstrengung auf, fuhr die Rückenlehne seines Bettes per Knopfdruck ein wenig mehr in die Vertikale. Ich suchte ein Lächeln auf seinem Gesicht, ein Anzeichen, dass seine Antwort ein Scherz gewesen war. Ich fand keines.
Na gut, dann lächle ich halt.
„Nein, ich meine was sie so beruflich machen?“
Er blickte mich an, sah müde aus. Etwas war in seinen Augen. War ich wirklich besser als er? Bestimmt. Er räusperte sich.
„Ist das wichtig?“ Jetzt hatte ich ihn erwischt, er war überhaupt nicht so erfolgreich wie er tat. Ich war viel besser, oder?
Ich sagte nichts, wartete.

„Lassen Sie mich Ihnen eine Geschichte erzählen.“ Mir stand eine lange Nacht bevor. Mist!
„In der Schule war ich der beste meines Jahrgangs, habe mein Abitur mit 1,0 bestanden. Lernen musste ich selten, arbeitete mich von eher mittelmäßigen Leistungen in der Unterstufe, zu Höchstleistungen in der Oberstufe hoch. Und mit jeder besseren Note verschob sich mein Anspruch ein Stück weiter nach oben. Dann kam ich bei den Einsern an und das einzige Ziel das es noch zu erreichen gab war es diese zu halten.“
Er hielt einen Moment inne, schien zu überlegen.
„Während meines Studiums war es genauso, immer schneller immer höher. Ich wurde nie krank, schrieb immer gute Noten und machte immer das Richtige. Ich erzählte das auch Jedem der es hören wollte oder auch nicht. Und wieder verschob sich der Standard nach oben.
Alle mochten mich oder taten auch nur so. Viele beneideten mich. Weil sie schlechter waren als ich, dachte ich.“
Entweder log er jetzt wie gedruckt oder er war vielleicht doch besser als ich.
Ich warf einen flüchtigen Blick auf die Uhr neben meinem Bett. Schon ziemlich spät.
Der Mann sah krank aus.
Unglücklicher Zufall, dass mein Blinddarm seinen Geist aufgegeben hatte, nicht meine Schuld. Er aber war bestimmt nur wieder einer dieser Drückeberger, einer der auf Mitleid hoffte, in Selbstmitleid fast ertrank und sich über Ales beschwerte.
„Ich war wirklich nie krank, habe immer alles getan was andere von mir verlangten, wollte immer besser werden. Erfolg zu haben war alles.“
Er log, ganz sicher log er. Oder log ich? Belog ich mich selber; alle Anderen?
Der Mann hustete, es klang nicht gut.
„Erfolg haben ist doch heutzutage auch alles“, ich schaute ihn nicht an, wußte aber, dass er mich fragend ansah.
„Erfolg zu haben aus Eitelkeit, es allen anderen beweisen zu wollen? Stehenbleiben ist der Tod, versuchen immer schneller zu rennen als der Rest? Ist das die Realität,ist das unser aller Sinn? Ist Stehenbleiben wirklich der Tod?“
Ich wußte nicht was ich sagen sollte. Das aus dem Mund von jemandem, der allen Erfolg der Welt hatte.
Wieder hustete er.
„Warum rennen wir, wohin rennen wir? Haben sie sich das schon mal gefragt? Rennen wir nur weil alle Andern auch rennen? Warum halten wir dann nicht einmal an?“
Warum rannte ich denn? Ich wollte Erfolg haben, viel Geld, einen unbeschwerten Lebensstil. Eigentlich wollte ich nur besser als der Rest sein. Ich rutschte unbehaglich unter meiner Decke herum. Schwer lastete sie auf meinem Körper.
Es roch nach Desinfektionsmittel.
Ich war wie paralysiert. War ich wirklich besser als er, als die Krankenschwestern, die Putzfrauen hier?
„Es ist angenehm ruhig, wenn man stehenbleibt, man nimmt wahr was um einen herum geschieht.“
Er lächelte.
Nach einer Weile des Schweigens vernahm ich ein regelmäßiges, schwach rasselndes Atemgeräusch. Er musste eingeschlafen sein. Ich löschte das Licht und blinzelte in die Dunkelheit. War ich wirklich besser als die Andern? Schätze mal, ich machte mir das nur vor? Ging es ums besser sein? Warum wollte ich unbedingt besser sein als alle Andern?
Schweigend starrte ich in die Stille.
Irgendwann wurde es ruhig.
Vielleicht dachten die Menschen nur, dass Stehenbleiben der Tod ist, weil alle erst im Sterben bemerken wie schön es ist stehenzubleiben. Ich fing an zu begreifen was der Mann gemeint hatte.
In diesem ruhigen Zimmer, an einem warmen Sommerabend beschloss ich nicht mehr nur auf den Tod, oder schlimmer noch, das Leben zu warten.
Und als ich stehengeblieben war bemerkte ich, dass sich die Welt unter und mit mir weiterdrehte. Zum ersten Mal sah ich das Leben.

 

Hallo Prodi!

Das Krankenhauszimmer ist sicher eine gute Idee, dieses Thema als Geschichte anzugehen. Die Gedanken Deines Protagonisten mit den direkten Reden vermischt ergeben ein rundes Bild.
Nur der Schluß bzw. auch die Überschrift sind meiner Meinung nach nicht so gelungen. Da ist einerseits das Stehenbleiben an sich - es geht ja nehme ich an nicht wirklich um einen Stillstand, sondern um ein langsameres, gemütliches Weitergehen. Und dann ist da auch noch, daß der Bettnachbar Deines Protagonisten zuvor Stehenbleiben als Tod bezeichnet und es sich dann seltsam anhört, wenn Dein Protagonist im Schlußsatz stehen bleibt. Geistig verbindet man es da mit dem gesagten "Stehenbleiben ist Tod". Außerdem bleibt er ja nicht in dem Moment stehen, in dem Sinne, wie Du es im Schlußsatz meinst, sondern es geht um eine Lebenseinstellung, das erfordert mehr, die nicht nur geistig zu ändern sondern sie dann auch noch zu leben.

Aber ich laß Dich nicht einfach so mit dem Kritikpunkt hängen. Wie wärs mit "Von nun an stieg ich auf die Bremse bis ich ein angenehmes Tempo erreicht hatte" oder "Ich beschloss, ab heute nur mehr langsames Schritttempo zu gehen." - oder sowas in der Richtung? ;)

So, noch ein paar Fehlerchen, die mich beim Lesen angesprungen sind...

"Eine ganze Weile war es Still,..." - still

"gute Frage, „,zur Schule gegangen" - Dieses hier meine ich: „,zur

"bin der beste in meinem Studienjahrgang." - Beste

"„Soso“ er räusperte sich und schwieg." - Beistrich (Komma) nach der direkten Rede. Schöner wäre ein Vertauschen von "er" und "räusperte"

"nicht meine Schuld, aber bei ihm." - "aber bei ihm" finde ich etwas zu umgangsprachlich. Wenn Du es besser formulieren kannst, kommt glaub ich auch die Bedeutung dieses Gedanken besser raus, was vielleicht jetzt nicht unbedingt der Fall ist.

"schneller zu rennen als der ?" - Leertaste weg, vorm "?" - und fehlt da nicht ein Wort? der was, wer? Meinst Du den Tod? Kommt nicht ganz klar raus...

"man nimmt war was um einen" - wahr, was

"Schätze mal ich machte mir" - mal, ich

Alles liebe
Susi

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Susi,
danke für deine Kritik. Deine Hinweise zur Rechtschreibung habe ich erstmal ganz schnell in dem Text mitaufgenommen und mich ein wenig geschämt ;)!
Auch mit dem Titel und dem Schluss hast du Recht, also werde ich jetzt mal einen Versuch der Entschuldigung wagen :):
1. Ich stehe auf dem Kriegsfuß mit Titeln. Ich denke manchmal, dass das schwierigste beim Schreiben, das Finden eines Titels ist!
2. Habe noch ein wenig am Text rumgebastelt und ein paar Wörter umjustiert, außerdem noch ein paar Sätze ans Ende angebaut. Hoffe mal, dass es jetzt etwas besser ist?

