Was ist neu

Spieltrieb

Mitglied
Beitritt
09.10.2013
Beiträge
12
Zuletzt bearbeitet:

Spieltrieb

Zum ersten Mal bemerkte ich etwas Seltsames auf dem Spielplatz in der Unnastraße, als sich der warme Sommer in den September schleppte und man sich fragte, ob die Blätter nun wegen des nahenden Herbstes oder doch wegen der ewigen Hitze welkten. Ich war gerade – es war ungefähr acht Uhr abends, denn ich schlafe gerne lang – auf dem Heimweg von der Bibliothek und schlenderte zufrieden mit einer Tasche voller Bücher an besagtem Spielplatz vorbei. Er ist nicht besonders groß; es gibt nur eine rote Rutsche, die in einem Sandkasten endet, zwei Schaukeln an einem Gerüst, und ein kleines Holzhäuschen, in das man durch zwei seitliche Fenster oder die Türöffnung schauen kann. Autos fahren kaum vorbei, da es eine Spielstraße ist, daher hat man hier für gewöhnlich seine Ruhe.
Der Spielplatz wird nicht direkt beleuchtet, da man ohnehin nur bis sieben dort bleiben soll, aber die zwei Laternen am Gehweg warfen gewöhnlich noch genügend Licht auf den Platz, zumal es noch nicht vollkommen dunkel war. Umso überraschender war das rötliche Licht, das aus dem Holzhäuschen kam. Ab und an saßen Jugendliche in oder auf der Hütte und betranken sich oder knutschten mit der zweiwöchigen Liebe ihres Lebens, aber Licht hatten sie selten dabei. Ich hielt kurz an.
Auf einer der Schaukeln saß, wie ich aus dem Augenwinkel sah, ein schwarzhaariges Kind, das gemächlich vor- und zurückschwang. Das passiert, wenn die Kinder zuhause nicht ausreichend fernsehen dürfen, dann bleiben sie eben länger draußen.
Während ich versuchte, vom Gehweg aus durch das Fenster des Häuschens zu sehen, hörte ich leise eine Kinderstimme, die wohl daraus erklang. Sie redete in einem monotonen Gebrabbel, das ich nicht richtig verstehen konnte. Dazu das leise Rascheln der Blätter und das Quietschen der Schaukel. Das plötzlich aufhörte. Ich blickte überrascht hinüber und sah, wie mich der schwarzhaarige Junge anblickte. Er war von der Schaukel aufgestanden und glotzte zu mir. Ich bin sicherlich nicht furchtlos, aber normale Zehnjährige können mich lange anschauen, bis mir so flau im Magen wird. Instinktiv ging ich einen Schritt zurück, was ihn dazu veranlasste einen Schritt nach vorne zu machen.
„In Ihrem Alter müssen sie doch noch nicht sentimental vor Spielplätzen stehen, junger Mann“, sagte eine Stimme neben mir und ich fuhr zusammen. Ich schluckte den Schrei herunter, den ich beinahe ausgestoßen hätte, und drehte mich um. Da stand eine ältere Frau mit weißen Haaren und einem schwarzen Kopftuch. Die dunkle Bluse war mit roten Tupfern verziert, und an einem Arm trug sie einen Korb.
„Ich… äh…“, stammelte ich, immer noch perplex.
„Es muss Ihnen nicht peinlich sein, das Leben wird nun mal nicht einfacher, nicht wahr.“
Ich atmete langsam aus und beruhigte mich wieder. Dann sagte ich: „Da haben Sie wohl recht. Wenn Sie noch so spät einkaufen gehen müssen…“
Die alte Frau legte mir eine runzlige Hand auf den Arm mit der Büchertasche und lächelte. „Wenn Sie so viel Zeit haben wie ich, spielen Tageszeiten keine so große Rolle mehr. Meine Besorgungen erledige ich ohnehin gerne, irgendwas muss man ja tun.“
Ich nickte und versuchte, ein freundliches Gesicht zu behalten. Irgendwie beruhigte mich ihre Berührung überhaupt nicht. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, als ich antwortete: „Naja, wenigstens das. Äh… ich sollte dann auch nach Hause, ich muss noch eine Hausarbeit bis Sonntag schreiben. Tut mir leid, einen schönen Abend Ihnen noch.“
Sie lächelte mich mit weißen Zähnen an und sagte verständnisvoll: „Natürlich, junger Mann, ich sollte mich auch auf den Weg machen und will Sie nicht aufhalten… man sieht sich bestimmt noch einmal irgendwann.“
Statt „Hoffentlich nicht.“ sagte ich ergeben „Bestimmt, gutes Einkaufen noch, bis dann!“ und lief los, so schnell es ging und immer noch anständig aussah. An der nächsten Ecke bog ich um und wartete kurz, dann blickte ich zurück. Keine Spur von der Frau. Mir fiel ein, dass ich den Jungen und das Leuchten ganz verdrängt hatte, und ich lief noch einmal vorsichtig zurück und spähte hinter einem Busch versteckt auf den Spielplatz. War ich vorher mit einem flauen Gefühl gegangen, fühlte sich mein Magen jetzt wie ein Vakuum an und meine Beine wie verkochte Nudeln. Nichts! Weder war der Junge noch da, noch leuchtete es aus der Hütte. Und der Spielplatz hatte nur den Ausgang, vor dem ich mit der Frau gestanden hatte. Entweder waren sie in der kurzen Zeit, in der ich weggelaufen war, ebenfalls gegangen und hatten das Leuchten mitgenommen, oder sie waren über den Zaun geklettert.
Ich beruhigte mich mit dem Gedanken, dass beides ja sehr wohl möglich war und zuhause ein kühles Bier auf mich wartete. Das flaue Gefühl im Magen konnte ich jedoch nicht gänzlich vertreiben.
Den Rest des Monats beschäftigte ich mich damit, das Ereignis zu verdrängen. Entweder mied ich die Unnastraße oder ich lief ohne mich umzublicken vorbei, obwohl ich manches Mal das Quietschen hörte.
So folgte auf den warmen September ein nebliger Oktober, der nach und nach die Blätter mit sich nahm und die Sicht oft auf wenige Meter beschränkte. Nach einem gemütlichen Ausklingen des Unitages bei einem Bier lief ich wieder einmal um kurz nach acht nach Hause und kam an jenem Spielplatz vorbei. Der Nebel war heute nicht besonders stark, aber zusammen mit der inzwischen herrschenden Dunkelheit schuf er ein durchaus beklemmendes Gesamtbild.
Die letzten Blätter raschelten im Wind, und in der Ferne hörte ich kurz einen Hund bellen, während sich meine Füße mit konstantem tapptapptapp über den Asphalt bewegten. Dann setzte sich ein Geräusch über alle anderen: das Quietschen einer schlecht geölten Schaukel, auf der um diese Zeit niemand mehr sitzen sollte. Warum ich ausgerechnet an einem solchen Abend wieder den Mut fasste, kann ich mir bis heute nicht erklären, aber ich blickte über die blattlosen Sträucher auf den dunklen Spielplatz und konnte vage Bewegungen ausmachen… und ein rötliches Glühen, das aus der Hütte quoll und sich mit dem Nebel wie Blut mit Milch vermischte.
Mein Verstand drängte mich dazu, die Beine in die Hand zu nehmen, um sobald wie möglich eine Türe hinter mir zuschlagen zu können. Doch meine Neugier blendete die schrillenden Alarmsirenen aus und ließ mich langsam auf den sandigen Boden des Spielplatzes zugehen. Sofort kam ein ungutes Gefühl über mich. Scheinbar meinte nicht nur mein Verstand, dass ich hier nicht sein sollte.
Ich hörte, wie das Quietschen aufhörte und die Kette der Schaukel rasselte. Dumpfe Schritte im Sand. Dann eine Stimme wie Eis auf Sandpapier: „Du solltest besser gehen…“
