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Sprachzertrümmerung

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28.10.2007
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Sprachzertrümmerung

Sehr geehrter Rektor Görgel,


ich möchte noch einmal unsere Diskussion zum Thema Sprachzertrümmerung aufgreifen. Sie baten mich, nachdem ich ein Rundschreiben mit dem Titel
‚Ein künftiger Lehrer- bzw. Lehrerinnenbetreuer bzw. eine künftige Lehrer- bzw. Lehrerinnenbetreuerin muss zuvor auch ein guter Schüler- bzw. Schülerinnenbetreuer bzw. eine gute Schüler- bzw. Schülerinnenbetreuerin gewesen sein’ an den Lehrer- bzw. Lehrerinnenverband schickte, die gerade als so erfrischend korrekt gelobte sprachliche Gleichstellung zumindest teilweise wieder aufzugeben, ,da der sicherlich interessante Inhalt damit unverständlich präsentiert wird’, wenn ich Sie zitieren darf.
Ausserdem beschlossen Sie, dieses Thema in der gesamten Schule anzusprechen und riefen das Schulpersonal zu sprachlicher Umkehr auf, die zwar Mut erfordere, aber im Interesse des Verständnisses nicht unumgänglich sei.
Nun ist es ja eine Sache, das Problem beim Sonntagsbrunch in der Zeitung zu überfliegen, und eine andere, es einer Gruppe von Frauen bzw. Männern zu unterbreiten, die an einer Schule arbeiten, deren Mehrheit an Lehrerinnen bzw. Lehrern weiblich ist.
Des Weiteren liessen Sie in einem eigens dafür angefertigten Merkblatt verlauten, die Schule toleriere solch ,Überspitzte Gleichberechtigungsanliegen’ nicht einmal mehr im Unterricht, wo bis jetzt jede Lehrerin bzw. jeder Lehrer die Elternbriefe für ihre Schülerinnen bzw. Schüler selber verfassen konnte.

Wenn Sie, wie im Brief zum Thema Sprachzertrümmerung erwähnt, tatsächlich an meiner Meinung interessiert sind, darf ich nochmals darauf hinweisen, dass 70% der an der Schule Beschäftigten weiblich sind und die Elternbriefe, Schulveranstaltungen usw. grösstenteils die Mütter oder sonstige weibliche Vormünder erreichen.
Darum schlage ich den wenigen betroffenen Männern hier, z.B. Ihnen, Rektorin Adrian Görgel, oder der geschätzten Kollegin Peter Wenger, im Sinne einer zukunftsorientierten Unternehmenspolitik die Einführung des geschlechtsneutralen Femininums vor. Hierbei sind alle Männer natürlich mitgemeint.
Ich warte gespannt auf Ihre Reaktion sowie auf diejenige der Musiklehrerinnen-, Krankenpflegerinnen-, Schulpflegerinnen- und Elternverbände.

Herzlichst,

Trudi Bund, die Präsidentin des Lehrerinnenverbandes

 

„ … die an einer Schule arbeiten, deren Mehrheit an Lehrerinnen bzw. Lehrern weiblich ist.“

Hallo Bajonett und alle Bajonetinnen –

äh – oder Bajonetteusen,

da ist Dir mit dem Brief an Deinen Rektor eine kleine Parodie auf pc (political correctness) und übertrieb'nen Feminismus gelungen. Der Höhepunkt sicherlich der Satz „Darum schlage ich den wenigen betroffenen Männern hier, z.B. Ihnen, Rektorin Adrian Görgel, oder der geschätzten Kollegin Peter Wenger, im Sinne einer zukunftsorientierten Unternehmenspolitik die Einführung des geschlechtsneutralen Femininums vor.“

Klasse!

Selbst mir ist ein – peinlich! – Lachen entronnen, obwohl ich mir vorgenommen hab, ob der realen Verhältnisse nicht mehr zu lachen. Selbst die schlimmste und radikalste Satire wird alsbald überholt von der Realität. Karl Valentin und Carla Falentina, quatsch, Liesl Karstadt hätten ihre helle Freude an Deinem kleinen Text.

