Was ist neu

Spiegelfarben

Mitglied
Beitritt
23.09.2017
Beiträge
1

Spiegelfarben

*Namjoon Pov*

"Weißt du noch, wer du warst bevor dir alle gesagt haben wie du zu sein hast?"
Gedankenverloren spiele ich mit einer von Yoongis weichen, blauen Haarsträhnen und genieße die Wärme seiner Wange auf meiner Brust und das Gefühl seiner Arme, wie sie sich sanft um mich geschlungen haben.
"Hmm... was meinst du?", brumme ich leise auf seine Frage und sehe durch das Dachfenster unseres kleinen Schlafzimmers, den Regentropfen zu, wie sie sich auf dem kühlen Glas ein spannendes Wettrennen liefern.

"Naja... wenn du niemand sein müsstest, wer wärst du dann gerne?
Wenn die Welt frei von Vorurteilen, Erwartungen und Anforderungen wäre... wenn du frei wärst...", erklärt er mir genauer und zeichnet mit dem Zeigefinger kleine Kreise auf meinen Bauch.

"Aber Yoongi... ich habe dich! Ich bin frei und mit dir bin ich die Person die ich sein will!", flüstere ich leise in das beruhigende Geräusch des Regens und vergrabe meine Nase in Yoongis weichen Haaren die so gut nach ihm riechen.
"Wieso kann ich das nicht so sehen? Wieso kann ich mich nicht akzeptieren und bin immer so... so gefangen in mir?", haucht er und in meiner Brust zieht sich etwas zusammen weil dieser verzweifelte Ton in seiner verschlafenen Stimme mitschwingt der mir so bekannt vorkommt.

"Ich weiß es nicht... Vielleicht musst du deinen Weg noch weiter gehen... Vielleicht bist du einfach noch nicht fertig damit zu lernen wie man sich selbst liebt!", versuche ich ihn irgendwie zu beruhigen und richte mich auf um ihm besser ins Gesicht sehen zu können.
"Ich weiß es nicht...", haucht er kraftlos und die Regentropfen auf der Scheibe über uns reflektieren das Licht und lassen kleine, bläuliche Schatten auf seiner hellen Haut tanzen.

"Ich weiß nicht wer ich bin... Ich weiß wer ich sein will aber ich weiß nicht wie ich dahin kommen kann...", flüstert er und seine hübsche Stirn zieht sich verzweifelt zusammen.
Lange sehe ich ihm in seine so besonderen Katzenaugen und genieße die Stille.
Ich kann ihn nicht verstehen... Mir genügt er um mit mir zufrieden zu sein und genau hier in Momenten wie diesen kommt es mir vor als wäre ich ganz alleine mit ihm auf dieser Welt und als könnte uns nichts und niemand stören...
Wären da nicht seine Gedanken...

"Baby komm mit.", hauche ich leise, stehe auf und ziehe ihn mit mir hoch.
"W-was... was hast du vor?", fragt er verwirrt und über den verschlafenen und irritierten Ausdruck in seinem Gesicht muss ich ein bisschen schmunzeln.
"Ich will dir was zeigen...", flüstere ich lächelnd in sein Ohr und dabei entgeht mir nicht wie er leicht schaudert.
Ich liebe die Wirkung die ich nach all den Jahren immer noch auf ihn habe.
Er ist so etwas Besonderes...

Langsam leite ich ihn über den alten Holzdielenboden, um die vielen Umzugskartons, bei denen wir gestern nicht mehr zum Ausräumen bekommen sind, durch den staubigen Flur zur kleinen alten Leiter die in den Dachboden hinauf führt.
Skeptisch sieht Yoongi erst die Leiter, dann mich an.
"Da hoch? Joonie meintest du gestern nicht ich soll nicht da hoch weil du erst irgendwelche Scherben weg machen musst?", fragt er mich mit großen Augen und langsam nicke ich.
"Pass einfach ein bisschen auf wo du hin trittst ja?".
Sanft schiebe ich ihn an der Hüfte vor mir her die Leiter nach oben und passe auf, dass er nicht das Gleichgewicht verliert ehe wir oben ankommen und ich die kleine Tür in den Speicher öffne.

*Yoongi Pov*

Total verwirrt blinzle ich und trete in den Dachboden unseres neuen, ziemlich heruntergekommenen Hauses.
Mir stockt der Atem.

Vor uns erstreckt sich ein kleiner, fast leerer Raum mit zwei großen Dachfenstern der in allen möglichen Blautönen erstrahlt und so unwirklich aussieht, dass ich einen Moment das Gefühl habe zu träumen.
"W-was...", setze ich an doch kann nicht weiter sprechen als mich Namjoon ein paar Schritte weiter in den Raum hinein schiebt und das Licht dich verändert.
Bunte Regenbögen tanzen an den Wänden, an der Decke und auf unseren Körpern und helle, bläuliche Fäden aus Licht durchschneiden die staubige Luft des Speichers wie feine, glänzende Spinnenweben.
"Wow...", hauche ich leise und kann nicht verstehen wo die vielen Farben und die Reflektionen des Lichtes her kommen.
Zärtlich legt Namjoon seine Arme um meine Hüfte und flüstert.
"Sieh zu Boden..."
Sofort huscht mein Blick über den glitzernden Boden und kurz bin ich wie geblendet vom Bild was sich mir bietet.
Hunderte von Spiegelscherben liegen auf dem alten Dielenboden des Speichers und ein großer, leerer Spiegelrahmen lehnt an der Wand.

"Das... das ist wunderschön...", flüstere ich ehrfürchtig und bekomme Gänsehaut beim Anblick des bunten Lichtes überall.
"Du bist wunderschön...", entgegnet Namjoon mir und ich muss mir ein trockenes Lachen verkneifen.
"Schön wär's..."

Ganz langsam schiebt mich Najoon noch weiter in den Raum bis an den Rand vor den Scherben und erklärt mir ruhig mit seiner warmen, dunklen Stimme die ich so liebe:
"Yoongi in all der vielen Spiegelscherben, spiegelst du dich wieder! Das Licht an den Wänden, die vielen Regenbogenfarben... das ist dein reflektiertes Spiegelbild!".
Fasziniert hebe ich die Hände und nehme wahr wie sich die bunten Lichtflecken mit jeder meiner Bewegungen verändern und über die Wände huschen.
"Licht Yoongi, besteht eigentlich aus vielen verschiedenen Farben und auch wenn es nach außen einfach nur weiß aussieht steckt in ihm die Vielfalt des Regenbogens. Genauso hast du vielleicht ein bestimmtes Aussehen aber in dir drin ist da so, so viel mehr!".
Langsam nicke ich und die Worte dieser Person, die ich so sehr liebe bewegen tief in mir etwas dass ich nicht mit Worten beschreiben könnte.
"Menschen die sich wirklich für dich interessieren und die dich wirklich lieben sehen deine verschiedenen, wunderschönen Farben! Menschen denen du wirklich etwas bedeutest ist egal wie deine Hülle aussieht!".
Ganz langsam dreht Namjoon mich zu sich und sofort versinke ich in seinen unergründlichen, warmen Augen.
"Kein Regenbogen hat nur eine Farbe Baby... Du musst dich nicht für eine Seite von dir entscheiden! Sei wer auch immer du sein möchtest! Sei bunt! Egal welchen Weg du gehen willst, egal wer du sein willst, ich werde dich immer lieben!", flüstert er mir ruhig gegen die Lippen und mein Herz setzt einen Moment aus als ich spüre wie heiße Tränen mir über die Wangen tropfen und ich ganz langsam den Abstand zwischen unseren Lippen überwinde...
_______________________________________
》 „Life is not about finding yourself, it is about creating yourself! „《

- Selfcreating

 
Zuletzt bearbeitet:

"Kein Regenbogen hat nur eine Farbe Baby[...]... Du musst dich nicht für eine Seite von dir entscheiden! Sei[,] wer auch immer du sein möchtest! Sei bunt! Egal welchen Weg du gehen willst, egal[,] wer du sein willst, ich werde dich immer lieben!", flüstert er mir ruhig gegen die Lippen und mein Herz setzt einen Moment aus[,] als ich spüre[,] wie heiße Tränen mir über die Wangen tropfen und ich ganz langsam den Abstand zwischen unseren Lippen überwinde[...]...

Hallo und herzlich willkommen hierorts, Selfcreating!

Du wirst Dich fragen, warum ich zum Eingangszitat einen Schlussabsatz des Textes nehm.

Die Antwort ist einfach: Das Zitat zeigt eigentlich alles auf, woran es an diesem Erstling vor allem hapert: Zeichensetzung, obwohl gelegentlich aufblitzt, dass Du schon mal davon gehört haben musst.

Aber über dem dahinschmachtenden Gefühlsleben und der Leiblichkeit, aber auch bedeutungsschwangeren philosphischen Fragestellungen nach einem Umzug, sozusagen unter geänderten vormaligen Bedingungen, dem Tapetenwechsel - mit der bedeutsamen Rolle der Glassplitter (eher Symbol des Scheiterns) eines zersprungene Spiegels, sich und ein anderes darinnen wiederzuerkennen, will mir das bedeutendste an dem Text die Philosophie der Auslassung zu sein.

Exakter, der Auslassungspunkte, die - direkt am vorhergehenden Wort anschließend behaupten, dass wenigstens ein Buchstabe fehle (da wäre dann die Ästhetik des Apostrophs wahrlich sparsamer) und - auch das wohl eine private Philosophie - auch schon mal ein Komma ersetze (das nun mal auch direkt hinter dem vorhergehenden Wort landet, aber eben kein Buchstabe ist).

Symptomatisch für den Text (aber leider eben ohne Auslassungspunkte) ist der erste Satz

"Weißt du noch, wer du warst[,] bevor dir alle gesagt haben[,] wie du zu sein hast?"
, der sehr nach alten Leuten ("weißt du noch") klingt, die in Erinnerungen schwelgen, deshalb öfnnet sich nach der vergleichenden Konjunktion "wie" auch kein Konjunktiv, wie zu erwarten wäre unter jüngeren Leuten, denen noch alle Türen offenstehen, denn erst im hohen Alter ist das Potential der Möglichkeiten auf das aktuelle, und sei's im eigenen Präteritum, den Indikativ eingeschränkt.

Kein Grund, den Kopf hängen zu lassen. Auch ich konnte am Anfang nicht laufen ...

Nix für ungut

Friedel

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom