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Stefanie, warum bist du so allein?
Lukas schläft. Stefanie liegt wach. Sie denkt nach.
Hmm, das Zusammensein mit Lukas war wirklich gut. Nach zwei Monaten ohne Sex fühlte sie sich auch ausgehungert, richtig nervös war sie schon. Stefanie ist jetzt befriedigt. Und wenn er wach wird, was fängt sie weiter mit ihm an?
Sie schaut den schlafenden Lukas an. Sie setzt ihr Casting in Gang. Was spricht für ihn? Lukas ist ganz nett. Und er hat Geld. Das Haus mit dem Grundstück ist eine Menge Geld wert. Pause. Ist er ihr Typ? Eher nicht. Sie hat ihn insgeheim Neanderl getauft, seine Figur gefällt ihr nicht. Sie schaut sein Gesicht an. Auch die eng beieinander liegenden Augen, sie irritieren Stefanie mehr als ihr lieb ist. Die Augen können freundlich blicken, aber sie stehen für ihren Geschmack zu eng beieinander. Ihren Traummann würde sie so nicht zeichnen. Punkt.
Sie schaut sich um. Ihre Gedanken laufen von allein. Ein kurzer Check, Außenwelt, Innenwelt. Außen: So, das ist hier ein nettes, kariertes Liebesnest. Innen: Sie fühlt sich fast gut, nicht top gut. Das war es aber auch schon.
Von Glücklichsein gibt es bei Stefanie keine Spur. Um richtig glücklich zu sein, fehlt ihr etwas. Und sie weiß auch, was ihr fehlt. Jeder weiß alles. Stefanie findet einfach nicht den richtigen Mann, das ist ihr Problem. Fast alle ihrer Freundinnen sind verheiratet. Einige haben sogar Kinder. Und sie dated herum wie eine Zwanzigjährige.
Tja, das Date. Ein Internet Date. Und das ist heute ein One Night Stand. Dies ist für Stefanies Geschmack kein schöner Ausdruck. Stand, das klingt vulgär. Unabhängig von der Bezeichnung, es ist nicht das erste Mal, dass sie gleich mit dem Neuen schläft.
Sie trifft eine Entscheidung. Lukas ist nicht ihr Fall. Gott sei dank hat sie noch zwei Kandidaten in der Pipeline. Den Lukas hält sie sich erst einmal warm.
Denken. Nachdenken. Auf ihren Verstand kann Stefanie sich verlassen. Ihre Mutter hat immer gesagt: „Die Stefanie, das ist ein Kopfmensch. Aus der wird noch etwas.“ Also benutzt Stefanie das kluge Köpfchen und denkt weiter nach. Und wenn es weiterhin nimmt klappt, mit der festen Beziehung, was ist dann? Ihr Chef ist Ende 40. Wenn der Mann seine Kanzlei in 15 Jahren abgibt, dann wird sie vielleicht vom Nachfolger übernommen. Wenn es keinen Nachfolger gibt, muss sie sich neu bewerben. Mal rechnen: 27 plus 15 gleich 42. Eine Bewerbung geht dann noch, so lala.
Stefanie fühlt Unwillen in sich aufkommen, fast Panik, eine kleine Panik, ein Panikchen. Bloß keine Probleme, das ist Stefanies Devise Nummer Eins. Der innere Schiedsrichter meldet sich: „Oder willst du doch über eine Versorgungsheirat nachdenken? Mit Haus und Garten und Cabrio?“. Tick…tick…tick. Verstand und Gefühl spielen vorerst remis.
Kürzlich hat jemand zu Stefanie gesagt, sie hätte keine Gefühle. Der Satz fällt ihr gerade jetzt ein. Sie verkauft sich wie immer selbst ihre Argumente, darin ist Stefanie spitze. Und das Ergebnis des Verkaufsprozesses lautet diesmal so: „Quatsch. Ich liebe das Leben, ich liebe die Männer, ich liebe die Liebe. Liebe ist ein großes Gefühl. Also, was soll das Gerede, ich sei gefühllos.“
Wieder meldet sich der Schiedsrichter. Diesmal schüttelt er den Kopf. Stefanie merkt, dass sie sich selbst nicht überzeugt hat. Mangel an Gefühlen wäre ein zusätzliches Problem. Keinen festen Mann zu haben ist schon ein Problem. Stefanie will keine Probleminflation heraufbeschwören.
Ihr Entschluss steht fest wie die Christusstatue in Rio. Sie muss etwas unternehmen in Richtung Mann und feste Bindung. Irgendwann, schon bald . Nur, die große Liebe ist ihr bisher nicht über den Weg gelaufen. Und wenn diese große Liebe ihr beim nächsten Mal wieder nicht über den Weg läuft, und wieder nicht, ...?
Vielleicht ist Liebe etwas, das wachsen kann. Also müsste man Arbeit und Energie hinein stecken. Und Stefanie denkt, und denkt, und denkt.
Da wird Lukas wach.