Jetzt hol ich Dich erst Mal wieder runter: ’n bisschen Flüchtigkeit gilt’s zu beseitigen.

Nach der Anrede „Sehr geehrter Rektor Görgel“ wird das erste Wort, soferns kein Substantiv ist, klein geschrieben, aslo, perdonen ustedes!, also wird fortgefahren „ich möchte …“

Tippfehler (unterstell ich): „ … teilweise wieder aufzugeben, ,da der sicherlich …“: Kommas stottern nicht.

Ausserdem / liessen / grösstenteils > ss = ß,

was schon geradezu natürlich ausgenommen werden muss, wenn Du mit einer schweizer Tastatur arbeitest (empfehlen wir).

Lieber Mensch und liebe Menschin …

wir® sind gar nicht mehr so weit weg davon!

Ob i(s)che’ne Bajonett bütze würd, i(s)ch weißet nit!

friedel

 

hallo friedrichard,

vielen Dank für Deine Kritik (Du siehst, ich habe das erste Wort gleich mal klein geschrieben ;)) Es freut mich natürlich, dass Dir meine Satire gefallen hat.

Jetzt hol ich Dich erst Mal wieder runter: ’n bisschen Flüchtigkeit gilt’s zu beseitigen.

Macht nichts, ohne Fehler wäre ja fast wieder langweilig.

Das Deiner Meinung nach verrutschte Komma vor dem 'da' sollte das Zitat beginnen, oder benutzt man dazu das hochgestellte?
Was das hier angeht:

Ausserdem / liessen / grösstenteils > ss = ß

ich schreibe tatsächlich mit einer schweizer Tastatur und habe keine Ahnung davon, wir wurden glücklicherweise verschont...

Lieber Mensch und liebe Menschin …

wir® sind gar nicht mehr so weit weg davon!


Na hoffen wir das Beste und auf eine baldige Einführung des geschlechtsneutralen Femininums!

Toll, dass ich Dir ein Lachen entlocken konnte ;) die Fehler werde ich gleich schnell verbessern.
Hoffentlich bis bald

Bajonett

 

Tach Bajonett,

den Titel finde ich ziemlich genial.
Umso erstaunter war ich ob der Vitalisierung desselben in Deinem Text.
Ehrlich gesagt, kriege ich den Bogen zwischen (überspitzt abgezeichnetem) Radikalfeminismus und "Sprachzertrümmerung" nicht hin, wie hängen die zusammen ?
Das geschlechtsneutrale Femininum finde ich als Idee fein, den Rest der Geschichte jedoch zu zahm.
Da wäre mehr drin und sollte es für mich und dieses relativ ausgekaute Thema der politischen Korrektheit ggb. jeweils 50% der Menschheit auch sein.
Du könntest mit diesem Brief spielen und ihn, seine Auswirkungen, seine Vorgeschichte aus- und in den Text einbauen; mir schwebt dabei immer wieder ein Ende vor, in dem der Rektor Görgel das Verhältnis 70:30 zu seinen maskulinen Gunsten drehen will, doch das ist nur eine Idee eines kurz lesenden Begleiters dieser Begebenheit :)

die als gerade so erfrischend korrekt gelobte sprachliche Gleichstellung zumindest teilweise wieder aufzugeben,
gerade als
das Problem dieser Verständigungsbarrieren beim Sonntagsbrunch in der Zeitung zu überfliegen,
würde ich umstellen, entweder den Brunch nach vorne oder die Zeitung vor. Also entweder "beim Sonntagsbrunch in der Zeitung" oder "Verständigungsbarrieren in der Zeitung".
So liest es sich, als ob der Brunch in der Zeitung abläuft

Grüße
C. Seltsem

 

