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Stadt

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05.07.2003
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Stadt

Wenn du des Nachts auf der Autobahn einer Stadt entgegenfährst, könntest du annehmen, es ist Dämmerung, denn der Lichtschein der Stadt schimmert durch die Nacht eben wie das erste Licht der Dämmerung.
Bist du nah an der Stadt, so siehst du die schönen blinkenden Lichter, warme Farben.
Mich erinnern diese an einen Weihnachtsbaum.
Sie blinken dir fröhlich entgegen, dass es dein Herz erwärmt und deine Spannung steigt, denn du willst wissen, was von ihnen verborgen wird.
Tausende Laternenpfähle, die dir den Weg weisen. Häuserreihen, die den Laternenpfählen, manchmal ein bisschen bedrohlich, beistehen. Hochhäuser, die ihre Lichter weit in die Nacht hinausschreien, als wollten sie sagen: sieh Mond, wie hell ich bin!

Doch dann musst du dich konzentrieren, Stau, Autos, Stau, Autos….
Während du im Stau stehst, öffnest du das Fenster. Es ist eine Sommernacht, warum also nicht? Du schließt das Fenster wieder. Du denkst: Wenn ich im Auto bei geschlossenem Fenster eine rauche, atme ich bessere Luft.
Es geht weiter, doch schon beginnst du dich zu ärgern über diesen ungehobelten Kerl, der sich einfach mit seinem dicken Wagen in die Lücke reinpresst, die zwischen dir und deinem Vordermann entstanden ist. Dabei fährt er doch auch nur einen Golf.
Der Nächste. Hinter dir. Wieder so einer. Diesmal mit Baseball- Mütze! Auch ein Golf.
Du denkst darüber nach, dir ein anderes Auto zu kaufen, denn mit solchen Leuten willst du nicht gleichzeitig genannt werden.
Endlich, der Stau löst sich auf. Du atmest auf- nein aus.
Plötzlich, Sirenen, Polizei, Krankenwagen, Feuerwehr, totales Chaos, zu viel, zu laut…- alles vorbei.
Doch noch aufatmen? Ein Lächeln huscht über dein Gesicht. Du erfreust dich wieder an den vielen Lichtern der Stadt. Kinos, Geschäfte. Es ist mitten in der Nacht, aber die Stadt lebt, als wäre es mitten am Tag. Gänsehaut streicht über deinen Rücken und die Lust auf Erlebnisse kommt zurück.
Du parkst dein Auto und läufst los. Dass du für deinen Parkplatz bezahlen musst, ahnst du nicht.
Eine Katze humpelt über die Strasse. Du denkst noch kurz, dass es sogar lustig aussieht, wie sie läuft, lächelst, hast plötzlich ein dumpfes Gefühl im Magen und schiebst den Gedanken weg.
Während du die Straße so entlanggehst, fällt dir schon der zweite Kinderspielplatz auf. Eine Kreuzung, wieder ein Spielplatz, Menschen kommen dir entgegen. Wo gehen sie hin? Kaum hast du dir die Frage gestellt- ein Spielplatz. Mensch, für Kinder tun die ja wirklich viel hier in der Stadt, denkst du.
Die Hauptstraße hast du erreicht, die Menschen schieben sich durch die Masse. Masse? Menschenmasse.
Du musst ausweichen, kommst nicht durch, bleibst stehen, wartest, wirst angemacht, drängelst dich durch, bleibst stehen, wartest, wirst angemacht, willst raus, geht nicht, gehst weiter, versuchst es jedenfalls- jetzt ist die Dämmerung auch in der Stadt zu sehen. Die Zeit läuft.
Eine Seitenstraße- du fliehst dort hinein, läufst ein bisschen, weniger Menschen, ein Spielplatz, eine Katze ohne Schwanz, Steine, Asphalt. Kranke Katzen, Ratten huschen über die kleinen Grünflächen, die die Städter Parks nennen. Wohin?
Du weißt nicht, dass du das falsche Viertel gewählt hast, Punks wollen Zigaretten, du hast keine, es gibt Ärger. Nachdem du einem durch einen glücklichen Zufall die Nase rot gemacht hast, fliehst du durch die Sträucher, tust dir weh, zerreist dein T-Shirt, mit dem Gedanken, dass DIE doch sowieso nur besoffen sind.
Es ist ruhiger, du weißt nicht mehr wo du bist- egal. Warum sind die Blätter der Bäume und Sträucher eigentlich grau?
Die Sonne zeigt ihre ersten Strahlen, Vögel zwitschern, Tauben fangen an zu gurren. Du willst nach hause.
Ein Spatz setzt sich keck auf eine Mauer, zwitschert. Doch das Schöne wird übertönt, ein Krankenwagen fährt mit Sirene und Blaulicht in die Einfahrt des Krankenhauses, vor dem du stehst.
Ein paar Meter weiter siehst Du einen seltsamen Kasten, mit Licht und allem möglichen Tamtam.
Babyklappe. Schon mal in der Zeitung davon gelesen- so was gibt’s also wirklich. Ob eins drin liegt? Da kommt eine Krankenschwester, du haust ab.

Du willst nach hause, dein Auto ist unauffindbar, wenn Du Leute fragst, lachen sie über dich, wie du aussiehst, oder fragen, ob du Zigaretten hast. Spielplätze gibt es überall, keine Orientierung.
Die Stadt wird ruhiger, die Hauptstraße ist leer. Die Uhr sagt dir, dass es 6.47 Uhr ist. Dort steht dein Auto.
Ein grüner Zettel schmückt deine Autoscheibe. Du siehst hinauf in den Morgenhimmel und willst schreien, aber nicht so, wie die Hochhäuser, sondern voller Wut: Staaaadt!!!

 

Hi duesterengel und Willkommen auf kg.de,

Deine Geschichte lässt mich gefühlsmäßig zwiegespalten zurück. Einerseits schaffst Du ganz nette Bilder der Stadt bei Nacht - all ihre Vor- und Nachteile.
Aber insgesamt wirkt sie auf mich zu sehr heruntergeschrieben, ein Ding folgt dem anderen, um letztendlich die häßliche Stadt in den Vordergrund zu stellen. Auf mich als Leser wirkt das Ganze einfach nicht richtig ein, ich lese darüber, aber empfinde nicht viel von der Wut, die der Protagonist auf die Stadt aufbaut. Ausserdem missfallen mir die Klischees, der Golffahrer mit Cap, die schlimmen Punks, die einen verhauen wollen, weil man keine Zigaretten hat. Das ist etwas platt. Mag passieren, aber solcher Klischees sollte man sich nicht bedienen, sie wirken leer. Dabei fehlen auch Emotionen des Protgonisten, seine Gedankengänge fühlen sich steril an. Zum Beispiel das mit der Babyklappe: er sieht sie, fängt an, sich Gedanken zu machen und haut dann sofort ab. Um die Psyche einer pulsierenden Stadt darzustellen, braucht es etwas mehr Tiefe. Der Protagonist könnte sich Gedanken darüber machen, warum diese Babyklappe nötig ist. Er scheint mit dem Stadtleben ja nicht vertraut zu sein, kann sich also ganz unbefangen seine Gedanken machen.
Vom Ablauf der Geschichte ist mir aufgefallen, dass der Protagonist von einem Moment auf den anderen in der Stadt ist; erst noch im Stau auf der Autobahn, dann sieht er Kinos, Geschäfte, etc. Das geht zu schnell, ich meine, aus dem Stau raus, die Abfahrt nehmen und dann erst einmal in die Gebiete der Stadt kommen, in denen Kinos und Geschäfte sind. So kann der Leser verwirrt werden.
Folgenden bildhaften Vergleich finde ich unstimmig:

Sie blinken dir fröhlich entgegen, dass es dein Herz erwärmt und deine Spannung steigt, denn du willst wissen, was von ihnen verborgen wird.
Lichter können weniger verbergen (ausser, sie sind extrem grell), eher enthüllen sie.

Insgesamt baust Du in einigen Sätzen ganz nette Anfänge von Atmosphäre auf, aber insgesamt wirkt es etwas zu klinisch runter erzählt. Mir persönlich wäre die Message der Geschichte auch etwas zu wenig: das die Stadt echt schlimm sein kann, weiß jeder. Es fehlt die emotionale Beteiligung des Protagonisten.

Nicht entmutigen lassen, liebe Grüße,
baddax

 

Hallo baddax!

Für meine allererste Geschichte eine so ernstzunehmende Einschätzung zu bekommen lässt mich aufatmen.
Die nächste Geschichte ist genauso geschrieben- naja, vielleicht ein bisschen besser?
Ich werde Deine Worte in mir aufnehmen, denn ich denke auch, dass dies gerade bei einer noch nicht begonnenen neuen Geschichte sehr hilfreich sein kann. Bei einer schon geschriebenen kann dies andererseits für mich verwirrend sein, da ich Anfänger bin.
Vielen Dank für Deine Kritik! Vielleicht hast Du Lust und Zeit meine neue Geschichte auch zu kritisieren. Ich selbst werde aber Deine Antwort erst am Wochenende einsehen können.

Ebenfalls viel Erfolg bei Deinen Geschichten. Ich muss mich aber erst mal bis dahin durcharbeiten... :-))

Liebe Grüße duesterengel

 

Hi Duesterengel!

jetzt hab ich mir auch Deine erste Geschichten angesehen und muß sagen: Du hast schnell gelernt :p die ist nämlich schon viel besser.
In dieser hier hast Du, wie baddax schon erwähnt hat, eine Menge guter Bilder aufgebaut, die vor allem zeigen, daß Du das schon ganz gut drauf hast. Aber dann fehlt eben der Zugang zum Leser. Ich werde nicht wirklich hineingezogen.
Es ist eher ein innerstädtisches Roadmovie ohne Handlung, der man folgen kann....
Aber laß Dich ja nicht entmutigen! Wie gesagt, die zweite ist schon viel besser. Da kommt man der Preson viel näher.

Noch ein paar Anmerkungen zum Text:

Mich erinnern diese an einen Weihnachtsbaum.
mein persönlicher Geschmack würde hier wengier formell ausfallen und statt "diese" lieber "sie" schreiben...

Den sprachlichen Bruch zwischen dem Lichtermeer und dem Stau hast Du sehr gut geschaffen. Das gefällt mir sehr gut, wie die Sprache angepaßt wechselt mit der Situation. Es erinnert mich an einen krassen Hollywood-Schnitt, bei dem Farbe, Bilder und Bewegung plötzlich auf einen einstürmen. ;)

was ich nicht ganz verstehe, ist wie ein "dicker Wagen" dann plötzlich nur ein Golf ist.

Lieben Gruß und schreib fleißig weiter!

Frauke

 

Hallo Frauke!
Das der "dicke Wagen" plötzlich zu einem Golf mutiert, ist mir selbst auch erst durch baddax' Auswertung aufgefallen. Ich hab mir die Geschichte nochmal vorgenommen, aber verändern werde ich sie nicht. Es ist immer gut seinen Anfang zu erhalten, um sich daran zu orientieren, zu wissen was man nicht will. Einfach zu lernen...

Außerdem kann ich nach ein paar gut gelungenen Geschichten vielleicht "darüber lachen" (so wie bei alten Kinderbildern...)

Ich hätte gar nicht erwartet von Euch soo ernst genommen zu werden und es tut gut. Ich werde Euch eine neue schöne Geschichte präsentieren. Aber 'Gut Ding will Weile haben', vielleicht wird es ja eine Weihnachts... nein so viel Zeit will ich mir nun auch nicht lassen. Mein Kopf ist schließlich voller Ideen.

Liebe Grüße duesterengel ;-))

 

Es ist immer gut seinen Anfang zu erhalten, um sich daran zu orientieren, zu wissen was man nicht will.

:lol:

na, das ist mir eine Einstellung!
aber letztendlich kenne ich das ja auch: bevor ich einen nicht so guten Text noch duch die Mangel drehe, schreibe ich lieber zwei neue und bessere.... :D ( ich hoffe dann zumindest, daß sie besser sein werden. :p )

Wenn ich meine ersten Texte lese, gruselt es mich gar nicht soooooo sehr, aber ich bin doch froh, mich viel weiter entwickelt zu haben.

Also ran an die Arbeit,

Frauke

 

Hi!
Zunächst mal das Positive: Einige deiner Bilder sind wirklich gut und originell, und dein Stil ist echt ausbaufähig. Leider lässt die Geschichte aber zu wünschen übrig, mir fehlte einfach der Zugang, und das, was du beschreibst sagt mir wenig. Bin aber gespannt auf mehr von dir...

 

Hallo Christian!
Danke für Deine Kritik. Aber ich würde gern erfahren, warum Dir der Zugang zu meinen Geschichten fehlt!? Ich weiß, ich kann nicht jeden erreichen. Es ist aber doch immer sinnvoll eine andere Seite zu hören, um zu lernen. Deshalb bin, ich meiner Meinung nach, auf dieser Welt. :-)

Freue mich auf Antwort, liebe Grüße Kerstin

 

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