Ich stockte und versuchte, den Jungen in der Dunkelheit auszumachen. Dort hinten, das musste er doch…
„Sie sollten lieber zu einer früheren Zeit hierher kommen, dann ist das Schaukeln nicht so gefährlich“, sagte eine mir bekannte Stimme vom Gehweg aus.
Ich verzog kurz das Gesicht, dann drehte ich mich um und ging vom Spielplatz auf die alte Frau zu. Sie sah aus wie bei unserer letzten Begegnung, dieses Mal war ihr Korb jedoch abgedeckt und sie trug eine beige Bluse mit schwarzen Tupfern.
Sie lächelte mich an und schien mich ebenfalls sofort zu erkennen: „Oh, Sie sind es! Wissen Sie, im Dunkeln kann so viel passieren, ich bin mir sicher, dass die Kinder sie auch mittags nicht gleich vom Spielplatz jagen werden.“
„Die mittags vielleicht nicht“, sagte ich mehr zu mir selbst und verzog das Gesicht.
Sie blickte mich fragend an und sagte: „Welche denn sonst?“
„Naja, die beiden, die gerade hier sind, auf der Schaukel und in der Hütte.“
Die Frau blickte an mir vorbei auf den Spielplatz und hob eine Augenbraue. „Sind Sie sicher, dass jemand hier ist? Für mich sieht das alles sehr leer aus.“
„Aber sehen sie nicht das rötliche Leuchten aus der Hütte? Da muss doch…“, sagte ich und drehte mich um, damit ich darauf zeigen konnte. Mein Mund blieb offen und mein Zeigefinger sank langsam nach unten. Der Spielplatz lag in völliger Dunkelheit da, selbst die Schaukel glitzerte still durch das schwache Licht der Straßenlaterne.
„Ich… also, da war aber… ganz sicher war da…“, sagte ich in einer Mischung aus Verärgerung, panischer Angst und dem unguten Gefühl den Verstand zu verlieren.
„Beruhigen Sie sich, junger Mann. Geht es Ihnen nicht gut? Vielleicht wollen Sie mit mir nach Hause gehen und einen Tee trinken? Das beruhigt, und dann können Sie mir ja erzählen, was Sie gesehen haben.“
Es gab wenige Dinge, die ich weniger gern erlebt hätte. Mit gespielt betrübtem Gesicht sagte ich: „Oh, ich würde wirklich sehr gerne, aber ich muss leider... Aufgaben... und ein Referat...“
Sie trat noch einen Schritt näher an mich heran und blickte mir in die Augen. Es war wie ein Blick in ein dunkles Zimmer. Man weiß, dass es irgendwo Wände geben muss, aber sie sind einfach nicht zu sehen. „Ich glaube, dass es keine so schlechte Idee wäre, sich erst einmal auszuruhen. Es ist auch nicht weit. Kommen Sie doch!“
Ich musste mich anstrengen, um mich von ihrem Blick loszureißen. Entschlossen sagte ich: „Nein danke, ich sollte das wirklich erledigen. Schönen Abend Ihnen noch!“
Unter Aufbietung all meiner Willenskraft riss ich mich los und lief ohne auf eine Antwort zu warten davon.
Sie rief mir noch etwas nach, das die Wörter „Ihre Entscheidung“ und „bereuen“ enthielt. Dann war ich um die Ecke verschwunden und blieb stehen. Ich wartete ein paar Minuten, dann sah ich wieder um die Ecke. Die Frau war verschwunden. Aber da waren die Kinder! Der Junge und das Mädchen verließen den Spielplatz und gingen vermutlich heimwärts in das Höllenloch, das sie ausgespuckt hatte. Entschlossen, neugierig und töricht folgte ich ihnen.
Die Straßen waren wie verlassen, nur der Wind und gefallene Blätter bewegten sich zwischen den Häusern. Ich zog meine Jacke zu und schlich vorsichtig hinter Mauern, Autos und Häuserecken, ohne die beiden aus den Augen zu verlieren. Hatten sie mich wirklich nicht bemerkt? Sie liefen so oft um Ecken, links, links, rechts, links, rechts, rechts, dass ich bald schon nicht mehr wusste, wo ich eigentlich war. Die Häuser wurden älter, die Straßenlaternen spärlicher, und der Wind beißender.