Hallo C.,

ich denke schon, dass B. selbst zu Deinem Kommentar Stellung beziehen wird. Aber ich hab dann doch ein sprachliches Problem: „Den Titel finde[st Du] ziemlich genial.“

Das Attribut „ziemlich“ besagt doch, dass die „geniale“ Eigenschaft eben nicht, sondern nur „fast“, zumindest aber nur „angenähert“ erreicht wird. Warum schreibst Du nicht einfach, dass der Titel gut sei oder neugierig mache o. a.? Wir sind doch hier keine Schule der Diplomatie, wo doch gerad’ ein Thread über Kritiken regen Zulauf hat …

Gruß & nix für ungut

friedel

 

Hallo C.Seltsem,

danke für Deine Kritik. Der Titel "Sprachzertrümmerung" bezieht sich auf die Sätze, die durch unzählige "bzw." und/oder Binde- bzw. Schrägstriche unnötig kompliziert werden ;)
Schön, dass Dir die urspüngliche Idee gefallen hat. Ich habe mir schon gedacht, dass einige User diese Satire als zu zahm empfinden. Das nehme ich auch gerne in Kauf, denn das ist meine erste Satire und da wollte ich nicht gleich zu dick auftragen. Darum werde ich daran wohl auch nichts ändern. Sollte ich noch einmal eine Satire schreiben (und das hoffe ich doch) wird diese sicher bissiger.
Dass ich nichts an der Geschichte ändere, heisst aber nicht, dass Deine zusätzlichen Ideen uninteressant sind. Deine Verbesserungsvorschläge zu den zitierten Sätzen nehme ich gerne an.
Ich hoffe, Dich mit meiner nächsten Satire mehr begeistern zu können.

Gruss

Bajonett

 

Hey Bajonett,

z.B. Ihnen, Rektorin Adrian Görgel, oder der geschätzten Kollegin Peter Wenger
Jau, das ist ganz cool.

Lass mich raten, du sitzt in der Schulkonferenz? ;)
Also, rennst da schon offene Türen ein, das ist auch eine Spezies Frau, die sich vor allem in diesem Klima heimisch fühlt (auch an Universitäten).
Ehm: Sprachlich eins: Es ist leicht, kompliziert zu schreiben, es wäre anspruchsvoller so zu schreiben, dass es kompliziert aussieht, aber dennoch leicht verständlich ist, ohne dreimal lesen zu müssen.
Ansonsten ist das ein netter kleiner Text, der ein bekanntes Phänomen aufgreift, man könnte das noch ein wenig zuspitzen und pointieren, finde ich. Aber die halbwegs „Realistische“ Form gibt dann so diesen interessanten Real-Satire-Effekt. Ist schon okay, hat mich unterhalten.

Gruß
Quinn

 

Hallo Quinn,

Ich sitze höchstens mal im Unterricht ;)
Ich verstehe, was Du meinst, und denke, das wäre durchaus mal interessant. Etwas zu schreiben, das möglichst kompliziert aussehen soll, aber eigentlich simpel ist, würde nicht mal schlecht zu einer Satire passen, besonders, wenn man es mit dem Charakter des schreibenden Prots in Verbindung bringt. Ich werd' mir da ein paar Gedanken machen, danke für die Idee.
Ich wollte eigentlich bezwecken, dass die Satire realistisch rüberkommt, denn das Problem gibt es ja in dieser Form. Eine andere Frage ist natürlich, ob es auf den Leser so wirkt oder eher zahm, so wie auf c. seltsem.
Na dann, danke für Deine Kritik und die gute Idee.

Gruss
Bajonett

 

Inhaltlich durchaus passabel - allerdings unsauber gearbeitet (wenn dies ungewollt), aber ledigliche wenn man wie durchaus, aber vor allem letztes Jahr, da ich im Ausland - in China, aber das war bloß bis März!