Was würde dir denn so in Sachen Titel einfallen, da ich da etwas auf dem Schlauch stehe?
Lieben Gruss
Roman

 

Also vom Schluß bin ich jetzt begeistert! :thumbsup:

Die ganze Geschichte les ich später nocheinmal. ;)

 

Freut mich, dass das Ende dir jetzt gefällt. Würde mich noch mehr freuen später noch deine Vorschläge für einen besseren Titel und den Rest der Story zu hören

 

Grüß Dich, Prodi!

Nette, kurzweilige Geschichte, die leicht zu lesen ist.

Meine Vorschläge an Alternativen für die den bisherigen, auch meiner Ansicht nach unvorteilhaften Titel:

"Eine Frage der Perspektive", "Wie spät ist es?", "Bekenntnisse eines Heranwachsenden / Halbwüchsigen"
(der letztere Vorschlag ist nicht ganz so ernst gemeint! ;) ;) )

Was mir an Deiner Geschichte gefiel: Der Ich-Erzähler macht eine Entwicklung durch, die gut nachvollziehbar ist. Die Beschreibungen kommen bei mir mE. plausibel rüber.

Was mir nicht gefiel: Die Geschichte liest sich... sagen wir mal sehr gewöhnlich und einfach ganz ohne Originalität. Texte wie diese gibt es wirklich in Massen...

Meiner Meinung nach machst Du vor allem (noch) diese Fehler: Der Ich-Erzähler führt in Deiner Geschichte ausführlich elaborierte Selbstgespräche - und wiederholt sich dabei auch noch hier und da. Wem sollen diese Monologe nützen? Sie bezeugen eher Deine Unbeholfenheit, den grundlegenden Mentalitätswechsel des Ich-Erzählers dem Leser auf eine weniger aufdringliche Weise klar zu machen! Der Leser will sich immer sein eigenes Bild machen können (das hoffe ich zumindest...). Wenn Du ihm aber alles so subjektiv geschildert wie hier vorkaust, ist das einfach unvorteilhaft.

Noch ein paar stilistische Sachen:

Ich lag in dem weißen, möglichst steril gehaltenen Zimmer, ...
Diese Eigenschaften haben Krankenbettzimmer im Allgemeinen so an sich... :rolleyes:
Und weshalb "dem"? Hat sich der Protagonist ganz genau dieses eine Zimmer ausgesucht, unter all den anderen, die dieses Krankenhaus noch beherbergt?
Wie im Leben: unnützer Lasten entledigt man sich.
Solche Pseudo-Weisheiten gehören in keine ernsthafte Geschichte! (die kann sich dieser nämlich auch selber zusammenreimen), es sei denn, sie werden gezielt als Stilmittel eingesetzt.
Draußen war es warm, die Vögel zwitscherten wahrscheinlich,
Entweder zwitscherten die Vögel oder sie zwitscherten eben nicht! Wenn der Ich-Erzähler das anscheinend nicht bezeugen kann, sollte man solche Mutmaßungen besser weg lassen. Es wirkt einfach unbeholfen. Weshalb lässt Du nicht stattdessen einfach das Fenster ein wenig offen stehn?
Das weiße Zimmer mutierte zu einem lichtdurchfluteten Gefängnis.
  • Das "weiße Zimmer" wird auch nach der angeblichen "Lichtdurchflutung" und der Verwandlung in ein "Gefängnis" noch immer ein weißes Zimmer sein.
  • Mutation: 1) die spont. od. künstlich erzeugte Veränderung im Erbgefüge (Biol.) 2) Stimmbruch (bei Eintritt der Pubertät; Med.) - aus dem Fremdwörter-Duden (1997) (die Bedeutung der Wandlung, Änderung gilt als veraltet und passt eh nicht zum Kontext)

Und so weiter... jetzt hab ich doch noch etwas mehr verrissen, als ich eigentlich zuerst wollte. Aber nimm diese Anmerkungen einfach als konstruktive Vorschläge, nichts weiter.
Und besser eine analysierende Kritik als gar keine.

Gruß
Philo-Ratte

 

Liebe philo-Ratte,
danke für deine Kritik. Bin ehrlichgesagt ziemlich froh, dass du in deiner Beurteilung so ehrlich bist.
Zwar bin ich in Manchem wohl etwas anderer Meinung, verstehe aber was du meinst.
Mit dem Titel hast du recht, besonders hat mir dein Vorschlag "Wie spät ist es?" gefallen, denke mal ich werde die Moderatoren bitten ihn so zu ändern, wenn das noch geht.

Was mir nicht gefiel: Die Geschichte liest sich... sagen wir mal sehr gewöhnlich und einfach ganz ohne Originalität. Texte wie diese gibt es wirklich in Massen...
Finde schade, dass du das so siehst. Weiß auch so genau nich was ich daruf jetzt antworten soll. Für mich hat er eine Einzigartigkeit, sher schade finde ich es halt, dass er für manchen anderen diese offenbar nicht hat.
Ich denke ich werde mal darüber nachdenken müssen, was ich hätte besser oder anders machen können.
Meiner Meinung nach machst Du vor allem (noch) diese Fehler: Der Ich-Erzähler führt in Deiner Geschichte ausführlich elaborierte Selbstgespräche - und wiederholt sich dabei auch noch hier und da. Wem sollen diese Monologe nützen? Sie bezeugen eher Deine Unbeholfenheit, den grundlegenden Mentalitätswechsel des Ich-Erzählers dem Leser auf eine weniger aufdringliche Weise klar zu machen!
Jupp, hast du vollkommen recht! Mit dem Darstellen der schleichenden Erkenntnis des Protagonisten hatte ich einige schwierigkeiten. Kann gut verstehen, dass du es kritisierst.

Was allerdings deine Hinweise zum Stil angeht, stimme ich dir da überhaupt nicht zu. Zum ersten Punkt: Ist und soll keine Weisheit oder Pseudoweisheit sein, sondern ein Gedanke, der jedem kommen kann und der in diesem Fall dem Protagonisten kommt.
Zum zweiten Punkt:
Die Vögel zwitschern nur "wahrscheinlich", weil das Fenster zu ist. Ich wollte die abgeschottete Atmosphäre des Zimmers zeigen. Der Protagonist weiß trotzdem, dass draussen Vögel zwitschern, obwohl er sie nicht hört. Wenn du das jetzt auf die Aussage der Geschichte überleitest, denke ich dürfe es einen Sinn ergeben.
Zum dritten Punkt: Habe ich denn behauptet, dass das weiße Zimmer danach keine weißes Zimmer mehr ist?!? Wenn du dich an dem Wort "mutiert" aufhängst finde ich das ziemlich komisch :rolleyes: .
Kann das Zimmer nicht auch von seiner Bedeutung für den Protagonisten her mutieren?!
Das das Zimmer nicht plötzlich zum Alien wird ist denke ich jedem der es liest klar, oder :susp: ?
Danke dir trotzdem.
Liebe Grüße
Roman

 

Bin ehrlichgesagt ziemlich froh, dass du in deiner Beurteilung so ehrlich bist.
Danke Dir für diese gesunde Einstellung. Meine Beiträge sind so gut wie nie persönlich zu verstehen, sondern beziehen sich so weit wie möglich immer auf das Objekt Geschichte bzw. die Umsetzung von Ideen.

Ich hab nochmal über meine Beurteilung der Gewöhnlichkeit Deiner Geschichte nachgedacht, komme aber immer noch nicht weg von dieser Einstellung. Ich glaube auch nicht, dass ich damit allein dastehe.
Aber gerade jetzt wüsste ich doch ganz gerne, weshalb für Dich diese Geschichte eine "Einzigartigkeit" beinhaltet...

Ich wollte die abgeschottete Atmosphäre des Zimmers zeigen.
Mmhh... diese Beziehung ging an mir spurlos vorüber. Aber jetzt verstehe ich natürlich, was Du meinst. Finde aber ein geschlossenes Fenster zu banal um eine "abgeschottete Atmosphäre" zum Ausdruck zu bringen.

Nochmal kurz zum Ausdruck "mutieren" (ohne mich daran aufhängen zu wollen): Wenn etwas "mutiert", dann verstehe ich darunter, dass etwas seine Form, seinen Zustand verändert. Dh. dass der alte Zustand zugunsten des neuen abgelegt wird. Der besagte Satz liest sich für mich so, als wäre das "weiße Zimmer" nach der "Mutation" eben gerade kein "weißes Zimmer" mehr.
Der Fehler liegt für mich auch darin: Der Zustand "weißes Zimmer" ist banal und trägt keine Bedeutung in sich. Der Zustand "lichtdurchflutetes Gefängnis" aber ist in hohem Maße subjektiv und irrational. Was mich daran stört ist, dass Du hier Äpfel mit Birnen vergleichst. Wenn, dann würd ich schon alles aus der subjektiven Sicht des Protagonisten schreiben, aber nicht ein solch verwirrendes Hin und Her... (deshalb kam bei mir auch die Sache mit dem geschlossenen Fenster nicht an, weil ich nicht weiß, ob es sich um eine Anspielung handeln soll oder nicht).

 

Hey,
gut, jetzt verstehe ich auch warum dich das "mutiert" gestört hat. Muss wohl zugeben, dass du sogar strenggenommen recht hast ;)! Werde ich wohl nochmal über meinen Schatten springen und versuchen das nochmal umzumodeln (wenn ich das überhaupt hinbekomme)!

Was die Geschichte für mich einigartig macht ist wohl, dass ich diese Geschichte bin. Hört sich wahrscheinlich ziemlich merkwürdig an, ist aber so. Ich finde mich in dieser geschichte zu hundertprozent wieder.
Vielleicht ist es für andere Leser deswegen so schwierig die Einzigartigkeit so zu sehen wie ich.
Ich war nur der Meinung, dass es viele Menschen gibt die mit den selben Problemen hadern, von denen die meisten aber noch nichteinmal bemerkt haben, dass sie mit diesem Problem hadern.

Es würde mich wirklich interessieren, was sie für dich oder auch andere, eben so gewöhnich macht. Kannst du das genau an etwas festmachen, bzw. was würde sie zu etwas besonderem machen?
Reicht es dem Leser nicht alles in den gedanklichen Monologen vorzukauen oder fehlt noch mehr.
Gibt es noch Hoffnung :D ?????

Gruß
Roman

 

Nun ja, diese "Einzigartigkeit", die Du hier ansprichst wird mit Deinem Statement natürlich sehr individuell und auf Dich bezogen. Weniger für die Allgemeinheit bestimmt. Das kann man schon machen. Kafka zB. hat häufig extrem subjektiv geschrieben und trotzdem wurde er ein wahres Monument in der Literaturgeschichte.
Was für mich diese Geschichte gewöhnlich macht ist wohl vor allem, dass ich diesen innerlichen "Sprung" von einer Lebenseinstellung zur nächsten schon längst hinter mich gelassen habe. Allerdings bin ich auch nie leistungsorientiert aufgewachsen.
Vermeintliche Ziele wie "Erfolg", "Ansehen", "Geld" oder "Besitz" haben spielen und spielten für mich nie eine mehr als utilitäre Rolle. Kannst Du Dir dann vorstellen, wie lächerlich es mir erscheint, wenn jemand auf seine Schulnoten oder gewisse Abschlüsse stolz ist? Da fehlt mir eben die Identifikation.

Leistungsgesellschaft? Mag sein. Aber das heißt doch nicht, dass man wie ein Schaf mit der Herde gehen muss. Es gibt immer auch Möglichkeiten, sich persönlich zu verwirklichen (wie zB. in diesem Forum hier! ;) )

Gruß
Philo-Ratte

 

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