Endlich liefen sie auf ein Haus am Kopfende der Straße zu. Es war beinahe eine Villa, mehrstöckig, schwarz, von einer hohen Hecke umrahmt. Etwa zwanzig Meter entfernt kauerte ich hinter einem klapprigen Auto versteckt. Wollte ich wirklich wissen, wer hier noch wohnte? Beinahe war ich dabei zu gehen, als das Tor aufging und eine Person, die nicht viel größer als die Kinder war, mit einer Lampe in der Hand erschien. Ich lehnte mich vorsichtig etwas weiter um das Auto, damit ich sie besser sehen konnte. Augenblicklich schreckte ich zurück. Das konnte doch... aber es ergab so schrecklich viel Sinn. Ich blickte noch einmal kurz um die Ecke und aus dunkler Vorahnung wurde schaurige Gewissheit: die alte Frau stand vor den Kindern, redete mit ihnen – und blickte mich an. Ich war so weit entfernt, aber ich wusste genau, dass die leeren, schwarzen Augen genau wussten, dass ich hier war.
Mein Puls raste, ich musste hier weg! Von drüben hörte ich Kinderlachen. Mit verschwitzten Händen zog ich mich am Auto hoch und blickte mich nach einem guten Fluchtweg um. Das Lachen der Alten stimmte in das Kinderlachen ein. Kam es näher? Panisch sah ich umher, aber es gab keinen „guten“ Weg. Es war eine verdammte Sackgasse! Vielleicht waren die drei ja nur seltsame Leute? Dennoch harmlos? Was wusste ich schon? Schritte kamen näher, das Lachen war verstummt. Mein Körper wusste genau, dass sie mitnichten harmlos waren. Ohne nachzudenken rannte ich einfach los, hinter den geparkten Autos entlang, an den Anfang der Straße. War sie vorher schon so lang gewesen? Verfolgten sie mich überhaupt? Ich rannte, solange ich konnte, und kam schließlich zumindest an der Kreuzung an. Wohin? Der frostige Wind trug ein krähendes Lachen von links. Ich rannte nach rechts. Schritte aus dieser Richtung. Also geradeaus. Ich lief planlos weiter, getrieben nur von Geräuschen, Echos. War ich so hergekommen? Ich blickte kurz zurück und sah niemanden hinter mir. Der folgende Aufprall trieb mir die Luft aus den Lungen. Keuchend sah ich den schwarzhaarigen Jungen vor mir.
„Wärst du doch mit Mutter gegangen...“, sagte die eisige Stimme.
Ich schrie und rannte zurück. Hörte mich hier denn niemand? Keine Lichter gingen an, aber die Schatten an den Häuserwänden wuchsen plötzlich. Rötliches Glimmen legte sich über die Straße, das Lachen wurde lauter. Meine Lungen brannten, aber ich lief weiter. Wieder eine Kreuzung! Und geradeaus stand das Mädchen!
„... dann wäre das jetzt viel einfacher für dich.“, kicherte es.
Ich entschied mich für die linke Abzweigung und spürte, wie mir die Luft auszugehen drohte. Überall dieses Lachen! Was war hier los? Keuchend mühte ich mich voran, als plötzlich die alte Frau wieder vor mir stand.
„Genug der Spielerei! Wachen Sie auf!“
Ein schwarzer Schleier legte sich über meine Sicht. Quälend langsam wurde es heller, dann konnte ich Schemen erkennen. Ich wollte mir mit der Hand über das Gesicht fahren, aber es ging nicht. Drei Gestalten zeichneten sich gegen das Licht einer Deckenlampe ab. Ich war auf einer Liege festgeschnürt!
Die alte Frau sagte mit zärtlicher Stimme: „Los, Lilith. Mach es so, wie wir es mit den Puppen geübt haben!“
Das Mädchen strahlte freudig, hob den Dolch über mein Herz und stach zu.

 

Hi Samael!

Vorweg: Teilweise sehr schöne Vergleiche und Umschreibungen, gefallen mir gut.
Wie diese hier:

"... und ein rötliches Glühen, das aus der Hütte quoll und sich mit dem Nebel wie Blut mit Milch vermischte."

Mir würde es noch besser gefallen, wenn da stehen würde:

" ... und ein rötliches Glühen, welches aus der Hütte quoll und sich mit dem Nebel wie Blut und Milch vermischte."

Einfach wegen dem "MIT dem Nebel wie Blut MIT Milch vermischte" ...
Jetzt ist da zwar das UND Problem, aber ist wohl Geschmackssache.

Das spricht für dich. Auch dein (soweit ich das beurteilen kann) recht sauberer Schreibstil. Zwar sind mir einige Fehler aufgefallen - da fehlt mir aber leider noch das nötige Handling mit dieser Benutzeroberfläche hier, um das gleich einzufügen, wenn ich das sehe. Aber nochmals durchgehen - keine Lust.
Und da bin auch schon bei dem einzig wirklich nennenswerten Kritikpunkt angelangt.

Nämlich: Du schreibst und beschreibst recht gut, von ein paar "Holperern" einmal abgesehen. Aber, und das ist wesentlich, gelingt es dir zumindest bei dieser Geschichte nicht so wirklich, Stimmung aufzubauen. Eventuell am Anfang schon, aber irgendwie fehlt in weiterer Folge einfach der Gänsehauteffekt. Auf micht wirkte es sogar so, dass ich mir etwa ab der Hälfte des Textes recht schwer getan habe, weiterzulesen. Lediglich dein flüssiger Schreibstil hat mich dazu bewogen, bis zum Ende durchzukommen. Und das ist mir entweder zu subtil, sodass ich es nicht geschnallt habe, oder einfach zu wenig ausgegoren.
Da müsste für meinen Geschmack noch der große Knall kommen, so wie deine Geschichte angelegt ist. Denn in der Geschichte selbst, versuchst du zwar Spannung und ein wenig Gruseln reinzubringen - das aber, gelingt dir bei dieser Geschichte jedenfalls (noch) nicht. Ist aber nur meine persönliche Meinung. Andere hier mögen das vielleicht anders einschätzen.

Fazit: Guter Schreibstil, wahrscheinlich sogar gute Idee - jedoch (für mich) unpassend umgesetzt.

PS: Bitte weitermachen. Ich will dir das Schreiben keineswegs vermiesen!

LG und bis bald

 

Hallo Samael,

bei dem Titel war ich zuerst skeptisch, ich dachte, jetzt kommt irgendwas, was mit dem Buch von Juli Zeh zu tun hat oder mit dem Film, der ja gerade aktuell ist. Aber ist ja nicht so, gut.

Ich finde die Story, naja, ok, du konzentrierst dich auf die Sicht des Prot und Beschreibungen. Ist halt so eine kleine gruselige Episode, um mich zu packen, war's mir aber zu wenig.
Ein paar Anmerkungen:

Dazu das leise Rascheln der Blätter und das Quietschen der Schaukel. Welches plötzlich aufhörte.
Ich krieg immer ein bisschen nen Hals, wenn ich so was sehe - das lernt man in der Grundschule, dass man das nehmen soll, weil "das ... das" nicht schön ist, aber in meinen Augen ist das hier schlimmer, weil es - außer in diesem Fall - ungebräulich ist und einen beim Lesen rauskickt.

Da stand eine ältere Frau mit weißen Haaren, über die ein schwarzes Kopftuch geschlungen war.
Finde ich etwas ungeschickt, halb liest sich das, als sei das Tuch über die Dame geschlungen. Warum nicht einfach "Da stand eine alte Frau mit einem schwarzen Kopftuch, unter dem weiße Haare hervorschauten" oder so?

„Sie sollten lieber zu einer helleren Zeit hierher kommen
Murks; Zeit kann nicht hell oder dunkel sein. Kann mir auch schwer vorstellen, dass jemand das so sagen würde.

und die meisten davon sind in der SAW-Reihe zu sehen.
Würde ich streichen, das bringt da so einen Hauch moderne Realität rein, der in meinen Augen keinen Mehrwert bringt.

vielleicht sind Mäuse über den Spielplatz gehuscht?“
Fand ich lächerlich.

Ich staunte nicht schlecht, als ich wieder bei dem Spielplatz stand. Und noch viel besser, als ich bemerkte, dass
viel mehr ("besser" passt hier nicht)

Ich konnte den rötlichen Qualm auch auf dieser Seite aus dem Häuschen treten sehen
Huch, bis eben war's nur Licht, jetzt ist es plötzlich Qualm

als hätte jemand absichtlich eine Sprache für böse Taten geschaffen.
Fand ich too much.

Dass er da dann so zusammenklappt - naja, war mir eigentlich auch too much. So krass ist das ja nun auch nicht, was da abgeht..

Und zuletzt: Dein Prot "läuft" die ganze Zeit - variier das doch mal, lass ihn z.B. auch mal gehen, der muss ja ganz aus der Puste sein. Vielleicht klappt er deswegen zusammen? ;)

Viele Grüße,
Maeuser

 

Hallo und vielen Dank euch beiden,

ich gebe euch auch sicher recht, dass es keine Übergrusel-Story ist. Ich war mir am Ende ehrlich gesagt nicht so ganz sicher, was passieren soll. Findet er den Friedhof der vergrabenen Puppen? Läuft er den beiden nur nach und sieht sie zu der Frau laufen, die ihn bemerkt und dann kurz seltsam aussieht?

Zu den meisten Einzelpunkten: da habt ihr sicher recht. Irgendwie war "hellere Zeit" in meinem Kopf und klang plausibel, aber vermutlich wäre es anders besser.
Das mit dem "besser" staunen sollte ein Witz im Zusammenhang mit "nicht schlecht" sein, aber stört im Fluss wohl zu sehr.

Das rötliche Licht wird eben bei näherer Betrachtung zu Rauch, der auch durch seine Beschaffenheit den Protagonisten in die Knie zwingt. Aber scheinbar kam das nicht so wirklich raus.

Zu "laufen": tut mir leid, da, wo ich herkomme, ist alles "laufen", was nicht "rennen" ist. ;)

Ich bin mir ehrlich gesagt gar nicht sicher, wo genau ich die Story verbessern könnte. Vielleicht war die Idee doch nicht so gut, wie ich mir zu Beginn dachte. Eventuell sollte ich bei Fantasy und Sci-Fi bleiben oder doch zumindest aus dieser Ecke stammenden Horror verwenden.

Gruß,
Samael

 

Ich war mir am Ende ehrlich gesagt nicht so ganz sicher, was passieren soll.
Ja, so ein bisschen merkt man das der Story an, und deswegen weichst du ja auch auf die Innensicht des Prot und Atmosphäre aus. Das Problem ist, dass das ziemlich schwierig gut zu machen ist. Poe oder Lovecraft konnten das z.B. sehr gut, dass einem beim Lesen die Haare zu Berge stehen, obwohl eigentlich kaum was passiert.. Deine Story fühlt sich da für mich etwas halbgar an - ein bisschen so, ein bisschen so - überzeugen tut dann aber keine der Komponenten richtig, ich würde da stattdessen auf eine richtig setzen. Und entweder, du hast ne gute Plotidee, dann setz den Fokus da drauf, oder es geht mehr um die Innensicht - dann vertief dich da richtig rein. Und wenn du das beides getrennt beherrschst, kannst du anfangen, das zu kombinieren. :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Samael,

persönlich empfinde ich Intros meist als überflüssig. Gerade bei Spannungsliteratur bremsen sie aus. Die Geschichte beginnt für mich mit „zum ersten Mal bemerkte ich etwas Seltsames auf dem Spielplatz“ - da bist du sofort drin.

Ein paar Ungenauigkeiten sind mir aufgefallen. Zum Beispiel:

die Kette der Schaukel rasselte

Die Kette einer Schaukel ist stramm gezogen, vor allem, wenn jemand drauf sitzt. Die rasselt nicht.

Der schon angesprochene „Saw“-Moment ist eine Kleinigkeit, hat mich aber auch rausgehauen. Das passiert, weil das so ein Zaunpfahl ist: Horrorfilm, Horrorgeschichte, ja, hier schreibt jemand, der das Genre mag. Idealerweise soll der Leser schließlich vergessen, dass da jemand gesessen und geschrieben hat, zumindest für die Dauer der Geschichte.