 

Hallo!
hab mich durch deinen Text gewühlt, teilweise mit mehrmaligem Lesen der Pasagen, aber ich find ihn trotzdem gut.
Natürlich vor allem die weibliche Anrede der Männer am Schluss fg
Werds mal im Reallife ausprobieren, mal sehen was unsere spärlichen Männer davon halten fg
Liebe Grüße
Kröte

 

@ Bajonett

Ich bin von dem Brief nicht so angetan. Von stilistischer Seite, besitzen die langen Sätze zwar eine atemberaubende Gewandtheit, aber sind schwer zu fassen. Man bekommt kaum Verschnaufpausen. Es werden immer zu neue Bezüge hergestellt, bis man nicht mehr weiß worum es geht.
Von thematischer Seite, kann ich ein Liedchen von Versuchen singen Feminismus etc. zu witzigen Stories zu verpacken. Leider bin ich nie zu einem Resultat gekommen, mit dem ich zufrieden war. Ich glaube das Thema erweckt den Anschein für Satire geeignet zu sein, aber tatsächlich birgt es wenig Halt. Der Grund dafür könnte sein, dass 'Geschlechterkämpfe' in ein kaum abgrenzbares gesellschafts-theoretisches Konstrukt eingebettet sind. Es gibt nicht den Aspekt des alltäglichen Lebens in dem sie jeder kennt. Fragen bzgl. des Geschlechts können in jeder nur erdenklichen Situation eine Rolle spielen oder eben gar nicht. Würde das Thema nur in der Schule eine Rolle spielen, wäre es ein Leichtes es auf die Hörner zu nehmen. So ist das aber schwierig und die Meinungen zu dem Thema sind auch zu vielschichtig, als dass man einen Roten Faden finden kann, der einen eigenen politischen Anspruch umgeht.

Viele Grüße,

Hilmar

 

Hallo tintenfüller,

allerdings unsauber gearbeitet (wenn dies ungewollt), aber ledigliche wenn man wie durchaus, aber vor allem letztes Jahr, da ich im Ausland - in China, aber das war bloß bis März!
Entschuldige, aber was soll das heissen?


Hallo Kröte72,

Danke fürs Durchwühlen ;) da gehört wohl schon etwas Durchhaltevermögen dazu.


Hallo Hilmar,

Ich denke, du hast vollkommen Recht mit deinem Einwand, dass sich Geschlechterkämpfe nicht auf das von mir angesprochene Gebiet beschränken. Das erschwert es sicher auch, über dieses Thema eine gelungene Satire zu schreiben. Ob meine dazugehört, sei mal dahingestellt ;) jedenfalls noch vielen Dank für das hier:

Von stilistischer Seite, besitzen die langen Sätze zwar eine atemberaubende Gewandtheit
Wirklich allerfreundlichst.
Insgesamt eine tolle, konstruktive und überlegte Kritik, solche mag man immer gerne. Vielleicht liest man sich mal wieder.

Gruss zurück,

Bajonett

 

Habe die Geschichte grade erst entdeckt und muß sofort an die "Feminispräch" der Misfits denken. Dabei wird jedes "er"in einem Wort zu einem "sie", jeder Vokal zu einem Umlaut, jedes "mann" zu "frau"
Also: Füllfederhalter= Füllfedsiehältsie
Erzähler= Siezählsie
Oberhausen= Öbsiehäusie
und so weiter. War lange Zeit ein beliebtes Spiel bei uns auf langen Autobahnfahrten!
Ach ja, eigentlich wollte ich Dir im Namen aller Frauinnen sagen, dass mir Dein Geschichten-Brief gut gefällt.
Hsiezliche Grüße,
Jüttä

 

Hallo Jutta (oder Jüttä),

Ach du meine Güte. Die Geschichte ist jetzt schon unglaublich verschachtelt, aber dann könnte man sie wohl überhaupt nicht mehr lernen. Diese "Feminigespräche" dürften ausreichen, um jeden noch so hartnäckigen Kritiker das Weite suchen zu lassen ;)
Vielen Dank für dein Kompliment.
Liebe Grüsse,
Bajonett

 

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