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Stör Wars
„Fließen lassen du es musst, fließen!“
„Ja doch, ich tue was ich kann!“
„Wapowapi wa ho-ho-ho! Wapowapi wa ho-ho-ho!“
„Was soll denn das schon wieder? Ich kann so nich'!“
„Das Mandra ist. Weiter mache! Wapowapi wa ho-ho-ho! Wapowapi wa ho-ho-ho!“
„Ick glaube, es kommt gleich!“
„Sag es: Gluub! Gluub!“
„Ja, gluub, von mir aus. Äh, wohin jetzt, in' s Maul, oder was?“
„Auf Schwanz, auf Schwanz!“
„Gluuuuub!“
Wenn Sie jetzt denken, der hat sie nich' mehr alle, könnt' n Sie recht haben. Ja, ich hab' gerade auf 'n Fisch gewichst. Aber nich', weil ich ein Schwein bin, sondern aus Liebe.
Mein Name ist Lothar Walkinsky, ich bin 55 Jahre alt und von Beruf Bademeister am städt'schen Hallenbad, … und so was von wasserscheu!
„War ja' n Volltreffer.“
„Gut gemacht!“
Sie fragen sich nun sicherlich, wie das zusammenpasst. Also, zu meinem Job bin ich vor drei Jahren gekommen. Ich habe zuvor im Trockenbau gearbeitet. Aber irgendwas hat da gefehlt. Ich kam mir so unwirklich vor, wollte Teil von was Größerem sein. Da fand ich die Anzeige im Stadtanzeiger und ich wusste, das haste gesucht, das ist dein Ding!
„Warum Angst du hast? Weil dick du bist, wie ein fetter Stein. Nicht schwimmen ein fetter Stein kann, richtig?“
„Richtig!“
„Aber ein fetter Fisch trotzdem schwimmt. Also, wenn schwimmen du willst, dann ein Fisch sein du musst!“
„Was? Kann ich nich' was anderes sein? Ein Nilpferd schwimmt doch auch. Kann ich denn nich' ein Nilpferd sein?“
„Wenn ich sage ein Fisch du bist, dann ein Fisch du bist! Hast du kapiert?“
„Ja, Meister.
Beim Vorstellungsgespräch gab ich vor, Rettungsschwimmer an der Ostsee gewesen zu sein. Die haben mir alles abgekauft und schon stand ich in Badehose und mit Trillerpfeife am Beckenrand. Das war wirklich ein schlimmer Moment, denn meine Angst vor, Sie wissen schon was, war mir im Laufe der Jahre gänzlich entfallen. Jetzt wurde mir auf einem Schlag klar, wie nah sich mein neuer Arbeitsplatz am Todesbecken befand. Dieses wabbelnde, bodenlose Nass! Irrsinnig, da rein zu geraten.
„Und ein Fisch was macht?“
„Wie jetzt, is' doch klar! Schwimmen?“
„Nein, er glub-glub macht, mit seinem Fischmaul. So: Gluub! Gluub!“
„Glub.“
„Nein, du Esel, mit dem Mund so mache: Gluub! Das doch nicht schwierig ist!“
„Nein, Meister.“
Die ersten zwei Wochen musste ich mir ordentlich Beruhigungsmittel einwerfen. Dazu las ich die Zeitung durch, immer und immer wieder. Also wenn Sie mal 'n Bademeister Zeitung lesen sehen …
„Und was ein Fisch noch macht?“
„Sag es mir lieber gleich!“
„Sein Futter er frisst, sein Fischfutter! Beutel dabei ich habe.“
„Du bist der Meister, Meister!“
Es lief ganz gut nach 'ner Weile. Ich konnte sogar durchs Pissbecken waten. Allerdings nur, nachdem ich mich in Trance gesungen hatte, wie bei einem Lauf über glühende Kohlen.
Souverän habe ich die Gören zusammen gestaucht, wenn sie am Beckenrand Fangen gespielt haben. Ich meine, is' ja klar, das man macht man ja auch nich' an einem Vulkankrater.
„Schmeckt aber salzig! Muss ich das alles aufessen?“
„Gut schmeckt! Hungriger Fisch du bist!“
Abends, nachdem ich das Wasser abgepumpt hatte, bin ich oft nachdenklich über die blau getünchten Fliesen des großen Beckens spaziert. Wie lange sollte das noch so gut gehen? Was, wenn ein kleines Kind Mal hinein plumpsen würde? Was, wenn ich? War ich nich' ein Betrüger, ein nicht schwimmendes Stück, na, Sie wissen schon was?
„Wie du dich jetzt fühlst, wie Fisch, richtig?“
„Kann ich waf fu trinken haben?“
„Und was Fisch noch macht?“
„Bitte, Meifda!“
„Liebe er macht, mit anderem Fisch. Einen Fisch ich dir mitgebracht habe. Forelle!“
„Oh nein, Meifda!“
An einem Dienstagnachmittag war’ s dann soweit: mein erster Rettungseinsatz: Ein sechsjähriges Mädchen streckte die Arme nach oben und gluckerte: „Hilfe! Hilfe!“
„Selber schuld“, dachte ich mir. Wer mit dem Wasser spielt, braucht sich nich' wundern, wenn er ersäuft.
Aber nach 'ner gefühlten Minute bekam ich dann doch Mitleid. Vielleicht hätte mich damals auch jemand aus dem Wasser ziehen sollen, damals, als ich dort unten nach Luft rang und das Monster Schwerkraft mich in die Tiefe zog. Ich musste in ihrem Alter gewesen sein. Und wahrscheinlich war der Bademeister damals in der selben Situation gewesen, wie ich heute! Irgendwie verrückt, oder?
„Bernd? Bist du das?“
„Och, der Lotti! Das is ja' n Ding! Was macht dein neuer Job?“
„Ganz gut, Bernd. Ganz gut. Aber ich hab' da ein Problem.“
„Sprich dich nur aus, ich bin gaaanz Ohr!“
„Ich habe vergessen, dass ich wasserscheu bin!“
„Verstehe. Jetzt mach mal voll auf easy! Ich kenn' da so' n Typen, der hatte Höhenangst und zwar richtig. So voll die Panik, wenn er nur die Birne wechseln musste. Hat ihn total gestresst! Hab ihn mit Joachim zusammen gebracht. Spinnt ein bisschen, der Gute. Aber, er hat ihn glatt wieder hingekriegt.“
„Mensch Bernd, das hört sich ja dufte an! Kannste mir mal seine Nummer geben?“
„Für meinen Lotti doch immer!“
Der Vater des Mädchens, was am ersaufen war, hatte es übrigens in der Zwischenzeit heraus gezogen und ich habe mich an die Reanimation gemacht, denn so was konnte ich schon immer gut. Ich hab' halt ein belebendes Talent.
Und als es dann de Augen aufriss und das Wasser raus kotzte, war ich natürlich der große Held! Was hat die Mutter mich umarmt und abgeknutscht. Wir sind übrigens heut' noch in Kontakt.
„Jetzt richtiger Fisch du bist! Jetzt schwimmen du kannst.“
„Und was machen wir jetzt mit dem? Den kann doch keiner mehr essen.“
So oder so ähnlich läuft es bei 'nem Notfall immer ab. Ich muss nur kräftig in die Pfeife trällern und einen auf wichtig tun. Dann springt schon irgendeiner vom Beckenrand, der darf das dann auch, ausnahmsweise. Und ich hol dann in der Zwischenzeit schon mal die Wärmedecke.