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16.12.2009
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Es ist inzwischen dunkel und kalt geworden. Eigentlich möchte sie jetzt keine rauchen, sondern lieber die Zeit anhalten. Sie möchte sagen 'Geh nicht!' In ihrem Golfbag kramt sie die Schachtel rote Gauloises heraus und sucht nach einem Feuer. Die Zigarette im Mund versucht sie das Feuer zu bedienen. Er blickt sie an, nimmt ihr das Feuerzeug aus der Hand und nähert sich mit der Flamme der Zigarettenspitze. Sie bedankt sich und blickt ihm in die Augen.

"Es war eine sehr schöne Runde." Ebenso wie sie weiß er nicht, wie er sich verhalten soll. 'Warum sonst fängt er jetzt mit derartigen Banalitäten an?' Sie betrachtet ihn, versucht zu ergründen, warum er dabei ist, den Moment zu zerstören. 'Warum kann er nicht einfach sagen: 'Du bist einer der faszinierendsten Frauen, die mir jemals begegnet sind, ich möchte Dir ein Stück von meinem Leben geben.' "Ja, es war eine sehr schöne Runde", ringt sie sich zu einer Antwort durch. "Ich freue mich schon auf das Schlosskonzert am Mittwoch." - "Ich auch, und wie! Dankeschön noch einmal für die Einladung, das wird ein wundervoller Abend." Sie lächelt. Vor Verlegenheit? Hat sie zu viel von sich preisgegeben? Es waren interessante Gespräche auf der Runde und die Tatsache, dass sie sich zwei Mal wegen des Regens in eine Schutzhütte flüchten mussten, hat sie ein jedes Mal ein wenig näher zusammengebracht. Sie zu zweit. Allein. Ohne Beobachter. Enger Raum, sie hatte seinen Atem belauscht. Sie hätte ihn am liebsten berührt. Er auch. Das hatte sie gespürt.

Sie sprechen weiter. Über Nebensächlichkeiten - das macht man scheinbar so, wenn man nicht weiß, was zu sagen ist. Dann ist der Moment da, den sie gefürchtet hat. Die Zigarette ist geraucht, sie drückt sie enttäuscht im Aschenbecher aus. Sie blickt ihm in die Augen und versucht souverän zu wirken: "So, Du hast ja nicht weit heim." - "Nein, wo steht Dein Auto?" - "Dort hinten." - "Also dann..." Er nimmt ihr Gesicht in die Hand, sie ist verstört. Behutsam gibt er ihr auf beide Wangen einen Kuss. 'Jetzt oder nie', denkt sie und berührt mit ihren Fingern seinen Nacken. Ihr Gesicht ist an seine Wange gedrückt. Sie atmet tief ein, wandert mit ihrer Nase seinen Hals entlang, hinauf zu seinem Kinn. Auf ihrer Stirn nimmt sie wahr, dass er die Lippen spitzt. 'Nein, ich möchte Dich nicht küssen'. Nun ist sie mit ihrer Nasenspitze an seiner linken Wange angelangt, saugt seinen Duft noch einmal tief ein und beendet ihren Exkurs damit, dass sie ihm an eben dieser Stelle einen kaum merklichen Kuss hinhaucht. 'Jetzt schnell weg.' Sie sammelt sich, greift nach ihrem Golftrolley und sagt ohne ihn noch einmal anzusehen: "Machs gut, wir telefonieren morgen." Sichtlich irritiert bleibt er zurück. "Schlaf gut, bis morgen."

Nachdem die Sachen im Auto verstaut sind, atmet sie noch einmal tief ein. 'Diesen Geruch, seinen Duft, den hebe ich mir auf für daheim.' Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht. Ihr kommt ein Satz von Wittgenstein in den Sinn: "Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen."

 

>Sie zu zweit. Allein<,

scheinen mir die zentralen Sätze dieser kleinen Studie über das, was man "eigentlich" sagen möchte und dann "uneigentlich" ausspricht, dass sich sogar der alte Wittgenstein relativiert, denn das, was man nicht sagen kann, kann man erst recht nicht wissen/denken. Aus der Hirnforschung sind ja die Beziehungen zwischen Hirn und Zunge - fast schon reif zur Personifizierung im "richtigen" Leben, dann aber als Komödie - mit all ihren zeitlichen Verzögerungen bekannt, dass man oft genug denkt: Was hab ich jetzt gesagt? Und warum hab ich's gesagt? Zudem ist oft die Zunge schneller als das Hirn etc. So ergeben sich vertane Chancen oder tun sich auch Chancen auf: wer weiß, was draus geworden wäre.

Ich selbst weiß, wie jeder andere sicherlich auch, nachher - wenn alles vorbei ist - es auch besser, was man hätte tun können ...

Ach, hab ich was vergessen? Nee:

Hallo, Teetante, & herzlich willkommen hier vor Ort!

Aber dieses Kammerspiel auf dem Golfplatz zeigt schon an, dass man trotz aller andern allein dasteht/da steht, da gibt's m. E. nix zu mäkeln mit Ausnahme vielleicht der halbierten Gänsefüßchen innerhalb der Gedankenwelt: >'Warum kann er nicht einfach sagen: 'Du bist einer der faszinierendsten Frauen, die mir jemals begegnet sind, ich möchte Dir ein Stück von meinem Leben geben.'<

Gruß und schöne Tage diese Tage wünscht

Friedel

 

Hallo Teetante

und herzlich Willkommen hier auf kg.de!

Letztendlich haben beide keine Courage, in diesem Moment von der knisternden Hoffnung in die spannende Zeit einer neuen Beziehung zu wechseln. Mehr sagt uns diese Geschichte nicht. Den Abschlusssatz fand ich in dem Zusammenhang für die Handlung eher destruktiv: Denn es war ja wohl nicht bewußt gewollt, die Klappe nicht aufzubekommen, geschweige denn Gesten zu sparsam sprechen zu lassen.

Sagen will ich damit, dass du in der Kürze der Geschichte keine Handlungskurve ansetzt, in der ich als Leser das denken anfange. Mit diesem Ende weiß ich ja, dass irgendwann alles gut wird, nur eben noch nicht heute. Das macht die Geschichte beliebiger, als wenn man einen fragwürdigeres Ende gefunden hätte.

Viele Grüße
bernadette

 

Hallo Teetante

... das macht man scheinbar so, wenn man nicht weiß, was zu sagen ist. ... dieses m a n will ich nicht wissen ... man liest die Zeitung morgens, man führt die Gabel zum Mund ... und genau dieses man-Denken scheint die beiden zu beherschen; das hast Du zwar wacker in Worte gefasst, aber es plätschert so dahin und von der Anspannung, ob oder ob nicht, ist leider wenig zu spüren ... zudem ist die typische Feuer-geben-Zigarette-anzünden-Einleitung arg ausgelutscht - hier vielleicht ein bisschen mehr Phantasie wagen, damit nach dem Lesen nicht der Mundwinkel nach unten hängt. ;-)
Liebe Grüße
Detlev

 

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