Interessanter war da schon das rötliche Licht, das aus dem Holzhäuschen kam.

Da habe ich gedacht: Eben. Warum erzählt er das also nicht gleich? Ähnlich wie bei der Einleitung.

Größtes erzählerisches Problem ist für mich das Ende. Das ist ein Downer. Im Prinzip sagt der Ich-Erzähler: Es gibt eine unheimliche Ecke in unserer Stadt, da gehe ich nicht mehr hin, seit ich weiß, dass es da so unheimlich ist. Da würde ich zu mehr Blut, Schweiß und Tränen raten. Horrorstorys sollten – jedenfalls in den meisten Fällen – ihre Leser mit einem miesen Gefühl entlassen. Dieses „Zum Glück ist alles gut ausgegangen“, das gehört nicht ins Genre. Da lieferst du nicht, was das Etikett auf deiner Verpackung verspricht. Resultat sind enttäuschte Kunden.

Oder, im Kontext von KG.de, Leute, die sagen „ist okay geschrieben, aber vom Hocker gehauen hat es mich jetzt nicht“. Mag unfair klingen, das allein an ein verkorkstes Finale zu binden, aber ich glaube ziemlich fest an den Umkehrschluss: Mit einem Schockerende kannst du bei so gut wie jeder (Horror-)Geschichte andere Unzulänglichkeiten vergessen machen. Wenn du also nochmal an die Geschichte ran willst, würde ich da ansetzen: Ein anderes Ende muss her. Eines, das knallt.


Grüße
JC

 

Hallo,

ich hab deine Geschichte auch gelesen und ich fand sie angenehm erzählt und durchaus schön geschrieben. Das Intro stört mich nicht, ansonsten kann ich Proofs Kommentar vollständig unterschreiben.
Grad, was er über das Finale sagt, solltest du dir zu Herzen nehmen. Das gilt auch nicht nur für Horrorgeschichten. Ein starker Konflikt in jeder Art von Geschichte erlaubt keinerlei Rückzugsmöglichkeiten. Er muss ausgetragen werden. Es muss gewährleistet sein, dass niemand aus einem Konflikt einfach so aussteigen kann, oder dass der Konflikt verpufft. Das gehört zum Aufbau einer Geschichte dazu. Wenn du dir irgendeine Art von Fiktion anschaust: Irgendeine 50 Minuten Action-Serie, einen dicken Roman oder was weiß ich. Es wird immer etabliert sein, dass der Held das tun muss und nicht die Möglichkeit hat, einfach wegzugehen. Oft versuchen sogar Leute dann, dem Konflikt (also dem Monster, dem Kampf, dem Problem aus dem Weg zu gehen) und scheitern damit, nur um zu zeigen, dass es keinen Ausweg gibt. Darin unterscheidet sich die Fiktion natürlich vom echten Leben. (Das ist tatsächlich ein spannendes Thema: Wie konstruiert man Konflikt? Wie verschärft man ihn? Wie erhöht man den Einsatz?).

Ansonsten: Gut geschrieben. Ich würd mich freuen, wenn du der Seite erhalten bliebst und weiter dranbleibst. Ich find da sind gute Ansätze zu erkennen.

Gruß
Quinn

 

Hallo,

vielen Dank auch für eure Kritik, ich hatte leider einiges zu tun in letzter Zeit und wenig Zeit für Geschichten, aber jetzt habe ich mir eure Aussagen zu Herzen genommen und die Geschichte umgeschrieben. Ich hoffe, dass diese Veränderung in eurem Sinn ist und würde mich über Meinungen freuen.

Danke schon mal und Gruß,
Samael

 

Hallo Samael

Gut gemacht. Der junge Mann wird von zwei Kindern gefangen und dann von einem Mädchen erstochen. Nein, nicht Humor oder Satire, Horror ist das, oder? ;) Von der Kriminal-Geschichte unterscheidet sie sich durch die Kostümierung der alten Frau. Die Alte trägt nämlich einen Korb am Arm und kleidet sich mit auffällig gepunkteten Blusen und charakteristischen Kopftüchern. Nein, dass sie wie eine Hexe eine Nase mit einer Warze hat, wird nicht gesagt. Es wird auch nicht gesagt, dass sie mit ihrem Korb Pilze sammeln geht, nein! Aber man könnte es meinen, ja. Wirklich erstaunlich ist hingegen folgendes: Nachdem er von der Göre abgemurkst wurde, gelang es ihm noch irgendwie aufzuschreiben, was alles geschehen war. Aber wie? Das, so denke ich, ist das wahre, ewige und grausige Geheimnis deiner Geschichte, das du uns vorenthältst!

Ich habe deine Geschichte gern gelesen, die erste Fassung lieber noch als die zweite.

Einen Schluss, in dem das Gefühl vorherrscht, noch einmal knapp davon gekommen zu sein, habe ich schon oft in der Horror-Literatur angetroffen. Weil der Held jeweils beteuert, nie mehr an den Ort des Grauens zurück zu kehren, hat dieses Ende auch einen abschließenden und endgültigen Charakter. Darum schien mir der Schluss der ersten Fassung akzeptabel. Im Mittelteil wurde mir jedoch zu wenig klar, was die Alte vom Helden der Geschichte wollte, weswegen ich den Schluss erst begriff, nachdem ich den Mittelteil noch einmal gelesen hatte.

Die zweiten Version weist nun einen Schluss auf, den alle Leser ganz sicher verstehen. Ob das gut ist? Die zweite Version ist auch einfacher, weil sie nur noch zwei Teile hat. Die Erstfassung war vielfältiger. Wahrscheinlich muss sich jeder Autor irgendwann (oder immer wieder?) entscheiden, ob er idiotensicher nach einem einfachen und erprobten Schema oder abwechslungsreich und gemäß eigenen Vorstellungen schreiben will. Stimmen, die seine Geschichte ablehnen, wird er so oder so hören.

Ein paar Stellen fielen mir auf:

Spielplatz in der Unnastraße

Da überlegte ich einen Moment, ob das irgendetwas mit dem Unabomber zu tun hat.

Auf einer der Schaukeln saß, wie ich aus dem Augenwinkel sah, ein schwarzhaariges Kind, das gemächlich vor- und zurückschwang. Das passiert, wenn die Kinder zuhause nicht ausreichend fernsehen dürfen, dann bleiben sie eben länger draußen.

Witzig

knutschten mit der zweiwöchigen Liebe ihres Lebens

Auch witzig, aber nicht so orginell

„In Ihrem Alter müssen sie doch noch nicht sentimental vor Spielplätzen stehen, junger Mann“, sagte eine Stimme neben mir und ich fuhr zusammen.

Sie sagt zwar nicht, worauf die sentimentalen Gedanken ihrer Ansicht nach wirklich abzielen, aber diese Stelle zeigt, dass der Erzähler eine gewisse Reife aufweist, was ihn mir zumindest vorläufig vertrauenswürdig erscheinen lässt. Das ist wichtig.

Das flaue Gefühl im Magen konnte ich jedoch nicht gänzlich vertreiben.

«Gänzlich vertreiben» statt «ganz vertreiben» - gefällt mir

Dann eine Stimme wie Eis auf Sandpapier

Oh, wie originell! Aber ich kann mir darunter nichts vorstellen. Ist doch bloß eitel.

Der Spielplatz lag in völliger Dunkelheit da, selbst die Schaukel glitzerte still durch das schwache Licht der Straßenlaterne.

Glitzern ist meiner Ansicht nach das falsche Wort

Weiter mag ich jetzt nicht kommentieren; bin müde. Vielleicht später noch. Abschließend noch das: Ich fand die Geschichte solid erzählt. Einmal abgesehen von dem Missgriff mit dem Ich-Erzähler, der in der zweiten Version seine eigene Ermordung schildert, habe ich keine schwerverdaulichen Fehler vorgefunden. Verglichen mit der Geschichte Tunnelblick ist diese hier jedoch nicht ganz so packend und schmissig.

Gruß teoma

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom